Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Juni 2022

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

10.6. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.6. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Juli 2022:

11.7. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 14.7. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Juni 2022

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Juni ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 28.6.2022.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Müllabfuhr und Schmutzwasserentsorgung sind keine haushaltsnahen Dienstleistungen

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung in § 35a Abs. 2 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) ermä­ßigt sich die tarif­li­che Ein­kom­men­steu­er für bestimm­te im Gesetz auf­ge­führ­te haus­halts­na­he Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se oder für die Inan­spruch­nah­me von haus­halts­na­hen Dienst­leis­tun­gen, die nicht Dienst­leis­tun­gen nach Abs. 3 sind, auf Antrag um 20 %, höchs­tens jedoch um 4.000 Euro, der Auf­wen­dun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen. Dabei ist zu beach­ten, dass der Abzug von der tarif­li­chen Ein­kom­men­steu­er nur für Arbeits­kos­ten gilt.

Der Begriff „haus­halts­na­he Dienst­leis­tun­gen“ ist gesetz­lich nicht näher bestimmt. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs ist unter dem Begriff des Haus­halts die Wirt­schafts­füh­rung meh­re­rer (in einer Fami­lie) zusam­men­le­ben­der Per­so­nen oder einer ein­zel­nen Per­son zu ver­ste­hen. Das Wirt­schaf­ten im Haus­halt umfasst Tätig­kei­ten, die für die Haus­halts­füh­rung oder die Haus­halts­mit­glie­der erbracht wer­den. Haus­wirt­schaft­li­che Tätig­kei­ten die­sem Sin­ne sind sol­che, die übli­cher­wei­se zur Ver­sor­gung der dort leben­den Fami­li­en in einem Pri­vat­haus­halt erbracht wer­den. Dazu gehö­ren bei­spiels­wei­se Ein­kau­fen von Ver­brauchs­gü­tern, Kochen, Wäsche­pfle­ge, Rei­ni­gung und Pfle­ge der Räu­me, des Gar­tens und auch Pfle­ge, Ver­sor­gung und Betreu­ung von Kin­dern und kran­ken Haushaltsangehörigen.

Haus­halts­na­hen Leis­tun­gen sind sol­che, die eine hin­rei­chen­de Nähe zur Haus­halts­füh­rung haben bzw. damit in Zusam­men­hang ste­hen. Das sind Tätig­kei­ten, die gewöhn­lich durch die Mit­glie­der des pri­va­ten Haus­halts oder ent­spre­chen­de Beschäf­tig­te erle­digt wer­den und in regel­mä­ßi­gen Abstän­den anfal­len. Inso­weit sind die Begrif­fe haus­halts­nah und haus­wirt­schaft­lich sinn­ver­wandt, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 1.2.2007 unter dem Akten­zei­chen VI R Zif­fer 77/05 her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

In die­sem Sin­ne bil­den hand­werk­li­che Tätig­kei­ten im Haus­halt, die im Regel­fall nur von Fach­kräf­ten durch­ge­führt wer­den, kei­ne haus­halts­na­hen Dienst­leis­tun­gen. So auch das zuvor genann­te Urteil des Bundesfinanzhofs.

Bestä­tigt wird die­se Auf­fas­sung durch die teleo­lo­gi­sche Aus­le­gung des § 35a EStG. Nach der Geset­zes­be­grün­dung sol­len mit der Steu­er­ermä­ßi­gung Dienst­leis­tun­gen in pri­va­ten Haus­hal­ten geför­dert wer­den, um einen Anreiz für Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se im Pri­vat­haus­halt zu schaf­fen und die Schwarz­ar­beit in die­sem Bereich zu bekämp­fen. Die Steu­er­ermä­ßi­gung soll für haus­halts­na­he Tätig­kei­ten gewährt wer­den, die nicht im Rah­men eines Arbeits­ver­hält­nis­ses erbracht wer­den. Haus­halts­na­he Tätig­kei­ten, so die Geset­zes­be­grün­dung, sind: die Zube­rei­tung von Mahl­zei­ten im Haus­halt, die Rei­ni­gung der Woh­nung des Steu­er­pflich­ti­gen, die Gar­ten­pfle­ge und die Pfle­ge, Ver­sor­gung und Betreu­ung von Kin­dern, Kran­ken, alten Men­schen und pfle­ge­be­dürf­ti­gen Per­so­nen. So geht es exakt aus der sei­ner­zei­ti­gen Bun­des­tags­druck­sa­che zur Geset­zes­be­grün­dung hervor.

