Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Juli 2022

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

11.7. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 14.7. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne August 2022:

10.8. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.8. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Hin­weis: In Bun­des­län­dern, in denen der 15.8. (Mariä Him­mel­fahrt) ein Fei­er­tag ist, ver­schiebt sich die Zah­lungs­schon­frist auf den 16.8.2022 (Diens­tag).

15.8. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 18.8. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Hin­weis: In Bun­des­län­dern, in denen der 15.8. (Mariä Him­mel­fahrt) ein Fei­er­tag ist, ver­schiebt sich der Abga­be-/Zah­lungs­ter­min auf den 16.8.2022 (Diens­tag) und die Zah­lungs­schon­frist auf den 19.8.2022 (Frei­tag).

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Juli 2022

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Juli ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 27.7.2022.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Berücksichtigung eines Kindes nach krankheitsbedingtem Ausbildungsabbruch

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lun­gen im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz wird für ein Kind, wel­ches das 18. Lebens­jahr, aber noch nicht das 25. Lebens­jahr voll­endet hat, Kin­der­geld unter ande­rem dann gewährt, wenn das Kind für einen Beruf aus­ge­bil­det wird. Eben­so wird Kin­der­geld gewährt, wenn eine Berufs­aus­bil­dung man­gels Aus­bil­dungs­plat­zes nicht begon­nen oder fort­ge­setzt wer­den kann oder aber das Kind wegen kör­per­li­cher, geis­ti­ger oder see­li­scher Behin­de­rung außer­stan­de ist, sich selbst zu unter­hal­ten und die Behin­de­rung vor Voll­endung des 25. Lebens­jah­res ein­ge­tre­ten ist.

In einer Berufs­aus­bil­dung befin­det sich, wer sein Berufs­ziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernst­haft und nach­hal­tig dar­auf vor­be­rei­tet. Die­ser Vor­be­rei­tung die­nen alle Maß­nah­men, bei denen Kennt­nis­se, Fähig­kei­ten und Erfah­run­gen erwor­ben wer­den, die als Grund­la­ge für die Aus­übung des ange­streb­ten Beru­fes geeig­net sind.

Dabei wer­den Aus­bil­dungs­maß­nah­men zwar einer­seits durch eine Ein­schrei­bung an einer Schu­le oder Hoch­schu­le oder einen Aus­bil­dungs­ver­trag mit einem Aus­bil­dungs­be­trieb indi­ziert. Ande­rer­seits genügt aber das rein for­ma­le Bestehen eines Aus­bil­dungs­ver­hält­nis­ses nicht, wenn es an einer ernst­haf­ten und nach­hal­ti­gen Aus­bil­dungs­maß­nah­me fehlt. So auch bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 18.1.2018 unter dem Akten­zei­chen III R 16/17. Soweit näm­lich Anhalts­punk­te dafür bestehen, dass das Kind sei­nem gewähl­ten Aus­bil­dungs­gang nicht ernst­haft und hin­rei­chend nach­geht, liegt kei­ne Berufs­aus­bil­dung vor. Auch dies hat bereits ein­mal der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 3.7.2014 unter dem Akten­zei­chen III R 52/13 klargestellt.

Eine Aus­nah­me von die­sem Grund­satz hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Urteil vom 15.7.2003 unter dem Akten­zei­chen VIII R 47/02 für den Fall zuge­las­sen, dass die Aus­bil­dung infol­ge einer Erkran­kung oder wegen der Schutz­fris­ten vor und nach der Ent­bin­dung ent­spre­chend dem Mut­ter­schutz­ge­setz unter­bro­chen wird. Glei­ches hat der Bun­des­fi­nanz­hof für den Fall ange­nom­men, dass das Kind wäh­rend eines Aus­bil­dungs­ver­hält­nis­ses in Unter­su­chungs­haft genom­men oder wegen eines lau­fen­den Straf­ver­fah­rens im Aus­land mit einem Aus­rei­se­ver­bot belegt wird. Letz­te­res geht aus der Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 20.7.2006 unter dem Akten­zei­chen III R 69/04 hervor.

Vor­aus­ge­setzt wur­de inso­weit jedoch, dass das Kind einen Aus­bil­dungs­platz hat und auch aus­bil­dungs­wil­lig ist. Wur­de das Aus­bil­dungs­ver­hält­nis hin­ge­gen been­det, indem das Kind bei­spiels­wei­se von der Schu­le abge­mel­det wur­de oder der Aus­bil­dungs­ver­trag ein­ver­nehm­lich auf­ge­ho­ben oder ein­sei­tig gekün­digt wur­de, fehlt es schon am for­ma­len Fort­be­stehen eines Aus­bil­dungs­ver­hält­nis­ses. Die tat­säch­li­che Durch­füh­rung von Aus­bil­dungs­maß­nah­men ist dann nicht mehr wegen der Erkran­kung oder der Mut­ter­schutz­fris­ten, son­dern wegen des Weg­falls des Aus­bil­dungs­ver­hält­nis­ses aus­ge­schlos­sen. Dem­entspre­chend kommt eine Berück­sich­ti­gung ent­spre­chend den ein­kom­men­steu­er­li­chen Vor­schrif­ten in § 32 Abs. 4 Satz 1 Num­mer 2 Buch­sta­be a des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) nicht mehr in Betracht, soweit eine Aus­bil­dung infol­ge einer Erkran­kung nicht unter­bro­chen, son­dern abge­bro­chen wurde.

Auch die Alter­na­ti­ve des § 32 Abs. 4 Satz 1 Num­mer 2 Buch­sta­be c EStG, wonach die Berück­sich­ti­gung als Kind, das eine Berufs­aus­bil­dung man­gels Aus­bil­dungs­plat­zes nicht begin­nen oder fort­set­zen kann, noch mög­lich ist, hat wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen. So ist es hier unab­ding­bar, dass der Beginn der Aus­bil­dung nicht an ande­ren Umstän­den als dem Man­gel eines Aus­bil­dungs­plat­zes schei­tert. Es ist zwar grund­sätz­lich jeder Aus­bil­dungs­wunsch des Kin­des zu berück­sich­ti­gen, sei­ne Ver­wirk­li­chung darf jedoch nicht an den per­sön­li­chen Ver­hält­nis­sen des Kin­des schei­tern. Das Kind muss die Aus­bil­dungs­stel­le im Fall des Erfol­ges sei­ner Bemü­hun­gen antre­ten kön­nen. In der Per­son des Kin­des lie­gen­de Grün­de, wel­che der Auf­nah­me einer Berufs­aus­bil­dung ent­ge­gen­ste­hen, lie­gen hin­ge­gen vor, wenn ein Kind nicht die Vor­aus­set­zung für den ange­streb­ten Stu­di­en­gang erfüllt oder wenn aus­län­der­recht­li­che Grün­de einer Berufs­aus­bil­dung ent­ge­gen­ste­hen. Ein Kind ist auch dann nicht zu berück­sich­ti­gen, wenn es sei­ne Aus­bil­dung wegen Über­ge­wichts nicht antre­ten kann, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einem Beschluss vom 8.11.1999 unter dem Akten­zei­chen VI B 322/98 klar­ge­stellt hat. Dage­gen ist es für den Bezug von Kin­der­geld aus­nahms­wei­se unschäd­lich, wenn das Kind die Suche nach einem Aus­bil­dungs­platz wäh­rend der Schutz­fris­ten nach dem Mut­ter­schutz­ge­setz unterbricht.

Ist ein Kind also aus Krank­heits­grün­den gehin­dert, sich um einen Aus­bil­dungs­platz zu bewer­ben oder die­sen im Fal­le der erfolg­rei­chen Bewer­bung zum nächst­mög­li­chen Aus­bil­dungs­be­ginn anzu­tre­ten, kommt eine kin­der­geld­recht­li­che Berück­sich­ti­gung nur unter ein­ge­schränk­ten Vor­aus­set­zun­gen in Betracht.

Zunächst muss es sich regel­mä­ßig um eine vor­über­ge­hen­de Krank­heit han­deln. Die­ses Erfor­der­nis ergibt sich aus der Not­wen­dig­keit, die von der gesetz­li­chen Rege­lung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Num­mer 2 Buch­sta­be c EStG erfass­ten Fäl­le von denen unter Num­mer 3 der Rege­lung fal­len­den Fäl­le abzu­gren­zen. Letz­te­re Bestim­mung erfor­dert zum einen eine kör­per­li­che, geis­ti­ge oder see­li­sche Behin­de­rung, die nach den maß­geb­li­chen Legal­de­fi­ni­tio­nen eine mit hoher Wahr­schein­lich­keit län­ger als sechs Mona­te dau­ern­de Beein­träch­ti­gung vor­aus­setzt. Zweck die­ses Kri­te­ri­ums ist es, vor­über­ge­hen­de Gesund­heits­stö­run­gen aus dem Behin­der­ten­be­griff aus­zu­schlie­ßen und damit nur Beein­träch­ti­gun­gen eines bestimm­ten Schwe­re­gra­des zu erfas­sen. Zum ande­ren wer­den Kin­der mit einer Behin­de­rung nur dann berück­sich­tigt, wenn sie außer­stan­de sind, sich selbst zu unter­hal­ten, was eine Prü­fung des Bedarfs des Kin­des und der die­sem zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel erfor­dert. Inso­weit lässt sich der gesetz­ge­be­ri­sche Wil­le erken­nen, dass bei einer nicht nur vor­über­ge­hen­den Erkran­kung des Kin­des eine typi­sche Unter­halts­si­tua­ti­on, die zur steu­er­li­chen Berück­sich­ti­gung des Kin­des führt, nicht allein auf­grund der Erkran­kung ange­nom­men wer­den darf, son­dern dar­über hin­aus die Fest­stel­lung eines kon­kre­ten Unter­halts­be­darfs erfor­der­lich ist. Die Wer­tung des Gesetz­ge­bers wür­de aber umge­gan­gen, wenn län­ger­fris­tig erkrank­te Kin­der auch erfasst wer­den könn­ten, ohne dass eine sol­che Bedarfs­prü­fung statt­fin­det. Gera­de bei län­ger­fris­tig erkrank­ten Kin­dern ist nicht aus­ge­schlos­sen, dass Sozi­al­leis­tun­gen in Anspruch genom­men wer­den, die einen Unter­halts­be­darf ausschließen.

