Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Dezember 2022

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

12.12. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 18.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Janu­ar 2023:

10.01. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.01. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Dezem­ber 2022

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Dezem­ber ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 28.12.2022.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Keine Steuerhinterziehung bei Nichtabgabe der Steuererklärung, wenn der Fiskus alle Daten hat

Für die Fra­ge, bis wann noch ein Steu­er­be­scheid erlas­sen wer­den kann, kommt es regel­mä­ßig auf die Fest­set­zungs­frist an. Eine Steu­er­fest­set­zung ist näm­lich nicht mehr zuläs­sig, wenn die Fest­set­zungs­frist abge­lau­fen ist. So grund­le­gend gere­gelt in der Abga­ben­ord­nung in § 169 Abs. 1 Satz 1 AO. Wie lang die Fest­set­zungs­frist ist, hängt aller­dings auch davon ab, ob der Nor­mal­fall vor­liegt, eine Steu­er hin­ter­zo­gen wird oder gege­be­nen­falls leicht­fer­tig ver­kürzt wird.

Für die Ein­kom­men­steu­er beträgt die Fest­set­zungs­frist regel­mä­ßig vier Jah­re. Sie beträgt aller­dings zehn Jah­re, soweit eine Steu­er hin­ter­zo­gen, und fünf Jah­re, soweit die Steu­er leicht­fer­tig ver­kürzt wird. Die Fest­set­zungs­frist beginnt dabei grund­sätz­lich mit Ablauf des Kalen­der­jah­res, in dem die Steu­er ent­stan­den ist. Für 2022 beginnt sie daher mit Ablauf des 31.12.2022. Hier­von abwei­chend beginnt die Fest­set­zungs­frist, wenn eine Steu­er­erklä­rung ent­spre­chend den gesetz­li­chen Vor­schrif­ten zwin­gend ein­zu­rei­chen ist, mit Ablauf des Kalen­der­jah­res, in dem die Steu­er­erklä­rung ein­ge­reicht wird, spä­tes­tens jedoch mit Ablauf des drit­ten Kalen­der­jah­res, das auf das Kalen­der­jahr folgt, in dem die Steu­er ent­stan­den ist.

Ob nun eine Steu­er­hin­ter­zie­hung oder eine leicht­fer­ti­ge Steu­er­ver­kür­zung vor­liegt, bestimmt sich auch bei Prü­fung der Fest­set­zungs­ver­jäh­rung nach den ein­schlä­gi­gen Vor­schrif­ten für Steu­er­hin­ter­zie­hun­gen und Steu­er­ver­kür­zung ent­spre­chend der §§ 370 und 378 AO. Hin­ter­zo­gen sind danach die Beträ­ge, für die der objek­ti­ve und sub­jek­ti­ve Tat­be­stand des § 370 AO erfüllt ist. Eine leicht­fer­ti­ge Steu­er­ver­kür­zung hin­ge­gen liegt vor, wenn der objek­ti­ve und sub­jek­ti­ve Tat­be­stand des § 378 AO erfüllt ist.

Auf erst­in­stanz­li­cher Ebe­ne hat nun das Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­ner Ent­schei­dung vom 24.6.2022 unter dem Akten­zei­chen 4 K 135/19 E ent­schie­den, dass eine voll­ende­te Steu­er­hin­ter­zie­hung durch Unter­las­sen regel­mä­ßig aus­schei­det, wenn die Finanz­be­hör­de von den für die Steu­er­fest­set­zung wesent­li­chen tat­säch­li­chen Umstän­den Kennt­nis hat. Wer näm­lich sei­ne Steu­er­erklä­rung ent­ge­gen einer gesetz­li­chen Vor­schrift pflicht­wid­rig nicht abgibt, kann allen­falls durch den objek­ti­ven Tat­be­stand der Unter­las­sung mit einer Steu­er­ver­kür­zung in Berüh­rung kom­men. Der objek­ti­ve Tat­be­stand, der im Fall der pflicht­wid­ri­gen Nicht­ab­ga­be einer Steu­er­erklä­rung allein in Betracht kom­men­den Unter­las­sungs­va­ri­an­te setzt vor­aus, dass der Steu­er­pflich­ti­ge die Finanz­be­hör­de pflicht­wid­rig über steu­er­lich erheb­li­che Tat­sa­chen in Unkennt­nis lässt und dadurch Steu­ern ver­kürzt oder für sich oder einen ande­ren nicht gerecht­fer­tig­te Steu­er­vor­tei­le erlangt.

Im Streit vor dem Finanz­ge­richt Müns­ter hat­ten die Klä­ger die für ihre Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung zustän­di­ge Finanz­be­hör­de nicht über steu­er­lich erheb­li­che Tat­sa­chen in Unkennt­nis gelas­sen. Tat­säch­lich waren näm­lich dem Finanz­amt die für die Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung wesent­li­chen Umstän­de bekannt. Ins­be­son­de­re hat­te der Fis­kus zum inso­weit maß­geb­li­chen Zeit­punkt (Abschluss der wesent­li­chen Ver­an­la­gungs­ar­bei­ten) elek­tro­ni­sche Lohn­steu­er­be­schei­ni­gun­gen er Steu­er­pflich­ti­gen vor­lie­gen, da die Steu­er­pflich­ti­gen Ein­künf­te aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit bezo­gen haben und beim Lohn­steu­er­ab­zug die Steu­er­klas­sen III und V berück­sich­tigt wur­den. Die­se elek­tro­ni­schen Lohn­steu­er­be­schei­ni­gun­gen waren mit der gemein­sa­men Steu­er­num­mer der ver­hei­ra­te­ten Klä­ger kon­kret ver­knüpft und ihr tat­säch­lich zuge­ord­net. Die Daten waren in einer Über­sicht über elek­tro­ni­sche Beschei­ni­gun­gen beim Finanz­amt abruf­bar. Man muss sie halt auch abrufen!

Ent­ge­gen der Mei­nung des Fis­kus liegt daher nicht bereits eine voll­ende­te Steu­er­hin­ter­zie­hung vor, weil die Steu­er­pflich­ti­gen es nach dem Wech­sel von der Antrags­ver­an­la­gung zur Pflicht­ver­an­la­gung unter­las­sen haben, Ein­kom­men­steu­er­erklä­run­gen ein­zu­rei­chen. Defi­ni­tiv waren sie dazu ver­pflich­tet. Aller­dings reicht allein eine Ver­let­zung von Erklä­rungs­pflich­ten nicht aus, um den Tat­be­stand der Steu­er­hin­ter­zie­hung zu verwirklichen.

Nach kla­rer, ein­deu­ti­ger und nach­voll­zieh­ba­rer Über­zeu­gung des Finanz­ge­rich­tes Müns­ters schei­det eine voll­ende­te Steu­er­hin­ter­zie­hung durch Unter­las­sen, also durch Nicht­ab­ga­be der Steu­er­erklä­rung, in den Fäl­len aus, in denen die Finanz­be­hör­den zum maß­geb­li­chen Ver­an­la­gungs­zeit­punkt von den für die Steu­er­fest­set­zung wesent­li­chen tat­säch­li­chen Umstän­den bereits Kennt­nis haben.

So setzt schon der gesetz­li­che Wort­laut in § 370 Abs. 1 Num­mer 2 AO ein In-Unkennt­nis-las­sen des Fis­kus über steu­er­lich erheb­li­che Tat­sa­chen vor­aus. Defi­ni­tiv kann man jedoch den Fis­kus nicht „in Unkennt­nis las­sen“, wenn die­ser tat­säch­lich über alle wesent­li­chen für die Steu­er­fest­set­zung maß­geb­li­chen Umstän­de infor­miert ist. Dies hat auch bereits ein­mal das Ober­lan­des­ge­richt Olden­burg mit einem Beschluss vom 10.7.2018 unter dem Akten­zei­chen Ss 51/18 so geäu­ßert. Hat näm­lich die Finanz­ver­wal­tung die erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen erhal­ten, so schei­det eine Steu­er­hin­ter­zie­hung durch Unter­las­sen aus.

Der Sinn und Zweck der Vor­schrift des § 370 AO steht die­ser Aus­le­gung auch nicht ent­ge­gen, son­dern stützt sogar die Mei­nung des Finanz­ge­rich­tes Müns­ter. Das nach der Rege­lung geschütz­te Rechts­gut ist das öffent­li­che Inter­es­se an der recht­zei­ti­gen und voll­stän­di­gen Erhe­bung der von die­ser Norm erfass­ten Steu­ern. Eine Gefähr­dung für die­ses Rechts­gut durch die Steu­er­pflich­ti­gen besteht inso­weit nicht, wenn die Finanz­be­hör­den tat­säch­lich über die für die Besteue­rung wesent­li­chen Umstän­de infor­miert sind.

Der in der Lite­ra­tur teil­wei­se ver­tre­te­nen Auf­fas­sung, nach der ein In-Unkennt­nis-las­sen bereits dann vor­liegt, wenn ein Erklä­rungs­pflich­ter pflicht­wid­rig die steu­er­lich erheb­li­chen Tat­sa­chen nicht mit­teilt, folgt das Finanz­ge­richt Müns­ter ganz aus­drück­lich nicht. Eine sol­che Aus­le­gung lässt sich nach Mei­nung des Gerich­tes nicht ohne wei­te­res mit dem Wort­laut der Vor­schrift ver­ein­ba­ren. Die­ser knüpft aus­drück­lich an ein In-Unkennt­nis-las­sen und nicht an ein pflicht­wid­ri­ges Unter­las­sen von Erklä­rungs­pflich­ten an. Außer­dem ist die Erfül­lung von steu­er­li­chen Mit­wir­kungs­pflich­ten oder steu­er­li­chen Erklä­rungs­pflich­ten nicht das geschütz­te Rechts­gut von § 370 AO. Schließ­lich kommt es auch nicht zu Straf­bar­keits­lü­cken. Auch nach der durch das Finanz­ge­richt Müns­ter ver­tre­te­nen Auf­fas­sung bleibt eine Ver­suchs­straf­bar­keit möglich.

Im End­ef­fekt bleibt es daher bei der Aus­sa­ge, dass ein Steu­er­pflich­ti­ger die Finanz­be­hör­de nicht in Unkennt­nis las­sen kann, wenn die Finanz­be­hör­de tat­säch­lich über alle wesent­li­chen für die Steu­er­fest­set­zung maß­geb­li­chen Umstän­de bereits (auf ande­rem Weg bzw. auf wel­chem Weg auch immer) infor­miert ist.