Die­se Geset­zes­be­grün­dung macht daher nach Auf­fas­sung des Finanz­ge­rich­tes Müns­ters deut­lich, dass nach der Inten­ti­on des Gesetz­ge­bers nur haus­wirt­schaft­li­che Arbei­ten begüns­tigt wer­den sol­len. Mit der poli­tisch moti­vier­ten Steu­er­ermä­ßi­gung soll die Erle­di­gung typi­scher haus­wirt­schaft­li­cher Dienst­leis­tun­gen durch Drit­te geför­dert wer­den. Nicht geför­dert wer­den sol­len hin­ge­gen sons­ti­ge Dienst­leis­tun­gen, die regel­mä­ßig nicht von Haus­halts­an­ge­hö­ri­gen, son­dern von Drit­ten erle­digt werden.

Unter Berück­sich­ti­gung die­ser grund­sätz­li­chen Ein­ord­nung lie­gen in Bezug auf die Ent­sor­gung von Müll und die Ablei­tung von Schmutz­was­ser nach Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­rich­tes Müns­ter mit Urteil vom 24.2.2022 unter dem Akten­zei­chen 6 K 1946/21 E kei­ne haus­halts­na­hen Dienst­leis­tun­gen vor. Denn im Zusam­men­hang mit der Ent­sor­gung von Müll und Abwas­ser erbrach­te Dienst­leis­tun­gen wer­den typi­scher­wei­se nicht von Haus­halts­an­ge­hö­ri­gen erle­digt. Dabei ist zu berück­sich­ti­gen, dass die von der Stadt erho­be­nen Abga­ben gera­de nicht die Eigen­leis­tung des Steu­er­pflich­ti­gen auf sei­nem Grund­stück betref­fen, son­dern die ori­gi­när von der Stadt zu erbrin­gen­den Leis­tun­gen, die im Rah­men kom­mu­na­ler Sat­zun­gen gere­gelt und die­sen durch die Abfall- und Was­ser­ge­set­ze des Lan­des zuge­wie­sen sind. Hier­bei han­delt es sich um Auf­ga­ben, die auch auf­grund ihres Umfangs und der dafür erfor­der­li­chen Infra­struk­tur typi­scher­wei­se von Städ­ten und Gemein­den und nicht von Haus­halts­an­ge­hö­ri­gen über­nom­men werden.

Dar­über hin­aus setzt die Inan­spruch­nah­me der Steu­er­ermä­ßi­gung vor­aus, dass das Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis oder die Dienst­leis­tung in einem in der Euro­päi­schen Uni­on oder den Euro­päi­schen Wirt­schafts­raum lie­gen­den Haus­halt des Steu­er­pflich­ti­gen aus­ge­übt oder erbracht wird. Der Leis­tungs­ort befin­det sich dann im Haus­halt, wenn die Leis­tung in des­sen räum­li­chen Bereich erbracht wird. Der Begriff „im Haus­halt“ ist inso­fern räum­lich-funk­tio­nal aus­zu­le­gen, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 20.3.2014 unter dem Akten­zei­chen VI R 56/12 dar­ge­legt hat. Zahl­rei­che wei­te­re Ent­schei­dun­gen sind mitt­ler­wei­le auf die­ser Linie ergan­gen. Danach wer­den die Gren­zen des Haus­hal­tes zwar nicht aus­nahms­los durch die Grund­stücks­gren­zen abge­steckt. Viel­mehr kann auch die Inan­spruch­nah­me von haus­halts­na­hen gering­fü­gi­gen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­sen und haus­halts­na­hen Dienst­leis­tun­gen, die jen­seits der Grund­stücks­gren­ze auf frem­dem, bei­spiels­wei­se öffent­li­chem Grund erbracht wer­den, begüns­tigt sein. So bei­spiels­wei­se die Schnee­räu­mung auf Geh­we­gen. Aller­dings muss es sich dabei um Leis­tun­gen han­deln, die in unmit­tel­ba­rem räum­li­chem Zusam­men­hang zum Haus­halt durch­ge­führt wer­den und dem Haus­halt die­nen. Leis­tun­gen außer­halb des Haus­hal­tes sind dem­ge­gen­über nicht begüns­tigt, selbst wenn sie für den Haus­halt erbracht werden.

Bei Anwen­dung all die­ser Grund­sät­ze sind Auf­wen­dun­gen für Müll­ab­fuhr und Abwas­ser­be­sei­ti­gung nicht als haus­halts­na­he Dienst­leis­tun­gen zu berück­sich­ti­gen. So zumin­dest die aktu­el­le Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts Müns­ter vom 24.2.2022.