Wer­den die Bemü­hun­gen um einen Aus­bil­dungs­platz oder die Auf­nah­me einer Aus­bil­dung daher durch eine Krank­heit ver­hin­dert, darf die berück­sich­ti­gungs­fä­hi­ge gesund­heit­li­che Beein­träch­ti­gung regel­mä­ßig mit hoher Wahr­schein­lich­keit nicht län­ger als sechs Mona­te andau­ern. Dabei ist nicht die rück­bli­ckend seit Beginn der Erkran­kung oder gar seit ihrer erst­ma­li­gen Fest­stel­lung tat­säch­lich abge­lau­fe­ne Zeit, son­dern die ihrer Art nach zu erwar­ten­de Dau­er der von ihr aus­ge­hen­den Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung maßgebend.

Des Wei­te­ren ist erfor­der­lich, dass die Aus­bil­dungs­fä­hig­keit des Kin­des für den ent­spre­chen­den Anspruchs­zeit­raum nach­ge­wie­sen wird. So setzt der Berück­sich­ti­gungs­zeit­raum bei einem gesun­den Kind vor­aus, dass sich die­ses ernst­haft um einen Aus­bil­dungs­platz bemüht. Das Bemü­hen um einen Aus­bil­dungs­platz ist zudem glaub­haft zu machen. Pau­scha­le Anga­ben, das Kind sei im frag­li­chen Zeit­raum aus­bil­dungs­wil­lig gewe­sen, es habe sich stän­dig um einen Aus­bil­dungs­platz bemüht oder sei stets bei der Agen­tur für Arbeit als Aus­zu­bil­den­der gemel­det gewe­sen, rei­chen nicht aus. Um einer miss­bräuch­li­chen Inan­spruch­nah­me des Kin­der­gel­des ent­ge­gen­zu­wir­ken, muss sich die Aus­bil­dungs­be­reit­schaft des Kin­des durch beleg­ba­re Bemü­hun­gen um einen Aus­bil­dungs­platz objek­ti­viert haben. Die Nach­wei­se für die Aus­bil­dungs­fä­hig­keit des Kin­des und für sein Bemü­hen, einen Aus­bil­dungs­platz zu fin­den, hat der Kin­der­geld­be­rech­tig­te bei­zu­brin­gen. Kin­der, die bereits voll­jäh­rig sind, haben dabei mit­zu­wir­ken. Es liegt auch im Ein­fluss­be­reich des Kin­der­geld­be­rech­tig­ten, Vor­sor­ge für die Nach­wei­se der Aus­bil­dungs­in­hal­te des Kin­des zu treffen.

Obwohl das Kin­der­geld monat­lich ent­steht und des­halb die Anspruchs­vor­aus­set­zun­gen in jedem Monat gege­ben sein müs­sen, braucht nicht zwin­gend für jeden Monat ein erneu­ter Nach­weis vor­ge­legt zu wer­den, der das Bemü­hen um einen Aus­bil­dungs­platz doku­men­tiert. Es ist daher nicht erfor­der­lich, dass sich das Kind jeden Monat erneut um eine Aus­bil­dungs­stel­le bewirbt, solan­ge über die bis­he­ri­gen Bewer­bun­gen noch nicht ent­schie­den ist. Aller­dings wird spä­tes­tens nach Ablauf von drei Mona­ten eine Par­al­lel­be­wer­bung erfor­der­lich, wenn das Kind inner­halb die­ses Zeit­raums kei­ne Absa­ge erhal­ten hat.

Auch die Aus­bil­dungs­wil­lig­keit eines wegen vor­über­ge­hen­der Erkran­kung an Bemü­hun­gen um einen Aus­bil­dungs­platz oder an der Auf­nah­me einer Aus­bil­dung gehin­der­ten Kin­des ist eben­falls für die Mona­te, für die der Kin­der­an­spruch gel­tend gemacht wird, zu bele­gen. Als Nach­weis kommt etwa die von der Ver­wal­tung gefor­der­te schrift­li­che Erklä­rung, sich unmit­tel­bar nach Weg­fall der gesund­heit­li­chen Hin­de­rungs­grün­de um eine Berufs­aus­bil­dung zu bemü­hen, sie zu begin­nen oder fort­zu­set­zen in Betracht. Aller­dings muss auch betont wer­den, dass der soge­nann­te Unter­su­chungs­grund­satz kei­ne Beschrän­kung auf die­ses Beweis­mit­tel zulässt. Denk­bar sind daher auch alle ande­ren Nach­wei­se, etwa der­ge­stalt, dass das Kind wäh­rend der Erkran­kung mit der frü­he­ren Aus­bil­dungs­ein­rich­tung in Kon­takt getre­ten ist und sich kon­kret über die Wie­der­auf­nah­me der Aus­bil­dung nach dem vor­aus­sicht­li­chen Ende der Krank­heit infor­miert hat. Eben­so ist denk­bar, dass das Kind sich an eine neue Aus­bil­dungs­ein­rich­tung oder die Aus­bil­dungs­ver­mitt­lung der Agen­tur für Arbeit mit dem Ziel gewandt hat, eine Aus­bil­dung zwar noch nicht zum nächst­mög­li­chen Aus­bil­dungs­be­ginn, aber doch jeden­falls am Ende der Erkran­kung aufzunehmen.

Regel­mä­ßig nicht aus­rei­chend für eine Kin­der­geld­be­rech­ti­gung wird es dage­gen sein, wenn der Kin­der­geld­be­rech­tig­te die Fami­li­en­kas­se zunächst unter Ver­stoß gegen sei­ne Mit­wir­kungs­pflicht nicht über den krank­heits­be­ding­ten Abbruch einer Aus­bil­dung oder der Bemü­hun­gen um eine Aus­bil­dungs­stel­le infor­miert, der Fami­li­en­kas­se damit die Mög­lich­keit der zeit­na­hen Anfor­de­rung eines Nach­wei­ses der Aus­bil­dungs­wil­lig­keit nimmt und die Aus­bil­dungs­wil­lig­keit des voll­jäh­ri­gen Kin­des erst im Nach­hin­ein rück­wir­kend pau­schal behaup­tet wird. Denn in einem sol­chen Fall kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass das Kind wäh­rend der Erkran­kung sei­nen Aus­bil­dungs­wil­len auf­ge­ge­ben und sich bei­spiels­wei­se für die Auf­nah­me einer regu­lä­ren Erwerbs­tä­tig­keit oder eines frei­wil­li­gen Diens­tes ent­schie­den hat. In den letzt­ge­nann­ten Fäl­len wäre die War­te­zeit bis zur Auf­nah­me der Erwerbs­tä­tig­keit oder des frei­wil­li­gen Diens­tes im Gegen­satz zur War­te­zeit bis zur Auf­nah­me der Aus­bil­dung nicht von den zum Kin­der­geld berück­sich­ti­gen­den Tat­be­stän­den erfasst.

Wie wich­tig es ist, sich an die­ser Stel­le an die Spiel­re­geln der Finanz­ver­wal­tung zu hal­ten, zeigt inso­weit die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 31.8.2021 unter dem Akten­zei­chen III R 41/19. In die­sem Streit­fall konn­ten näm­lich kei­ne genaue­ren Fest­stel­lun­gen dazu getrof­fen wer­den, wel­cher Art die Erkran­kung des Kin­des ist. Auch fehl­ten nähe­re Fest­stel­lun­gen dazu, ob die nach der Art der Krank­heit zu erwar­ten­de Dau­er der von ihr aus­ge­hen­den Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung mit hoher Wahr­schein­lich­keit nicht län­ger als sechs Mona­te andau­ern wür­de. Schließ­lich las­sen sich die tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen zur Fra­ge der Aus­bil­dungs­wil­lig­keit nicht dahin­ge­hend deu­ten, dass eine sol­che tat­säch­lich bestan­den hat. Im Ergeb­nis hat daher der Bun­des­fi­nanz­hof die Kin­der­geld­be­rech­ti­gung für die frag­li­chen Zeit­räu­me verworfen.

nach oben

2. Für alle Steuerpflichtigen: Was, wenn bei Ehegatten nur einer den Rechtsbehelf eingelegt?

Der fol­gen­de Bei­trag zeigt, wie wich­tig es ist, gera­de im Steu­er­recht beim Streit mit dem Finanz­amt auch die ver­fah­rens­recht­li­chen Regeln zu ken­nen. Dies gilt ins­be­son­de­re auch in Fäl­len der Zusam­men­ver­an­la­gung von Ehe­gat­ten, wenn gegen den Bescheid vor­ge­gan­gen wer­den soll. Wie eine Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 14.12.2021 unter dem Akten­zei­chen VIII R 16/20 zeigt, sind dabei näm­lich beson­de­re Knack­punk­te zu beachten.

So hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner oben zitier­ten Ent­schei­dung geur­teilt: Erhebt im Fal­le einer Zusam­men­ver­an­la­gung nur ein Ehe­gat­te Kla­ge gegen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid und wird der Bescheid gegen­über dem ande­ren Ehe­gat­ten bestands­kräf­tig, kann dem kla­gen­den Ehe­gat­ten nicht allein des­we­gen die Kla­ge­be­fug­nis und das all­ge­mei­ne Rechts­schutz­be­dürf­nis abge­spro­chen wer­den, weil die fest­ge­setz­te Steu­er schon ent­rich­tet ist und ein Auf­tei­lungs­be­scheid nicht mehr bean­tragt wer­den kann.

Was genau hin­ter die­ser Ent­schei­dung steckt, zeigt sich in der Begrün­dung der obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik. Wer­den näm­lich Steu­er­pflich­ti­ge zusam­men zur Ein­kom­men­steu­er ver­an­lagt, sind sie Gesamt­schuld­ner. Dies geht aus der gesetz­li­chen Rege­lung des § 44 Abs. 1 Satz 1 der Abga­ben­ord­nung (AO) her­vor. Schul­den meh­re­re Steu­er­pflich­ti­ge eine Steu­er als Gesamt­schuld­ner, kann gegen sie ein zusam­men­ge­fass­ter Steu­er­be­scheid erlas­sen wer­den. Ein in der Form des zusam­men­ge­fass­ten Steu­er­be­scheids ergan­ge­ner Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheid ent­hält jedoch zwei inhalt­lich und ver­fah­rens­recht­lich selbst­stän­di­ge, nur der äuße­ren Form nach zusam­men­ge­fass­te Steu­er­ver­wal­tungs­ak­te, die ein unter­schied­li­ches ver­fah­rens­recht­li­ches Schick­sal haben kön­nen. Dies haben die obers­ten Rich­ter des Bun­des­fi­nanz­hofs bereits in einer Ent­schei­dung vom 28.7.2005 unter dem Akten­zei­chen III R 48/03 her­aus­ge­ar­bei­tet, und es gilt auch all­ge­mein als voll­kom­men unstrittig.