Hin­weis: Da es zu der vom Finanz­ge­richt Müns­ter ent­schie­de­nen Fra­ge bis­her kei­ner­lei höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung gibt, hat die ers­te Instanz die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen zuge­las­sen. Tat­säch­lich hat die Finanz­ver­wal­tung den Revi­si­ons­zug auch bestie­gen und möch­te den Fall vor dem Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen IV R 14/22 klä­ren las­sen. Es bleibt zu hof­fen, dass auch die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik erken­nen, dass man etwas Bekann­tes nicht ver­schwei­gen kann.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Hinzuschätzungen bei unklarer Mittelherkunft

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung in § 162 AO hat die Finanz­be­hör­de die Besteue­rungs­grund­la­gen zu schät­zen, soweit sie die­se nicht ermit­teln oder berech­nen kann. Bei einer sol­chen Schät­zung sind alle Umstän­de zu berück­sich­ti­gen, die für die Schät­zung von Bedeu­tung sind. Zu schät­zen ist ins­be­son­de­re dann, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge Bücher oder Auf­zeich­nun­gen, die er nach den Steu­er­ge­set­zen zu füh­ren hat, nicht vor­le­gen kann, wenn die Buch­füh­rung oder die Auf­zeich­nun­gen der Besteue­rung nicht nach § 158 der Abga­ben­ord­nung (AO) zugrun­de gelegt wer­den kön­nen, weil sie ins­be­son­de­re den Buch­füh­rungs­pflich­ten der Rege­lun­gen in §§ 140 bis 148 AO nicht ent­spre­chen, oder wenn tat­säch­li­che Anhalts­punk­te für die Unrich­tig­keit oder Unvoll­stän­dig­keit der vom Steu­er­pflich­ti­gen gemach­ten Anga­ben zu steu­er­pflich­ti­gen Ein­nah­men oder Betriebs­ver­mö­gens­meh­rung bestehen.

Dies alles hört sich schon danach an, dass die Schät­zungs­be­fug­nis­se durch­aus sehr umfang­reich aus­se­hen kön­nen. Den­noch gibt es Grenzen.

So kön­nen bei­spiels­wei­se Bar­ein­la­gen in eine GmbH, sei­en sie ver­deckt oder offen, nicht allein des­halb zu Hin­zu­schät­zun­gen von Betriebs­ein­nah­men bei der Kapi­tal­ge­sell­schaft füh­ren, wenn die Mit­tel­her­kunft beim Gesell­schaf­ter nicht auf­zu­klä­ren ist.

So ent­schie­den in einem Fall vor dem Finanz­ge­richt Müns­ter mit Ent­schei­dung vom 18.5.2022 unter dem Akten­zei­chen 10 K 261/17 K. Im Urteils­fall hat­te eine auch in erheb­li­chem Umfang Bar­um­sät­ze täti­gen­de Kapi­tal­ge­sell­schaft eben­so erheb­li­che Auf­zeich­nungs­män­gel bei der Füh­rung der offe­nen Laden­kas­se. Die wei­te­ren Fest­stel­lun­gen der Betriebs­prü­fun­gen erga­ben zudem, dass der Allein­ge­sell­schaf­ter nicht uner­heb­li­che Bar­ein­la­gen in sei­ne Kapi­tal­ge­sell­schaft getä­tigt hat­te. Nach Anga­ben des Gesell­schaf­ters stam­men die­se Mit­tel aus ihm per­sön­lich gewähr­ten Dar­le­hen und aus Bar­rück­la­gen, wel­che wie­der­um aus jahr­zehn­te­lang zurück­lie­gen­den Ver­käu­fen von Edel­me­tal­len resultieren.

Die Betriebs­prü­fung führ­te dar­auf­hin auf pri­va­ter Ebe­ne des Gesell­schaf­ters eine Geld­ver­kehrs­rech­nung durch. Die­se führ­te tat­säch­lich zu wesent­li­chen Fehl­be­trä­gen. Die­se Fehl­be­trä­ge wie­der­um woll­te das Finanz­amt als Mehr­ein­nah­men der GmbH anset­zen und kor­re­spon­die­rend dazu ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tun­gen an den Allein­ge­sell­schaf­ter anneh­men. Mit zuvor bereits genann­ter Ent­schei­dung stell­te das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter jedoch klar, dass die beim Gesell­schaf­ter durch­ge­führ­te Geld­ver­kehrs­rech­nung nicht zu einer Schät­zungs­be­fug­nis auf Ebe­ne der Kapi­tal­ge­sell­schaft führt. Inso­weit kann schlicht nicht zwangs­läu­fig die Schluss­fol­ge­rung gezo­gen wer­den, dass eine Kapi­tal­ge­sell­schaft bei unge­klär­ten Ver­mö­gens­zu­wäch­sen ihres Gesell­schaf­ters nicht erfass­te Betriebs­ein­nah­men erzielt hat.

Anders kann ein ähn­lich gela­ger­ter Sach­ver­halt jedoch aus­se­hen, wenn es sich nicht um eine Kapi­tal­ge­sell­schaft han­delt, son­dern viel­mehr um ein Ein­zel­un­ter­neh­men oder eine Per­so­nen­ge­sell­schaft. Dies ist zurück­zu­füh­ren auf eine Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Müns­ter vom 9.6.2021 unter dem Akten­zei­chen 13 K 3250/19 E. Bei der Nach­weis­füh­rung über Ein­zah­lun­gen auf einem betrieb­li­chen Bank­kon­to oblie­gen dem Steu­er­pflich­ti­gen näm­lich deut­lich erhöh­te Mit­wir­kungs­pflich­ten. Die­se erhöh­ten Mit­wir­kungs­pflich­ten grei­fen selbst dann, wenn das betrieb­li­che Bank­kon­to auch pri­vat genutzt wird, es sich also um ein gemischt genutz­tes Bank­kon­to han­delt. Unter dem Strich ist daher das Finanz­amt berech­tigt, die Bar­ein­zah­lun­gen auf ein sol­ches Kon­to als Betriebs­ein­nah­men hin­zu­zu­schät­zen, wenn der Betriebs­in­ha­ber ledig­lich ange­ben kann, die Bar­ein­zah­lung beru­he auf pri­va­ten Grün­den. Im Sach­ver­halt des Finanz­ge­rich­tes Müns­ter, wel­cher der Ent­schei­dung vom 9.6.2021 zugrun­de liegt, gab der Steu­er­pflich­ti­ge an, dass es sich bei der Bar­ein­zah­lung um ein Dar­le­hen eines im Aus­land ansäs­si­gen zukünf­ti­gen Ehe­part­ners han­delt, der in sei­nem Hei­mat­land abso­lu­ten Schutz sei­ner Iden­ti­tät und Pri­vat­sphä­re besit­ze. Das Finanz­ge­richt Müns­ter stell­te jedoch klar, dass inso­weit durch ein aus­län­di­sches Steu­er­ge­heim­nis kein Schutz der­ge­stalt gewährt wer­den kann, dass unge­klär­te Kapi­tal­zu­füh­run­gen nicht als unver­steu­er­te Ein­nah­men dekla­riert wer­den können.

Den­noch woll­te der Steu­er­pflich­ti­ge die­sem Fall die Hin­zu­schät­zung nicht hin­neh­men und hat sich mit­tels Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de an den Bun­des­fi­nanz­hof gewen­det. Unter dem Akten­zei­chen X B 101/21 muss der Bun­des­fi­nanz­hof nach Zulas­sung der Revi­si­on klä­ren, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Bar­ein­zah­lun­gen auf ein gemischt genutz­tes Bank­kon­to als steu­er­pflich­ti­ge Ein­künf­te erfasst wer­den kön­nen. Tat­säch­lich wird jedoch damit zu rech­nen sein, dass der Bun­des­fi­nanz­hof dies in der Sache nicht anders sieht als sei­ne erst­in­stanz­li­chen Kol­le­gen. Even­tu­ell könn­te sogar dazu­kom­men, dass die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de erst gar nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men wird.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Wann liegt ein privates Veräußerungsgeschäft bei unentgeltlicher Überlassung einer Wohnung an Kinder vor?

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 22 Num­mer 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) zäh­len zu den sons­ti­gen Ein­künf­ten auch Ein­künf­te aus pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­ten im Sin­ne der Rege­lung des § 23 EStG. Dazu gehö­ren unter ande­rem Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te bei Grund­stü­cken, bei denen der Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung nicht mehr als zehn Jah­re betra­gen hat.

In die­sem Zusam­men­hang hat der Gesetz­ge­ber jedoch Aus­nah­me­tat­be­stän­de für Woh­nun­gen geschaf­fen, die zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt wer­den. Dies­be­züg­lich gilt kon­kret das Fol­gen­de: Aus­ge­nom­men sind inso­weit Immo­bi­li­en, die im Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung oder Fer­tig­stel­lung und Ver­äu­ße­rung aus­schließ­lich zu eige­nen Wohn­zwe­cken (ers­te Alter­na­ti­ve) oder im Jahr der Ver­äu­ße­rung und den bei­den vor­an­ge­gan­ge­nen Jah­ren zu eige­nen Wohn­zwe­cken (zwei­ter Alter­na­ti­ve) genutzt wur­den. So gere­gelt in § 23 Abs. 1 Satz eins Num­mer 1 Satz 3 EStG.

Frag­lich ist nun, was alles unter eine Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken fällt. Gehört hier­zu auch die Über­las­sung einer Immo­bi­lie an Kin­der? Mit Urteil vom 24.5.2022 hat der BFH unter dem Akten­zei­chen IX R 28/21 ent­schie­den, dass der Aus­druck „Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken“ im bei­den Alter­na­ti­ven der Steu­er­be­frei­ung vor­aus­setzt, dass eine Immo­bi­lie zum Bewoh­nen dau­er­haft geeig­net ist und vom Steu­er­pflich­ti­gen auch tat­säch­lich bewohnt wird. Der Steu­er­pflich­ti­ge muss das Gebäu­de zumin­dest auch selbst nut­zen. Unschäd­lich für die Steu­er­be­frei­ung ist es hin­ge­gen, wenn er es gemein­sam mit sei­nen Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen oder Drit­ten bewohnt, wie der Bun­des­fi­nanz­hof bereits in einer Ent­schei­dung vom 18.1.2006 unter dem Akten­zei­chen IX R 18/03 fest­ge­stellt hat.