Hin­weis: Erfreu­li­cher­wei­se ist der hier kla­gen­de Steu­er­pflich­ti­ge wegen der nega­ti­ven Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts Müns­ter in Revi­si­on gezo­gen. Beim Bun­des­fi­nanz­hof wird das Ver­fah­ren unter dem Akten­zei­chen VI R 8/22 geführt. Unse­res Erach­tens sind die Erfolgs­chan­cen zwar gering, den­noch muss gesagt wer­den: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Got­tes Hand. Wer daher ein in der Regel rela­tiv unauf­wän­di­ges Ein­spruchs­ver­fah­rens nicht scheut, kann sich durch­aus unter Ver­weis auf das Mus­ter­ver­fah­ren dar­an anhängen.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Besteuerung eines beim Tod des Beschwerten fälligen Vermächtnisses

Der Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen muss­te klä­ren, von wem ein zweit­be­ru­fe­ner Ver­mächt­nis­neh­mer das Ver­mächt­nis erwirbt, wenn der erst­be­ru­fe­ne Ver­mächt­nis­neh­mer bereits ver­stor­ben ist. In einer gut begrün­de­ten Ent­schei­dung vom 31.8.2021 unter dem Akten­zei­chen II R 2/20 nimmt der Bun­des­fi­nanz­hof dazu aus­führ­lich und sehr auf­schluss­reich Stel­lung. Unter ande­rem heißt es in der Ent­schei­dung wie folgt:

Das Ver­mächt­nis stellt erb­schaft­steu­er­recht­lich einen Erwerb von Todes wegen dar. Ver­mächt­nis­se, die beim Tod des Beschwer­ten fäl­lig sind, wer­den über eine Gleich­stel­lung mit den Nach­erb­schaf­ten erb­schaft­steu­er­recht­lich im Wesent­li­chen so behan­delt wie Ver­mächt­nis­se, die beim Tod des Beschwer­ten anfallen.

Der Anfall der Nach­erb­schaft gilt grund­sätz­lich als Erwerb vom Vor­er­ben. Wäh­rend zivil­recht­lich der Vor­er­be und der Nach­er­be zwar nach­ein­an­der, aber bei­de vom ursprüng­li­chen Erb­las­ser erben, gilt erb­schaft­steu­er­lich der Vor­er­be als Erbe. Gere­gelt ist dies nicht nur auf­grund der Vor­schrift in § 6 Abs. 1 des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG), son­dern es ergibt sich auch aus der höchst­rich­ter­li­chen Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 13.4.2016 unter dem Akten­zei­chen II R 55/14.

Der Erwerb des Vor­er­ben unter­liegt in vol­lem Umfang und ohne Berück­sich­ti­gung der Beschrän­kung durch das Nach­er­ben­recht der Erb­schaft­steu­er, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 23.8.1995 unter dem Akten­zei­chen II R 88/92 her­aus­ge­ar­bei­tet hat. Bei Ein­tritt der Nach­erbfol­ge haben die­je­ni­gen, auf die das Ver­mö­gen über­geht, den Erwerb als vom Vor­er­ben stam­mend zu ver­steu­ern. Die Vor­schrift fin­giert für erb­schaft­steu­er­recht­li­che Zwe­cke, dass der Nach­er­be Erbe des Vor­er­ben wird. Auf Antrag ist der Ver­steue­rung das Ver­hält­nis des Nach­er­ben zum Erb­las­ser zugrun­de zu legen.

Die gesetz­li­che Rege­lung in § 6 Absatz 4 ErbStG über­trägt die­se Sys­te­ma­tik auf Vor­ver­mächt­nis­se und Nach­ver­mächt­nis­se sowie auf Ver­mächt­nis­se, die erst mit dem Tod des Beschwer­ten fäl­lig wer­den. Aus­weis­lich der ers­ten Alter­na­ti­ve der vor­ge­nann­ten Rege­lun­gen ste­hen Nach­ver­mächt­nis­se den Nach­erb­schaf­ten gleich. Eben­so wie zivil­recht­lich Vor­ver­mächt­nis­neh­mer und Nach­ver­mächt­nis­neh­mer ent­spre­chend dem Vor­er­ben und Nach­er­ben behan­delt wer­den, fin­giert die Vor­schrift für erb­schaft­steu­er­li­che Zwe­cke, dass der Nach­ver­mächt­nis­neh­mer das Ver­mächt­nis vom Vor­ver­mächt­nis­neh­mer erwirbt. Sowohl bei Anfall des Vor­ver­mächt­nis­ses als auch bei Anfall des Nach­ver­mächt­nis­ses ent­steht daher Erbschaftsteuer.