Ver­ein­facht gesagt kann man es sich schlicht so vor­stel­len, dass man zwar nur ein Papier erhält, auf die­sem Papier befin­den sich jedoch meh­re­re Beschei­de bzw. ver­fah­rens­recht­lich kor­rekt gesagt meh­re­re Ver­wal­tungs­ak­te. Ver­fah­rens­recht­lich sind zusam­men ver­an­lag­te Ehe­gat­ten daher zwei getrenn­te Steu­er­schuld­ner. Auch dies hat bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 20.11.2013 unter dem Akten­zei­chen X R 7/11 erar­bei­tet, und es ist voll­kom­men unstrittig.

Aus der Eigen­stän­dig­keit jedes ein­zel­nen Ehe­gat­ten in ver­fah­rens­recht­li­cher Hin­sicht folgt, dass ein von dem einen Ehe­gat­ten ein­ge­leg­ter Rechts­be­helf nicht ohne wei­te­res die Wir­kung eines auch von dem ande­ren Ehe­gat­ten ein­ge­leg­ten Rechts­be­helfs hat. Auch wenn man anneh­men könn­te, dass der den Rechts­be­helf ein­le­gen­de Ehe­gat­te bereits auf­grund der gemein­sa­men, von bei­den Ehe­leu­ten unter­schrie­be­nen Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung von dem ande­ren Ehe­gat­ten wirk­sam zur Vor­nah­me aller im Besteue­rungs­ver­fah­ren erfor­der­li­chen Rechts­hand­lun­gen bevoll­mäch­tigt wor­den wäre, so ist für die wirk­sa­me Rechts­be­helfs­ein­le­gung des einen Ehe­gat­ten auch für den ande­ren erfor­der­lich, dass der das Rechts­mit­tel füh­ren­de Ehe­gat­te unmiss­ver­ständ­lich zum Aus­druck bringt, er legt den Rechts­be­helf auch für den ande­ren Ehe­gat­ten ein. So zu ent­neh­men einer Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 20.12.2006 unter dem Akten­zei­chen X R 38/05.

Auf Basis die­ser Grund­sät­ze ist bei dem vor­lie­gend ent­schie­de­nen Streit­fall die Aus­le­gung kor­rekt, wonach die Kla­ge nur im eige­nen Namen des Klä­gers nicht zugleich im Namen sei­nes Ehe­gat­ten erho­ben wurde.

Im vor­lie­gen­den Fall war es zwar sogar so, dass sowohl der Klä­ger als auch sei­ne Ehe­frau Ein­spruch gegen die Ein­kom­men­steu­er­be­schei­de für die maß­geb­li­chen Streit­jah­re ein­ge­legt haben. Dem­entspre­chend wur­den bei der Ein­spruchs­ent­schei­dung auch bei­de Ehe­leu­te als Inhalts­adres­sa­ten auf­ge­führt. Vor­lie­gend kam es nun jedoch so, dass der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te in sei­nem Schrift­satz aus­drück­lich nur im Namen des Klä­gers (vor­lie­gend des Ehe­man­nes) Kla­ge erho­ben hat. Tat­säch­lich hat er zwar in der Kla­ge­be­grün­dung auch den Namen der Ehe­frau des Klä­gers in der Betreff­zei­le genannt und auch eine von der Ehe­frau unter­schrie­be­ne Pro­zess­voll­macht bei Gericht ein­ge­reicht. Dem­ge­gen­über hat­te er jedoch auf Nach­fra­ge des Finanz­ge­rich­tes ein­wand­frei klar­ge­stellt, dass die Kla­ge von dem Klä­ger geführt wer­de, und dabei dar­auf hin­ge­wie­sen, dass in der Streit­sa­che aus­schließ­lich die Ein­künf­te des Klä­gers, nicht auch die sei­ner Ehe­frau, betrof­fen sind.

Ein gro­ßes Pro­blem die­ses Sach­ver­hal­tes war daher, dass die­se Aus­sa­ge nicht von einem steu­er­lich nicht­kun­di­gen Bür­ger getrof­fen wur­de, son­dern von dem Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Steu­er­pflich­ti­gen. Vor dem Hin­ter­grund, dass es ein Gebot der Rechts­si­cher­heit dar­stellt, Rechts­kun­di­ge, wie Ange­hö­ri­ge der steu­er­be­ra­ten­den Beru­fe (also Steu­er­be­ra­ter) oder Rechts­an­wäl­te mit ihren Ver­fah­rens­er­klä­run­gen grund­sätz­lich beim Wort zu neh­men, ist das Finanz­ge­richt des­halb voll­kom­men zu Recht davon aus­ge­gan­gen, dass die Kla­ge nicht im Namen der Ehe­frau des Klä­gers erho­ben wur­de. Inso­weit hat­te bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 14.6.2016 unter dem Akten­zei­chen IX R 11/15 wie­der­holt klar­ge­stellt, dass man bei der Aus­sa­ge eines Steu­er­be­ra­ters oder Anwalts nicht davon aus­zu­ge­hen braucht, dass die­ser sich irrt, son­dern dass die­ser viel­mehr genau das meint, was er sagt.

Im vor­lie­gen­den Sach­ver­halt konn­te auch nicht ange­nom­men wer­den, dass der Klä­ger im eige­nen Namen Kla­ge gegen die sei­ner Ehe­frau gegen­über ergan­ge­nen Steu­er­fest­set­zun­gen erho­ben hat. Für eine sol­che Pro­zess­stand­schaft, bei der der Klä­ger als Sach­ver­wal­ter die Rech­te sei­ner Ehe­frau im eige­nen Namen gel­tend machen könn­te, ist im Finanz­ge­richts­pro­zess kein Raum. Auch dies haben bereits die obers­ten Rich­ter in einer Ent­schei­dung vom 11.4.1991 unter dem Akten­zei­chen V R 86/85 her­aus­ge­ar­bei­tet, wobei der vor­lie­gend nicht ein­schlä­gi­ge Son­der­fall des § 48 Abs. 1 Num­mer 1 der Finanz­ge­richts­ord­nung (FGO) davon aus­ge­nom­men ist. Der Grund für die­se stren­ge Aus­le­gung ist, dass die Kla­ge­be­fug­nis aus­schließ­lich an die Ver­let­zung eige­ner, gesetz­lich begrün­de­ter Rech­te durch den ange­foch­te­nen Ver­wal­tungs­akt anknüpft.

Inso­weit kann als Zwi­schen­fa­zit gezo­gen wer­den, dass bei Erhe­bung der Kla­ge Vor­sicht gebo­ten ist, für wen tat­säch­lich geklagt wird!

Im vor­lie­gen­den Fall ging der Steu­er­streit jedoch noch ein wenig wei­ter. So ging das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt sogar davon aus, dass auf­grund der Bestands­kraft bei der Ehe­frau (man­gels Kla­ge­er­he­bung) auch die Kla­ge­be­fug­nis des Ehe­manns ver­wirkt sei. Dies ist jedoch voll­kom­men falsch, wie der Bun­des­fi­nanz­hof in der vor­lie­gen­den Ent­schei­dung erfreu­li­cher­wei­se darlegt.

Die hier vor­lie­gen­de Anfech­tungs­kla­ge ist näm­lich nur zuläs­sig, wenn der Klä­ger gel­tend macht, durch den Ver­wal­tungs­akt in sei­nen Rech­ten ver­letzt zu sein. Die Ver­let­zung eige­ner Rech­te muss auf der Grund­la­ge des Kla­ge­vor­brin­gens mög­lich erschei­nen. Dies ist regel­mä­ßig zu beja­hen, wenn der Klä­ger Adres­sat eines belas­ten­den Ver­wal­tungs­ak­tes ist. Etwas ande­res gilt nur dann, wenn offen­sicht­lich und nach kei­ner Betrach­tungs­wei­se sub­jek­ti­ve Rech­te des Klä­gers ver­letzt sein kön­nen, wie der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 10.10.2007 unter dem Akten­zei­chen VII R 36/06 geur­teilt hat.

Danach ist folg­lich die Kla­ge­be­fug­nis des Klä­gers gege­ben, denn die­ser hat­te gel­tend gemacht, die Ein­kom­men­steu­er sei in den Streit­jah­ren auf­grund des unzu­tref­fen­den Ansat­zes sei­ner Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen rechts­wid­rig zu hoch fest­ge­setzt wor­den, wodurch er in sei­nen Rech­ten ver­letzt wer­de. Anhalts­punk­te dafür, dass die von dem Klä­ger ange­streb­te Min­de­rung der Ein­kom­men­steu­er offen­sicht­lich und von vorn­her­ein aus­schei­det, konn­te der Bun­des­fi­nanz­hof nicht erken­nen. Die Kla­ge­be­fug­nis des Ehe­manns ent­fällt auch nicht des­halb, weil die gegen­über der Ehe­frau des Klä­gers ergan­ge­ne Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung bereits bestands­kräf­tig gewor­den ist und der Klä­ger für die hier­aus resul­tie­ren­de Ein­kom­men­steu­er gesamt­schuld­ne­risch haf­tet. Denn unge­ach­tet der Tat­sa­che, dass der Klä­ger und sei­ne Ehe­frau gemein­sam als Steu­er­pflich­ti­ge behan­delt wer­den, blei­ben sie ver­fah­rens­recht­lich unter­schied­li­che Rechts­sub­jek­te. Steu­er­schuld­ner und Adres­sat der Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung ist immer noch jeder Ehe­gat­te für sich allein. Ob eine Ver­let­zung eige­ner Rech­te im Sin­ne der Anfech­tungs­kla­ge mög­lich erscheint, beur­teilt sich daher aus­schließ­lich nach der gegen­über dem jewei­li­gen Ehe­gat­ten fest­ge­setz­ten Ein­kom­men­steu­er, bei der es sich inso­weit um einen ver­fah­rens­recht­lich selbst­stän­di­gen Steu­er­ver­wal­tungs­akt handelt.

