Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief März 2021

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

10.03. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.03. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne April 2021:

12.04. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.04. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge März 2021

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für März ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 29.03.2021.

1. Für alle (selbstständigen) Steuerpflichtigen: Keine Pfändung der Corona-Überbrückungshilfe

Mit Beschluss vom 13.5.2020 hat das Finanz­ge­richt Müns­ter unter dem Akten­zei­chen 1 V 1286/20 AO ent­schie­den, dass die soge­nann­te Coro­na-Sofort­hil­fe als zweck­ge­bun­de­ne For­de­rung nicht über­trag­bar ist und damit auch dem Pfän­dungs­ver­bot ent­spre­chend der Rege­lung in § 851 Abs. 1 der Zivil­pro­zess­ord­nung (ZPO) unterliegt.

Im Streit­fall betreibt der Antrag­stel­ler (Antrag auf den vor­läu­fi­gen Rechts­schutz) einen Repa­ra­tur­ser­vice und erzielt hier­aus Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb. Auf­grund der Fol­gen der Coro­na-Pan­de­mie war es dem Antrag­stel­ler nicht mög­lich, Repa­ra­tur­auf­trä­ge zu erhal­ten. Dem­entspre­chend bean­trag­te er im März 2020 zur Auf­recht­erhal­tung sei­nes Gewer­be­be­trie­bes beim Bun­des­land Nord­rhein-West­fa­len eine Coro­na-Sofort­hil­fe. Die­se wur­de ihm in sei­ner Eigen­schaft als Kleinst­un­ter­neh­mer und Solo­selbst­stän­di­ger in Höhe von 9.000 Euro bewil­ligt und auch ausgezahlt.

Das Kon­to, auf das die Coro­na-Sofort­hil­fe aus­ge­zahlt wur­de, war jedoch wegen Umsatz­steu­er­schul­den aus Vor­jah­ren durch das Finanz­amt mit einem Pfän­dungs- und Ein­zie­hungs­ver­fü­gung belas­tet. Die logi­sche Fol­ge: Die Bank ver­wei­ger­te die Aus­zah­lung der Coro­na-Sofort­hil­fe. Der Antrag­stel­ler begehr­te des­halb im Rah­men einer einst­wei­li­gen Anord­nung die einst­wei­li­ge Ein­stel­lung der Pfän­dung des Girokontos.

Der ers­te Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat mit der oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung mit­tels Beschluss dem Antrag statt­ge­ge­ben und das Finanz­amt ver­pflich­tet, die Kon­ten­pfän­dung bis Juni 2020 einst­wei­len ein­zu­stel­len und die Pfän­dungs- und Ein­zie­hungs­ver­fü­gung aufzuheben.

Die Argu­men­ta­ti­on der erst­in­stanz­li­chen Rich­ter: Für den gericht­li­chen Antrag bestehe ein Rechts­schutz­be­dürf­nis, weil die Coro­na-Sofort­hil­fe nicht von den zivil­recht­li­chen Pfän­dungs­schutz­re­geln erfasst wer­de. Die Voll­stre­ckung und die Auf­recht­erhal­tung der Pfän­dungs- und Ein­zie­hungs­ver­fü­gung füh­ren viel­mehr zu einem unan­ge­mes­se­nen Nach­teil für den Antrag­stel­ler. Durch eine Pfän­dung des Giro­kon­to-Gut­ha­bens, das durch den Bil­lig­keits­zu­schuss in Form der Coro­na-Sofort­hil­fe erhöht wor­den sei, wer­de die Zweck­bin­dung die­ses Bil­lig­keits­zu­schus­ses beein­träch­tigt. Die Coro­na-Sofort­hil­fe erfol­ge aus­schließ­lich zur Mil­de­rung der finan­zi­el­len Not­la­gen des betrof­fe­nen Unter­neh­mens im Zusam­men­hang mit der COVID-19-Pan­de­mie. Sie die­ne nicht der Befrie­di­gung von Gläu­bi­ger­an­sprü­chen, die vor dem 01.03.2020 ent­stan­den sei­en und somit nicht dem Zweck, die vor dem 01.03.2020 ent­stan­de­nen Ansprü­che des Finanz­amts zu befrie­di­gen. Da die Coro­na-Sofort­hil­fe mit Bescheid vom 27.03.2020 für einen Zeit­raum von drei Mona­ten bewil­ligt wor­den ist, ist die Voll­stre­ckung bis zum 27.06.2020 einst­wei­len einzustellen.

nach oben

2. Für alle Steuerpflichtigen: Neues zur Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeiten

Aus­weis­lich der Vor­schrift des § 129 der Abga­ben­ord­nung (AO) kann die Finanz­be­hör­de Schreib­feh­ler, Rechen­feh­ler und ähn­li­che offen­ba­re Unrich­tig­kei­ten, die beim Erlass eines Ver­wal­tungs­ak­tes unter­lau­fen sind, jeder­zeit berich­ti­gen. Bei einem berech­tig­ten Inter­es­se des Betei­lig­ten, also wenn es um eine gerin­ge­re Steu­er geht, ist sogar zu berichtigen.

Pro­blem­be­haf­tet sind in die­sem Zusam­men­hang häu­fig die ähn­li­chen offen­ba­ren Unrich­tig­kei­ten. Dar­un­ter fal­len nur mecha­ni­sche Ver­se­hen wie bei­spiels­wei­se Ein­ga­be- oder Über­tra­gungs­feh­ler, die eben­so mecha­nisch, d. h. ohne wei­te­re Prü­fung, erkannt und berich­tigt wer­den kön­nen. Abzu­gren­zen von den ähn­li­chen offen­ba­ren Unrich­tig­kei­ten sind hin­ge­gen Feh­ler im Bereich der bewuss­ten Wil­lens­bil­dung. Sie sind Schreib- oder Rechen­feh­lern nicht ähn­lich. Ihre Fol­gen kön­nen des­halb auch nicht auf­grund der Vor­schrift nach § 129 AO berich­tigt wer­den. Zu sol­chen Feh­lern gehö­ren ins­be­son­de­re die Aus­le­gung oder Nicht­an­wen­dung einer Rechts­norm oder Feh­ler bei der Wür­di­gung tat­säch­li­cher Fest­stel­lun­gen. Aber auch Feh­ler bei der Fest­stel­lung des ermit­tel­ten Sach­ver­halts, also eine man­geln­de Sach­ver­halts­auf­klä­rung, oder der Erfas­sung des fest­ste­hen­den Sach­ver­halts, wie bei­spiels­wei­se die Nicht­be­ach­tung fest­ste­hen­der Tat­sa­chen oder die Annah­me eines in Wirk­lich­keit nicht gege­be­nen Sach­ver­halts, schlie­ßen eine Berich­ti­gung auf­grund von offen­ba­ren Unrich­tig­kei­ten aus. Es han­delt sich dabei dem­nach revi­si­ons­recht­lich grund­sätz­lich um Rechtsfehler.

Damit inso­weit § 129 AO ange­wen­det wer­den kann, muss ein mecha­ni­sches Ver­se­hen fest­ste­hen. Es genügt nicht, dass es bloß mög­lich erscheint, dass eine ähn­li­che offen­ba­re Unrich­tig­keit gege­ben ist. Viel­mehr muss ein davon abzu­gren­zen­der Feh­ler bei der Wil­lens­bil­dung nach dem Gesamt­ergeb­nis des Ver­fah­rens aus­ge­schlos­sen sein. Besteht auch nur die ernst­haf­te (also mehr als theo­re­ti­sche) Mög­lich­keit eines sol­chen Feh­lers, kommt eine Berich­ti­gung nach § 129 Satz 1 AO nicht in Betracht. Dies ent­spricht der stän­di­gen Recht­spre­chung und ist zuletzt durch eine Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 10.12.2019 unter dem Akten­zei­chen IX R 23/18 bestä­tigt worden.

Im Wei­te­ren gilt: Das mecha­ni­sche Ver­se­hen muss auch „beim Erlass eines Ver­wal­tungs­ak­tes“ unter­lau­fen sein. Der zu berich­ti­gen­de Bescheid muss dadurch offen­bar unrich­tig gewor­den sein. Aus die­sem kon­kre­ten Wort­laut des Geset­zes lei­ten die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik in stän­di­ger Wie­der­ho­lung ab, dass es genügt, wenn sich die Unrich­tig­keit bei Offen­le­gung des akten­kun­di­gen Sach­ver­halts für jeden unvor­ein­ge­nom­me­nen (objek­ti­ven) Drit­ten klar und deut­lich offen­bart. Uner­heb­lich ist ent­spre­chend der höchst­rich­ter­li­chen Mei­nung, ob der Steu­er­pflich­ti­ge die Unrich­tig­keit allein anhand des Beschei­des und der ihm vor­lie­gen­den Unter­la­gen erken­nen konn­te, wie der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 7.11.2013 unter dem Akten­zei­chen 4 R 13/11 dar­ge­legt hat.

Ob schließ­lich ein mecha­ni­sches Ver­se­hen vor­liegt, ist im Wesent­li­chen Tat­fra­ge und muss nach den Ver­hält­nis­sen des Ein­zel­fal­les und damit ins­be­son­de­re nach der jewei­li­gen indi­vi­du­el­len Akten­la­ge beur­teilt wer­den. Ist es inso­weit strei­tig, ob der zu berich­ti­gen­de Bescheid über­haupt unrich­tig ist, muss die Unrich­tig­keit als sol­che auf der Hand lie­gen. Sie muss offen­bar sein, also grund­sätz­lich ohne wei­te­res klar und deut­lich aus dem Akten­in­halt ersicht­lich sein. Eine wei­te­re Auf­klä­rung des Sach­ver­halts, ins­be­son­de­re durch Beweis­auf­nah­me, kommt inso­fern allen­falls ergän­zend (ledig­lich zur Absi­che­rung) in Betracht, nicht jedoch zur Erfor­schung des Gesche­hens. An der erfor­der­li­chen Offen­bar­keit fehlt es zumin­dest dann, wenn die Unrich­tig­keit des Beschei­des erst durch Abfra­ge sub­jek­ti­ver Ein­schät­zung sei­ner­zeit Betei­lig­ter ermit­telt wer­den muss. Aus die­sem Grund hat der Bun­des­fi­nanz­hof die Auf­he­bung des Vor­be­halts der Nach­prü­fung nicht als offen­ba­re Unrich­tig­keit ange­se­hen und eine Befra­gung des Prü­fers oder ande­rer Betei­lig­ter in die­sem Zusam­men­hang für untaug­lich erach­tet. So die höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung mit Urteil vom 29.1.2003 unter dem Akten­zei­chen I R 20/02.