Wird der Vor­ver­mächt­nis­neh­mer ent­spre­chend der Rege­lung in § 6 Abs. 1 ErbStG als Ver­mächt­nis­neh­mer nach dem ursprüng­li­chen Erb­las­ser behan­delt, unter­liegt sein Ver­mächt­nis­er­werb der Erb­schaft­steu­er, ohne dass die Beschrän­kun­gen durch das Nach­ver­mächt­nis­ses berück­sich­tigt wer­den kön­nen. Der Nach­ver­mächt­nis­neh­mer hat ent­spre­chend der Rege­lung in § 6 Abs. 2 Satz 1 ErbStG bei Ein­tritt des Nach­ver­mächt­nis­falls den Erwerb sei­nes Ver­mächt­nis­ses als vom Vor­ver­mächt­nis­neh­mer stam­mend zu besteu­ern und kann nur auf Antrag der Ver­steue­rung sein Ver­hält­nis zum Erb­las­ser zugrun­de legen.

Ent­spre­chend der Alter­na­ti­ve zwei in § 6 Abs. 4 ErbStG ste­hen fer­ner beim Tod des Beschwer­ten fäl­li­ge Ver­mächt­nis­se und Auf­la­gen den Nach­erb­schaf­ten gleich. Die­se Vor­schrift spricht das soge­nann­te betag­te Ver­mächt­nis an, dass zwar mit dem Erb­fall ent­steht, des­sen Fäl­lig­keit jedoch auf einen spä­te­ren Ter­min hin­aus­ge­scho­ben ist, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 20.10.2015 unter dem Akten­zei­chen VIII R 40/13 geklärt hat.

Der durch ein sol­ches betag­tes Ver­mächt­nis Beschwer­te gilt als Ver­mächt­nis­neh­mer nach dem Erb­las­ser. Der Ver­mächt­nis­neh­mer des betag­ten Ver­mächt­nis­ses erwirbt vom Beschwer­ten. Der Tod des Beschwer­ten ist somit für die Erb­schaft­steu­er des Ver­mächt­nis­neh­mers kei­ne auf­schie­ben­de Bedin­gung für die Ent­ste­hung der Steu­er, son­dern begrün­det erst den steu­er­ba­ren Tat­be­stand. Die beschrie­be­ne zwei­te Alter­na­ti­ve gilt man­gels ander­wei­ti­ger Anord­nung auch dann, wenn das Ver­mächt­nis nicht nur betagt, son­dern zivil­recht­lich zudem ein Nach­ver­mächt­nis ist. Auf Antrag ist wie­der­um die Besteue­rung im Ver­hält­nis zum Erb­las­ser zugrun­de zu legen.

Ist ein Ver­mächt­nis erst mit dem Tod des beschwer­ten Erben fäl­lig und ein zwei­ter Ver­mächt­nis­neh­mer für den Fall bestimmt, dass der ers­te Ver­mächt­nis­neh­mer vor Fäl­lig­keit des Ver­mächt­nis­ses ver­stirbt, erwirbt der zweit­be­ru­fe­ne Ver­mächt­nis­neh­mer von dem beschwer­ten Erben, nicht aber vom erst­be­ru­fe­nen Ver­mächt­nis­neh­mer. Zeit­punkt des Erwerbs ist der Tod des Erben. Ob zivil­recht­lich die bei­den Ver­hält­nis­se als Vor­ver­mächt­nis und Nach­ver­mächt­nis zu qua­li­fi­zie­ren sind, ist für Zwe­cke der Erb­schaft­steu­er nicht erheblich.

Der Tod des Erb­las­sers führt noch nicht zu einem steu­er­ba­ren Ver­mächt­nis­er­werb. Unge­ach­tet der Fra­ge, ob der ers­te Ver­mächt­nis­neh­mer zivil­recht­lich ein Vor­ver­mächt­nis erwor­ben hat, ist die­ses erb­schaft­steu­er­recht­lich ent­spre­chend der zwei­ten Alter­na­ti­ve nicht zu berück­sich­ti­gen. Aus dem­sel­ben Grund ist mit dem Tod des ers­ten Ver­mächt­nis­neh­mers hin­sicht­lich des Ver­mächt­nis­ses kein erb­schaft­steu­er­ba­rer Tat­be­stand bei dem zwei­ten Ver­mächt­nis­neh­mer ver­wirk­licht. Solan­ge der beschwer­te Erbe noch lebt, ist das Ver­mächt­nis noch nicht fällig.

Ist mit dem Tod des beschwer­ten Erben schließ­lich das Ver­mächt­nis fäl­lig gewor­den, liegt erb­schaft­steu­er­recht­lich bei dem zwei­ten Ver­mächt­nis­neh­mer ein der Nach­erb­schaft gleich­ste­hen­der Erwerb vor. Der beschwer­te Erwer­ber steht dem Vor­er­ben gleich und gilt als Erbe. Der zwei­te Ver­mächt­nis­neh­mer steht dem Nach­er­ben gleich und hat das Ver­mächt­nis mit die­sem Zeit­punkt als vom beschwer­ten Erben stam­mend zu ver­steu­ern. Auf Antrag ist der Besteue­rung das Ver­hält­nis zu dem ursprüng­li­chen Erb­las­ser zugrun­de zu legen.