Etwas ande­res ergibt sich auch nicht dar­aus, dass nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs die Kla­ge­be­fug­nis ent­fällt, wenn eine geän­der­te Ein­künf­te­auf­tei­lung zwi­schen zusam­men zur Ein­kom­men­steu­er ver­an­lag­ten Ehe­gat­ten kei­ne steu­er­recht­li­che Aus­wir­kung mehr haben kann, weil ein Antrag auf Auf­tei­lung der Steu­er­schuld wegen voll­stän­di­ger Til­gung der rück­stän­di­gen Steu­er nicht mehr in Betracht kommt. Denn die Zuer­ken­nung der Kla­ge­be­fug­nis beruht in einem sol­chen Fall dar­auf, dass der Ehe­gat­te bei einer Auf­tei­lung der Ein­kom­men­steu­er­schuld allein durch die feh­ler­haf­te Zurech­nung der Ein­künf­te beschwert sein kann, auch wenn sich dadurch die Höhe der fest­ge­setz­ten Gesamt­steu­er­schuld nicht ändert. Dem­entspre­chend kommt es zum Weg­fall der Beschwer, wenn eine Auf­tei­lung der Ein­kom­men­steu­er­schuld nicht mehr zuläs­sig ist, weil dann nicht mehr die Mög­lich­keit besteht, auf­grund der Fest­set­zung der Ein­kom­men­steu­er­schuld einen irgend­wie denk­ba­ren Nach­teil zu erlei­den. Aus die­ser Tat­sa­che kann jedoch nicht abge­lei­tet wer­den, dass die Kla­ge­be­fug­nis des allein gegen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid kla­gen­den Ehe­gat­ten auch dann fehlt, wenn er eine Ver­min­de­rung der ihm gegen­über fest­ge­setz­ten Ein­kom­men­steu­er begehrt und dies damit begrün­det, dass sei­ne eige­nen Ein­künf­te zu hoch ange­setzt wor­den seien.

Zu guter Letzt führt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung noch aus, dass vor­lie­gend auch ein Rechts­schutz­be­dürf­nis gege­ben war.

Alles in allem zeig­te die Ent­schei­dung, dass die klei­nen For­ma­li­en bei Erhe­bung eines Rechts­be­hel­fes häu­fig extrem wich­tig sind, damit die­ser (wie vor­lie­gend im Fall der Ehe­frau) nicht an Klei­nig­kei­ten scheitert.

nach oben

3. Für alle Steuerpflichtigen: Wie sieht es nun mit der Steuerermäßigung für Handwerkerleistung bei statischen Berechnungen aus?

Sei­ner­zeit hat­te das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg in sei­ner Ent­schei­dung vom 4.7.2019 unter dem Akten­zei­chen 1 K 1384/19 geur­teilt, dass gut­ach­ter­li­che Tätig­kei­ten, wie zum Bei­spiel Tätig­kei­ten, die der Wert­ermitt­lung die­nen, die Erstel­lung eines Ener­gie­pas­ses oder Tätig­kei­ten im Zusam­men­hang mit einer Finan­zie­rung, grund­sätz­lich kei­ne Hand­wer­k­erleis­tun­gen dar­stel­len, für die man eine Steu­er­ermä­ßi­gung im Sin­ne des § 35a Abs. 3 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) erhal­ten kann.

Davon abgren­zend stell­ten die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter jedoch auch ent­ge­gen ande­ren erst­in­stanz­li­chen Kol­le­gen klar: Sol­len schad­haf­te Holz­pfos­ten, die das Dach des zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutz­ten Hau­ses stüt­zen, durch Stahl­stüt­zen ersetzt wer­den und ver­langt die beauf­trag­te Fir­ma eine sta­ti­sche Berech­nung der ein­zu­set­zen­den Stahl­pfos­ten, so gehö­ren die Auf­wen­dun­gen für die von einer ande­ren Fir­ma erstell­ten sta­ti­schen Berech­nun­gen zu den Hand­wer­k­erleis­tun­gen für den Aus­tausch der Dach­stüt­zen. Die Tat­sa­che, dass die mit dem Aus­tausch der Stüt­zen beauf­trag­te Fir­ma die sta­ti­schen Berech­nun­gen nicht selbst aus­füh­ren woll­te oder konn­te, spricht nicht gegen das Vor­lie­gen einer aus Aus­tausch der Stüt­zen und sta­ti­scher Berech­nung bestehen­den ein­heit­li­chen Hand­wer­k­erleis­tung. Wie ein­gangs schon gesagt, haben sich die Rich­ter des Finanz­ge­richts Baden-Würt­tem­berg damit auch gegen ihre erst­in­stanz­li­chen Kol­le­gen gestellt. So bei­spiels­wei­se gegen eine Ent­schei­dung des Säch­si­schen Finanz­ge­richts vom 8.11.2016 unter dem Akten­zei­chen 3 K 218/16 sowie gegen ein Urteil des Finanz­ge­rich­tes Ber­lin-Bran­den­burg vom 25.10.2015 unter dem Akten­zei­chen 3 K 3130/17.

Tat­säch­lich gehen jedoch die Rich­ter des Finanz­ge­richts Baden-Würt­tem­berg noch einen Schritt wei­ter. So war eben­falls sei­ner­zeit schon ihrem Leit­satz zu ent­neh­men: Wird ein Vor­ort-Ter­min zur Besich­ti­gung des Daches durch­ge­führt, so gel­ten die sta­ti­schen Berech­nun­gen als „im Haus­halt“ des Steu­er­pflich­ti­gen im Sin­ne der Rege­lung für die Steu­er­ermä­ßi­gung durch­ge­führt. Auch dies ist expli­zit ein Wider­spruch zu der oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung des Säch­si­schen Finanz­ge­richts vom 8.11.2016. Nach Auf­fas­sung der Rich­ter aus Baden-Würt­tem­berg ist jedoch eine Auf­spal­tung danach, an wel­chem Ort wel­cher Teil der Hand­wer­k­erleis­tung erbracht wur­de, sehr geküns­telt. Der Geset­zes­zweck wür­de danach kon­ter­ka­riert, wenn man eine Hand­wer­k­erleis­tung danach auf­spal­tet, wo die Tei­le der Arbeits­leis­tung erbracht wur­den, soweit sie letzt­lich der Woh­nung des Steu­er­pflich­ti­gen zugu­te­kom­men. Auch mit die­ser Auf­fas­sung stell­ten sich die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter aus Baden-Würt­tem­berg gegen ihre erst­in­stanz­li­chen Kol­le­gen. Ganz anders hat­ten näm­lich in die­ser Fra­ge das Finanz­ge­richt Sach­sen-Anhalt in einer Ent­schei­dung vom 26.2.2018 unter dem Akten­zei­chen 1 K 1200/17 sowie das Finanz­ge­richt Mün­chen in einer deut­lich älte­ren Ent­schei­dung vom 24 10.2011 unter dem Akten­zei­chen 7 K 2544/09 entschieden.

Da inso­weit die Ent­schei­dung der Rich­ter aus Baden-Würt­tem­berg durch­aus schon umstrit­ten war, war es nicht ver­wun­der­lich, dass sei­ner­zeit die Finanz­ver­wal­tung die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof ein­ge­legt hat. Die­se ist mitt­ler­wei­le ent­schie­den. Kon­kret füh­ren die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik dar­in wie folgt aus:

Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermä­ßigt sich auf Antrag die tarif­li­che Ein­kom­men­steu­er für die Inan­spruch­nah­me von Hand­wer­k­erleis­tun­gen für Renovierungs‑, Erhal­tungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nah­men um 20% der Auf­wen­dun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen, höchs­tens jedoch um 1.200 Euro. Die­se Ermä­ßi­gung gilt dabei nur für den Arbeitslohn.

Hand­wer­k­erleis­tun­gen sind ein­fa­che und auch qua­li­fi­zier­te hand­werk­li­che Tätig­kei­ten, unab­hän­gig davon, ob es sich um regel­mä­ßig vor­zu­neh­men­de Reno­vie­rungs­ar­bei­ten oder um Erhal­tungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nah­men han­delt. Dies hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof bereits in einer Ent­schei­dung vom 21.2.2018 unter dem Akten­zei­chen VI R 18/16 defi­niert. Begüns­tigt wer­den inso­weit hand­werk­li­che Tätig­kei­ten, die von Mie­tern und Eigen­tü­mern für die zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutz­te Woh­nung in Auf­trag gege­ben werden.

Bei Anwen­dung die­ser grund­sätz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen kommt nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs eine Steu­er­ermä­ßi­gung für die vor­lie­gen­den sta­ti­schen Berech­nun­gen nicht in Betracht. Der Grund: Ein Trag­werks­pla­ner, also ein soge­nann­ter Sta­ti­ker, ist grund­sätz­lich nicht hand­werk­lich tätig, son­dern erbringt Leis­tun­gen im Bereich der Pla­nung und rech­ne­ri­schen Über­prü­fung von Bau­wer­ken sowie der Beur­tei­lung der bau­li­chen Gesamt­si­tua­ti­on. Dies geht bei­spiels­wei­se aus einer Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts Köln mit Beschluss vom 31.5.2011 unter dem Akten­zei­chen I‑24 U 164/10 hervor.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Vor­in­stanz in Form des Finanz­ge­rich­tes Baden-Würt­tem­bergs stel­len die sta­ti­schen Berech­nun­gen auch nicht des­halb eine Hand­wer­k­erleis­tung dar, weil die­se für den Aus­tausch von schad­haf­ten Pfos­ten uner­läss­lich waren, wobei der Aus­tausch unstrei­tig eine Hand­wer­k­erleis­tung dar­stellt. Die vom Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg ange­nom­me­ne sach­li­che Ver­zah­nung der Leis­tun­gen des Sta­ti­kers mit den Hand­wer­k­erleis­tun­gen mag zwar in den Augen des Bun­des­fi­nanz­hofs in der Sache zutref­fen, führt aber im Wei­te­ren nicht dazu, dass die Leis­tung des Sta­ti­kers als antei­li­ge Hand­wer­k­erleis­tun­gen im Sin­ne des § 35a EStG anzu­se­hen sind.

Viel­mehr sind bei­de Leis­tun­gen nach wie vor jeweils getrennt zu betrach­ten und hin­sicht­lich ihrer Eigen­schaft als Hand­wer­k­erleis­tung eigen­stän­dig zu beur­tei­len. Die­se Betrach­tungs­wei­se ent­spricht im Übri­gen auch dem Rechts­ge­dan­ken der Urtei­le des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 13.5.2020 unter dem Akten­zei­chen VI R 4/18 sowie der Ent­schei­dung unter dem Akten­zei­chen VI R 7/18. Danach ist für eine von einem Unter­neh­mer erbrach­te Hand­wer­k­erleis­tung, die teil­wei­se in der Werk­statt des Hand­wer­kers an einem Gegen­stand des Haus­halts erbracht wird, nur inso­weit die Steu­er­ermä­ßi­gung nach § 35a EStG zu gewäh­ren, als die Leis­tung tat­säch­lich einen unmit­tel­ba­ren räum­li­chen Zusam­men­hang mit dem Haus­halt auf­weist, für den sie erbracht wird. Ist schon eine von einem Unter­neh­mer erbrach­te Leis­tung hin­sicht­lich der Erfül­lung der Tat­be­stands­merk­ma­le des § 35a EStG gege­be­nen­falls auf­zu­tei­len, so sind erst recht zwei getrenn­te und von unter­schied­li­chen Unter­neh­mern erbrach­te Leis­tung jeweils für sich dar­auf­hin zu über­prü­fen, ob die Vor­aus­set­zun­gen einer Steu­er­ermä­ßi­gung vorliegen.