Anders ist hin­ge­gen die Sach­la­ge, wenn die Unrich­tig­keit eines Beschei­des offen­bar ist und fest­steht. Dies ist bei­spiels­wei­se der Fall, wenn eine in der Steu­er­erklä­rung ange­ge­be­ne Besteue­rungs­grund­la­ge fehlt, aber strei­tig ist, ob beim Erlass des Ver­wal­tungs­ak­tes ein mecha­ni­sches Ver­se­hen oder ein Denk­feh­ler unter­lau­fen ist. Zur Beant­wor­tung die­ser für die Anwen­dung von § 129 Satz 1 AO ent­schei­den­den Fra­ge kann nicht allein auf den Akten­in­halt abge­stellt wer­den, denn die Qua­li­tät der per­sön­li­chen Fehl­leis­tung, auf die die Recht­spre­chung abstellt, ist übli­cher­wei­se in der Akte nicht doku­men­tiert. Lässt sich anhand des Akten­in­halts nicht hin­rei­chend sicher fest­stel­len, ob ein mecha­ni­sches Ver­se­hen oder ein ande­rer Feh­ler zur Unrich­tig­keit des Beschei­des geführt hat, muss das Finanz­ge­richt den Sach­ver­halt umfas­send auf­klä­ren. So die aktu­el­le Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs mit Urteil vom 10.3.2020 unter dem Akten­zei­chen IX R 29/18.

Inso­weit muss das Finanz­amt auch die Vor­aus­set­zung der Berich­ti­gungs­vor­schrift des § 129 AO bewei­sen kön­nen, wenn es sich auf die­se Norm beruft. Sofern daher der Sach­ver­halt nicht abschlie­ßend auf­ge­klärt wer­den kann und auch nur eine rein theo­re­tisch denk­ba­re hypo­the­ti­sche Mög­lich­keit besteht, dass die Vor­aus­set­zun­gen der Ände­rungs­norm nicht gege­ben sind, darf nicht berich­tigt werden.

Tipp: In der Pra­xis soll­te daher bei einem Sach­ver­halt, bei dem das Finanz­amt auf­grund der Rege­lung des § 129 AO eine höhe­re Steu­er begehrt, tun­lichst dar­auf geach­tet wer­den, dass auch tat­säch­lich beim Erlass des Ver­wal­tungs­ak­tes noch ein mecha­ni­sches Ver­se­hen gege­ben war. Kann dies nicht zwei­fels­frei dar­ge­legt wer­den, wird es die Finanz­ver­wal­tung mit einer steu­er­erhö­hen­den Ände­rung auf­grund die­ser Vor­schrift schwer haben.

nach oben

3. Für alle Steuerpflichtigen: Schenkungsteuerlich sind Urenkel beim Freibetrag keine Enkel

Mit einem Beschluss vom 27.7.2020 über die Aus­set­zung der Voll­zie­hung hat der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen II B 39/20 kei­ne ernst­li­chen Zwei­fel dar­an geäu­ßert, dass für den Erwerb eines Uren­kels jeden­falls dann nur der schen­kungs­steu­er­li­che Frei­be­trag in Höhe von 100.000 Euro zur Ver­fü­gung steht, wenn Ange­hö­ri­ge der dazwi­schen­lie­gen­den Gene­ra­tio­nen (also Kin­der und Enkel des Schen­kers) noch am Leben sind.

Zum Hin­ter­grund: Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Vor­schrift in § 16 Abs. 1 des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) bleibt in den Fäl­len der unbe­schränk­ten Steu­er­pflicht der Erwerb der Kin­der im Sin­ne der Steu­er­klas­se I Num­mer 2 und der Kin­der ver­stor­be­ner Kin­der im Sin­ne der Steu­er­klas­se I Num­mer 2 in Höhe von 400.000 Euro steu­er­frei. Der Erwerb der Kin­der der Kin­der im Sin­ne der Steu­er­klas­se I Num­mer 2 bleibt in Höhe von 200.000 Euro steu­er­frei. Übri­ge Per­so­nen der Steu­er­klas­se I kön­nen noch einen Frei­be­trag in Höhe von 100.000 Euro in Anspruch neh­men. Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung in § 15 Abs. 1 ErbStG gilt die Steu­er­klas­se I unter ande­rem für „die Kin­der und Stief­kin­der“ (Nr. 2) sowie für „die Abkömm­lin­ge der in Num­mer 2 genann­ten Kin­der und Stiefkinder“.

Inso­weit meint der Begriff „Kin­der“ in § 16 Abs. 1 ErbStG nach Wort­laut und Sys­te­ma­tik des Geset­zes ein­deu­tig nicht Kin­des­kin­der oder wei­te­re Abkömm­lin­ge, son­dern aus­schließ­lich Kin­der. Dies gilt im Fal­le des § 16 Abs. 1 Num­mer 3 ErbStG auch für die dop­pel­te Ver­wen­dung des Wor­tes „Kin­der“, sodass „Kin­der der Kin­der“ aus­schließ­lich die Enkel sind, Uren­kel jedoch nicht dar­un­ter fal­len. Inso­weit spricht alles dafür, dass Uren­kel ledig­lich einen schen­kung­steu­er­li­chen Frei­be­trag von 100.000 Euro genie­ßen können.

Es ist inso­weit auch nicht ersicht­lich, dass die von der Antrag­stel­le­rin begehr­te Aus­le­gung dem Zweck der Frei­be­trä­ge wider­spre­chen wür­de. Viel­mehr hät­te die Gewäh­rung glei­cher Frei­be­trä­ge auch bei Über­sprin­gen einer oder meh­re­rer Gene­ra­tio­nen eine Ver­viel­fäl­ti­gung der Frei­be­trä­ge und damit gemes­sen an der Kon­zep­ti­on des Geset­zes eine Über­be­güns­ti­gung zur Folge.

Steu­er­klas­sen und Frei­be­trä­ge beru­hen auf dem typi­sier­ten Grund­mo­dell, dass jede Gene­ra­ti­on jeweils zwei Kin­der hat, was die Ver­dopp­lung der Anzahl der Abkömm­lin­ge in jeweils einer Gene­ra­ti­on zur Fol­ge hat. Dies erklärt die Hal­bie­rung des Frei­be­trags für Kin­der und Enkel­kin­der, denn bei zwei Kin­dern sind nach die­sem Modell typi­scher­wei­se vier Enkel­kin­der vorhanden.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist es fol­ge­rich­tig und sys­tem­ge­recht, wenn sich die wei­te­re Hal­bie­rung des Frei­be­trags nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG in § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG mit einem wei­te­ren Schritt in der Gene­ra­tio­nen­fol­ge deckt. Mit dem Über­gang von der Gene­ra­ti­on der Enkel zur Gene­ra­ti­on der Uren­kel ver­dop­pelt sich wie­der­um die Anzahl der poten­ti­ell Begüns­tig­ten, denn bei vier Enkel­kin­dern sind nach die­sem Modell typi­scher­wei­se acht Uren­kel vor­han­den. Zwar nimmt an die­ser Stel­le das Gesetz kei­ne wei­te­ren Hal­bie­run­gen vor, was indes ohne wei­te­res damit zu erklä­ren ist, dass eine Schen­kung an Urur­en­kel sehr sel­ten sein dürfte.

Wie der Bun­des­fi­nanz­hof es daher dreht und wen­det, nach die­sen Maß­stä­ben bestehen zumin­dest kei­ne ernst­li­chen Zwei­fel dar­an, dass Uren­kel ledig­lich einen Frei­be­trag in Höhe von 100.000 Euro bean­spru­chen kön­nen. Selbst­ver­ständ­lich bleibt ein etwa­iges Haupt­sa­che­ver­fah­ren abzuwarten.

nach oben

4. Für Wohnungsunternehmen: Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei entgeltlichen Reinigungsleistungen?

Als erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung bezeich­net man die Rege­lung in § 9 Num­mer 1 Satz 2 des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes (GewStG). Danach tritt auf Antrag bei Unter­neh­men, die aus­schließ­lich eige­nen Grund­be­sitz oder neben eige­nem Grund­be­sitz eige­nes Kapi­tal­ver­mö­gen ver­wal­ten und nut­zen oder dane­ben Woh­nungs­bau­ten betreu­en oder Ein­fa­mi­li­en­häu­ser, Zwei­fa­mi­li­en­häu­ser oder Eigen­tums­woh­nun­gen errich­ten und ver­äu­ßern, anstel­le der übli­chen Kür­zung, also der Kür­zung in Höhe von 1,2 % des Ein­heits­wer­tes des zum Betriebs­ver­mö­gen gehö­ren­den Grund­be­sit­zes, die Kür­zung um den Teil des Gewer­be­er­tra­ges, der auf die Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes entfällt.

Vor dem Hin­ter­grund die­ser Rege­lung muss­te die Finanz­ge­richts­bar­keit ent­schei­den, ob ent­gelt­li­che Rei­ni­gungs­leis­tun­gen an die Gesell­schaf­te­rin einer GmbH als schäd­li­che eigen­stän­di­ge Neben­tä­tig­kei­ten ein­ge­ord­net wer­den müs­sen. In die­sem Zusam­men­hang ent­spricht es dabei der stän­di­gen Recht­spre­chung der obers­ten Gerich­te, dass der Begriff der Aus­schließ­lich­keit glei­cher­ma­ßen qua­li­ta­tiv, quan­ti­ta­tiv wie zeit­lich zu ver­ste­hen ist.