Nach die­sen Rechts­grund­sät­zen kommt der Bun­des­fi­nanz­hof schließ­lich in sei­nen Leit­sät­zen zusam­men­ge­fasst zu dem Ergeb­nis, dass der Ver­mächt­nis­neh­mer eines beim Tod des Beschwer­ten fäl­li­gen Ver­mächt­nis­ses erb­schaft­steu­er­recht­lich vom Beschwer­ten erwirbt. Fällt der erst­be­ru­fe­ne Ver­mächt­nis­neh­mer vor Fäl­lig­keit des Ver­mächt­nis­ses weg, erwirbt der zweit­be­ru­fe­ne Ver­mächt­nis­neh­mer eben­falls vom Beschwer­ten und nicht vom erst­be­ru­fe­nen Vermächtnisnehmer.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Zum Verbrauch des ermäßigten Steuersatzes

Mit Ent­schei­dung vom 28.9.2021 hat der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen VIII R 2/19 ent­schie­den, dass die antrags­ge­bun­de­ne Steu­er­ver­güns­ti­gung des § 34 Abs. 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG), die der Steu­er­pflich­ti­ge nur ein­mal im Leben in Anspruch neh­men kann, auch dann ver­braucht ist, wenn das Finanz­amt die Ver­güns­ti­gung zu Unrecht gewährt hat. Dies soll aus­weis­lich der Ent­schei­dung selbst dann gel­ten, wenn dies ohne Antrag des Steu­er­pflich­ti­gen geschieht und ein Betrag begüns­tigt besteu­ert wird, bei dem es sich tat­säch­lich nicht um einen Ver­äu­ße­rungs­ge­winn han­delt, der die Steu­er­ver­güns­ti­gung recht­fer­ti­gen würde.

Etwas ande­res soll aus­weis­lich der dra­ko­ni­schen Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs nach den Grund­sät­zen von Treu und Glau­ben nur dann gel­ten, wenn die fal­sche Gewäh­rung der Ver­güns­ti­gung in dem frü­he­ren Bescheid für den Steu­er­pflich­ti­gen ange­sichts der gerin­gen Höhe der Ver­güns­ti­gung und wegen des Feh­lens eines Hin­wei­ses des Finanz­am­tes nicht erkenn­bar war.

Ins­ge­samt ist die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs durch­aus bedenk­lich, wes­halb ein genaue­rer Blick auf die Urteils­be­grün­dung lohnt.

Außer­or­dent­li­che Ein­künf­te wer­den regel­mä­ßig ermä­ßigt besteu­ert. Alter­na­tiv zu die­ser grund­sätz­li­chen Rege­lung, wel­che in den Abs. 1 und 2 des § 34 EStG behei­ma­tet sind, gewährt Abs. 3 spe­zi­ell für Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne auf Antrag eine Steu­er­satz­ermä­ßi­gung, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge das 55. Lebens­jahr voll­endet hat oder wenn er im sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Sin­ne dau­ernd berufs­un­fä­hig ist. Das Beson­de­re dar­an: Die­se Ermä­ßi­gung kann der Steu­er­pflich­ti­ge nur ein­mal im Leben in Anspruch nehmen.

Aus­weis­lich der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs ist eine antrags­ge­bun­de­ne Steu­er­ver­güns­ti­gung, die dem Steu­er­pflich­ti­gen nur ein­mal gewährt wer­den kann, für die Zukunft auch dann ver­braucht, wenn die Ver­güns­ti­gung vom Finanz­amt zu Unrecht gewährt wor­den ist. Dies soll auch gel­ten, wenn ins­be­son­de­re ein erfor­der­li­cher Antrag vom Steu­er­pflich­ti­gen nicht gestellt wur­de. Ent­schei­dend ist in den Augen der Recht­spre­chung allein, dass sich die Ver­güns­ti­gung auf die frü­he­re Steu­er­fest­set­zung aus­ge­wirkt hat und sie dort nicht mehr rück­gän­gig gemacht wer­den kann. Wenn der Steu­er­pflich­ti­ge sich die Mög­lich­keit vor­be­hal­ten möch­te, die Ver­güns­ti­gung in einem spä­te­ren Jahr in Anspruch zu neh­men, muss er die Steu­er­fest­set­zung anfech­ten, in der die Ver­güns­ti­gung zu Unrecht gewährt wor­den ist.