Die­se Beur­tei­lung steht auch dem Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 6.11.2014 unter dem Akten­zei­chen VI R 1/13 nicht ent­ge­gen. Dort hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schie­den, dass die Erhe­bung des unter Umstän­den noch man­gel­frei­en Ist-Zustan­des, bei­spiels­wei­se die Über­prü­fung der Funk­ti­ons­fä­hig­keit einer Anla­ge durch einen Hand­wer­ker, eben­so eine Hand­wer­k­erleis­tung sein kann wie die Besei­ti­gung eines bereits ein­ge­tre­te­nen Scha­dens oder eine vor­beu­gen­de Maß­nah­men zur Scha­dens­ab­wehr. Im Streit­fall unter­hält der Sta­ti­ker jedoch weder ein Hand­werks­be­trieb noch liegt eine hand­werk­li­che Leis­tung vor. Der Zusam­men­hang mit der Hand­wer­k­erleis­tung reicht inso­weit schlicht nicht aus, die sta­ti­sche Berech­nung als Hand­wer­k­erleis­tung einzustufen.

Vor die­sem Hin­ter­grund kom­men die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik in ihrer Ent­schei­dung vom 4.11.2021 unter dem Akten­zei­chen VI R 29/19 zu dem Schluss, dass für die Leis­tung eines Sta­ti­kers, die in der sta­ti­schen Berech­nung besteht, die Steu­er­ermä­ßi­gung nach § 35a EStG auch dann nicht gewährt wer­den kann, wenn sie für die Durch­füh­rung einer Hand­wer­k­erleis­tung unbe­dingt erfor­der­lich war.

nach oben

4. Für alle Steuerpflichtigen: Ist die Abgeltungssteuer verfassungswidrig?

Auch wenn sich die Über­schrift anhört, als wäre sie kaum zu glau­ben, so ist die Fra­ge durch­aus Rea­li­tät und ernst gemeint. Der sieb­te Senat des Nie­der­säch­si­schen Finanz­ge­rich­tes ist näm­lich aus­weis­lich sei­nes Vor­la­ge­be­schlus­ses vom 18.3.2022 unter dem Akten­zei­chen 7 K 120/21 davon über­zeugt, dass die Abgel­tungs­steu­er gegen das Grund­ge­setz ver­stößt. Kon­kret sehen die Rich­ter einen Ver­stoß gegen die in Art. 3 Abs. 1 des Grund­ge­set­zes (GG) ver­an­ker­te Vor­ga­be der Gleich­be­hand­lung aller Ein­kunfts­ar­ten und einer gleich­mä­ßi­gen Besteue­rung nach der indi­vi­du­el­len Leistungsfähigkeit.

Zur Begrün­dung füh­ren die Rich­ter daher wei­ter­ge­hend an, dass die Abgel­tungs­steu­er zu einer Ungleich­be­hand­lung zwi­schen Bezie­hern pri­va­ter Kapi­tal­ein­künf­te gemäß § 20 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) und den übri­gen Steu­er­pflich­ti­gen mit ander­wei­ti­gen Ein­künf­ten führt. Wäh­rend die Bezie­her von Kapi­tal­ein­künf­ten aus­weis­lich der Rege­lung in § 32d Abs. 1 EStG in Ver­bin­dung mit § 43 Abs. 5 EStG mit einem Son­der­steu­er­satz von 25% (Abgel­tungs­steu­er) abgel­tend belas­tet wer­den, unter­lie­gen die übri­gen Steu­er­pflich­ti­gen gemäß der Rege­lung in § 32a EStG einem Steu­er­satz von bis zu 45% (in der soge­nann­ten Reichensteuer).

Die in den Geset­zes­ma­te­ria­li­en genann­ten Recht­fer­ti­gungs­grün­de genü­gen nach Ansicht der nie­der­säch­si­schen Finanz­rich­ter den ver­fas­sungs­recht­li­chen Anfor­de­run­gen nicht. Wei­te­re Recht­fer­ti­gungs­grün­de sind für die Erst­in­stanz­li­chen auch nicht ersichtlich.

Ins­be­son­de­re ist nach Mei­nung des erken­nen­den Senats des Finanz­ge­rich­tes Nie­der­sach­sen die Abgel­tungs­steu­er nicht zur Ver­wirk­li­chung eines effek­ti­ven Steu­er­voll­zugs oder zur Besei­ti­gung eines etwai­gen struk­tu­rel­len Voll­zugs­de­fi­zits geeig­net. Unab­hän­gig von der Fra­ge der grund­sätz­li­chen Geeig­net­heit der Rege­lung ist die Erfor­der­lich­keit zwi­schen­zeit­lich ent­fal­len, da sich seit dem Inkraft­tre­ten der Abgel­tungs­steu­er die Mög­lich­keit der Finanz­ver­wal­tung, im Aus­land befind­li­ches Ver­mö­gen zu ermit­teln, stark ver­bes­sert hat.

Wei­ter­hin argu­men­tie­ren die Rich­ter des Nie­der­säch­si­schen Finanz­ge­richts: Die Abgel­tungs­steu­er ist auch nicht zur Stand­ort­för­de­rung des deut­schen Finanz­plat­zes geeig­net und führt eben­so nicht zu einer wesent­li­chen Ver­ein­fa­chung im Besteue­rungs­ver­fah­ren. Inso­weit erge­ben sich nach Mei­nung der erst­in­stanz­li­chen Rich­ter kei­ner­lei Recht­fer­ti­gungs­grün­de für die gleich­heits­wid­ri­ge Besteue­rung bei den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen. Die Schluss­fol­ge­rung lau­tet daher, dass die Abgel­tungs­steu­er nicht im Ein­klang mit dem Grund­ge­setzt steht und folg­lich ver­fas­sungs­wid­rig ist. 

Daher wird nun eine Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes dar­über ein­ge­holt, ob die ein­kom­men­steu­er­li­che Rege­lung in § 32d Abs. 1 EStG in Ver­bin­dung mit § 43 Abs. 5 EStG (kurz die Rege­lung zur Abgel­tungs­steu­er) in den in den Jah­ren 2013, 2015 und 2016 gel­ten­den Fas­sun­gen inso­weit mit Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar sind, als dass sie für Ein­künf­te aus pri­va­ten Kapi­tal­erträ­gen einen Son­der­steu­er­satz in Höhe von (ledig­lich) 25% mit abgel­ten­der Wir­kung vorsehen.

Hin­weis:

Mitt­ler­wei­le ist der Vor­la­ge­be­schluss an das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt dort ange­kom­men und wird unter dem Akten­zei­chen 2 BvL 6/22 geführt. Mit Sicher­heit wer­den wir wie­der über die­ses Nor­men­kon­troll­ver­fah­ren berichten.

nach oben

5. Für Kapitalanleger: Was sind nachstehende Personen bei Personengesellschaften?

War­um die Fra­ge der Über­schrift wich­tig wird, ergibt sich unmit­tel­bar aus dem Ein­kom­men­steu­er­ge­setz. Gemäß der Rege­lung in § 32b Abs. 2 Num­mer 1 Buch­sta­be a des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) gilt der geson­der­te Steu­er­ta­rif des § 32b Abs. 1 EStG (gemeint ist die Abgel­tungs­steu­er in Höhe von 25%) unter ande­rem nicht für bestimm­te Kapi­tal­ein­künf­te, wenn Gläu­bi­ger und Schuld­ner der Kapi­tal­erträ­ge ein­an­der nahe­ste­hen­de Per­so­nen sind. Wei­ter greift die Abgel­tungs­steu­er nicht, soweit die den Kapi­tal­erträ­gen ent­spre­chen­den Auf­wen­dun­gen beim Schuld­ner Betriebs­aus­ga­ben oder Wer­bungs­kos­ten im Zusam­men­hang mit Ein­künf­ten sind, die der inlän­di­schen Besteue­rung unterliegen.

Das Pro­blem an der Rege­lung: Bei dem Begriff der nahe­ste­hen­den Per­so­nen han­delt es sich um einen unbe­stimm­ten Rechts­be­griff, der norm­spe­zi­fisch für die Zwe­cke der vor­lie­gen­den Rege­lung aus­zu­le­gen ist. So bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer frü­he­ren Ent­schei­dung vom 29.4.2014 unter dem Akten­zei­chen VIII R 9/13.

Im Ergeb­nis kön­nen unter den Begriff der nahe­ste­hen­den Per­so­nen alle natür­li­chen und juris­ti­schen Per­so­nen fal­len, die zuein­an­der in enger Bezie­hung ste­hen. Eine sol­che enge Bezie­hung hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung im Ver­hält­nis natür­li­cher Per­so­nen zuein­an­der bejaht, wenn die nahe­ste­hen­de Per­son auf den Steu­er­pflich­ti­gen einen beherr­schen­den Ein­fluss aus­üben oder umge­kehrt der Steu­er­pflich­ti­ge auf die­se Per­son einen beherr­schen­den Ein­fluss aus­üben oder eine drit­te Per­son auf bei­de einen beherr­schen­den Ein­fluss aus­üben kann oder die Per­son oder der Steu­er­pflich­ti­ge imstan­de ist, bei der Ver­ein­ba­rung der Bedin­gung einer Geschäfts­be­zie­hung auf den Steu­er­pflich­ti­gen oder die nahe­ste­hen­de Per­son ein außer­halb die­ser Geschäfts­be­zie­hung begrün­de­ten Ein­fluss aus­zu­üben oder wenn einer von ihnen ein eige­nes wirt­schaft­li­ches Inter­es­se an der Erzie­lung der Ein­künf­te des ande­ren hat. Die­ser ewig lan­ge Schach­tel­satz ist so der Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 20.10.2016 unter dem Akten­zei­chen VIII R 27/15 zu ent­neh­men und bedeu­tet unter dem Strich nichts ande­res, als dass ein irgend­wie gear­te­tes Beherr­schungs­ver­hält­nis gege­ben sein muss.