Ent­spre­chend der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung wird ein Gebäu­de auch dann zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge es nur zeit­wei­lig bewohnt, sofern es im Übri­gen als Woh­nung zur Ver­fü­gung steht. Denn eine Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken setzt weder die Nut­zung als Haupt­woh­nung vor­aus noch muss sich dort der Schwer­punkt der per­sön­li­chen und fami­liä­ren Lebens­ver­hält­nis­se befin­den. Ein Steu­er­pflich­ti­ger kann des­halb meh­re­re Gebäu­de gleich­zei­tig zu eige­nen Wohn­zwe­cken nut­zen. Erfasst sind daher auch Zweit­woh­nun­gen, nicht zur Ver­mie­tung bestimm­te Feri­en­woh­nun­gen und Woh­nun­gen, die im Rah­men einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung genutzt wer­den. Ist deren Nut­zung auf Dau­er ange­legt, kommt es nicht dar­auf an, ob der Steu­er­pflich­ti­ge noch eine oder meh­re­re wei­te­re Woh­nun­gen hat oder wie oft er sich dar­in auf­hält. Eine sich auf meh­re­re Woh­nun­gen bezie­hen­de Nut­zung zu Wohn­zwe­cken kann gera­de auch dann vor­lie­gen, wenn sich der Haus­halt einer Fami­lie auf meh­re­re Ört­lich­kei­ten ver­teilt. So ist bei­spiels­wei­se eine Ver­tei­lung auf den Fami­li­en­wohn­sitz einer­seits und den dop­pel­ten Haus­halt am Ort der Beschäf­ti­gung ande­rer­seits bzw. einen wei­te­ren Haus­halt am Stu­di­en­ort von ein­kom­men­steu­er­lich zu berück­sich­ti­gen Kin­dern denkbar.

Kei­ne Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken liegt hin­ge­gen vor, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge die Woh­nung ent­gelt­lich oder unent­gelt­lich einem Drit­ten über­lässt, ohne sie zugleich selbst zu bewoh­nen. Hin­ge­gen ist eine Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken zu beja­hen, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge Tei­le einer zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutz­ten Woh­nung oder die Woh­nung ins­ge­samt einem ein­kom­men­steu­er­lich zu berück­sich­ti­gen­den Kind unent­gelt­lich zur teil­wei­sen oder allei­ni­gen Nut­zung über­lässt. Die Nut­zung der Woh­nung durch das Kind ist dem Eigen­tü­mer in die­sem Fall als eige­ne Nut­zung zu Wohn­zwe­cken zuzu­rech­nen, weil es ihm Rah­men sei­ner unter­halts­recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen obliegt, für die Unter­brin­gung des Kin­des zu sorgen.

Über­lässt der Steu­er­pflich­ti­ge die Woh­nung nicht aus­schließ­lich einem ein­kom­men­steu­er­lich zu berück­sich­ti­gen­den Kind (oder meh­re­ren ein­kom­men­steu­er­lich zu berück­sich­ti­gen­den Kin­dern) unent­gelt­lich zur Nut­zung, son­dern zugleich einem Drit­ten, liegt kei­ne begüns­tig­te Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken vor.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist fest­zu­hal­ten, dass eine Woh­nung, die der Steu­er­pflich­ti­ge unent­gelt­lich an Kin­der über­lässt, die im maß­geb­li­chen Zeit­raum der zehn­jäh­ri­gen Ver­äu­ße­rungs­frist nicht mehr im Rah­men des Kin­der­frei­be­tra­ges oder des Kin­der­gelds berück­sich­ti­gungs­fä­hig sind, nicht zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt wird. Inso­weit ist bei deren Ver­äu­ße­rung ein pri­va­tes Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft nach § 23 EStG zu ver­steu­ern. Die Besteue­rungs­aus­nah­me greift ledig­lich dann, wenn die Woh­nung einem Kind über­las­sen wird, für wel­ches der Steu­er­pflich­ti­ge einen Kin­der­frei­be­trag oder Kin­der­geld erhält. Nur in die­sem Fall kann von einer (mit­tel­ba­ren) Eigen­nut­zung zu Wohn­zwe­cken aus­ge­gan­gen werden.

Hin­weis: Da dem­entspre­chend bei einer Über­las­sung einer Immo­bi­lie an ein nicht nach § 32 EStG zu berück­sich­ti­gen des Kin­des die Besteue­rungs­aus­nah­me des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes nicht greift, muss in der Pra­xis über­legt wer­den, ob ent­spre­chen­de Fäl­le nicht grund­sätz­lich anders ange­gan­gen wer­den, um unter dem Strich einen Steu­er­vor­teil zu erreichen.

Häu­fig sind Sach­ver­hal­te betrof­fen, bei denen dem Kind am Stu­di­en­ort eine klei­ne Woh­nung gekauft und schließ­lich über­las­sen wur­de. Inso­weit muss geprüft wer­den, ob nicht die Ver­mie­tung an das Kind zu einem bes­se­ren steu­er­li­chen Ergeb­nis führt. Kon­kret könn­te sich der Sach­ver­halt wie folgt gestal­ten: Im Rah­men der Unter­halts­ver­pflich­tung erhält das Kind von sei­nen Eltern einen Bar­un­ter­halt. Aus die­sem Bar­un­ter­halt zahlt das Kind eine ver­bil­lig­te Mie­te an sei­ne ver­mie­ten­den Eltern, wel­che jedoch noch nicht dazu führt, dass eine Wer­bungs­kos­ten­kür­zung oder gar eine Über­schuss­pro­gno­se durch­ge­führt wer­den müs­sen. Auf Sei­te der Eltern wird jedoch ins­be­son­de­re durch die ver­bil­lig­te Ver­mie­tung gepaart mit dem kom­plet­ten Wer­bungs­kos­ten­ab­zug ein Über­schuss der Wer­bungs­kos­ten über die Ver­mie­tungs­ein­nah­men bei den Ein­künf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung geschaf­fen, wel­cher mit ande­ren Ein­künf­ten ver­rech­net wer­den kann. Im Ergeb­nis wird sicher­lich auch die­se Immo­bi­lie bei Ver­äu­ße­rung inner­halb von zehn Jah­ren zu einem pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft füh­ren. Tat­säch­lich hat man jedoch Jahr für Jahr über die Ver­rech­nung des Ver­mie­tungs­ver­lus­tes mit ande­ren posi­ti­ven Ein­künf­ten bereits einen Ein­kom­men­steu­er­vor­teil gene­riert. Im Ein­zel­fall könn­te die­ses Vor­ge­hen daher als die bes­se­re Lösung betrach­tet werden.

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4. Für Erben: Steuerbefreiung für das Familienheim trotz verzögertem Einzug

Auf­grund der sach­li­chen Steu­er­be­frei­ung im Erb­schaft­steu­er­ge­setz ist unter ande­rem der Erwerb von Todes wegen des Eigen­tums oder Mit­ei­gen­tums an einem im Inland bele­ge­nen bebau­ten Grund­stück durch Kin­der im Sin­ne der Steu­er­klas­se I Num­mer 2 steu­er­frei. Die Steu­er­be­frei­ung gilt dabei soweit der Erb­las­ser dar­in bis zum Erb­fall eine Woh­nung zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt hat oder bei der er aus zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken gehin­dert war. Wei­te­re Vor­aus­set­zung ist, dass der Erwer­ber das Fami­li­en­heim auch unver­züg­lich zur Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken bestimmt. Zudem ist die Steu­er­be­frei­ung auf eine Wohn­flä­che der Woh­nung von 200 m² begrenzt.

Streit­be­fan­gen ist dabei regel­mä­ßig die Fra­ge, wann noch eine unver­züg­li­che Selbst­nut­zung gege­ben ist. Vor die­sem Hin­ter­grund hat sei­ner­zeit das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf in einer Ent­schei­dung vom 10.3.2021 unter dem Akten­zei­chen 4 K 2245/19 Erb geur­teilt, dass der Erwerb einer vom Erb­las­ser als Teil sei­nes Grund­ver­mö­gens genutz­ten Woh­nung man­gels der unver­züg­li­chen Bestim­mung zur Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken nicht steu­er­frei ist, wenn der Ent­schluss zur Selbst­nut­zung der Woh­nung auf­grund im Ein­fluss­be­reich des Erwer­bes lie­gen­der vor­her­seh­ba­re Umstän­de erst 18 Mona­te nach dem Erb­fall umge­setzt wird. Bei den vor­her­seh­ba­ren Umstän­den han­del­te es sich im Urteils­fall um die Erfor­der­lich­keit der Räu­mung und der Durch­füh­rung von Renovierungsarbeiten.

Erfreu­li­cher­wei­se hat der Bun­des­fi­nanz­hof die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung aus Düs­sel­dorf mit Urteil vom 16.3.2022 unter dem Akten­zei­chen II R 6/21 rela­ti­viert. Inso­weit stel­len die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik fest, dass die Fra­ge des Zeit­punk­tes, wann von einer unver­züg­li­chen Bestim­mung zur Selbst­nut­zung aus­zu­ge­hen ist, durch die Recht­spre­chung zwi­schen­zeit­lich geklärt ist.

So ist eine Woh­nung zur Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken bestimmt, wenn der Erwer­ber die Absicht hat, die Woh­nung selbst zu eige­nen Wohn­zwe­cken zu nut­zen und die­se Absicht auch tat­säch­lich umsetzt.

Die Absicht des Erwer­bes zur Selbst­nut­zung der Woh­nung lässt sich als eine inne­re Tat­sa­che nur anhand äuße­rer Umstän­de fest­stel­len. Erfor­der­lich ist des­halb unbe­dingt, dass der Erwer­ber in die Woh­nung ein­zieht und sie als Fami­li­en­heim für eige­ne Wohn­zwe­cken nutzt. Die blo­ße Wid­mung zur Selbst­nut­zung reicht inso­weit nicht aus, wenn kein tat­säch­li­cher Ein­zug erfolgt. Das­sel­be gilt, wenn der Erwer­ber durch Äuße­run­gen gegen­über Drit­ten sei­ne Absicht zum Ein­zug ledig­lich bekun­det, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 6.5.2021 unter dem Akten­zei­chen II R 46/19 her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

Eben­falls ist bereits geklärt, dass der Erwer­ber nicht tat­säch­lich in die Woh­nung ein­zieht, wenn er sie nur als Lager­raum nutzt oder sich bei­spiels­wei­se gele­gent­lich im Gar­ten, auf dem Bal­kon, im Kel­ler oder auf dem Dach­bo­den auf­hält. Der Begriff des Fami­li­en­heims erfor­dert, dass der Erwer­ber dort den Mit­tel­punkt sei­nes Lebens­in­ter­es­ses hat. Dafür bedarf es einer Nut­zung zu eigent­li­chen Wohnzwecken.