Nach höchst­rich­ter­li­cher Auf­fas­sung braucht der Steu­er­pflich­ti­ge sich die rechts­wid­ri­ge Gewäh­rung der Ver­güns­ti­gung in einem Vor­jahr nach den Grund­sät­zen von Treu und Glau­ben nur dann nicht ent­ge­gen­hal­ten zu las­sen, wenn für ihn ange­sichts der gerin­gen Höhe der Ver­güns­ti­gung und des Feh­lens eines Hin­wei­ses im Bescheid nicht erkenn­bar gewe­sen ist, dass das Finanz­amt die Ver­güns­ti­gung ohne den erfor­der­li­chen Antrag gewährt hat­te. Zu sol­chen Fäl­len hat der Bun­des­fi­nanz­hof bereits mit Urteil vom 21.7.2009 unter dem Akten­zei­chen X R 2/09 sowie in sei­nem Beschluss vom 1.12.2015 unter dem Akten­zei­chen X B 111/15 Stel­lung genommen.

Die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung dif­fe­ren­ziert dabei weder danach, ob oder aus wel­chem Grund die Ver­güns­ti­gung zu Unrecht gewährt wur­de. Noch geht sie davon aus, dass für eine Inan­spruch­nah­me der Ermä­ßi­gung ein ent­spre­chen­der Antrag des Steu­er­pflich­ti­gen erfor­der­lich ist. Ein Ver­brauch des ermä­ßig­ten Steu­er­sat­zes wird daher auch dann ange­nom­men, wenn kein begüns­ti­gungs­fä­hi­ger Ver­äu­ße­rungs­ge­winn vor­ge­le­gen hat und kein Antrag des Steu­er­pflich­ti­gen auf Gewäh­rung der Ver­güns­ti­gung gestellt wur­de! Maß­geb­lich für den Ver­brauch der Ver­güns­ti­gung ist allein, dass der Steu­er­pflich­ti­ge den ihn begüns­ti­gen­den Irr­tum des Finanz­am­tes erkennt und belegt.

Die Auf­fas­sun­gen im Schrift­tum sind dazu durch­aus geteilt. Auf der einen Sei­te wird die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass ein ent­spre­chen­der Ver­brauch wie zuvor geschil­dert statt­fin­det. Aller­dings wird auch ver­tre­ten, dass der ermä­ßig­te Steu­er­satz sich zumin­dest dann nicht ver­braucht, wenn es an einem Ver­äu­ße­rungs­ge­winn fehlt und er daher nicht hät­te in Anspruch genom­men wer­den können.

Der vor­lie­gen­de Senat des Bun­des­fi­nanz­hofs, der (wie er selbst sagt) der Recht­spre­chung (nur) aus Grün­den der Recht­spre­chungs­kon­ti­nui­tät folgt, ver­tritt eben­falls die Mei­nung, dass das Norm­ver­ständ­nis, wonach ein Ver­brauch ein­tritt, vom Wort­laut der gesetz­li­chen Rege­lung gedeckt ist.

Die­ser ist näm­lich nicht zu ent­neh­men, dass der Ver­brauch der Ver­güns­ti­gung nur ein­tritt, wenn die Tarifer­mä­ßi­gung für einen tat­säch­lich erziel­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­winn in Anspruch genom­men wird. Aus dem Wort­laut ist auch nicht her­zu­lei­ten, dass eine zum Ver­brauch füh­ren­de Inan­spruch­nah­me der Ver­güns­ti­gung nur vor­liegt, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge einen ent­spre­chen­den Antrag gestellt hat. Die For­mu­lie­rung „in Anspruch neh­men“ ver­deut­licht nach Auf­fas­sung des erken­nen­den Sena­tes zwar, dass das Gesetz dem Steu­er­pflich­ti­gen ein Wahl­recht ein­räumt, zwingt aber nicht zu der Annah­me, für eine Inan­spruch­nah­me sei akti­ves Han­deln des Steu­er­pflich­ti­gen erfor­der­lich. Ein sol­ches wird auf­grund des Antrags­er­for­der­nis­ses zwar regel­mä­ßig vor­lie­gen. In Anspruch genom­men wird die Ver­güns­ti­gung aber auch dann, wenn das Finanz­amt fälsch­li­cher­wei­se vom Vor­lie­gen der gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­güns­ti­gung aus­geht und der Steu­er­pflich­ti­ge die­se für ihn güns­ti­ge Ent­schei­dung billigt.