Das Beherr­schungs­ver­hält­nis muss dabei so beschaf­fen sein, dass der beherrsch­ten Per­son auf­grund eines abso­lu­ten Abhän­gig­keits­ver­hält­nis­ses für den Abschluss des Dar­le­hens im Wesent­li­chen kein eige­ner Ent­schei­dungs­spiel­raum ver­bleibt. Ein ledig­lich aus der Fami­li­en­an­ge­hö­rig­keit abge­lei­te­tes per­sön­li­ches Nähe­ver­hält­nis ist nicht aus­rei­chend, um ein ent­spre­chen­des Nähe­ver­hält­nis für die vor­lie­gen­de Rege­lung zu begrün­den. So auch bereits der BFH in einer Ent­schei­dung vom 29.4.2014 unter dem Akten­zei­chen VIII R 44/13.

Bei einer Per­so­nen­ge­sell­schaft kann ein Gesell­schaf­ter einen beherr­schen­den Ein­fluss auf­grund sei­ner Betei­li­gung grund­sätz­lich nur dann aus­üben, wenn für Gesell­schaf­ter­be­schlüs­se ein Stimm­rechts­ver­hält­nis ver­ein­bart ist, dass es dem betref­fen­den Gesell­schaf­ter ermög­licht, sei­ne Mit­ge­sell­schaf­ter zu über­stim­men. Geklärt wur­de dies in einer Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 11.12.1990 unter dem Akten­zei­chen VIII R 14/87. Die Beherr­schung einer Per­so­nen­ge­sell­schaft durch einen ihrer Gesell­schaf­ter setzt daher grund­sätz­lich vor­aus, dass die­se eine Betei­li­gung an der Per­so­nen­ge­sell­schaft inne­hat, die es ihm ermög­licht, sei­nen Wil­len in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung der Per­so­nen­ge­sell­schaft durch­zu­set­zen. Die Beherr­schung der Per­so­nen­ge­sell­schaft braucht dabei nicht auf einer unmit­tel­ba­ren Betei­li­gung zu beru­hen. Sie kann auch mit­tel­bar über eine Betei­li­gungs­ge­sell­schaft aus­ge­übt wer­den, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof mit Ent­schei­dung vom 27.8.1992 unter dem Akten­zei­chen IV R 13/91 her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

In beson­ders gela­ger­ten Aus­nah­me­fäl­len kann der Gesell­schaf­ter trotz feh­len­der recht­li­cher Mög­lich­keit zur Durch­set­zung des eige­nen Wil­lens die Gesell­schaft fak­tisch beherr­schen. Eine sol­che fak­ti­sche Beherr­schung liegt ins­be­son­de­re dann vor, wenn auf die Gesell­schaf­ter, deren Stim­men zur Errei­chung der im Ein­zel­fall erfor­der­li­chen Stim­men­mehr­heit feh­len, aus wirt­schaft­li­chen oder ande­ren Grün­den Druck dahin­ge­hend aus­ge­übt wer­den kann, dass sie sich dem Wil­len der beherr­schen­den Per­son unter­ord­nen. Dass sol­che durch­aus beson­de­ren Umstän­de vor­lie­gen, muss jedoch im Ein­zel­fall fest­ge­stellt wer­den. Die objek­ti­ve Fest­stel­lungs­last hat dabei der­je­ni­ge zu tra­gen, der dar­aus güns­ti­ge Rechts­fol­gen für sich ableitet.

Der Bun­des­fi­nanz­hof fasst in sei­ner Ent­schei­dung vom 28.9.2021 unter dem Akten­zei­chen VIII R 12/19 daher wie folgt zusam­men: Ein Nähe­ver­hält­nis im Sin­ne der gesetz­li­chen Rege­lung des § 32d Abs. 2 Num­mer 1 Buch­sta­be a EStG des Gläu­bi­gers der Kapi­tal­erträ­ge zu einer Per­so­nen­ge­sell­schaft ist zu beja­hen, wenn der Gläu­bi­ger eine Betei­li­gung inne­hat, die es ihm ermög­licht, sei­nen Wil­len in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung der Per­so­nen­ge­sell­schaft durch­zu­set­zen. Das glei­che gilt, wenn die Antei­le an der Per­so­nen­ge­sell­schaft zwar von einer rechts­fä­hi­gen Stif­tung gehal­ten wer­den, der Gläu­bi­ger jedoch auf­grund sei­ner beherr­schen­den Stel­lung in der Stif­tung mit­tel­bar in der Lage ist, sei­nen Wil­len in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung der Per­so­nen­ge­sell­schaft durchzusetzen.

Hin­weis:

Auch wenn sich der Leit­satz des Bun­des­fi­nanz­hofs so anhört, als hät­ten vor­lie­gend die kla­gen­den Steu­er­pflich­ti­gen ver­lo­ren, ist dem nicht so. Tat­säch­lich hat­te vor­lie­gend das Finanz­amt ein Nähe­ver­hält­nis ange­nom­men, obwohl die Klä­ger die Per­so­nen­ge­sell­schaft nicht kon­trol­lie­ren konn­ten. In der Pra­xis muss daher vie­ler­orts, ins­be­son­de­re bei ver­schach­tel­ten Ver­hält­nis­sen, ganz genau hin­ge­schaut werden.

nach oben

6. Für Arbeitnehmer: Preisgelder im Zusammenhang mit der Arbeitnehmertätigkeit sind steuerpflichtig!

Mit Ent­schei­dung vom 16.3.2022 hat das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter unter dem Akten­zei­chen 13 K 1398/20 E klar­ge­stellt, dass ein For­schungs­preis­geld, wel­ches im vor­lie­gen­den Fall ein Hoch­schul­pro­fes­sor für bestimm­te wis­sen­schaft­li­che Leis­tun­gen in sei­nem For­schungs­be­reich erhal­ten hat, als steu­er­pflich­ti­ger Arbeits­lohn ange­se­hen wer­den muss.

Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis im Fol­gen­den daher kurz zum Sach­ver­halt der Ent­schei­dung: Der kla­gen­de Pro­fes­sor ver­öf­fent­lich­te im Rah­men eines Habi­li­ta­ti­ons­vor­ha­bens in den Jah­ren 2006 bis 2016 ins­ge­samt acht Publi­ka­tio­nen zu sei­nem For­schungs­feld. Auf­grund die­ser Arbei­ten und einer Pro­be­vor­le­sung erkann­te eine Uni­ver­si­tät dem Hoch­schul­pro­fes­sor im Jahr 2016 die Habi­li­ta­ti­on zu. Bereits im Jahr 2014 wur­de er zum Pro­fes­sor an einer ande­ren Hoch­schu­le beru­fen, wobei eine Habi­li­ta­ti­on dort kei­ne Vor­aus­set­zung für die Beru­fung als Pro­fes­sor war. Für sei­ne Habi­li­ta­ti­on erhielt der Klä­ger im Streit­jahr 2018 einen mit einem Geld­be­trag dotier­ten For­schungs­preis. Im Rah­men der Ver­an­la­gung zur Ein­kom­men­steu­er 2018 ord­ne­te das Finanz­amt den For­schungs­preis den Ein­künf­ten des Klä­gers aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit zu.

Exakt hier­ge­gen wehr­te sich der Hoch­schul­pro­fes­sor und wand­te ein, dass der Erhalt des For­schungs­prei­ses nicht an sein Dienst­ver­hält­nis gekop­pelt gewe­sen sei und sich auch nicht als Gegen­leis­tung für sei­ne Arbeit als Pro­fes­sor dar­stell­te da die Erlan­gung des For­schungs­prei­ses nichts mit sei­nen Dienst­auf­ga­ben zu tun habe. Inso­weit kön­ne auch kein Zusam­men­hang mit den erziel­ten Ein­künf­ten aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit gege­ben sein.

Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter sah dies mit der oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung jedoch anders und hat die Kla­ge des Pro­fes­sors abge­wie­sen. Zur Begrün­dung führ­ten die Rich­ter wie folgt aus: Der For­schungs­preis ist bei den Ein­künf­ten des Klä­gers aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit sehr wohl zu erfas­sen. Der vor­lie­gend erhal­te­ne For­schungs­preis führt sehr wohl zu Erwerbs­ein­nah­men und damit zu Arbeits­lohn, wenn die Zuwen­dung wirt­schaft­lich den Cha­rak­ter eines leis­tungs­be­zo­ge­nen Ent­gelts hat.

Als pri­vat ver­an­lasst sind dage­gen ledig­lich Prei­se zu beur­tei­len, die für das Lebens­werk, die Per­sön­lich­keit oder das Gesamt­schaf­fen ver­lie­hen wer­den. Im vor­lie­gen­den Streit­fall erkann­ten die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter jedoch, dass das Preis­geld im wei­tes­ten Sin­ne als Gegen­leis­tung für die indi­vi­du­el­le Arbeits­kraft des Klä­gers als Pro­fes­sor bei der Hoch­schu­le anzu­se­hen ist, da die For­schun­gen und die Publi­ka­tio­nen von For­schungs­er­geb­nis­sen zu den Dienst­auf­ga­ben als Hoch­schul­leh­rer gehö­ren. Damit besteht für das erst­in­stanz­li­che Gericht ein unmit­tel­ba­rer Zusam­men­hang zwi­schen der Habi­li­ta­ti­on des Klä­gers als wis­sen­schaft­li­cher For­schungs­leis­tung und des­sen Dienstverhältnis.

Aus­drück­lich erwäh­nen die Rich­ter des Finanz­ge­richts Müns­ter dabei, dass die­ser Ein­schät­zung nicht ent­ge­gen­steht, dass der Klä­ger bereits im Jahr 2014, zeit­gleich mit der Zuer­ken­nung der Habi­li­ta­ti­on, als Pro­fes­sor an die Hoch­schu­le beru­fen wor­den ist und die Habi­li­ta­ti­on kei­ne Vor­aus­set­zung für die­se Beru­fung gewe­sen ist.

Hin­weis:

Auch wenn es vor­lie­gend um einen Hoch­schul­pro­fes­sor ging, so ist der Kern der Streit­fra­ge natür­lich auch auf alle ande­ren Arbeit­neh­mer über­trag­bar, die in einem irgend­wie gear­te­ten Zusam­men­hang mit ihrem Dienst­ver­hält­nis ein Preis­geld erhal­ten. Inso­weit ist Vor­sicht geboten.

Tipp:

Der vor­lie­gend kla­gen­de Pro­fes­sor hat sich mit der Ent­schei­dung der erst­in­stanz­li­chen Müns­te­ra­ner nicht zufrie­den gege­ben und hat Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein­ge­legt. Die­se ist dort unter dem Akten­zei­chen VI R 12/22 anhängig.