Eben­so ist es wei­te­re Vor­aus­set­zung für die sach­li­che Steu­er­be­frei­ung des Fami­li­en­heims, dass der Erwer­ber die Woh­nung unver­züg­lich, also ohne schuld­haf­tes Zögern, zur Selbst­nut­zung für eige­ne Wohn­zwe­cken bestim­men muss. Unver­züg­lich erfolgt eine Hand­lung dabei nur, wenn sie inner­halb einer nach den Umstän­den des Ein­zel­falls zu bemes­sen­den Prü­fungs- und Über­le­gungs­zeit vor­ge­nom­men wird. Dies bedeu­tet auch, dass ein Erwer­ber zur Erlan­gung der Steu­er­be­frei­ung für ein Fami­li­en­heim inner­halb einer ange­mes­se­nen Zeit nach dem Erb­fall die Absicht zur Selbst­nut­zung des Hau­ses fas­sen und tat­säch­lich umset­zen muss. Ange­mes­sen ist dabei regel­mä­ßig ein Zeit­raum von sechs Mona­ten nach dem Erb­fall. Inner­halb die­ses Zeit­raums kann der Erwer­ber in der Regel prü­fen, ob er ein­zie­hen möch­te, ent­spre­chen­de Reno­vie­rungs­ar­bei­ten vor­neh­men und den Umzug durchführen.

Wird hin­ge­gen die Selbst­nut­zung der Woh­nung erst nach Ablauf von sechs Mona­ten auf­ge­nom­men, kann eben­falls eine unver­züg­li­che Bestim­mung zur Selbst­nut­zung vor­lie­gen. Aller­dings muss der Erwer­ber in die­sem Fall dar­le­gen und glaub­haft machen, zu wel­chem Zeit­punkt er sich zur Selbst­nut­zung der Woh­nung für eige­ne Wohn­zwe­cke ent­schlos­sen hat, aus wel­chen Grün­den ein tat­säch­li­cher Ein­zug in die Woh­nung nicht frü­her mög­lich war und war­um er die­se Grün­de nicht zu ver­tre­ten hat. Umstän­de im Ein­fluss­be­reich des begüns­tig­ten Erwer­bers, die nach Ablauf der sechs Mona­te zu einer län­ge­ren Ver­zö­ge­rung des Ein­zugs füh­ren, sind unter beson­de­ren Vor­aus­set­zun­gen nicht dem Erwer­ber anzu­las­ten. Das kann bei­spiels­wei­se dann der Fall sein, wenn sich die Reno­vie­rung des­halb län­ger hin­zieht, weil nach Beginn der Reno­vie­rungs­ar­bei­ten ein gra­vie­ren­der Man­gel der Woh­nung ent­deckt wird, der vor dem Ein­zug besei­tigt wer­den muss.

Es obliegt dabei dem Erwer­ber, die Reno­vie­rungs­ar­bei­ten und die Besei­ti­gung etwai­ger Män­gel zeit­lich so zu för­dern, dass es nicht zu Ver­zö­ge­run­gen kommt, die nach der Ver­kehrs­an­schau­ung als unan­ge­mes­sen anzu­se­hen sind. Ein unver­hält­nis­mä­ßi­ger Auf­wand zur zeit­li­chen Beschleu­ni­gung ist jedoch nicht erfor­der­lich. Viel­mehr reicht es voll­kom­men aus, wenn der Erwer­ber alle ihm zumut­ba­ren Maß­nah­men ergreift. Eine zeit­li­che Ver­zö­ge­rung des Ein­zugs auf­grund von Reno­vie­rungs­ar­bei­ten ist dem Erwer­ber nicht anzu­las­ten, wenn er die Arbei­ten unver­züg­lich in Auf­trag gibt, die beauf­trag­ten Hand­wer­ker sie aber aus Grün­den, die der Erwer­ber nicht zu ver­tre­ten hat, nicht recht­zei­tig aus­füh­ren kön­nen. Dazu gehört bei­spiels­wei­se auch eine hohe Auf­trags­la­ge bei den Hand­wer­kern. Zudem kann von dem Erwer­ber nur die zeit­li­che För­de­rung ver­langt wer­den, zu der er gesund­heit­lich in der Lage ist. Was dies­be­züg­lich von dem Erwer­ber tat­säch­lich ver­langt wer­den kann, ist eine Fra­ge des Ein­zel­falls und Gegen­stand der Wür­di­gung durch die Finanz­be­hör­den bzw. das erst­in­stanz­li­che Finanzgericht.

Ein in der Pra­xis deut­li­ches Indiz für die unver­züg­lich Bestim­mung zur Selbst­nut­zung ist die zeit­na­he Räu­mung bzw. Ent­rüm­pe­lung der erwor­be­nen Woh­nung. Ver­zö­gert sich der Ein­zug, weil zunächst ein gra­vie­ren­der Man­gel besei­tigt wer­den muss, ist eine spä­te­re Ent­rüm­pe­lung der Woh­nung unschäd­lich, wenn sie nicht ihrer­seits zu einem ver­zö­ger­ten Ein­zug führt. Auch hier muss der Erwer­ber die Arbei­ten der Ent­rüm­pe­lung nach den Mög­lich­kei­ten sei­nes Gesund­heits­zu­stan­des zeit­lich ange­mes­sen för­dern. Was dies­be­züg­lich vom Erwer­ber ver­langt wer­den kann, ist wie­der­um eine Fra­ge des indi­vi­du­el­len Ein­zel­falls und sei­tens des Finanz­am­tes und des Finanz­ge­rich­tes zu würdigen.

Der Erwer­ber trägt die objek­ti­ve Beweis­last für die Merk­ma­le der Steu­er­be­frei­ung. Hin­sicht­lich der unver­züg­li­chen Bestim­mung zur Selbst­nut­zung sind die Anfor­de­run­gen an die Dar­le­gung des Erwer­bes und sei­ne Grün­de für die ver­zö­ger­te Nut­zung der Woh­nung für eige­ne Wohn­zwe­cken umso höher, je grö­ßer der zeit­li­che Abstand zwi­schen dem Erb­fall und dem tat­säch­li­chen Ein­zug des Erwer­bers in die Woh­nung ist.

Vor­lie­gend ver­weist der Bun­des­fi­nanz­hof die Fra­ge, ob die Steu­er­be­frei­ung des Fami­li­en­heims zu gewäh­ren ist, an die ers­te Instanz zurück. Inso­weit muss die­se klä­ren, ob der Steu­er­pflich­ti­ge tat­säch­lich die Ver­zö­ge­rung selbst ver­ur­sacht hat.

Tipp: In der Pra­xis ist jedem Erwer­ber anzu­ra­ten, den Ent­schluss zur Selbst­nut­zung deut­lich zu doku­men­tie­ren und ins­be­son­de­re etwai­ge Ver­zö­ge­run­gen beim Ein­zug genau­es­ten fest­zu­hal­ten, damit im Nach­gang kei­ne Pro­ble­me mit der Dar­le­gungs­last bestehen.

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5. Für Gesellschafter einer Personengesellschaft: Gewerbliche Abfärbung bei Beteiligungseinkünften

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung in § 15 Abs. 3 Num­mer 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) gilt als Gewer­be­be­trieb in vol­lem Umfang die mit Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht unter­nom­me­ne Tätig­keit einer Per­so­nen­ge­sell­schaft, wenn die Gesell­schaft auch eine gewerb­li­che Tätig­keit im Sin­ne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 aus­übt (Alter­na­ti­ve eins) oder gewerb­li­che Ein­künf­te im Sin­ne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 2 EStG bezieht (Alter­na­ti­ve zwei).

Die Alter­na­ti­ve zwei ist erst durch das Jah­res­steu­er­ge­setz 2007 vom Gesetz­ge­ber ein­ge­fügt wor­den. Die­ser reagier­te damit auf ein Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 6.10.2004 unter dem Akten­zei­chen IX R 53/01. In die­sem Urteil hat­ten die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik ent­schie­den, dass die Abfär­be­wir­kung ent­spre­chend der dama­li­gen Geset­zes­fas­sung nicht ein­greift, wenn eine ver­mö­gens­ver­wal­ten­de Per­so­nen­ge­sell­schaft, die ledig­lich Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung erzielt, an einer gewerb­lich täti­gen ande­ren Per­so­nen­ge­sell­schaft betei­ligt ist. Denn auch wenn sie Mit­un­ter­neh­me­rin die­ser Gesell­schaft ist, übt sie kei­ne gewerb­li­che Tätig­keit aus, wel­che in der alten Vor­schrift der Abfär­be­theo­rie vor­aus­ge­setzt wird. Nach Ansicht des IX. Senats des Bun­des­fi­nanz­hofs lag dar­in eine Abwei­chung vom Urteil des BFH vom 8.12.1994 unter dem Akten­zei­chen IV R 7/92 und vom Urteil des BFH vom 18.4.2000 unter dem Akten­zei­chen VIII R 68/98. Bei­de Sena­te hat­ten sei­ner­zeit der Abwei­chung zuge­stimmt, der IV. Senat mit der Maß­ga­be, dass dies nur für die Betei­li­gung einer ver­mö­gens­ver­wal­ten­den Ober­ge­sell­schaft gel­te, es also für die Betei­li­gung einer betrieb­li­chen Per­so­nen­ge­sell­schaft an einer gewerb­lich täti­gen Unter­ge­sell­schaft bei der Abwer­bung bleibt.

Nach der Begrün­dung des Gesetz­ent­wurfs soll­te mit der Neu­re­ge­lung des § 15 Abs. 3 Num­mer 1 Alter­na­ti­ve 2 EStG die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung und Ver­wal­tungs­auf­fas­sung der Ein­kom­men­steu­er­richt­li­ni­en wie­der­her­ge­stellt und gesetz­lich abge­si­chert wer­den. Danach bezieht eine land- und forst­wirt­schaft­li­che, frei­be­ruf­li­che oder ver­mö­gens­ver­wal­tend täti­ge Per­so­nen­ge­sell­schaft, zu deren Gesamt­hand­s­ver­mö­gen eine Betei­li­gung an einer gewerb­lich täti­gen Gesell­schaft gehört, in vol­lem Umfang gewerb­li­che Ein­künf­te. So auch gere­gelt in der sei­ner­zei­ti­gen Bun­des­tags­druck­sa­che 16/2712 auf Sei­te 44. Soweit die Grün­de für die Ein­fü­gung der Alter­na­ti­ve zwei im Einkommensteuergesetz.