Dem­entspre­chend ist die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen, wenn die Ver­wal­tung oder Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes die Gren­zen der Gewerb­lich­keit über­schrei­tet. Eine gewerb­li­che Betä­ti­gung, die nicht zu den im Gesetz genann­ten unschäd­li­chen Neben­tä­tig­kei­ten zählt, schließt daher grund­sätz­lich die erwei­ter­te Kür­zung aus, selbst wenn sie von abso­lut unter­ge­ord­ne­ter Bedeu­tung ist. Die neben der Ver­mö­gens­ver­wal­tung des Grund­be­sit­zes erlaub­ten, jedoch nicht begüns­tig­ten Tätig­kei­ten sind dabei abschlie­ßend im Gesetz auf­ge­zählt. Dar­über hin­aus sind Neben­tä­tig­kei­ten ledig­lich aus­nahms­wei­se nicht begüns­ti­gungs­schäd­lich, wenn sie der Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes im enge­ren Sin­ne die­nen und als zwin­gend not­wen­di­ger Teil einer wirt­schaft­lich sinn­voll gestal­te­ten eige­nen Grund­stücks­ver­wal­tung und Grund­stücks­nut­zung ange­se­hen wer­den können.

Die­se Grund­sät­ze hat­te bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 17.5.2006 unter dem Akten­zei­chen VIII R 39/05 dar­ge­legt. In der genann­ten Ent­schei­dung stell­ten die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik eben­so fest, dass auch eine gering­fü­gi­ge Mit­ver­mie­tung von Betriebs­vor­rich­tun­gen einer aus­schließ­li­chen Grund­stücks­ver­wal­tung im Sin­ne der Vor­schrift ent­ge­gen­steht und somit bei Mit­ver­mie­tung von Betriebs­vor­rich­tun­gen kei­ne erwei­ter­te Kür­zung in Anspruch genom­men wer­den kann. Für die Pra­xis eine durch­aus bit­te­re Entscheidung.

Vor die­sem Hin­ter­grund kam das Finanz­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg in sei­ner Ent­schei­dung vom 7.7.2020 unter dem Akten­zei­chen 8 K 8320/17 zu dem Schluss, dass wenn ein ansons­ten unstrei­tig grund­stücks­ver­wal­ten­des Unter­neh­men unter ande­rem durch eine ange­stell­te Rei­ni­gungs­kraft ent­gelt­li­che Rei­ni­gungs­leis­tun­gen im frem­den Gebäu­den erbringt, die nicht zwin­gend als not­wen­di­ger Teil einer wirt­schaft­lich sinn­voll gestal­te­ten eige­nen Grund­stücks­ver­wal­tung anzu­se­hen sind, dem Unter­neh­mer die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung nicht zusteht. Wie schon ein­gangs gesagt, ging es im Streit­fall kon­kret um die Rei­ni­gung des Trep­pen­hau­ses und des Haus­ein­gangs eines im Eigen­tum der Gesell­schaf­ter des Unter­neh­mens ste­hen­den Hau­ses. Inso­weit führt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg eben­so wei­ter­hin aus, dass die Über­nah­me von Rei­ni­gungs­leis­tun­gen an frem­den Gebäu­den auch kei­ne „Betreu­ung von Woh­nungs­bau­ten“ im Sin­ne der Vor­schrift darstellt.

Das Gericht hat es dabei offen gelas­sen, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Gebäu­de über­haupt ein sol­cher Woh­nungs­bau ist, da die Rich­ter ganz kon­kret davon aus­ge­gan­gen sind, dass kei­ne Betreu­ungs­leis­tun­gen gege­ben sind.

Inso­weit ist es umstrit­ten, ob „Woh­nungs­bau­ten“ auch gemischt-genutz­te Gebäu­de umfas­sen oder nicht. In der Recht­spre­chung wird inso­weit die Mei­nung ver­tre­ten, dass gemischt-genutz­te Gebäu­de kei­ne Woh­nungs­bau­ten sind. In die­sem Zusam­men­hang hat­te bereits das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt in einer Ent­schei­dung vom 19.9.2018 unter dem Akten­zei­chen 10 K 174/16 schlicht defi­niert, dass aus­ge­hend von dem Wort­laut des Begrif­fes „Woh­nungs­bau­ten“ der Begriff aus­schließ­lich Gebäu­de umfasst, die zu Wohn­zwe­cken genutzt wer­den. Die Rich­ter kamen sei­ner­zeit ins­be­son­de­re zu die­sem Schluss, da eine gesetz­li­che Defi­ni­ti­on des Begrif­fes „Woh­nungs­bau­ten“ nicht gege­ben ist. Ganz kon­kret muss an die­ser Stel­le jedoch ange­fügt wer­den, dass gegen die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung des Nie­der­säch­si­schen Finanz­ge­rich­tes noch die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof anhän­gig ist. Unter dem Akten­zei­chen IV R 32/18 muss näm­lich noch geklärt wer­den, ob eine „Betreu­ung von Wohn­bau­ten“ auch dann gege­ben sein kann, wenn zu dem auch ver­wal­te­ten frem­den Grund­be­sitz in unter­ge­ord­ne­tem Umfang Gebäu­de­ein­hei­ten gehö­ren, in denen sich nicht nur Woh­nun­gen, son­dern auch ver­ein­zelt Gewer­be­ein­hei­ten befinden.

Im vor­lie­gen­den Fall des Finanz­ge­rich­tes Ber­lin-Bran­den­burg soll­te jedoch die Fra­ge des Woh­nungs­baus über­haupt nicht wei­ter pro­ble­ma­ti­siert wer­den. Im Streit­fall gehen die Rich­ter viel­mehr davon aus, dass es bereits an einer Betreu­ungs­leis­tun­gen durch das Unter­neh­men fehlt. Inso­weit defi­niert aller­dings das Gesetz nicht selbst, was unter einer Betreu­ung zu ver­ste­hen ist. Die Betreu­ung wird des­halb in der Lite­ra­tur funk­tio­nell ver­stan­den, so die Rich­ter des Finanz­ge­rich­tes Ber­lin-Bran­den­burg. Soweit es um die Errich­tung von Wohn­ge­bäu­den geht, wird unter Betreu­ung jede tech­ni­sche, finan­zi­el­le und wirt­schaft­li­che Hil­fe und Unter­stüt­zungs­hand­lung hier­bei ver­stan­den. Die Recht­spre­chung ver­steht den Anwen­dungs­be­reich aber nicht ein­schrän­kend auf Bau­be­treu­ung, son­dern erfasst auch die Bewirt­schaf­tungs­be­treu­ung bereits fer­tig gestell­ter Gebäu­de. Inso­weit wird hier­zu auf die Tätig­keit als Ver­wal­ter von Woh­nungs­ei­gen­tums­an­la­gen verwiesen.

Die Über­nah­me der Rei­ni­gung eines Trep­pen­hau­ses kann aller­dings selbst nicht als Bewirt­schaf­tungs­be­treu­ung ange­se­hen wer­den, denn inso­weit han­delt es sich nur um einen Aus­schnitt der Woh­nungs­be­wirt­schaf­tung selbst. Eine Gebäu­de­rei­ni­gung gehört zwar zu den Tätig­kei­ten, die für eine ord­nungs­ge­mä­ße Instand­hal­tung eines Gebäu­des erfor­der­lich sind, die Rei­ni­gungs­leis­tung ist aber kei­ne Betreuungsleistung.

Weil jedoch der Bun­des­fi­nanz­hof bis­her zur Reich­wei­te der Betreu­ungs­leis­tung kei­ne Stel­lung genom­men hat, muss­te das Finanz­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg zur Fort­bil­dung des Rechts die Revi­si­on zulas­sen. Abschlie­ßend wird sich daher noch­mals der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen III R 49/20 mit der Ange­le­gen­heit befas­sen und klä­ren müs­sen, ob nicht gege­be­nen­falls doch eine unschäd­li­che Neben­tä­tig­keit vor­liegt und die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung sehr wohl in Anspruch genom­men wer­den kann. Die Ange­le­gen­heit wird daher noch span­nend bleiben.

nach oben

5. Für Unternehmer: Kfz-Kostendeckelung bei Leasingsonderzahlung

Aus­weis­lich der Rege­lung in § 163 Satz 1 der Abga­ben­ord­nung (AO) kön­nen Steu­ern nied­ri­ger fest­ge­setzt wer­den und ein­zel­ne Besteue­rungs­grund­la­gen, die die Steu­ern erhö­hen, kön­nen bei der Fest­set­zung der Steu­er unbe­rück­sich­tigt blei­ben, wenn die Erhe­bung der Steu­er nach Lage des ein­zel­nen Fal­les unbil­lig wäre.

Bil­lig­keits­maß­nah­men der Finanz­ver­wal­tung die­nen dabei allein der Anpas­sung des steu­er­recht­li­chen Ergeb­nis­ses an die Beson­der­hei­ten des Ein­zel­falls, um Rechts­fol­gen aus­zu­glei­chen, die das Ziel der typi­sie­ren­den gesetz­li­chen Vor­schrift ver­feh­len und des­halb unge­recht erschei­nen. Sie glei­chen Här­ten im Ein­zel­fall aus, die der steu­er­recht­li­chen Wert­ent­schei­dung des Gesetz­ge­bers nicht ent­spre­chen und damit zu einem vom Gesetz­ge­ber nicht gewoll­ten Ergeb­nis füh­ren. Durch Bil­lig­keits­maß­nah­men darf die all­ge­mei­ne Gel­tung des Geset­zes aber nicht unter­lau­fen werden.

Im Zuge der Ver­ein­heit­li­chung der Anwen­dung von Bil­lig­keits­we­gen kann das Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Finan­zen daher Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten erlas­sen, die die ent­schei­den­den Ermes­sens­er­wä­gun­gen der Finanz­be­hör­de fest­schrei­ben und damit deren Ermes­sen auf null reduzieren.

Ein sol­ches Ermes­sens­len­ken der Ver­wal­tungs­ent­schei­dung ist auch im Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums vom 18.11.2009 ent­hal­ten. Dar­in hat das Finanz­mi­nis­te­ri­um grund­sätz­lich eine Begren­zung der pau­scha­len Wert­an­sät­ze nach der Ein-Pro­zent-Metho­de zuge­las­sen. Gemeint ist die soge­nann­te Kos­ten­de­cke­lung. Zum Hin­ter­grund: Der pau­scha­le Nut­zungs­wert nach der Ein-Pro­zent-Metho­de kann die für das genutz­te Kraft­fahr­zeug ins­ge­samt tat­säch­lich ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen übersteigen.