Eben­so betrof­fe­ne Arbeit­neh­mer soll­ten sich daher auf das Mus­ter­ver­fah­ren beim Bun­des­fi­nanz­hof bezie­hen und gegen die eige­ne Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung und die Besteue­rung des Preis­gel­des Ein­spruch ein­le­gen. Auf­grund der dann zu gewäh­ren­den Ver­fah­rens­ru­he kann abge­war­tet wer­den, bis die obers­ten Rich­ter des Bun­des­fi­nanz­hofs die Streit­fra­ge klären.

nach oben

7. Für Immobilienbesitzer: Kann auch ein Gartenhaus steuerfrei im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäftes verkauft werden?

Mit Ent­schei­dung vom 26.10.2021 hat der Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen unter dem Akten­zei­chen IX R 5/21 eine erfreu­li­che Ent­schei­dung getrof­fen. Danach gilt: Eine die Steu­er­bar­keit des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns aus­schlie­ßen­de Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken im Sin­ne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 Satz 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) liegt auch dann vor, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge ein Grund­stück, das mit einem Gar­ten­haus bebaut ist, wel­ches nach sei­ner Beschaf­fen­heit dazu bestimmt und geeig­net ist, Men­schen auf Dau­er Auf­ent­halt und Unter­kunft zu gewäh­ren, bau­rechts­wid­rig (also uner­laub­ter­wei­se) dau­er­haft bewohnt.

Aus­weis­lich der Vor­schrift in § 23 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 Satz 1 EStG sind pri­va­te Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te sol­che bei Grund­stü­cken und Rech­ten, die den Vor­schrif­ten des bür­ger­li­chen Rechts über Grund­stü­cke unter­lie­gen, bei denen der Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung nicht mehr als zehn Jah­re beträgt. Aus­ge­nom­men sind Wirt­schafts­gü­ter, die im Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung und Fer­tig­stel­lung und Ver­äu­ße­rung aus­schließ­lich zu eige­nen Wohn­zwe­cken (ers­te Alter­na­ti­ve) oder im Jahr der Ver­äu­ße­rung und in den bei­den vor­an­ge­gan­ge­nen Jah­ren zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt wur­den (zwei­ter Alternative).

Das Merk­mal „Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken“ setzt dabei unter ande­rem vor­aus, dass eine Immo­bi­lie zum Bewoh­nen dau­er­haft geeig­net ist. Hin­ge­gen erfor­dert die Steu­er­frei­stel­lung nicht, wie es noch die Vor­in­stanz ange­nom­men hat, dass das genutz­te Wirt­schafts­gut auch recht­lich dazu bestimmt und geeig­net sein muss, Men­schen auf Dau­er Unter­kunft und Auf­ent­halt zu ermög­li­chen. Inso­weit ist die Vor­in­stanz von fal­schen Rechts­grund­sät­zen aus­ge­gan­gen und ihre Ent­schei­dung kann kei­nen Bestand haben, wie die obers­ten Rich­ter deut­lich darlegen.

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs setzt das Tat­be­stands­merk­mal „Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken“ in bei­den Befrei­ungs­al­ter­na­ti­ven vor­aus, dass eine Immo­bi­lie zum Bewoh­nen dau­er­haft geeig­net ist und vom Steu­er­pflich­ti­gen auch tat­säch­lich bewohnt wird. Der Steu­er­pflich­ti­ge muss das Gebäu­de zumin­dest auch selbst nut­zen. Unschäd­lich ist, wenn er es gemein­sam mit sei­nen Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen oder einem Drit­ten bewohnt, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 18.1.2006 unter dem Akten­zei­chen IX R 18/03 her­aus­ge­ar­bei­tet hat. Eine Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken liegt hin­ge­gen nicht vor, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge die Woh­nung ent­gelt­lich oder unent­gelt­lich an einen Drit­ten über­lässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Ein Gebäu­de wird auch dann zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt, wenn es der Steu­er­pflich­ti­ge nur zeit­wei­lig bewohnt, sofern es ihm in der übri­gen Zeit als Woh­nung zur Ver­fü­gung steht. Denn eine Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken setzt weder die Nut­zung als Haupt­woh­nung vor­aus, noch muss sich dort der Schwer­punkt der per­sön­li­chen und fami­liä­ren Lebens­ver­hält­nis­se befin­den. Ein Steu­er­pflich­ti­ger kann des­halb meh­re­re Gebäu­de gleich­zei­tig zu eige­nen Wohn­zwe­cken nut­zen. Erfasst sind folg­lich auch Zweit­woh­nun­gen, nicht zur Ver­mie­tung bestimm­te Feri­en­woh­nun­gen und Woh­nun­gen, die im Rah­men einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung genutzt wer­den. Ist deren Nut­zung auf Dau­er ange­legt, kommt es nicht dar­auf an, ob der Steu­er­pflich­ti­ge noch eine oder meh­re­re wei­te­re Woh­nun­gen hat und wie oft er sich dar­in aufhält.

In den bis­he­ri­gen Ent­schei­dun­gen des Bun­des­fi­nanz­hofs zu den Befrei­ungs­vor­schrif­ten ist das Merk­mal der „dau­er­haf­ten Eig­nung zum Bewoh­nen“ rein tat­säch­lich ver­stan­den wor­den. Ob auch Objek­te, die bau­recht­lich nicht dau­er­haft bewohnt wer­den dür­fen, unter die Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrif­ten fal­len, hat der Bun­des­fi­nanz­hof bis­lang noch nicht ent­schie­den. Die in der Recht­spre­chung behan­del­ten Fall­kon­stel­la­tio­nen betra­fen stets recht­lich zuläs­si­ge Nut­zun­gen, bei denen allein die tat­säch­li­che Woh­nungs­nut­zung infra­ge stand. Inso­fern besteht ein Unter­schied zur höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung zur Steu­er­be­güns­ti­gung der zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutz­ten Woh­nung im eige­nen Haus nach der dama­li­gen Vor­schrift des § 10e EStG. Dort hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof die För­der­fä­hig­keit ver­neint, wenn eine Feri­en- oder Wochen­end­woh­nung recht­lich oder tat­säch­lich nicht zum dau­ern­den Bewoh­nen geeig­net war. So die dama­li­ge Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 28.3.1990 unter dem Akten­zei­chen X R 160/88.

Den­noch kann nach Auf­fas­sung der obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik auch eine bau­rechts­wid­ri­ge Nut­zung eine „Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken“ im Sin­ne der Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrif­ten zum pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft sein.

Maß­ge­bend für die Inter­pre­ta­ti­on eines Geset­zes ist der in ihm zum Aus­druck kom­men­de objek­ti­vier­te Wil­le des Gesetz­ge­bers. Der Fest­stel­lung des zum Aus­druck gekom­me­nen objek­ti­vier­ten Wil­lens des Gesetz­ge­bers die­nen die Aus­le­gun­gen aus dem Wort­laut der Norm (gram­ma­ti­ka­li­sche Aus­le­gung), aus dem Zusam­men­hang (sys­te­ma­ti­sche Aus­le­gung) aus ihrem Zweck (teleo­lo­gi­sche Aus­le­gung) sowie aus den Geset­zes­ma­te­ria­li­en und der Ent­ste­hungs­ge­schich­te (his­to­ri­sche Aus­le­gung). Zur Erfas­sung des Inhalts einer Norm darf sich der Rich­ter die­ser ver­schie­de­nen Aus­le­gungs­me­tho­den gleich­zei­tig und neben­ein­an­der bedie­nen. Ziel jeder Aus­le­gung ist die Fest­stel­lung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wort­laut und dem Sinn­zu­sam­men­hang ergibt, in den sie hin­ein­ge­stellt ist.

Der Wort­laut des § 23 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 Satz 3 EStG ist nicht ein­deu­tig. Unter einer Nut­zung des Wirt­schafts­guts „zu eige­nen Wohn­zwe­cken“ kann sowohl eine bau­rechts­kon­for­me als auch eine bau­rechts­wid­ri­ge Woh­nungs­nut­zung ver­stan­den wer­den. Zumin­dest wird die bau­rechts­wid­ri­ge Woh­nungs­nut­zung nicht von der Steu­er­frei­stel­lung ausgenommen.

Zudem spre­chen Sinn und Zweck der Rege­lung dafür, dass auch die bau­rechts­wid­ri­ge Woh­nungs­nut­zung dem Anwen­dungs­be­reich der Norm sehr wohl unterfällt.

Die Rege­lung ist mit der Ver­län­ge­rung der Ver­äu­ße­rungs­frist von zwei auf zehn Jah­re durch das Steu­er­ent­las­tungs­ge­setz 1999/ 2000/ 2002 in das Gesetz ein­ge­fügt wor­den. Die Norm dient der Ver­hin­de­rung einer unge­recht­fer­tig­ten Besteue­rung eines Ver­äu­ße­rungs­ge­winns bei Auf­ga­be eines Wohn­sit­zes, zum Bei­spiel wegen eines Arbeits­platz­wech­sels. Gewin­ne aus der Ver­äu­ße­rung von selbst­ge­nutz­tem Wohn­ei­gen­tum sol­len bei Erfül­lung der zeit­li­chen Vor­aus­set­zun­gen kei­ne Besteue­rung auslösen.

Die­ser Geset­zes­zweck ist bei bau­rechts­wid­ri­ger Nut­zung von Wohn­ei­gen­tum eben­so erfüllt wie bei einer mit dem for­mel­len und mate­ri­el­len Bau­recht über­ein­stim­men­den Nut­zung. Für die Rea­li­sie­rung der Frei­stel­lung ist die bau­recht­li­che Situa­ti­on ohne Rele­vanz. Muss das selbst­ge­nutz­te Wohn­ei­gen­tum wegen einer Wohn­sitz­auf­ga­be, etwa aus Anlass eines Arbeits­platz­wech­sels, ver­äu­ßert wer­den, soll kein Ver­äu­ße­rungs­ge­winn besteu­ert wer­den. Der nor­ma­ti­ve Len­kungs- und För­de­rungs­zweck der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 Satz 3 EStG gere­gel­ten Nicht­steu­er­bar­keit von zu Wohn­zwe­cken genutz­ten Wirt­schafts­gü­tern steht daher einer Aus­le­gung im Sin­ne der Vor­in­stanz ent­ge­gen, wie die obers­ten Rich­ter klarstellen.