Zudem führt der Bun­des­fi­nanz­hof aktu­ell wei­ter aus, dass sein Norm­ver­ständ­nis auch nicht im Wider­spruch zu Sinn und Zweck der Begüns­ti­gung steht. Der Gesetz­ge­ber möch­te mit der Rege­lung den anläss­lich sei­nes Aus­schei­dens aus dem Berufs­le­ben erziel­ten Gewinn des Steu­er­pflich­ti­gen zur Siche­rung der Alters­vor­sor­ge steu­er­lich begüns­ti­gen. Der Steu­er­pflich­ti­ge soll alter­na­tiv zur Begüns­ti­gung in § 34 Abs. 1 EStG den hal­ben durch­schnitt­li­chen Steu­er­satz in Anspruch neh­men kön­nen. So ergibt es sich aus der dama­li­gen Bun­des­tags­druck­sa­che. Aller­dings soll dies nur ein­mal im Leben mög­lich sein. Dem­nach soll der Steu­er­pflich­ti­ge nicht mehr­fach in den Genuss der Ver­güns­ti­gung kom­men. Dies wäre jedoch der Fall, wenn eine zu Unrecht gewähr­te und vom Steu­er­pflich­ti­gen gebil­lig­te Ermä­ßi­gung, die sich end­gül­tig min­dernd auf die Steu­er­fest­set­zung aus­ge­wirkt hat, nicht zu deren Ver­brauch führt. Daher kom­men die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik zu die­ser dra­ko­ni­schen Entscheidung.

Hin­weis: Frag­lich ist, ob dies tat­säch­lich im Ein­klang mit der Ver­fas­sung steht. Immer­hin gilt zu beden­ken, dass im abge­ur­teil­ten Sach­ver­halt der Steu­er­pflich­ti­ge weder einen Antrag auf die ermä­ßig­te Besteue­rung gestellt hat noch über­haupt einen ent­spre­chen­den Ver­äu­ße­rungs­ge­winn erzielt hat­te. Ins­ge­samt ist der Vor­gang damit allein und voll­kom­men aus­schließ­lich auf einen Feh­ler des Finanz­am­tes zurück­zu­füh­ren. Nur aus der Tat­sa­che her­aus, dass der Steu­er­pflich­ti­ge die­sen Feh­ler erkannt haben soll und dem­entspre­chend gebil­ligt hat, soll nun bei einem wirk­li­chen Antrag und einem tat­säch­li­chen Ver­äu­ße­rungs­ge­winn der ermä­ßig­te Steu­er­satz nicht mehr ange­wen­det wer­den dür­fen. Dies hat schon ein gewis­ses Geschmäck­le. Ob ein Ver­fas­sungs­ver­stoß gege­ben ist, bleibt dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in Karls­ru­he vor­be­hal­ten, jedoch ist der­zeit inso­weit (lei­der) kei­ne Anhän­gig­keit zu erkennen.

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4. Für alle Steuerpflichtigen: Einstellung von Steuerstrafverfahren jetzt auch durch gemeinnützige Arbeit

Was sich sicher­lich gut anhört, muss jedoch auch direkt ein wenig ein­ge­schränkt wer­den. Zunächst ein­mal regio­nal, denn soweit ersicht­lich gel­ten die­se Rege­lun­gen nur in Baden-Würt­tem­berg. Zudem gilt es sicher­lich nicht für alle Steu­er­straf­ver­fah­ren, son­dern nur für die­je­ni­gen mit gerin­ger Schuld. Ledig­lich die­se kön­nen seit dem 1.3.2022 von den Straf- und Buß­geld­stel­len der Finanz­äm­ter (in Baden-Würt­tem­berg) auch ein­ge­stellt wer­den, wenn statt eines Buß­gel­des gemein­nüt­zi­ge Arbeit geleis­tet wird. Bis­lang war eine Ein­stel­lung nur gegen Geld­zah­lung mög­lich. Das Finanz­mi­nis­te­ri­um und das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um des Lan­des Baden-Würt­tem­berg haben jedoch das Pro­jekt gemein­sam mit dem Netz­werk Straf­fäl­li­gen­hil­fe auf den Weg gebracht, wodurch erreicht wer­den soll, dass Steu­er­hin­ter­zie­her auf die­se Wei­se der Gesell­schaft etwas zurück­ge­ben können.

Der Finanz­mi­nis­ter des Lan­des Baden-Würt­tem­berg sagt dazu: „Steu­er­straf­ta­ten, wie Steu­er­hin­ter­zie­hung, sind ein Betrug an der All­ge­mein­heit. Wer Steu­ern hin­ter­zieht, muss des­halb mit einer Ver­ur­tei­lung rech­nen. Das kann künf­tig in bestimm­ten Fäl­len durch gemein­nüt­zi­ge Arbeit ver­mie­den wer­den. Dadurch kön­nen Steu­er­hin­ter­zie­her der Gesell­schaft auch etwas zurückgeben.“

Die baden-würt­tem­ber­gi­schen Straf- und Buß­geld­stel­len stel­len jähr­lich rund 2.000 Steu­er­straf­ver­fah­ren bei gerin­ger Schuld ein. Das betrifft Fäl­le, bei denen Beschul­dig­ten die Zah­lung eines Geld­be­trags auf­er­legt wird – und zwar unab­hän­gig von ihrer wirt­schaft­li­chen Situa­ti­on. Konn­te die Geld­auf­la­ge nicht gezahlt wer­den, droh­ten ein Ver­fah­ren und eine Ver­ur­tei­lung zu einer Geld­stra­fe. Wer die­se nicht zah­len konn­te, auch nicht in Raten, der muss­te in Haft.