Wird dies im Ein­zel­fall nach­ge­wie­sen, so sind die­se Beträ­ge höchs­tens mit den Gesamt­kos­ten des Kraft­fahr­zeugs anzu­set­zen. Bei meh­re­ren pri­vat genutz­ten Kraft­fahr­zeu­gen könn­ten die zusam­men­ge­fass­ten pau­schal ermit­tel­ten Wert­an­sät­ze auf die nach­ge­wie­se­nen tat­säch­li­chen Gesamt­auf­wen­dun­gen die­ser Kraft­fahr­zeu­ge begrenzt wer­den. Eine fahr­zeug­be­zo­ge­ne „Kos­ten­de­cke­lung“ ist also zuläs­sig. Zu den Gesamt­auf­wen­dun­gen für das Kraft­fahr­zeug (Gesamt­kos­ten) gehö­ren Kos­ten, die unmit­tel­bar dem Hal­ten und dem Betrieb des Kraft­fahr­zeugs zu die­nen bestimmt sind und im Zusam­men­hang mit sei­ner Nut­zung zwangs­läu­fig anfal­len wür­den, nicht aber die Son­der­ab­schrei­bun­gen. Außer­ge­wöhn­li­che Kraft­fahr­zeug­kos­ten sind dage­gen vor­ab der beruf­li­chen oder pri­va­ten Nut­zung zuzu­rech­nen. Auf­wen­dun­gen, die aus­schließ­lich der pri­va­ten Nut­zung zuzu­rech­nen sind, sind vor­ab als Ent­nah­me zu behandeln.

Sofern jedoch aus­weis­lich des vor­ge­nann­ten Schrei­bens der Finanz­ver­wal­tung ein Anspruch im Bil­lig­keits­we­ge auf Anwen­dung der soge­nann­ten Kos­ten­de­cke­lung für einen Ver­an­la­gungs­zeit­raum infra­ge kommt, kommt die Anwen­dung die­ser Bil­lig­keits­re­ge­lung nicht in Betracht, wenn die in die­sem Jahr zu erfas­sen­den Betriebs­aus­ga­ben zuzüg­lich ein­ma­lig geleis­te­ter Betriebs­aus­ga­ben ande­rer Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me den Ansatz nach der Ein-Pro­zent-Metho­de über­stei­gen. Bei den Betriebs­aus­ga­ben ande­rer Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me han­delt es sich ins­be­son­de­re häu­fig um die Lea­sing­son­der­zah­lung, wel­che auch für den jewei­li­gen Ver­an­la­gungs­zeit­raum geleis­tet wurde.

Die von der Finanz­ver­wal­tung im Rah­men der Anwen­dung der soge­nann­ten Kos­ten­de­cke­lung getrof­fe­ne Aus­le­gung des Begriffs der „tat­säch­lich ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen“ als nicht rein steu­er­recht­li­chen, son­dern dar­über hin­aus wirt­schaft­li­chen Begriff zu sehen, ist inso­weit nicht bedenk­lich. Die Anwen­dung des Zu- und Abfluss­prin­zips im Sin­ne des § 11 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) bei der Kos­ten­de­cke­lung hin­sicht­lich einer Lea­sing­son­der­zah­lung wider­spricht hin­ge­gen aus­weis­lich der Auf­fas­sung des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Finanz­ge­rich­tes mit Urteil vom 26.8.2020 unter dem Akten­zei­chen 5 K 194/18 dem Gleich­heits­grund­satz und dem Grund­satz der Gesamt- und Totalgewinngleichheit.

Die­ser Aus­sa­ge fol­gend hat auch das erst­in­stanz­li­che Gericht die Kfz-Kos­ten­de­cke­lung, wie vom Finanz­amt ver­langt, nicht gewährt. Ob nun eine Unbil­lig­keit dar­in liegt, dass bei der Decke­lung des nach der Ein-Pro­zent-Metho­de ermit­tel­ten Ent­nah­me­werts für die pri­va­te Fahr­zeug­nut­zung auf die tat­säch­li­chen Kos­ten bei einem Über­schuss­rech­ner nicht allein auf die in den Streit­jah­ren abge­flos­sen Fahr­zeug­kos­ten abge­stellt wird, son­dern zusätz­lich der rech­ne­risch auf die Streit­jah­re ent­fal­len­de Anteil der in frü­he­ren Ver­an­la­gungs­zeit­räu­men für das Fahr­zeug geleis­te­ten Lea­sing­son­der­zah­lung zu berück­sich­ti­gen ist, klärt aktu­ell der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen VIII R 26/20.

Betrof­fe­ne Steu­er­pflich­ti­ge soll­ten daher in ver­gleich­ba­ren Fäl­len Ein­spruch ein­le­gen und auf das Mus­ter­ver­fah­ren verweisen.

nach oben

6. Für Selbstständige: Ermittlung eines Aufgabegewinns oder Veräußerungsgewinns von Anlagevermögen bei zuvor nur beschränkt abziehbaren Aufwendungen

In zwei unter­schied­li­chen Ver­fah­ren hat der Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen klar­ge­stellt, dass bei der Ermitt­lung eines Auf­ga­be­ge­winns oder des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns von Wirt­schafts­gü­tern aus dem Betriebs­ver­mö­gen immer der sich nach Abzug der Abschrei­bung erge­ben­de Buch­wert des ent­spre­chen­den Wirt­schafts­gu­tes maß­geb­lich ist. Dies gilt selbst dann, wenn wäh­rend der Aus­übung der unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit die Abschrei­bung nicht oder nicht kom­plett gewinn­min­dernd berück­sich­tigt wer­den durfte.

In einem ers­ten Ver­fah­ren geht es dabei um das häus­li­che Arbeits­zim­mer. Im vor­lie­gen­den Fall hat­te der Unter­neh­mer sei­ne unter­neh­me­ri­sche Tätig­keit ein­ge­stellt, sodass es zur Ermitt­lung eines Auf­nah­me­ge­winns kam. In die­sem Zusam­men­hang stellt das obers­te Finanz­ge­richt der Repu­blik fest, dass bei der Ermitt­lung des Auf­ga­be­ge­winns der sich aus­weis­lich der Buch­füh­rung erge­ben­de Buch­wert des häus­li­chen Arbeits­zim­mers zu berück­sich­ti­gen ist, wie er sich nach Abzug der Abschrei­bung ergibt.

Kon­kret führt das Gericht wie folgt aus: Zu den Ein­künf­ten aus selbst­stän­di­ger Arbeit gehört der Gewinn aus der Ver­äu­ße­rung des Ver­mö­gens, das der unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit dient. Als Ver­äu­ße­rung gilt in die­sem Zusam­men­hang auch die Auf­ga­be des Betrie­bes. Der Auf­ga­be­ge­winn ist durch Gegen­über­stel­lung des sich aus der Schluss­bi­lanz erge­ben­den Buch­wer­tes des Betriebs­ver­mö­gens einer­seits und des Auf­ga­be-End­ver­mö­gens ande­rer­seits zu ermit­teln. Dies ist bereits zurück­zu­füh­ren auf eine Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 7.3.1996 unter dem Akten­zei­chen IV R 52/93. Wer­den im Zusam­men­hang mit der Betriebs­auf­ga­be die ent­spre­chen­den Wirt­schafts­gü­ter nicht ver­äu­ßert, so ist für die Ermitt­lung des Auf­ga­be-End­ver­mö­gens der gemei­ne Wert im Zeit­punkt der Auf­ga­be anzusetzen.

Der Wert des Betriebs­ver­mö­gens ist dabei (auch bei einem Ein­nah­me-Über­schuss-Rech­ner) mit einer Schluss­bi­lanz zu ermit­teln. Steu­er­pflich­ti­ge, die zuvor eine Ein­nah­me-Über­schuss-Rech­nung erstellt haben, müs­sen zur Ermitt­lung des Werts des Betriebs­ver­mö­gens im Auf­ga­be­zeit­punkt zum Betriebs­ver­mö­gens­ver­gleich übergehen.

Inso­weit ist ein zum not­wen­di­gen Betriebs­ver­mö­gen gehö­ren­des häus­li­ches Arbeits­zim­mer als selbst­stän­di­ges Wirt­schafts­gut des Anla­ge­ver­mö­gens mit den Anschaf­fungs­kos­ten, ver­min­dert um die Abschrei­bung, in die Schluss­bi­lanz auf­zu­neh­men. Wei­ter­ge­hend stel­len die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik dann fest, dass der nach Abzug der Abschrei­bung erge­ben­de Buch­wert des häus­li­chen Arbeits­zim­mers unge­ach­tet der Abzugs­be­schrän­kung des häus­li­chen Arbeits­zim­mers in § 4 Abs. 5 Satz 1 Num­mer 6b des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) für die Berech­nung des Auf­ga­be­ge­winns maß­ge­bend ist.

Nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs steht dem nicht ent­ge­gen, dass der Betriebs­aus­ga­ben­ab­zug für das häus­li­che Arbeits­zim­mer, wel­ches nicht den Mit­tel­punkt der gesam­ten betrieb­li­chen und beruf­li­chen Tätig­keit gebil­det hat­te, ent­spre­chend der Abzugs­be­schrän­kung auf 1.250 Euro jähr­lich beschränkt war und zu den nur beschränkt abzieh­ba­ren Auf­wen­dun­gen auch die Abschrei­bung gehörte.

Inso­weit schließt die teil­wei­se beschränk­te Abzieh­bar­keit der Auf­wen­dun­gen für das Arbeits­zim­mer ein­schließ­lich der Abschrei­bung weder die Zuge­hö­rig­keit des Arbeits­zim­mers zum Betriebs­ver­mö­gen aus, noch beein­flusst sie den für das Arbeits­zim­mer zu ermit­teln­den Buch­wert. Inso­weit hat­te bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 25.3.2015 unter dem Akten­zei­chen X R 14/12 ent­schie­den, dass bei der Berech­nung des Gewinns aus der Ver­äu­ße­rung eines zum not­wen­di­gen Betriebs­ver­mö­gen gehö­ren­den Wirt­schafts­gu­tes grund­sätz­lich der Buch­wert im Ver­äu­ße­rungs­zeit­punkt anzu­set­zen ist. Eine Erhö­hung des Buch­werts um den nicht abzugs­fä­hi­gen Teil der Abset­zung für Abnut­zung darf inso­weit nicht vor­ge­nom­men wer­den. In der dama­li­gen Ent­schei­dung ging es dabei um ein zum not­wen­di­gen Betriebs­ver­mö­gen gehö­ren­des Wohn­mo­bil. Die­se Grund­sät­ze sind auch auf das häus­li­che Arbeits­zim­mer zu übertragen.