Die Frei­stel­lung bewirkt eine Rück­aus­nah­me von der Steu­er­bar­keit pri­va­ter Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te, die ihrer­seits eine Aus­nah­me von der im Dua­lis­mus der Ein­kunfts­ar­ten grund­sätz­lich ver­an­ker­ten Nicht­steu­er­bar­keit von Wert­ver­än­de­run­gen pri­va­ter Wirt­schafts­gü­ter dar­stellt. Wenn danach das pri­va­te Woh­nen dem nicht steu­er­ba­ren Bereich zuzu­ord­nen ist, gilt dies auch für bau­rechts­wid­ri­ges Woh­nen. Die bau­recht­li­che Zuläs­sig­keit der Woh­nungs­nut­zung stellt sich in die­sem Zusam­men­hang als voll­kom­men uner­heb­lich und unbe­deu­tend dar.

Die­ser Ein­ord­nung kann auch nicht mit Erfolg ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den, dass die Immo­bi­lie nach der Recht­spre­chung zum Bewoh­nen dau­er­haft geeig­net sein muss. Zwar besteht im Fall fort­dau­ern­der bau­rechts­wid­ri­ger Wohn­nut­zung die laten­te Gefahr des jeder­zei­ti­gen Ein­schrei­tens der Bau­auf­sichts­be­hör­de zur Besei­ti­gung des bau­rechts­wid­ri­gen Zustan­des. Aber auch dies ist ein recht­li­cher Aspekt, wel­cher der dau­er­haf­ten Eig­nung nicht ent­ge­gen­steht. Ent­schei­dend ist, ob das Objekt tat­säch­lich dazu geeig­net ist, Men­schen auf Dau­er Auf­ent­halt und Unter­kunft zu ermög­li­chen. Dies betrifft vor allem die Beschaf­fen­heit des Gebäu­des, ins­be­son­de­re sei­ne Aus­stat­tung und Ein­rich­tung, nicht aber die recht­li­chen Gegebenheiten.

Da die obers­ten Finanz­rich­ter im Wei­te­ren kei­ne sys­te­ma­ti­schen oder his­to­ri­schen Erwä­gun­gen erken­nen kön­nen, die die­se Aus­le­gung infra­ge stel­len könn­ten, kom­men sie zu dem Schluss, dass auch eine rechts­wid­ri­ge Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken dazu führt, dass bei der Ver­äu­ße­rung inner­halb von zehn Jah­ren die Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrif­ten in Anspruch genom­men wer­den können.

nach oben

8. Für kindergeldberechtigte Eltern: Ermittlung des Lebensbedarfs eines behinderten Kindes

Das Kin­der­geld wird unter ande­rem für ein Kind gewährt, wel­ches wegen einer vor Voll­endung des 25. Lebens­jah­res ein­ge­tre­te­nen kör­per­li­chen, geis­ti­gen oder see­li­schen Behin­de­rung außer­stan­de ist, sich selbst zu unter­hal­ten. Tat­säch­lich ist jedoch das Tat­be­stands­merk­mal „außer­stan­de ist, sich selbst zu unter­hal­ten“ im Gesetz nicht näher erklärt. Aus­weis­lich der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs ist ein behin­der­tes Kind dann außer­stan­de, sich selbst zu unter­hal­ten, wenn es sei­nen Lebens­un­ter­halt nicht bestrei­ten kann. So bei­spiels­wei­se zu ent­neh­men einer Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 15.10.1999 unter dem Akten­zei­chen VI R 183/97 sowie einem ande­ren Urteil vom 5.2.2015 unter dem Akten­zei­chen III R 31/13.

Im Ergeb­nis kommt es also dar­auf an, ob das Kind sei­nen exis­ten­zi­el­len Lebens­be­darf mit den ihm zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln selbst decken kann. Vor die­sem Hin­ter­grund hat ganz aktu­ell das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg mit Urteil vom 14.4.2022 unter dem Akten­zei­chen 1 K 2137/21 ent­schie­den, dass bei der Ermitt­lung der dem Kind zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel nur der steu­er­pflich­ti­ge Ertrags­an­teil einer pri­va­ten Ren­te zu berück­sich­ti­gen ist.

Die beklag­te Fami­li­en­kas­se hat­te in dem vor­lie­gen­den Streit­fall für den Streit­zeit­raum Dezem­ber 2019 bis Juli 2021 Kin­der­geld fest­ge­setzt. Spä­ter hob sie die­se Fest­set­zung mit Beschei­den von März 2021 wie­der auf. Der Vater des Kin­des mach­te dage­gen gel­tend, dass es kei­ne Ände­rungs­norm gibt. Die Ver­hält­nis­se hät­ten sich schlicht nicht geän­dert. Außer­dem hat die Fami­li­en­kas­se die Ein­künf­te und Bezü­ge des Kin­des feh­ler­haft berech­net. Des­sen Erb­schaft von der Mut­ter sei zweck­ge­bun­den gewe­sen und zum Abschluss einer pri­va­ten Ren­ten­ver­si­che­rung ver­wen­det worden.

Dies bestä­tig­te das Finanz­ge­richt in der vor­lie­gen­den Ent­schei­dung. Ände­run­gen in den einen Kin­der­geld­an­spruch begrün­den­den Ver­hält­nis­sen habe es vor­lie­gend nicht gege­ben. Die Fami­li­en­kas­se hat­te bereits bei der Kin­der­geld­fest­set­zung Kennt­nis von der pri­va­ten Ver­mö­gens­si­tua­ti­on des Kin­des gehabt. Der rück­wir­ken­de Auf­he­bungs­be­scheid wur­de daher sei­tens der erst­in­stanz­li­chen Rich­ter als rechts­wid­rig eingeordnet.

Wei­ter führ­ten die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter aus, dass der kla­gen­de Vater sehr wohl kin­der­geld­be­rech­tigt ist. Sein Kind ist schließ­lich nicht imstan­de, sich selbst zu unter­hal­ten. Vor­lie­gend kamen die Rich­ter zu dem Schluss, dass es bei der Prü­fung auf die Ein­künf­te und Bezü­ge im Sin­ne des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes ankommt. Dem­entspre­chend war vor­lie­gend (neben ande­ren Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen) nur der Ertrags­an­teil der pri­va­ten Ren­te zu berück­sich­ti­gen. Die monat­li­chen Ren­ten­zah­lun­gen stel­len, soweit sie den steu­er­pflich­ti­gen Ertrags­an­teil über­stei­gen, eine unbe­acht­li­che Ver­mö­gensum­schich­tung dar.

Im Ergeb­nis deck­ten daher die nach dem Ein­kom­men­steu­er­ge­setz ermit­tel­ten zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel des Kin­des nicht des­sen exis­ten­zi­el­len Lebens­be­darf. Die Auf­nah­me einer Erwerbs­tä­tig­keit schei­det auf­grund der Behin­de­rung aus. Dem­entspre­chend war die Auf­he­bung und Rück­for­de­rung der Kin­der­geld­fest­set­zung rechts­wid­rig und das Kin­der­geld wird wie­der gewährt.

nach oben

9. Für Unternehmer: Zur steuerlichen Anerkennung einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts

Mit Ent­schei­dung vom 23.11.2021 hat der BFH unter dem Akten­zei­chen VIII R 17/19 ent­schie­den, dass ein zwi­schen dem Ange­hö­ri­gen eines frei­en Berufs und sei­nen min­der­jäh­ri­gen Kin­dern zivil­recht­lich wirk­sam geschlos­se­nes, als stil­le Gesell­schaft bezeich­ne­tes Gesell­schafts­ver­hält­nis zur Ent­ste­hung einer Innen­ge­sell­schaft bür­ger­li­chen Rechts führt. Eine stil­le Gesell­schaft kann nicht gege­ben sein, da es inso­weit bei einem frei­en Beruf an einem Han­dels­ge­wer­be im Sin­ne des § 230 des Han­dels­ge­setz­bu­ches (HGB) fehlt. Die Innen­ge­sell­schaft des bür­ger­li­chen Rechts steht aller­dings aus ein­kom­men­steu­er­li­cher Betrach­tungs­wei­se einer stil­len Gesell­schaft gleich.

Eine sol­che Innen­ge­sell­schaft bür­ger­li­chen Rechts zwi­schen nahen Ange­hö­ri­gen kann steu­er­lich auch dann aner­kannt wer­den, wenn die Betei­li­gung oder die zum Erwerb der Betei­li­gung auf­zu­wen­den­den Mit­tel dem in die Gesell­schaft auf­ge­nom­me­nen Ange­hö­ri­gen unent­gelt­lich zuge­wen­det wor­den sind, sprich geschenkt wur­den. Vor­aus­set­zung ist jedoch, dass die Ver­ein­ba­run­gen einem Fremd­ver­gleich stand­hal­ten, d.h. sie müs­sen ins­be­son­de­re zivil­recht­lich wirk­sam sein, inhalt­lich dem unter frem­den Drit­ten Übli­chen ent­spre­chen und auch wie unter frem­den Drit­ten voll­zo­gen werden.

Bei der Prü­fung der Fra­ge, ob der geschlos­se­ne Ver­trag wie zwi­schen frem­den Drit­ten voll­zo­gen wird, kommt ins­be­son­de­re der Umset­zung bzw. dem Voll­zug der Ein­la­ge­be­stim­mun­gen, den Gewinn­be­tei­li­gungs­re­ge­lun­gen und der Beach­tung der Infor­ma­ti­ons- und Kon­troll­rech­te Bedeu­tung zu.

Im vor­lie­gen­den Streit­fall hat­te ein Vater, der beruf­lich als Zahn­arzt tätig war, sei­nen Kin­dern ent­spre­chen­de Betei­li­gun­gen, die er als stil­le Betei­li­gung bezeich­ne­te, geschenkt und die­se so am Gewinn und auch am Ver­lust betei­ligt. Da die Ver­ein­ba­run­gen vor­lie­gend fremd­üb­li­cher Natur waren, auch wenn sie schen­kungs­wei­se über­tra­gen wur­den, erkann­te der Bun­des­fi­nanz­hof den Abzug der Zah­lung der Gewinn­be­tei­li­gung an die Kin­der als Betriebs­aus­ga­be in der Zahn­arzt­pra­xis an. Dies gilt zumin­dest bis auf wei­te­res, da wegen ande­rer unge­klär­ter Punk­te der Bun­des­fi­nanz­hof die Sache an das erst­in­stanz­li­che Gericht zurück­ver­wie­sen hat.

Hin­weis:

Betrof­fe­nen oder zumin­dest Inter­es­sier­ten an einem sol­chen Sach­ver­halt ist daher die Lek­tü­re der Urteils­be­grün­dung zu empfehlen.

nach oben


UST-ID hier prüfen Kontakt