Zur Alter­na­ti­ve eins, also zur eige­nen Betä­ti­gung im Rah­men einer gewerb­li­chen Tätig­keit einer ansons­ten nicht gewerb­li­chen Per­so­nen­ge­sell­schaft, hat die Recht­spre­chung jedoch die Abfär­be­wir­kung der gewerb­li­chen Ein­künf­te bei einem sehr gerin­gen Anteil der gewerb­li­chen Umsät­ze in der Ver­gan­gen­heit ver­neint. Danach kommt es bei einer eige­nen gewerb­li­chen Tätig­keit einer ansons­ten nicht gewerb­lich täti­gen Per­so­nen­ge­sell­schaft nicht zu einer Abfär­be­wir­kung, wenn die gewerb­li­che Tätig­keit ledig­lich gering­fü­gig und damit unschäd­lich ist. Dies ist gege­ben, wenn die gewerb­li­chen Net­to­um­sät­ze 3% des Gesamt­net­to­um­sat­zes und einen Betrag von 24.500 Euro nicht übersteigen.

Im Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 6.6.2019 unter dem Akten­zei­chen IV R 30/16 haben die obers­ten Finanz­rich­ter jedoch geur­teilt, dass eine sol­che Gering­fü­gig­keits­gren­ze bei der Abfär­be­wir­kung auf­grund gewerb­li­cher Betei­li­gungs­ein­künf­te nicht in Betracht kommt. Kon­kret heißt es in der Ent­schei­dung: Die Rege­lung des § 15 Abs. 3 Num­mer 1 Alter­na­ti­ve 2 EStG ist auch ohne Berück­sich­ti­gung einer Gering­fü­gig­keits­gren­ze, bis zu deren Errei­chen die gewerb­li­chen Betei­li­gungs­ein­künf­te nicht auf die übri­gen Ein­künf­te der Gesell­schaf­ter abfär­ben, ver­fas­sungs­ge­mäß. Danach führt also ein­kom­men­steu­er­recht­lich jede Betei­li­gung, aus der die Gesell­schaft gewerb­li­che Ein­künf­te bezieht, zu einer Umqua­li­fi­zie­rung aller Ein­künf­te die­ser Gesell­schaft zu sol­chen aus Gewerbebetrieb.

Wei­ter­ge­hend hat der Bun­des­fi­nanz­hof in der Ent­schei­dung jedoch eben­falls fest­ge­legt, dass es sei­ner Ansicht nach dann der ver­fas­sungs­kon­for­men Aus­le­gung des § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes (GewStG) bedarf, dass ein Unter­neh­men, das nur Kraft der Fik­ti­on aus Alter­na­ti­ve zwei als Gewer­be­be­trieb gilt, nicht der Gewer­be­steu­er unter­liegt. Ande­ren­falls, so die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik, wür­de § 15 Abs. 3 Num­mer 1 Alter­na­ti­ve 2 EStG eine nicht gerecht­fer­tig­te Schlech­ter­stel­lung der Per­so­nen­ge­sell­schaft gegen­über einem Ein­zel­un­ter­neh­mer enthalten.

Nichts­des­to­trotz hat inzwi­schen das Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­nem Urteil vom 13.5.2022 unter dem Akten­zei­chen 15 K 26/20 E, F ent­schie­den, dass die Abfär­be­re­ge­lung gemäß § 15 Abs. 3 Num­mer 1 Alter­na­ti­ve 2 EStG bei Ein­künf­ten aus einer Betei­li­gung an einer gewerb­lich täti­gen Gesell­schaft ohne irgend­ei­ne Baga­tell­gren­ze zur Anwen­dung kommt.

Erfreu­li­cher­wei­se ist damit jedoch das letz­te Wort noch nicht gespro­chen, denn gegen die Ent­schei­dung aus Müns­ter wur­de die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein­ge­legt. Unter dem Akten­zei­chen IV R 18/22 haben die obers­ten Finanz­rich­ter des Bun­des­fi­nanz­hofs daher die Gele­gen­heit zu klä­ren, ob gewerb­li­che Betei­li­gungs­ein­künf­te einer ver­mö­gens­ver­wal­tend täti­gen Per­so­nen­ge­sell­schaft ohne Berück­sich­ti­gung einer Gering­fü­gig­keits­gren­ze stets zur Umqua­li­fi­zie­rung der Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung in sol­che aus Gewer­be­be­trieb füh­ren. Dabei geht es unter dem Strich auch um die Fra­ge, ob die Rege­lung des § 15 Abs. 3 Num­mer 1 Alter­na­ti­ve 2 EStG nicht doch zu einem ver­fas­sungs­wid­ri­gen Zustand führt.

Auch wenn der Bun­des­fi­nanz­hof in der zuvor zitier­ten Ent­schei­dung bereits kei­ne Ver­fas­sungs­wid­rig­keit gese­hen hat, so bleibt an die­ser Stel­le zu hof­fen, dass die­se Auf­fas­sung über­dacht wird. Immer­hin hat auch sei­ner­zeit der Bun­des­fi­nanz­hof Pro­ble­me an der Rege­lung der Alter­na­ti­ve zwei geäu­ßert, da gegen­über einem Ein­zel­un­ter­neh­mer eine Schlech­ter­stel­lung resul­tiert. Prak­tisch ist nur schwer nach­zu­voll­zie­hen, wie die­se Schlech­ter­stel­lung dann durch ein wei­te­res Steu­er­ge­setz beho­ben wer­den soll. Inso­weit ist durch­aus denk­bar, dass die obers­ten Rich­ter ihre Auf­fas­sung neu sor­tie­ren. Die Ent­schei­dung dürf­te sicher­lich mit Span­nung zu erwar­ten sein.

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6. Für Immobilieneigentümer: Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Immobilien

In den Jah­ren 2013 bis 2018 haben sowohl der Euro­päi­sche Gerichts­hof als auch der Bun­des­fi­nanz­hof zum The­ma Vor­steu­er­auf­tei­lung bei gemischt genutz­ten Grund­stü­cken meh­re­re Ent­schei­dun­gen getrof­fen. Ganz aktu­ell ist mit der Ver­wal­tungs­an­wei­sung vom 20.10.2022 das ent­spre­chen­de Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums dazu erschie­nen. Was die Finanz­ver­wal­tung nun aus der Recht­spre­chung macht, wird im Fol­gen­den zusam­men­ge­fasst wiedergegeben.

Zunächst ein­mal ist her­vor­zu­he­ben, dass die Finanz­ver­wal­tung bei den Ein­gangs­leis­tun­gen für Nut­zung, Erhal­tung und Unter­hal­tung eines gemischt genutz­ten Objek­tes die Vor­steu­er­auf­tei­lung anders hand­habt als bei­spiels­wei­se bei Anschaf­fungs­kos­ten und Her­stel­lungs­kos­ten. Bei Ein­gangs­leis­tun­gen für die Nut­zung, Erhal­tung und Unter­hal­tung, also den lau­fen­den Kos­ten der Immo­bi­lie, sind die Leis­tun­gen zunächst in einem ers­ten Schritt und soweit mög­lich direkt den zum Vor­steu­er­ab­zug berech­ti­gen­den bzw. die­sen aus­schlie­ßen­den Aus­gangs­um­sät­zen zuzu­ord­nen. Der ers­te Schritt ist also eine direk­te Zuord­nung. Die rest­li­chen Vor­steu­er­be­trä­ge sind dann sach­ge­recht auf­zu­tei­len, wobei der Knack­punkt dar­in besteht, wel­ches Auf­tei­lungs­ver­fah­ren in der Pra­xis ange­wen­det wird.

Bei Anschaf­fungs­kos­ten oder Her­stel­lungs­kos­ten eines Gebäu­des, wel­ches durch den Unter­neh­mer sowohl für vor­steue­run­schäd­li­che als auch für vor­steu­er­schäd­li­che Umsät­ze genutzt wer­den soll, sind dage­gen nach der Ver­wal­tungs­auf­fas­sung die gesam­ten Vor­steu­ern der Anschaf­fungs­kos­ten bzw. der Her­stel­lungs­kos­ten ein­heit­lich in einen abzieh­ba­ren und einen nicht abzieh­ba­ren Teil auf­zu­tei­len. Eine direk­te Zuord­nung ist an die­ser Stel­le aus­ge­schlos­sen. Dabei bezieht sich die Finanz­ver­wal­tung auf die Recht­spre­chung. Tat­säch­lich hat die Recht­spre­chung dies jedoch nicht so kate­go­risch ent­schie­den. Viel­mehr sagt die Recht­spre­chung mit Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs vom 9.6.2016 unter dem Akten­zei­chen C‑332/14, dass eine direk­te Zuord­nung von Gegen­stän­den und Dienst­leis­tun­gen, wel­che die Anschaf­fung oder Errich­tung eines gemischt genutz­ten Gebäu­des betref­fen, zu den Aus­gangs­um­sät­zen uni­ons­recht­lich nicht erfor­der­lich ist, wenn eine sol­che Zuord­nung in der Pra­xis schwer durch­führ­bar ist. Die Finanz­ver­wal­tung schließt jedoch eine direk­te Zuord­nung inso­weit direkt aus, wes­halb man im Ein­zel­fall durch­aus über­le­gen könn­te, ob an die­ser Stel­le der Kla­ge­weg beschrit­ten wer­den sollte.

Kern­punkt der Pro­ble­ma­tik der Vor­steu­er­auf­tei­lung ist jedoch die Fra­ge nach dem sach­ge­rech­ten Auf­tei­lungs­schlüs­sel. Nach Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung kom­men neben dem Gesamt­um­satz­schlüs­sel auch ande­re Auf­tei­lungs­schlüs­sel in Betracht. Kon­kret ist sogar ein ande­rer Auf­tei­lungs­schlüs­sel anzu­wen­den, wenn die­ser ein prä­zi­se­res Ergeb­nis lie­fert. Auch bei der Fra­ge, was denn das prä­zi­se­re Ergeb­nis ist, ist der Streit mit der Finanz­ver­wal­tung vorprogrammiert.