Inso­weit begren­zen die Rege­lun­gen in § 4 Abs. 5 EStG zwar die abzieh­ba­ren Betriebs­aus­ga­ben, set­zen aber die übri­gen Rege­lun­gen der Bewer­tung und Abschrei­bung für betrof­fe­ne Wirt­schafts­gü­ter nicht außer Kraft. Die nicht abzieh­ba­ren Betriebs­aus­ga­ben wer­den bei einem nur teil­wei­sen Abzugs­ver­bot wie im Streit­fall zunächst in vol­ler Höhe als Betriebs­aus­ga­ben erfasst, wodurch sich der Buch­wert des Arbeits­zim­mers um den vol­len Betrag der Abschrei­bung ver­min­dert, und bei der Ermitt­lung des Jah­res­er­geb­nis­ses dem Gewinn wie­der hin­zu­ge­rech­net. Die infol­ge der Abzugs­be­schrän­kung teil­wei­se nicht abzieh­ba­re Abschrei­bung kann auch nicht auf ande­re Wei­se gewinn­min­dernd bei der Ermitt­lung des Auf­ga­be­ge­winns berück­sich­tigt werden.

Folg­lich kommt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Urteil vom 16.06.2020 unter dem Akten­zei­chen VIII R 15/17 zu dem Schluss, dass der sich nach Abzug der Abschrei­bung erge­ben­de Buch­wert des häus­li­chen Arbeits­zim­mers auch dann für die Berech­nung des Auf­ga­be­ge­winns maß­geb­lich ist, wenn die Abzieh­bar­keit der Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Arbeits­zim­mer wäh­rend der Aus­übung der unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit beschränkt war. Eine Gewinn­kor­rek­tur im Hin­blick auf den nicht abzugs­fä­hi­gen Teil der Abschrei­bung kommt nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs nicht in Betracht.

Die Besteue­rung des Auf­ga­be­ge­winns unter Berück­sich­ti­gung des um die nicht abzieh­ba­re Abschrei­bung gemin­der­ten Buch­werts des häus­li­chen Arbeits­zim­mers soll inso­weit nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grund­ge­set­zes (GG) ver­sto­ßen, ins­be­son­de­re soll nicht gegen den Grund­satz der Besteue­rung nach der wirt­schaft­li­chen Leis­tungs­fä­hig­keit ver­sto­ßen wer­den. Die etwas merk­wür­di­ge Begrün­dung dazu: Die bei der Berech­nung des lau­fen­den Gewinns ver­fas­sungs­recht­lich zuläs­si­ge Beschrän­kung des Betriebs­aus­ga­ben­ab­zugs wird im Rah­men der Besteue­rung der Betriebs­auf­ga­be nicht ver­tieft, son­dern ledig­lich nicht wie­der rück­gän­gig gemacht.

Für die Pra­xis muss man daher durch­aus über­le­gen, ob ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer auch tat­säch­lich zum not­wen­di­gen Betriebs­ver­mö­gen gehö­ren muss. Dem könn­te ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den, indem mit­tels pri­va­ter Mit­be­nut­zung des Rau­mes kein not­wen­di­ges Betriebs­ver­mö­gen mehr gege­ben ist. Auf die­se Wei­se wür­de unter dem Strich dann auch ver­hin­dert wer­den, dass bei Betriebs­auf­ga­be oder Betriebs­ver­äu­ße­rung eine Besteue­rung des Teils der Abschrei­bung statt­fin­det, die nie­mals steu­er­min­dernd berück­sich­tigt wurde.

Auf eine Ände­rung der Recht­spre­chung dem Grun­de nach ist jedoch eher nicht zu hof­fen, da ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der Ermitt­lung des Gewinns aus der Ver­äu­ße­rung eines zum Betriebs­ver­mö­gen gehö­ren­den, jedoch teil­wei­se pri­vat genutz­ten Kraft­fahr­zeu­ges eine ganz ähn­li­che Ent­schei­dung mit Urteil vom 16.06.2020 unter dem Akten­zei­chen VIII R 9/18 ergan­gen ist. Im Grun­de geht auch hier die Ent­schei­dung in die­sel­be Rich­tung: Wird ein zum Betriebs­ver­mö­gen gehö­ren­des, jedoch teil­wei­se pri­vat genutz­tes Kraft­fahr­zeug ver­äu­ßert, erhöht der gesam­te Unter­schieds­be­trag zwi­schen Buch­wert und Ver­äu­ße­rungs­er­lös den Gewinn. Der tat­säch­li­che Umstand, dass die für das Fahr­zeug wirk­lich in Anspruch genom­me­ne Abschrei­bung infol­ge der Besteue­rung der Nut­zungs­ent­nah­me bei wirt­schaft­li­cher Betrach­tung teil­wei­se neu­tra­li­siert wird, soll inso­weit weder eine ledig­lich antei­li­ge Berück­sich­ti­gung des Ver­äu­ße­rungs­er­lö­ses bei der Ermitt­lung des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns noch eine gewinn­min­dern­de Kor­rek­tur des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns in Höhe der auf die pri­va­te Nut­zung ent­fal­len­de Abschrei­bung rechtfertigen.

Im End­ef­fekt wird man mit die­ser Recht­spre­chung leben müs­sen, auch wenn sie dem steu­er­li­chen Gerech­tig­keits­ge­fühl widerspricht.

nach oben

7. Für GmbH-Gesellschafter: Verdeckte Gewinnausschüttung wegen fehlender Verzinsung von Forderungen

In der Pra­xis geht es immer wie­der um die Fra­ge, ob eine nicht ange­mes­se­ne Ver­zin­sung einer auf einem Ver­rech­nungs­kon­to aus­ge­wie­se­nen For­de­rung der Gesell­schaft gegen­über ihrem Gesell­schaf­ter als eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung in Gestalt einer ver­hin­der­ten Ver­mö­gens­meh­rung gel­ten kann. Ganz aktu­ell kommt dies­be­züg­lich das Schles­wig-Hol­stei­ni­sche Finanz­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 28.5.2020 unter dem Akten­zei­chen 1 K 67/17 zu dem Schluss, dass eine nicht erfolg­te Ver­zin­sung der For­de­run­gen gegen­über dem Gesell­schaf­ter zumin­dest dem Grun­de nach eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung dar­stel­len kann.

Zunächst daher eine kur­ze Stand­ort­be­stim­mung zur The­ma­tik: Ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tun­gen im Sin­ne der Vor­schrift in § 8 Abs. 3 Satz 2 des Kör­per­schaft­steu­er­ge­set­zes (KStG) sind nach stän­di­ger Recht­spre­chung Ver­mö­gens­min­de­run­gen und ver­hin­der­te Ver­mö­gens­meh­run­gen, die nicht auf einer offe­nen Gewinn­aus­schüt­tung beru­hen, sich auf den Unter­schieds­be­trag im Sin­ne des § 4 Abs. 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG), also den Gewinn, aus­wir­ken und durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lasst sind. Vor­ste­hen­de Defi­ni­ti­on kann dabei unter ande­rem dem Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 10.7.2002 unter dem Akten­zei­chen I R 37/01 ent­nom­men werden.

Ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tun­gen kön­nen in der Gestalt einer ver­hin­der­ten Ver­mö­gens­meh­rung ins­be­son­de­re auch inso­weit gege­ben sein, als ein Ver­rech­nungs­kon­to des Gesell­schaf­ters bei der GmbH, das ein Sal­do zuguns­ten der Kapi­tal­ge­sell­schaft auf­weist, nicht ange­mes­sen ver­zinst wird. Der Grund: Für Ver­rech­nungs­kon­ten gel­ten die­sel­ben Grund­sät­ze wie für Dar­le­hens­ge­wäh­run­gen zwi­schen der Kapi­tal­ge­sell­schaft und ihrem Gesell­schaf­ter. Dies hat bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 23.6.1981 unter dem Akten­zei­chen VIII R 102/80 klar­ge­stellt. Danach gilt: Führt die Kapi­tal­ge­sell­schaft für ihre Gesell­schaf­ter, die bei ihr ange­stellt sind, Ver­rech­nungs­kon­ten, von denen sie nach Ein­bu­chung der Gehäl­ter Aus­zah­lun­gen für pri­va­te Zwe­cke der Gesell­schaf­ter vor­nimmt, so lie­gen in Höhe der die Gehalts­bu­chung über­stei­gen­den Soll­bu­chun­gen auf den Ver­rech­nungs­kon­ten Kre­dit­ge­wäh­run­gen der Gesell­schaft an ihre Gesell­schaf­ter vor.

Schon damals haben die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik klar­ge­stellt, dass Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen der Gesell­schaf­ter in Form von ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tun­gen dabei inso­weit in Betracht kom­men, als der Kre­dit zins­los oder zu einem unan­ge­mes­sen nied­ri­gen Zins gewährt wird. In jün­ge­rer Ver­gan­gen­heit schlägt auch das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Mün­chen mit Urteil vom 25.4.2016 in sei­nem rechts­kräf­ti­gen Urteil unter dem Akten­zei­chen 7 K 531/15 in die­sel­be Ker­be. Auch auf­grund die­ser Ent­schei­dung stellt die feh­len­de Ver­zin­sung eines Gesell­schaf­ter-Ver­rech­nungs­kon­tos eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung dar, wenn eine GmbH, wie im Streit­fall, von Anfang an auf die Rück­zah­lung der als Dar­le­hen bezeich­ne­ten und ihrem beherr­schen­den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer gewähr­ten Beträ­ge verzichtet.