Zunächst aber zur Fra­ge der ver­schie­de­nen Auf­tei­lungs­schlüs­sel. In Betracht kom­men ins­be­son­de­re ein objekt­be­zo­ge­ner Flä­chen­schlüs­sel, ein objekt­be­zo­ge­ner Umsatz­schlüs­sel oder ein Auf­tei­lungs­schlüs­sel nach dem umbau­ten Raum. Dane­ben sind auch wei­te­re Auf­tei­lungs­schlüs­sel mög­lich, wenn sie im Ein­zel­fall sach­ge­recht sind. Tat­säch­lich wer­den die­se jedoch ein wenig beson­ders sein. Denk­bar ist inso­fern in die­sem Zusam­men­hang auch ein Zeit­schlüs­sel. So hat der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 26.4.2018 unter dem Akten­zei­chen V R 23/16 für den Fall einer Schul­sport­hal­le ent­schie­den, dass bei einer zeit­lich wech­seln­den Nut­zung des­sel­ben Gebäu­des zu steu­er­frei­en oder steu­er­pflich­ti­gen Zwe­cken eine Auf­tei­lung nach den Nut­zungs­zei­ten zu einer prä­zi­se­ren wirt­schaft­li­chen Zurech­nung führt als alle ande­ren Aufteilungsschlüssel.

Her­vor­zu­he­ben ist jedoch, und hier stimmt die Finanz­ver­wal­tung mit der Recht­spre­chung über­ein, dass, wenn meh­re­re Auf­tei­lungs­schlüs­sel in Betracht kom­men, nicht zwin­gend die prä­zi­ses­te Metho­de anzu­wen­den ist. Viel­mehr obliegt die Aus­wahl der anzu­wen­den­den Metho­de in die­sem Fall dem Unter­neh­mer, wobei die Finanz­ver­wal­tung sich natür­lich das Recht vor­be­hält, die vom Unter­neh­mer gewähl­te Metho­de dar­auf­hin zu über­prü­fen, ob sie sach­ge­recht ist. In der Pra­xis ist auch an die­ser Stel­le durch­aus Streit­po­ten­zi­al gege­ben. Denn bei der Fra­ge, was sach­ge­recht ist, gehen ins­be­son­de­re die Auf­fas­sung von Finanz­ver­wal­tung und Steu­er­pflich­ti­gen häu­fig auseinander.

Grund­sätz­lich geht die Finanz­ver­wal­tung davon aus, dass die Vor­steu­er­auf­tei­lung nach dem Ver­hält­nis der Nutz­flä­chen des Gebäu­des, also einem objekt­be­zo­ge­ne Flä­chen­schlüs­sel, erfolgt. In den Augen der Finanz­ver­wal­tung ist dies regel­mä­ßig die wirt­schaft­lich prä­zi­se­re Auf­tei­lungs­me­tho­de gegen­über dem Gesamt­um­satz­schlüs­sel. Tat­säch­lich hat auch hier die Recht­spre­chung nicht ent­schie­den, dass der Flä­chen­schlüs­sel die bes­te Metho­de ist. Viel­mehr hat der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 7.5.2014 unter dem Akten­zei­chen V R 1/10 klar­ge­stellt, dass eine Vor­steu­er­auf­tei­lung nach dem Umsatz­schlüs­sel nur zuläs­sig ist, wenn kei­ne ande­re, prä­zi­se­re wirt­schaft­li­che Zurech­nung mög­lich ist. Der Flä­chen­schlüs­sel schließt im Regel­fall aller­dings als prä­zi­se­re Zurech­nung den Umsatz­steu­er­schlüs­sel aus. Aller­dings sind die Vor­steu­er­be­trä­ge nicht nach dem Flä­chen­schlüs­sel auf­zu­tei­len, wenn die Aus­stat­tung der Räum­lich­kei­ten erheb­li­che Unter­schie­de aufweist.

Sofern nun ein­mal der Flä­chen­schlüs­sel gewählt ist, ist die Flä­chen­be­rech­nung nach den Gebäu­de­flä­chen vor­zu­neh­men. Außen­stell­plät­ze bei­spiels­wei­se sind dabei nicht ein­zu­be­zie­hen, wie der Bun­des­fi­nanz­hof schon ein­mal in einer Ent­schei­dung vom 27.3.2019 unter dem Akten­zei­chen V R 43/17 klar­ge­stellt hat. Der Unter­neh­mer kann einen Flä­chen­schlüs­sel bean­spru­chen, wenn die­ser sach­ge­recht ist.

An die­ser Stel­le sei dar­auf hin­ge­wie­sen, dass im Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums ins­be­son­de­re in den Rz. 16 fort­fol­gen­de noch Hin­wei­se für die Flä­chen­be­rech­nung gege­ben wer­den. Bemer­kens­wert ist dabei, dass die Finanz­ver­wal­tung sich zu Dach­schrä­gen äußert und die Grund­flä­che auch bei Dach­schrä­gen in vol­lem Umfang anset­zen möch­te. Da dies wirt­schaft­lich auch zu einem komi­schen Ergeb­nis füh­ren kann, könn­te auch in die­ser Abkopp­lung von der Wirt­schaft­lich­keit durch­aus Streit­po­ten­zi­al in der Pra­xis vor­han­den sein.

Ein objekt­be­zo­ge­ner Umsatz­schlüs­sel kommt nach Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung per se nicht in Betracht. Defi­ni­tiv kann man sagen, dass die­ser von der Finanz­ver­wal­tung nicht gewollt ist, da er nur unter der Vor­aus­set­zung der Recht­spre­chung ange­wen­det wer­den darf. Zu ver­wei­sen ist hier ins­be­son­de­re auf die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 7.5.2014 unter dem Akten­zei­chen V R 1/10 und die Ent­schei­dung vom 3.7.2014 unter dem Akten­zei­chen V R 2/10.

Weicht hin­ge­gen die Aus­stat­tung der unter­schied­lich genutz­ten Räu­me erheb­lich von­ein­an­der ab, erfolgt grund­sätz­lich eine Auf­tei­lung der Vor­steu­er­be­trä­ge anhand des objekt­be­zo­ge­nen Umsatz­schlüs­sels. In sol­chen Fäl­len erkennt sogar die Finanz­ver­wal­tung, dass eine Auf­tei­lung nach dem Flä­chen­schlüs­sel nicht zu einem sach­ge­rech­ten Ergeb­nis führt. Der objekt­be­zo­ge­ne Umsatz­schlüs­sel kann inso­weit die wirt­schaft­lich prä­zi­se­re Auf­tei­lung gegen­über dem Gesamt­um­satz­schlüs­sel ermög­li­chen. Aus­nahms­wei­se kann in sol­chen Fäl­len eine Auf­tei­lung nach dem Gesamt­um­satz­schlüs­sel zur Anwen­dung kom­men, näm­lich bei­spiels­wei­se bei Ver­wal­tungs­ge­bäu­den, wenn die­se den Umsät­zen des Gesamt­un­ter­neh­mens die­nen. Das Stich­wort lau­tet hier: Verwaltungsgebäude.

Erheb­li­ches Streit­po­ten­zi­al wird sich in der Pra­xis hin­ge­gen dabei erge­ben, was denn wesent­li­che Unter­schie­de in der Aus­stat­tung sind. Nach Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung kön­nen die­se immer dann ange­nom­men wer­den, wenn sich die Dicke der Decken und Wän­de oder die Innen­aus­stat­tung deut­lich von­ein­an­der unter­schei­den. Denn regel­mä­ßig unter­schei­det sich dann auch die Höhe der Bau­auf­wen­dun­gen der ver­schie­de­nen Räu­me erheb­lich von­ein­an­der und auch die tat­säch­lich erziel­ba­ren Miet­ein­nah­men wei­chen ent­spre­chend von­ein­an­der ab.

Aus­stat­tungs­un­ter­schie­de, die in der unter­schied­li­chen Nut­zung begrün­det sind und denen beim ande­ren Gebäu­de­teil ein ähn­li­cher Auf­wand gegen­über­steht, stel­len hin­ge­gen für sich allein noch kei­ne erheb­li­chen Unter­schie­de dar. So zumin­dest die Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung in dem oben bereits zitier­ten Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums. Der Fis­kus möch­te inso­weit kei­ne erheb­li­chen Unter­schie­de erken­nen bei einer unter­schied­li­chen Anzahl und Art von Strom- oder Was­ser­an­schlüs­sen für pri­va­te oder gewerb­li­che Mie­ter. Dies ist ein aus­drück­li­ches Bei­spiel in der Ver­wal­tungs­an­wei­sung. Prak­tisch kann die­ser Auf­fas­sung kaum gefolgt wer­den, denn wenn man eine gemischt genutz­te Immo­bi­lie betrach­tet, bei der Tei­le zu Wohn­zwe­cken ver­mie­tet und ande­re Tei­le für Büro­zwe­cke ver­mie­tet sind, so wird der Büro­teil regel­mä­ßig mehr Strom­an­schlüs­se haben als der Wohn­be­reich. Auch dadurch sind erheb­li­che Kos­ten gege­ben. Zudem könn­te der Büro­be­reich eben­so einen Stark­strom­an­schluss und ähn­li­ches benö­ti­gen, was ein deut­li­cher Unter­schied ist. Von einer Ver­ka­be­lung für ein Com­pu­ter­netz­werk sei an die­ser Stel­le gar nicht gespro­chen. Beson­ders wich­tig ist daher an die­ser Stel­le, dass die Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung im Ein­zel­fall durch­aus kri­tisch hin­ter­fragt wer­den muss.

Zwar defi­niert die Finanz­ver­wal­tung wei­ter, dass Unter­schie­de erst dann erheb­lich sind, wenn sie über die blo­ße unter­schied­li­che Nut­zung hin­aus zu einem deut­lich unter­schied­li­chen Bau­auf­wand für nur einen Gebäu­de­teil füh­ren, dem im ande­ren Gebäu­de­teil kei­ne ent­spre­chen­de Funk­ti­on und kein wert­ähn­li­cher Auf­wand gegen­über­ste­hen. Ein erheb­li­cher Unter­schied soll daher vor­lie­gen, wenn die einen Räu­me luxu­ri­ös, die ande­ren Räum­lich­kei­ten aber schlicht aus­ge­baut sind. Sicher­lich liegt in die­sem Fall tat­säch­lich ein erheb­li­cher Unter­schied vor, jedoch ist eine sol­che Auf­zäh­lung auch durch­aus nichts­sa­gend. Allein durch eine stär­ke­re Strom­ver­ka­be­lung, weil zahl­rei­che Com­pu­ter genutzt wer­den müs­sen, ist auch schon ein erheb­li­cher unter­schied­li­cher Bau­auf­wand gegeben.

Als drit­te Metho­de sieht die Finanz­ver­wal­tung die Auf­tei­lung der Vor­steu­ern nach dem umbau­ten Raum. Bestehen inso­weit erheb­li­che Abwei­chung in der Geschoss­hö­he, kann die Vor­steu­er­auf­tei­lung anstatt des Gesamt­um­satz­schlüs­sels nach dem umbau­ten Raum in Betracht kom­men, wenn eine sol­che Auf­tei­lung in die­sen Fäl­len eine prä­zi­se­re wirt­schaft­li­che Zurech­nung der Vor­steu­er­be­trä­ge ermöglicht.

Beson­ders ein­fach macht es sich die Finanz­ver­wal­tung hin­ge­gen beim The­ma Fest­stel­lungs­last. Hier wird es sicher­lich noch finanz­ge­richt­li­che Klä­rung brau­chen. Inso­weit hat der Bun­des­fi­nanz­hof bereits in sei­ner Ent­schei­dung vom 11.11.2020 unter dem Akten­zei­chen XI R 7/20 klar­ge­stellt, dass nicht der Steu­er­pflich­ti­ge bewei­sen muss, dass bei­spiels­wei­se der Umsatz­schlüs­sel prä­zi­ser ist als der Flä­chen­schlüs­sel. Viel­mehr liegt aus­weis­lich der Recht­spre­chung die Fest­stel­lungs­last ganz klar bei der Finanz­ver­wal­tung. Der Ver­wal­tungs­er­lass wie­der­holt die­se Fest­stel­lungs­last zwar, dreht den Spieß dann jedoch um. Die vom Bun­des­fi­nanz­hof dar­ge­leg­te Fest­stel­lungs­last soll näm­lich nur gel­ten, wenn dem Finanz­amt alle für eine ent­spre­chen­de Beur­tei­lung erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen vor­lie­gen, ins­be­son­de­re durch Erfül­lung der dem Unter­neh­mer oblie­gen­den Mit­wir­kungs­pflicht. Lie­gen hin­ge­gen nicht alle erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen vor bzw. las­sen die­se kei­ne ein­deu­ti­ge Beur­tei­lung zu, ist nach Auf­fas­sung des Fis­kus davon aus­zu­ge­hen, dass der Flä­chen­schlüs­sel grund­sätz­lich die prä­zi­se­ren Ergeb­nis­se liefert.

Durch und durch ist in den Ver­wal­tungs­an­wei­sun­gen zu erken­nen, dass die Finanz­ver­wal­tung grund­sätz­lich und am aller­liebs­ten immer nur den Flä­chen­schlüs­sel anwen­den möch­te. In der Pra­xis ist dies schon des­halb abzu­leh­nen, weil gewerb­li­che Ver­mie­tun­gen häu­fi­ger einen höhe­ren Miet­zins als Wohn­raum­ver­mie­tun­gen haben. Tat­säch­lich wird also auch die­se von der Finanz­ver­wal­tung ver­such­te Umkeh­rung der Fest­stel­lungs­last in der Pra­xis zu erheb­li­chen Pro­ble­men und wei­te­ren Steu­er­strei­tig­kei­ten füh­ren. Mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit wird es daher in der Zukunft auch wei­te­re Ver­fah­ren in der Steu­er­recht­spre­chung dazu geben. Wir wer­den Sie gern auf dem Lau­fen­den halten.

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7. Für GmbH-Gesellschafter: Keine Steuerermäßigung für Handwerkerleistung bei Belastung des Verrechnungskontos

Nach § 35 a Abs. 3 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) ermä­ßigt sich für die Inan­spruch­nah­me von Hand­wer­k­erleis­tun­gen für Renovierungs‑, Erhal­tungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nah­men die tarif­li­che Ein­kom­men­steu­er, ver­min­dert um die sons­ti­gen Steu­er­ermä­ßi­gun­gen, auf Antrag um 20% der Auf­wen­dun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen, höchs­tens jedoch 1.200 Euro. Die Inan­spruch­nah­me der Steu­er­ermä­ßi­gung für Hand­wer­k­erleis­tun­gen setzt ent­spre­chend der Rege­lun­gen in § 35 a Abs. 5 Satz 3 EStG unter ande­rem vor­aus, dass der Steu­er­pflich­ti­ge für die Auf­wen­dun­gen eine Rech­nung erhal­ten hat und die Zah­lung auf das Kon­to des Erbrin­gers der Leis­tung erfolgt ist.

Die for­mel­le Ermä­ßi­gungs­vor­aus­set­zung, dass die Zah­lung der Rech­nung auf das Kon­to des Erbrin­gers der Leis­tung erfolgt ist, ver­langt die Gut­schrift des Rech­nungs­be­tra­ges auf ein Kon­to des Leis­ten­den bei einem Kre­dit­in­sti­tut. Denn ohne die Ein­bin­dung eines sol­chen und damit ohne bank­mä­ßi­ge Doku­men­ta­ti­on des Zah­lungs­vor­gangs ist die­ses Tat­be­stands­merk­mal nach ein­hel­li­ger Rechts­auf­fas­sung nicht erfüllt. Dies ist nicht nur die Mei­nung der Finanz­ver­wal­tung im Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums vom 9.11.2016, son­dern auch die Auf­fas­sung zahl­rei­cher Geset­zes­kom­men­ta­re sowie der Recht­spre­chung, bei­spiels­wei­se im Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 6.11.2014 unter dem Akten­zei­chen VI R 1/13.

Vor die­sem Hin­ter­grund kommt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner aktu­el­len Recht­spre­chung vom 9.6.2022 unter dem Akten­zei­chen VI R 23/20 zu dem Schluss, dass die Steu­er­ermä­ßi­gung für Hand­wer­k­erleis­tun­gen ent­spre­chend der Vor­schrift des § 35 a Abs. 3 EStG auch nach der Neu­fas­sung der Vor­schrift durch das Jah­res­steu­er­ge­setz 2008 immer nur dann in Anspruch genom­men wer­den kann, wenn der Rech­nungs­be­trag auf einem Kon­to des Leis­ten­den bei einem Kre­dit­in­sti­tut gut­ge­schrie­ben wird. Die Gut­schrift des Rech­nungs­be­tra­ges im Wege der Auf­rech­nung durch Belas­tung des Gesell­schaf­ter-Ver­rech­nungs­kon­tos des Steu­er­pflich­ti­gen bei der leis­tungs­er­brin­gen­den Gesell­schaft genügt den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen an den Zah­lungs­vor­gang nicht. Somit kann in die­sem Fall der Gesell­schaf­ter kei­ne Steu­er­ermä­ßi­gung für die Hand­wer­k­erleis­tun­gen sei­ner GmbH erhalten.

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8. Für Arbeitnehmer: Zum Werbungskostenabzug für Familienheimfahrten

Gemäß der gesetz­li­chen Rege­lung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Num­mer 5 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) sind not­wen­di­ge Mehr­auf­wen­dun­gen, die einem Arbeit­neh­mer wegen einer beruf­li­chen ver­an­lass­ten dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung ent­ste­hen, abzugs­fä­hi­ge Wer­bungs­kos­ten. Auf­wen­dun­gen für die Wege vom Ort der ers­ten Tätig­keit zum Ort des eige­nen Haus­stan­des und zurück, also die soge­nann­ten Fami­li­en­heim­fahr­ten, kön­nen dabei jeweils nur für eine Fami­li­en­heim­fahrt wöchent­lich abge­zo­gen werden.

Zur Abgel­tung der Auf­wen­dun­gen für eine Fami­li­en­heim­fahrt ist ent­spre­chend der Rege­lung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Num­mer 5 Satz 6 EStG eine Ent­fer­nungs­pau­scha­le von 30 Cent für jeden vol­len Kilo­me­ter der Ent­fer­nung zwi­schen dem Ort des eige­nen Haus­stan­des und dem Ort der ers­ten Tätig­keits­stät­te anzu­set­zen. Auf­wen­dun­gen für Fami­li­en­heim­fahr­ten des Steu­er­pflich­ti­gen mit einem ihm über­las­se­nen Kfz wer­den hin­ge­gen nicht berück­sich­tigt. So die Rege­lung in Satz 8 der vor­ge­nann­ten Vorschrift.

Kor­re­spon­die­rend zu die­sem Aus­schluss des Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs im Fall eines dem Steu­er­pflich­ti­gen im Rah­men einer Ein­kunfts­art über­las­se­nen Kraft­fahr­zeugs ver­zich­tet der Gesetz­ge­ber auf den Ansatz eines geld­wer­ten Vor­teils in der Gestalt eines Zuschlags für eine wöchent­li­che Fami­li­en­heim­fahrt in Höhe von 0,002% des Lis­ten­prei­ses zur Ein-Pro­zent-Rege­lung. Inso­weit sei auf das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 4.4.2008 unter dem Akten­zei­chen VI R 85/04 verwiesen.

Das Abzugs­ver­bot recht­fer­tigt sich dem­nach aus dem Umstand, dass die Rege­lung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Num­mer 5 Satz 8 EStG einer­seits und ande­rer­seits die Rege­lung des § 8 Abs. 2 Satz 5 Halb­satz 2 EStG in einem kor­re­spon­die­ren­den Ver­hält­nis zuein­an­der ste­hen. So auch schon der sei­ner­zei­ti­gen Bun­des­tags­druck­sa­che 13/1686 auf Sei­te 9 zu ent­neh­men. Das kor­re­spon­die­ren­de Ver­hält­nis besteht, indem die Rege­lung des § 8 Abs. 2 Satz 5 Halb­satz 2 EStG kei­nen Vor­teil in Höhe von 0,002% des Lis­ten­prei­ses pro Ent­fer­nungs­ki­lo­me­ter für sol­che Fami­li­en­heim­fahr­ten ansetzt, für die ein Abzug von Wer­bungs­kos­ten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Num­mer 5 Satz 5 EStG in Betracht kommt. Damit soll eine Dop­pel­be­güns­ti­gung ver­hin­dert wer­den, wie auch der ein­schlä­gi­gen Lite­ra­tur zur Vor­schrift des § 9 EStG zu ent­neh­men ist.