Die Begrün­dung ähnelt sich dabei in allen die­sen Ent­schei­dun­gen: Ein ordent­li­cher und gewis­sen­haf­ter Geschäfts­lei­ter wür­de einem frem­den Drit­ten kei­ne Dar­le­hen zins­los über­las­sen. Ein den­noch erfolg­ter Zins­ver­zicht gegen­über dem Gesell­schaf­ter stellt des­halb eine durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lass­te ver­hin­der­te Ver­mö­gens­meh­rung dar, die als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung zu beur­tei­len ist.

Frag­lich bleibt daher im nächs­ten Schritt die Höhe der ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung. Im vor­lie­gen­den Fall hat­te die GmbH die Gel­der, die sie über das Ver­rech­nungs­kon­to an ihren Gesell­schaf­ter aus­ge­reicht hat­te, nicht refi­nan­ziert. Für die­sen Fall leg­te das Gericht fest, dass sich die ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung der Höhe nach danach bestimmt, wel­che Zin­sen die GmbH hät­te erzie­len kön­nen, wenn sie die Gel­der auf der Grund­la­ge eines hypo­the­ti­schen Dar­le­hens­ver­tra­ges an einen frem­den Drit­ten gege­ben hätte.

In die­sem Zusam­men­hang ist es dann wie so häu­fig: Wenn hypo­the­ti­sche Annah­men getrof­fen wer­den, läuft die eigent­li­che Ermitt­lung regel­mä­ßig auf eine Schät­zung hin­aus. Für die­se Schät­zung muss dann die soge­nann­te Band­brei­ten­be­trach­tung genutzt wer­den. Dabei dürf­ten die bank­üb­li­chen Haben-Zin­sen, die die GmbH erzie­len könn­te, als Unter­gren­ze gel­ten, wäh­rend die bank­üb­li­chen Soll-Zin­sen als Ober­gren­ze für die ver­hin­der­te Ver­mö­gens­meh­rung ange­setzt wer­den kön­nen. Soll­te man im Ein­zel­fall auch sol­che Daten nicht kon­kret ermit­teln kön­nen, ist als letz­tes Mit­tel auf die sta­tis­ti­schen Wer­te der Bun­des­bank zurückzugreifen.

Im Hin­blick auf das aktu­el­le Nied­rig­zins­um­feld wäre es natür­lich schön, bei der Bemes­sung der ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung allein dar­auf abzu­stel­len, in wel­cher Höhe die GmbH auf die Erzie­lung mög­li­cher Gut­ha­ben­zin­sen ver­zich­tet hat. Gera­de wegen des Nied­rig­zins­um­fel­des wird inso­weit eine hohe Gut­ha­ben­ver­zin­sung bei einer Bank regel­mä­ßig nicht mög­lich sein, da inso­weit der Zins­er­trag defi­ni­tiv nur mar­gi­nal sein wird. Die­se Vor­ge­hens­wei­se kommt jedoch für das Finanz­ge­richt Schles­wig-Hol­stein nicht in Betracht. Ein Grund dafür ist auch, dass der Zins­satz schon des­halb immer für den kon­kre­ten Ein­zel­fall zu bestim­men ist, damit das Risi­ko, dass das Dar­le­hen nicht zurück­ge­zahlt wer­den kann, eben­so indi­vi­du­ell berück­sich­tigt wird.

Auch wenn die Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Schles­wig-Hol­stein sehr ein­deu­tig ist, haben die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zuge­las­sen. Erfreu­li­cher­wei­se wird die­ser daher noch mal die Gele­gen­heit bekom­men, sich mit der Fra­ge zu beschäf­ti­gen, ob die nicht ange­mes­se­ne Ver­zin­sung einer auf einem Ver­rech­nungs­kon­to aus­ge­wie­se­nen For­de­rung der Gesell­schaft gegen­über ihrem Gesell­schaf­ter zu einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung in Gestalt einer ver­hin­der­ten Ver­mö­gens­meh­rung füh­ren kann. Das Urteil dürf­te sicher­lich mit Span­nung zu erwar­ten sein. Zwar ist es durch­aus vor­stell­bar, dass inso­weit die Rich­ter die Auf­fas­sung ihrer erst­in­stanz­li­chen Kol­le­gen tei­len, jedoch wird es sicher­lich auch inter­es­sant sein, wel­che Aus­sa­gen die obers­ten Finanz­rich­ter zum The­ma der Bewer­tung der ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung machen.

nach oben

8. Für Erben: Wegfall der Steuerbefreiung für das Familienheim

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 13 Abs. 1 Num­mer 4b des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) ist der Erwerb von Todes wegen des Eigen­tums oder Mit­ei­gen­tums an einem im Inland gele­ge­nen bebau­ten Grund­stücks durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten oder den über­le­ben­den Lebens­part­ner von der Erb­schaft­steu­er befreit, soweit der Erb­las­ser dar­in bis zum Erb­fall eine Woh­nung zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt hat oder bei der er aus zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken gehin­dert war und die eben­falls beim Erwer­ber unver­züg­lich zur Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken bestimmt ist. Was sich vor­ste­hend etwas sper­rig anhört, da sich die For­mu­lie­run­gen am Geset­zes­text ori­en­tie­ren, ist nichts ande­res als die Steu­er­be­frei­ung für das Familienheim.

In der Recht­spre­chung ist dabei immer wie­der streit­be­fan­gen, wie die Rege­lung des § 13 Abs. 1 Num­mer 4b Satz 5 ErbStG aus­zu­le­gen ist. Danach fällt die Steu­er­be­frei­ung näm­lich mit Wir­kung für die Ver­gan­gen­heit weg, wenn der Erwer­ber das Fami­li­en­heim inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohn­zwe­cken selbst nutzt. Es sei denn (dies bedeu­tet die Steu­er­be­frei­ung fällt doch wie­der nicht weg, es han­delt sich also um eine soge­nann­te Rück­aus­nah­me) der Erwer­ber ist aus zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken gehindert.

An ver­schie­dens­ten Stel­len in der Recht­spre­chung ist nun wie­der streit­be­fan­gen, was denn in die­sem Zusam­men­hang „zwin­gen­de Grün­de“ sind. Es liegt inso­weit in der Natur der Sache, dass zahl­rei­che Grün­de aus Sicht des Steu­er­pflich­ti­gen zwin­gend sind, sodass auch bei Auf­ga­be der Selbst­nut­zung die Steu­er­be­frei­ung nicht rück­wir­kend weg­fällt. Das Finanz­amt sieht hin­ge­gen ent­spre­chen­de Grün­de regel­mä­ßig nicht als zwin­gend an.

Lei­der hat das Finanz­amt aktu­ell Unter­stüt­zung durch das Finanz­ge­richt Müns­ter auf­grund des­sen Ent­schei­dung vom 10.12.2020 unter dem Akten­zei­chen 3 K 420/20 Erb erhal­ten. Aus­weis­lich die­ses Urteils gilt: Ver­äu­ßert der Erbe das Fami­li­en­heim inner­halb von zehn Jah­ren, ent­fällt die Erb­schaft­steu­er­be­frei­ung auch dann, wenn der Aus­zug tat­säch­lich und nach­weis­lich auf ärzt­li­chen Rat hin auf­grund einer Depres­si­ons­er­kran­kung erfolgt. So die zunächst ein­mal nur schwer nach­voll­zieh­ba­re Ent­schei­dung des erst­in­stanz­li­chen Gerichtes.

Im Urteils­fall beerb­te die Klä­ge­rin ihren 2017 ver­stor­be­nen Ehe­mann zur Hälf­te. Zur Erb­schaft gehör­te auch das hälf­ti­ge Mit­ei­gen­tum an dem bis­lang von den Ehe­leu­ten gemein­sam bewohn­ten Ein­fa­mi­li­en­haus, also dem soge­nann­ten Fami­li­en­heim im Sin­ne die­ser Vor­schrift. Ende 2018 ver­äu­ßer­te die Klä­ge­rin das Ein­fa­mi­li­en­haus und zog schließ­lich im Jahr 2019 in eine zuvor erwor­be­ne Eigen­tums­woh­nung um. Das Finanz­amt änder­te dar­auf­hin den Erb­schaft­steu­er­be­scheid ver­sag­te die Steu­er­be­frei­ung für das Fami­li­en­heim. Hier­ge­gen wand­te die Klä­ge­rin jedoch ein, dass sie nach dem Tod ihres Ehe­manns unter Depres­sio­nen und Angst­zu­stän­den gelit­ten habe, ins­be­son­de­re weil ihr Mann in dem Haus, also in dem Fami­li­en­heim, ver­stor­ben sei. Dar­auf­hin habe ihr Arzt gera­ten, die Umge­bung zu wech­seln, wes­halb sie aus zwin­gen­den Grün­den an einer wei­te­ren Selbst­nut­zung gehin­dert gewe­sen sei.

Min­des­tens aus rein mensch­li­cher Sicht dürf­ten hier defi­ni­tiv ent­spre­chend zwin­gen­de Grün­de vor­lie­gen. Steu­er­ju­ris­tisch sieht dies zumin­dest das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt jedoch anders. Das Finanz­ge­richt Müns­ter folgt näm­lich die­ser Auf­fas­sung nicht und hat, wie schon ein­gangs erwähnt, die Kla­ge nega­tiv beschie­den. Die Steu­er­be­frei­ung für ein Fami­li­en­heim, wel­ches der Erbe inner­halb von zehn Jah­ren nicht mehr zu eige­nen Wohn­zwe­cken nutzt, fällt nach Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Gerich­tes nur dann nicht weg, wenn der Erbe aus dem besag­ten zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung gehin­dert sei. Der­ar­ti­ge zwin­gen­de Grün­de möch­te das Gericht jedoch im vor­lie­gen­den Fall nicht erken­nen. So räumt der drit­te Senat des Finanz­ge­rich­tes Müns­ters an die­ser Stel­le zwar ein, dass die Depres­si­ons­er­kran­kung und der Tod des Ehe­manns im Fami­li­en­heim die Klä­ge­rin zwar erheb­lich psy­chisch belas­tet hät­ten. Einen zwin­gen­den Grund kön­nen sie jedoch dar­in nicht erken­nen. Ein sol­cher sei viel­mehr nur dann gege­ben, wenn das Füh­ren eines Haus­hal­tes schlecht­hin bei­spiels­wei­se auf­grund einer Pfle­ge­be­dürf­tig­keit abso­lut unmög­lich sei. Die­se stren­gen Vor­aus­set­zun­gen sind im vor­lie­gen­den Fall nicht gegeben.

Nach Auf­fas­sung des Gerich­tes ist eine sol­che restrik­ti­ve Geset­zes­aus­le­gung der Rück­aus­nah­me zur Steu­er­be­frei­ung für das Fami­li­en­heim auch ver­fas­sungs­recht­lich gebo­ten, da die Steu­er­be­frei­ung für Fami­li­en­hei­me Grund­ei­gen­tü­mer gegen­über Inha­bern ande­rer Ver­mö­gens­wer­te bevorzuge.

Frag­lich ist, ob eine sol­che restrik­ti­ve Mei­nung rich­tig sein kann und auch tat­säch­lich halt­bar ist. Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zuge­las­sen. Zum gegen­wär­ti­gen Zeit­punkt ist lei­der nicht ersicht­lich, ob auch tat­säch­lich Revi­si­on ein­ge­legt wor­den ist. Zur wei­te­ren Argu­men­ta­ti­ons­hil­fe muss man jedoch sagen, dass auch eine ent­spre­chen­de Erkran­kung, die zu einer erheb­li­chen psy­chi­schen Belas­tung führt (wie es im vor­lie­gen­den Sach­ver­halt wohl abso­lut unstrit­tig ist) durch­aus in den Bereich eines zwin­gen­den Grun­des fällt. Schließ­lich ist es inso­weit kei­ne Alter­na­ti­ve, dass einer ent­spre­chen­den Depres­si­ons­er­kran­kung nicht begeg­net wird und schließ­lich eine Pfle­ge­be­dürf­tig­keit resul­tiert, wel­che dann den Ver­kauf des Fami­li­en­heims aus rein steu­er­li­cher Sicht recht­fer­ti­gen würde.

Es bleibt daher zu hof­fen, dass im vor­lie­gen­den Sach­ver­halt die Revi­si­on ein­ge­legt wird und der Bun­des­fi­nanz­hof dies­be­züg­lich auch eine ent­spre­chend nach­voll­zieh­ba­re Ent­schei­dung trifft.

nach oben

9. Für Kapitalanleger: Überführung von vor 2009 erworbenen Aktien vom Betriebsvermögen ins Privatvermögen

Grund­sätz­lich gehö­ren auch Gewin­ne aus der Ver­äu­ße­rung von Antei­len an einer Kör­per­schaft, also aus der Ver­äu­ße­rung von Akti­en, zu den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen. Aller­dings ist dabei die his­to­ri­sche Ent­wick­lung der Besteue­rungs­sys­te­ma­tik im Rah­men der Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen zu beach­ten. Die Norm, wonach Akti­en­ver­äu­ße­run­gen als Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen gel­ten, ist näm­lich erst­mals auf Gewin­ne aus der Ver­äu­ße­rung von Antei­len anzu­wen­den, die nach dem 31.12.2008 erwor­ben wor­den sind.

Vor die­sem Hin­ter­grund hat aktu­ell das Finanz­ge­richt Müns­ter mit Gerichts­be­scheid vom 26.3.2020 unter dem Akten­zei­chen 8 K 1192/18 F klar­ge­stellt, dass die Über­füh­rung von vor 2009 erwor­be­nen Akti­en vom Betriebs­ver­mö­gen in das Pri­vat­ver­mö­gen nicht dem Erwerb von Akti­en gleich­steht. Die­se Ein­ord­nung führt in der Fol­ge dazu, dass ein spä­te­rer Ver­äu­ße­rungs­ge­winn des­halb nicht zu den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen führt, wie der ach­te Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter ent­ge­gen der fis­ka­li­schen Auf­fas­sung des Finanz­am­tes klarstellte.

Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis wer­den fol­gen­de Details des Urteils­falls dar­ge­stellt. Die Klä­ge­rin war im vor­lie­gen­den Fall eine GmbH & Co. KG, wel­che im Jahr 2007 ein Akti­en­pa­ket erwarb. Bis zum Jahr 2011 erziel­te die GmbH & Co. KG als gewerb­lich gepräg­te Gesell­schaft Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb. Im Jahr 2011 ende­te jedoch die gewerb­li­che Prä­gung und die Klä­ge­rin erklär­te die Betriebs­auf­ga­be. Fort­an war sie aus­schließ­lich ver­mö­gens­ver­wal­tend tätig, wes­halb alle Gegen­stän­de, die bis­her zum Anla­ge­ver­mö­gen der gewerb­lich gepräg­ten Tätig­keit gehör­ten, nun Pri­vat­ver­mö­gen der Gesell­schaf­ter dar­stel­len. Bei den an der Klä­ge­rin betei­lig­ten natür­li­chen Per­so­nen bil­den die im Eigen­tum der Gesell­schaft ste­hen­den Wirt­schafts­gü­ter daher Pri­vat­ver­mö­gen, was im Jahr 2011 (ins­be­son­de­re im Hin­blick auf das Akti­en­pa­ket) zur Auf­de­ckung und Ver­steue­rung stil­ler Reser­ven führte.

Im Jahr 2014 ver­äu­ßer­te die Klä­ge­rin das Akti­en­pa­ket. Das Finanz­amt behan­del­te die Gewin­ne aus der Ver­äu­ße­rung des Akti­en­pa­kets als steu­er­pflich­ti­ge Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen und zwar auch inso­weit, als der Gewinn auf die an der Klä­ge­rin betei­lig­ten Pri­vat­per­so­nen ent­fiel. Gegen die­se fis­ka­li­sche Aus­le­gung wen­den sich die Klä­ger mit der Begrün­dung, dass sie die Akti­en vor Inkraft­tre­ten der Rege­lung zur Abgel­tungs­steu­er erwor­ben haben (also vor dem Ver­an­la­gungs­jahr 2009) und ein Ver­äu­ße­rungs­ge­winn des­halb gemäß der gesetz­li­chen Über­gangs­re­ge­lung nicht steu­er­bar sei. Viel­mehr wür­den inso­weit steu­er­freie Ein­künf­te vor­lie­gen, da der Ver­äu­ße­rungs­tat­be­stand die­ser Wert­pa­pie­re noch dem pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft unter­lie­gen wür­de und die dort maß­geb­li­che Jah­res­frist bereits abge­lau­fen war.

Das Finanz­amt blieb jedoch bei sei­ner Auf­fas­sung und begrün­det die­se damit, dass die spä­ter ver­äu­ßer­ten Akti­en im Rah­men der Been­di­gung der gewerb­li­chen Prä­gung der Klä­ge­rin in das Pri­vat­ver­mö­gen der Gesell­schaf­ter über­führt wor­den sei­en und die­se Über­füh­rung einem Erwerb im Jah­re 2011 gleich­steht. Inso­weit ging die Finanz­ver­wal­tung davon aus, dass die Akti­en im Abgel­tungs­steu­er­zeit­al­ter erwor­ben wur­den und somit deren Ver­äu­ße­rung auch zu Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen führt.

Dem stell­te sich, wie ein­gangs schon gesagt, der ach­te Senat des Finanz­ge­richts Müns­ters ent­ge­gen. Zwar trifft es zu, dass Gewin­ne aus der Ver­äu­ße­rung von Akti­en seit 2009 unab­hän­gig von der Dau­er der Behal­tens­frist steu­er­pflich­tig sind. Aus­weis­lich der maß­geb­li­chen Über­gangs­vor­schrift in § 52 Abs. 28 Satz 11 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) gilt dies aber nur für sol­che Akti­en, die nach dem 31.12.2008 erwor­ben wor­den sind.

Unter einem Erwerb im Sin­ne die­ser Vor­schrift kön­nen hin­ge­gen nur Vor­gän­ge zu erfas­sen sein, die mit einem Rechts­trä­ger­wech­sel ein­her­ge­hen. Ganz kon­kret sind in der gesetz­li­chen Vor­schrift näm­lich kei­ne Erwerbs­fik­tio­nen wie bei­spiels­wei­se die Ent­nah­me aus dem Betriebs­ver­mö­gen genannt, sodass sol­che Vor­gän­ge einem Akti­en­er­werb auch nicht gleich­ste­hen können.

Eben­so prüf­ten die Rich­ter die Geset­zes­be­grün­dung zum Ent­wurf des Unter­neh­men­steu­er­re­form­ge­set­zes 2008. Auch aus die­ser Geset­zes­be­grün­dung erge­ben sich kei­ner­lei Hin­wei­se, dass der Gesetz­ge­ber die Über­füh­rung eines Wirt­schafts­guts aus dem Betriebs­ver­mö­gen in das Pri­vat­ver­mö­gen als Erwerb anse­hen woll­te. Da inso­weit die Been­di­gung der gewerb­li­chen Prä­gung der GmbH & Co. KG nicht zu einem Rechts­trä­ger­wech­sel geführt hat, hat im vor­lie­gen­den Fall im Kalen­der­jahr 2011 auch kein Rechts­trä­ger­wech­sel und damit auch kei­ne Anschaf­fung statt­ge­fun­den. Somit kön­nen die Akti­en steu­er­frei im Rah­men der sons­ti­gen Ein­künf­te (also beim pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft) ver­äu­ßert werden.

Hin­weis: Zur Fort­bil­dung des Rechts hat das Finanz­ge­richt Müns­ter die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zulas­sen müs­sen. Bis­her ist jedoch nicht gewiss, ob sich der Fis­kus traut, hier den Revi­si­ons­zug zu bestei­gen. Aus unse­rer Sicht hat der Fis­kus mit sei­ner Argu­men­ta­ti­on näm­lich kei­ne Chance.

nach oben

10. Für Freiberufler: Auch tarifbegünstigte Veräußerung bei neuen Mandaten möglich

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 18 Abs. 3 in Ver­bin­dung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) gehört zu den Ein­künf­ten aus selbst­stän­di­ger Arbeit auch der Gewinn aus der Ver­äu­ße­rung des Ver­mö­gens, wel­ches der selbst­stän­di­gen Arbeit dient. Man spricht dabei von einer Pra­xis­ver­äu­ße­rung, bei­spiels­wei­se von der Ver­äu­ße­rung einer Steu­er­be­ra­ter- oder Rechts­an­walts­kanz­lei. Für die­sen Ver­äu­ße­rungs­ge­winn sieht § 34 Abs. 2 Num­mer 1 eine Tarif­be­güns­ti­gung vor. Alter­na­tiv zu die­ser ermä­ßig­ten Besteue­rung des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns sieht § 34 Abs. 3 EStG auf Antrag unter wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen die Gewäh­rung eines ermä­ßig­ten Steu­er­sat­zes vor.