Vor die­sem Hin­ter­grund hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner aktu­el­len Ent­schei­dung vom 4.8.2022 unter dem Akten­zei­chen X R 35/20 klar­ge­stellt: Nutzt der Arbeit­neh­mer ein von sei­nem Arbeit­ge­ber auch zur außer­dienst­li­chen Nut­zung über­las­se­nes Kraft­fahr­zeug für Fami­li­en­heim­fahr­ten im Rah­men der dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung, so schei­det ein Wer­bungs­kos­ten­ab­zug auch dann aus, wenn der Arbeit­neh­mer dafür ein Nut­zungs­ent­gelt leis­ten muss oder indi­vi­du­el­le Kos­ten des Kraft­fahr­zeugs zu tra­gen hat.

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9. Für Kapitalanleger: Glattstellungsgeschäfte im Zusammenhang mit Einnahmen aus Stillhalterprämien

Mit der Ein­füh­rung der Abgel­tungs­steu­er zum 1.1.2009 hat der deut­sche Gesetz­ge­ber die Besteue­rung der Still­hal­ter- und Glatt­stel­lungs­ge­schäf­te in § 20 Abs. 1 Num­mer 11 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) erst­mals geson­dert gere­gelt. Zu den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen gehö­ren nach der vor­ge­nann­ten Vor­schrift inso­weit Still­hal­t­erprä­mi­en, die für die Ein­räu­mung von Optio­nen ver­ein­nahmt wer­den. Schließt der Still­hal­ter ein Glatt­stel­lungs­ge­schäf­te ab, min­dern sich die Ein­nah­men aus den Still­hal­t­erprä­mi­en um die im Glatt­stel­lungs­ge­schäft gezahl­ten Prä­mi­en. Es han­delt sich um einen steu­er­li­chen Ein­mal-Tat­be­stand, wes­halb die Auf­wen­dun­gen für die den Still­hal­t­erprä­mi­en zuge­hö­ri­gen Glatt­stel­lungs­ge­schäf­te dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum zuzu­ord­nen sind, indem die Still­hal­t­erprä­mi­en ver­ein­nahmt wur­de. Dies hat aktu­ell der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 2.8.2022 unter dem Akten­zei­chen VIII R 27/21 klar­ge­stellt. Der genann­te Zeit­raum der Ver­steue­rung gilt dabei auch dann, wenn das Glatt­stel­lungs­ge­schäft in einem ande­ren Ver­an­la­gungs­zeit­raum getä­tigt wird als das Still­hal­ter­ge­schäft selbst.

Bereits aus dem Wort­laut der Vor­schrift ergibt sich, dass die für das Glatt­stel­lungs­ge­schäft gezahl­ten Prä­mi­en zu einer Ein­nah­me­min­de­rung füh­ren. Denn ent­spre­chend der Rege­lung min­dern sich die Ein­nah­men aus den Still­hal­t­erprä­mi­en um die im Glatt­stel­lungs­ge­schäft gezahl­ten Prä­mi­en. Der Gesetz­ge­ber hat danach im gesetz­li­chen Tat­be­stand die im Glatt­stel­lungs­ge­schäft gezahl­ten Prä­mi­en mit den ver­ein­nahm­ten Still­hal­t­erprä­mi­en ver­knüpft. Er hat inso­weit die Neu­re­ge­lung des § 20 Abs. 1 Num­mer 11 EStG als punk­tu­el­len Besteue­rungs­tat­be­stand nor­miert, der erst dann abge­schlos­sen ist, wenn end­gül­tig fest­steht, in wel­cher Höhe der Steu­er­pflich­ti­ge einen Über­schuss aus dem Still­hal­ter­ge­schäft erzielt hat.

Die­ser im Geset­zes­text zum Aus­druck gekom­me­ne gesetz­ge­be­ri­sche Wil­le erfor­dert eine punk­tu­el­le Über­schuss­ermitt­lung. Aus Sicht des hier erken­nen­den Senats des Bun­des­fi­nanz­hofs ist es daher fol­ge­rich­tig, wenn die Höhe der ursprüng­lich erziel­ten Still­hal­t­erprä­mi­en auch bei peri­oden­über­grei­fen­den Glatt­stel­lungs­ge­schäf­ten um die im Glatt­stel­lungs­ge­schäft gezahl­ten Prä­mi­en gemin­dert wer­den. Allein dies trägt der Wir­kungs­wei­se des Glatt­stel­lungs­ge­schäf­tes Rech­nung. Mit die­sem soll das Risi­ko, das der Still­hal­ter mit dem Still­hal­ter­ge­schäft ein­ge­gan­gen ist, Ver­mö­gens­ein­bu­ßen durch ein Aus­füh­rungs­ge­schäft zu erlei­den, ver­min­dert werden.

Bei den lau­fend ver­an­lag­ten Steu­ern, wie der Ein­kom­men­steu­er, sind zwar die auf­grund des Ein­tritts neu­er Ereig­nis­se mate­ri­ell-recht­lich erfor­der­li­chen steu­er­li­chen Anpas­sun­gen regel­mä­ßig nicht rück­wir­kend, son­dern in dem Besteue­rungs­zeit­raum vor­zu­neh­men, in dem sich der maß­geb­li­che Sach­ver­halt ändert. Die­ser Grund­satz ist jedoch nur inso­weit maß­ge­bend, als die ein­schlä­gi­gen steu­er­recht­li­chen Rege­lun­gen nicht bestim­men, dass eine Ände­rung des nach dem Steu­er­tat­be­stand rechts­er­heb­li­chen Sach­ver­halts zu einer rück­wir­ken­den Ände­rung steu­er­li­cher Rechts­fol­gen führt. So zum Bei­spiel bereits der Beschluss des Gro­ßen Senats des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 19.7.1993 unter dem Akten­zei­chen GrS 2/92.

Dies setzt eine dem­entspre­chen­de mate­ri­ell-recht­li­che Anord­nung des Gesetz­ge­bers vor­aus, wie sie die Rege­lung des § 20 Abs. 1 Num­mer 11 Halb­satz 2 EStG vor­sieht. Flan­kiert wird die­se mate­ri­ell-recht­li­che Rege­lung durch die Norm in § 175 Absatz 1 Satz 1 Num­mer 2 der Abga­ben­ord­nung (AO), nach­dem ein Steu­er­be­scheid bei Ein­tritt eines Ereig­nis­ses zu ändern ist, das steu­er­li­che Wir­kung für die Ver­gan­gen­heit hat.

Das rück­wir­ken­de Ereig­nis liegt vor­lie­gend dar­in, dass die end­gül­ti­ge Höhe der Net­to-Ein­nah­men aus den Still­hal­t­erprä­mi­en erst dann fest­steht, wenn die Prä­mi­en aus dem dazu­ge­hö­ri­gen Glatt­stel­lungs­ge­schäft von die­sen abge­zo­gen wer­den. Das Still­hal­ter- und das jewei­li­ge Glatt­stel­lungs­ge­schäft ste­hen inso­weit in einem wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hang, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 28.2.2018 unter dem Akten­zei­chen VIII R 53/14 fest­ge­stellt hat.

Dass der Gesetz­ge­ber auch tat­säch­lich eine sol­che Rück­wir­kung beab­sich­tigt hat, ergibt sich auch aus der Geset­zes­be­grün­dung in der Bun­des­tags­druck­sa­che 16/4841 auf Sei­te 54. Nach die­ser soll nur der beim Still­hal­ter nach Abschluss eines Gegen­ge­schäf­tes (näm­lich der Glatt­stel­lung) ver­blie­be­ne Ver­mö­gens­zu­wachs der Besteue­rung unter­wor­fen wer­den. Es ist inso­weit ein Net­to­prin­zip kre­iert wor­den. Der Gesetz­ge­ber ist somit der zur Rechts­la­ge vor dem Unter­neh­men­steu­er­re­form­ge­setz 2008 ergan­ge­nen Recht­spre­chung zur Besteue­rung von Still­hal­t­erprä­mi­en gefolgt. Nach die­ser war der Auf­wand für das Glatt­stel­lungs­ge­schäft im Jahr des Ein­nah­me­zu­flus­ses der Still­hal­t­erprä­mi­en und nicht nach dem Zufluss- bzw. Abfluss­prin­zips im Jahr des Abflus­ses abzu­zie­hen, da das Still­hal­ter­ge­schäft als ein­ma­li­ge sons­ti­ge Leis­tung anzu­se­hen gewe­sen ist, das erst abge­schlos­sen war, wenn end­gül­tig fest­steht, dass und in wel­cher Höhe der Steu­er­pflich­ti­ge den Erlös behal­ten durfte.

Auch der Sinn und Zweck der Rege­lung spricht dafür, dass die für das Glatt­stel­lungs­ge­schäft gezahl­ten Prä­mi­en von den Still­hal­t­erprä­mi­en unab­hän­gig vom tat­säch­li­chen Abfluss abzieh­bar sind. Dies stellt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 2.8.2022 ganz aus­drück­lich und wort­wört­lich her­aus. Ohne Rück­wir­kung wäre es bei­spiels­wei­se denk­bar, dass Ein­nah­men aus Still­hal­t­erprä­mi­en im Ver­an­la­gungs­zeit­raum 01 voll besteu­ert wer­den, obgleich im Ver­an­la­gungs­zeit­raum 02 in der­sel­ben Höhe im Glatt­stel­lungs­ge­schäft gezahl­te Prä­mi­en anfal­len, um das Still­hal­ter­ge­schäft wie­der zu schlie­ßen, und die Prä­mi­en (man­gels ent­spre­chen­der Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen) wegen des Ver­lust­ver­rech­nungs­ver­bo­tes nicht mit den Ein­künf­ten aus ande­ren Ein­kunfts­ar­ten aus­ge­gli­chen wer­den dür­fen und somit unbe­rück­sich­tigt blei­ben. Dies wür­de dem Gebot der Fol­ge­rich­tig­keit und Aus­rich­tung der Steu­er­last am Prin­zip der finan­zi­el­len Leis­tungs­fä­hig­keit ekla­tant wider­spre­chen, denn die Leis­tungs­fä­hig­keit des Still­hal­ters ist um die gezahl­ten Prä­mi­en gemin­dert. Ganz aus­führ­lich hat zu die­sem Punkt bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 20.10.2016 unter dem Akten­zei­chen VIII R 55/13 Stel­lung genom­men. Daher ist die steu­er­li­che Erfas­sung der Auf­wen­dun­gen für das Glatt­stel­lungs­ge­schäft im Ver­an­la­gungs­zeit­raum, in dem die Still­hal­t­erprä­mi­en ver­ein­bart wur­de, auch ver­fas­sungs­recht­lich geboten.

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