Selbst­ver­ständ­lich ist in der Pra­xis die­ser ermä­ßig­te Steu­er­satz heiß begehrt, wes­halb es immer wie­der Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Finanz­ver­wal­tung gibt, die die gerin­ge­re Besteue­rung natür­lich nur sehr ungern gewährt. Die Regeln soll­te man sich daher genau­er angucken.

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs setzt die Ver­äu­ße­rung einer Pra­xis vor­aus, dass der Steu­er­pflich­ti­ge die für die Aus­übung der selbst­stän­di­gen Tätig­keit wesent­li­chen ver­mö­gens­mä­ßi­gen Grund­la­gen ent­gelt­lich und defi­ni­tiv auf einen ande­ren über­trägt. Hier­zu gehö­ren ins­be­son­de­re die imma­te­ri­el­len Wirt­schafts­gü­ter der Pra­xis wie der Man­dan­ten­stamm oder der Pra­xis­wert. Dies hat bei­spiels­wei­se der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Urteil vom 21.8.2018 unter dem Akten­zei­chen VIII R 2/15 klargestellt.

Dar­über hin­aus muss der Ver­äu­ße­rer sei­ne frei­be­ruf­li­che Tätig­keit in dem bis­he­ri­gen ört­li­chen Wir­kungs­kreis wenigs­tens für eine gewis­se Zeit ein­stel­len. Dies beruht auf der Über­le­gung, dass bei fort­dau­ern­der Tätig­keit des Frei­be­ruf­lers in sei­nem bis­he­ri­gen ört­li­chen Wir­kungs­kreis eine wei­te­re Nut­zung der per­sön­li­chen Bezie­hun­gen zu den frü­he­ren Man­dan­ten auf eige­ne Rech­nung des „Ver­äu­ße­rers“ nahe­liegt und es dadurch nicht zu einer defi­ni­ti­ven Über­tra­gung der wesent­li­chen Betriebs­grund­la­gen der Pra­xis auf den Erwer­ber kommt.

Wann eine sol­che defi­ni­ti­ve Über­tra­gung der wesent­li­chen Betriebs­grund­la­gen vor­liegt, hängt grund­sätz­lich von den Umstän­den des Ein­zel­falls ab. Neben der Dau­er der Ein­stel­lung der frei­be­ruf­li­chen Tätig­keit sind ins­be­son­de­re die räum­li­che Ent­fer­nung einer wie­der auf­ge­nom­me­nen Berufs­tä­tig­keit zur ver­äu­ßer­ten Pra­xis, die Ver­gleich­bar­keit der Betä­ti­gun­gen, die Art und Struk­tur der Man­da­te sowie die Nut­zungs­dau­er des erwor­be­nen Pra­xis­wer­tes zu berück­sich­ti­gen. Wie so häu­fig besteht eine star­re zeit­li­che Gren­ze, nach der die Tätig­keit steue­run­schäd­lich wie­der auf­ge­nom­men wer­den kann, nicht. Dies ist beson­ders her­vor­zu­he­ben, da teil­wei­se ins­be­son­de­re von Sei­ten der Finanz­ver­wal­tung zu hören ist, dass min­des­tens eine War­te­zeit von drei Jah­ren ein­zu­hal­ten ist. Dies kann so nicht hin­ge­nom­men wer­den. Je nach den Umstän­den des Ein­zel­falls kann auch ein Zeit­raum von etwa zwei bis drei Jah­ren schon aus­rei­chend sein, wie ins­be­son­de­re der ein­schlä­gi­gen Lite­ra­tur zu der The­ma­tik zu ent­neh­men ist.

Nimmt der Ver­äu­ße­rer sei­ne frei­be­ruf­li­che Tätig­keit nach einer gewis­sen Zeit wie­der auf, kann dies auch dann schäd­lich sein, wenn die Wie­der­auf­nah­me zum Zeit­punkt der Über­tra­gung der Pra­xis nicht geplant war. Maß­ge­bend ist allein, ob es objek­tiv zu einer defi­ni­ti­ven Über­tra­gung der wesent­li­chen Pra­xis­grund­la­gen gekom­men ist. Maß­nah­men des Ver­äu­ße­rers, die wegen einer von Anfang an geplan­ten Wie­der­auf­nah­me dazu die­nen sol­len, die spä­te­re Rück­ge­win­nung der Man­dan­ten zu erleich­tern, kön­nen eine defi­ni­ti­ve Über­tra­gung des Man­dan­ten­stamm von vorn­her­ein aus­schlie­ßen bzw. die erfor­der­li­che Zeit­span­ne für die Ein­stel­lung der Tätig­keit verlängern.

Mit sei­ner Ent­schei­dung vom 11.2.2020 hat der Bun­des­fi­nanz­hof mit­tels Beschluss unter dem Akten­zei­chen VIII B 131/19 wie­der­holt fest­ge­legt, dass es grund­sätz­lich unschäd­lich ist, wenn der Ver­äu­ße­rer als Arbeit­neh­mer oder als frei­er Mit­ar­bei­ter im Auf­trag und für Rech­nung des Erwer­bers tätig wird, denn der Erwer­ber ist trotz­dem zivil­recht­lich und wirt­schaft­lich in der Lage, die Bezie­hun­gen zu den frü­he­ren Man­dan­ten des Ver­äu­ße­rers zu verwerten.

Auch eine gering­fü­gi­ge Fort­füh­rung der bis­he­ri­gen frei­be­ruf­li­chen Tätig­keit steht der Annah­me einer begüns­tig­ten Pra­xis­ver­äu­ße­rung nicht ent­ge­gen, wie schon der Bun­des­fi­nanz­hof mit Beschluss vom 20.1.2009 unter dem Akten­zei­chen VIII B 58/08 klar­ge­stellt hat. Eine sol­che gering­fü­gi­ge Tätig­keit liegt ins­be­son­de­re dann regel­mä­ßig vor, wenn die auf sie ent­fal­len­den Umsät­ze in den letz­ten drei Jah­ren vor der Ver­äu­ße­rung weni­ger als 10 % der gesam­ten Ein­nah­men ausmachten.

Ganz beson­ders her­vor­zu­he­ben, da die Aus­sa­ge des Bun­des­fi­nanz­hofs kon­trär zur Mei­nung der Finanz­ver­wal­tung steht, ist die Tat­sa­che, dass die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik es für unschäd­lich hal­ten, wenn der Pra­xis­ver­äu­ße­rer im Rah­men einer gering­fü­gi­gen Tätig­keit auch neue Man­da­te betreut. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung schließt dies das Vor­lie­gen einer begüns­tig­ten Pra­xis­ver­äu­ße­rung nicht auto­ma­tisch aus.

Die Annah­me einer begüns­tig­ten Pra­xis­ver­äu­ße­rung hängt viel­mehr maß­geb­lich davon ab, ob es zu einer end­gül­ti­gen Über­tra­gung der wesent­li­chen Betriebs­grund­la­gen der Pra­xis auf den Erwer­ber kommt. Zwei­fel­haft ist dies, wenn der Ver­äu­ße­rer wei­ter­hin die per­sön­li­che Bezie­hung zu frü­he­ren Man­dan­ten auf eige­ne Rech­nung nutzt. Dies kann er aller­dings tun, indem er (ein­zel­ne) Man­dan­ten auf eige­ne Rech­nung wei­ter betreut, aber auch dadurch, dass er die Bezie­hung zu frü­he­ren Man­dan­ten nutzt, um neue Man­dan­ten zu fin­den. In bei­den Fäl­len nut­zen sowohl der Ver­äu­ße­rer als auch der Erwer­ber das (bis­he­ri­ge) durch Man­dan­ten und Pra­xis­über­nah­me beding­te Wir­kungs­feld für ihre frei­be­ruf­li­che Tätig­keit, zu der neben der Man­dan­ten­be­treu­ung auch die Gewin­nung neu­er Man­da­te zählt. Eine sol­che fort­dau­ern­de bzw. neu­er­li­che Nut­zung ehe­ma­li­ger Man­dan­ten­be­zie­hun­gen steht der Annah­me einer begüns­tig­ten Pra­xis­ver­äu­ße­rung aller­dings nur dann ent­ge­gen, wenn sie die Gering­fü­gig­keits­gren­ze über­schrei­tet. Eine gering­fü­gi­ge Tätig­keit des Ver­äu­ße­rers im bis­he­ri­gen ört­li­chen Wir­kungs­kreis schließt die Annah­me einer begüns­tig­ten Pra­xis­ver­äu­ße­rung hin­ge­gen nicht aus, auch wenn sie die Betreu­ung neu­er Man­da­te umfasst. So die erfreu­li­che Auf­fas­sung der obers­ten Rich­ter der Repu­blik, die sich damit ganz deut­lich gegen die (bis­he­ri­ge) Ver­wal­tungs­auf­fas­sung stellen.

Hin­weis: Mitt­ler­wei­le ist jedoch die bis­he­ri­ge Ver­wal­tungs­auf­fas­sung auch Geschich­te. Abwei­chend von der sei­ner­zei­ti­gen Mei­nung der Finanz­ver­wal­tung wird nun­mehr bun­des­ein­heit­lich die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Hin­zu­be­mes­sung neu­er Man­dan­ten (oder bei­spiels­wei­se bei Ärz­ten Pati­en­ten) im Rah­men einer gering­fü­gi­gen Tätig­keit für die Annah­me einer begüns­tig­ten Ver­äu­ße­rung unschäd­lich ist. Die­se erfreu­li­che Auf­fas­sung ist bei­spiels­wei­se dem Erlass des Finanz­mi­nis­te­ri­ums Sach­sen-Anhalt vom 14.5.2020 unter dem Akten­zei­chen 45‑S 2242–85 zu entnehmen.

nach oben


UST-ID hier prüfen Kontakt