Um ein Ver­fah­ren ein­zu­stel­len, kön­nen die Straf- und Buß­geld­stel­len künf­tig ent­we­der – wie bis­her – eine Geld­auf­la­ge oder alter­na­tiv dazu auch gemein­nüt­zi­ge Arbeit auf­er­le­gen. Dadurch kön­nen ein Ver­fah­ren und eine Ver­ur­tei­lung ver­mie­den wer­den. Beim klas­si­schen Straf­recht, bei­spiels­wei­se bei Betrugs- oder Dieb­stahls­de­lik­ten, wird dies bereits prak­ti­ziert. Nun wird das auch auf das Steu­er­straf­recht über­tra­gen. Mit der neu­en Rege­lung wer­den besag­te Steu­er­straf­ver­fah­ren in das lan­des­wei­te Pro­jekt „Schwit­zen statt Sit­zen“ aufgenommen.

Eine ent­spre­chen­de Pilot­pha­se gab es schon bei der Straf- und Buß­geld­stel­le des Finanz­amts Stutt­gart II. Unter­stützt wur­de das Pilot­pro­jekt von der gemein­nüt­zi­gen GmbH „Prä­v­ent­So­zi­al“. Sie ist eine Mit­glieds­or­ga­ni­sa­ti­on im „Netz­werk Straf­fäl­li­gen­hil­fe“ in Baden-Württemberg.

Das „Netz­werk Straf­fäl­li­gen­hil­fe“ küm­mert sich in Baden-Würt­tem­berg für die Jus­tiz in allen Fäl­len um die Ver­mitt­lung gemein­nüt­zi­ger Arbeit. Ver­mit­telt wer­den Per­so­nen, denen eine Haft bevor­steht, wenn sie eine Geld­stra­fe nicht zah­len kön­nen. Das Pro­jekt „Schwit­zen statt Sit­zen“ ermög­licht Ver­ur­teil­ten auf die­se Wei­se, eine Haft­stra­fe abzu­wen­den. Eben­so küm­mert sich das Netz­werk um die Ver­mitt­lung von Ver­ur­teil­ten auf Bewäh­rung und von Beschul­dig­ten bei Ver­fah­rens­ein­stel­lun­gen, die zur Auf­la­ge bekom­men haben, gemein­nüt­zi­ge Arbeit zu leisten.

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5. Alle Steuerpflichtigen: Steuerfreie Zuschläge für tatsächlich an Sonn‑, Feiertagen oder zur Nachtzeit geleistete Arbeit

Auf­grund der Vor­schrift des § 3b Abs. 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) sind Zuschlä­ge, die für tat­säch­lich geleis­te­te Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit neben dem Grund­lohn gezahlt wer­den, steu­er­frei, soweit sie bestimm­te Pro­zent­sät­ze des Grund­lohns nicht übersteigen.

Grund­lohns ist dabei der lau­fen­de Arbeits­lohn, der dem Arbeit­neh­mer bei der für ihn maß­ge­ben­den regel­mä­ßi­gen Arbeits­zeit für den jewei­li­gen Lohn­zah­lungs­zeit­raum zusteht. Der lau­fen­de Arbeits­lohn ist von sons­ti­gen Bezü­gen abzu­gren­zen. Lau­fen­der Arbeits­lohn ist das dem Arbeit­neh­mer regel­mä­ßig zuflie­ßen­de Arbeits­ent­gelt, wie bei­spiels­wei­se Monats­ge­halt, Wochen- oder Tages­lohn, Über­stun­den­ver­gü­tung, lau­fend gezahl­te Zula­gen oder Zuschlä­ge und geld­wer­te Vor­tei­le aus regel­mä­ßi­gen Sach­be­zü­gen. Der regel­mä­ßi­ge lau­fen­de Arbeits­lohn ist dann im Wei­te­ren in einen Stun­den­lohn umzurechnen.

Vor­aus­set­zung für die Steu­er­be­frei­ung ist auch, dass die Zuschlä­ge neben dem Grund­lohn geleis­tet wer­den. Sie dür­fen hin­ge­gen nicht Teil einer ein­heit­li­chen Ent­loh­nung für die gesam­te, auch an Son­nen- und Fei­er­ta­gen oder nachts geleis­te­ten Tätig­kei­ten sein. Hier­für ist regel­mä­ßig erfor­der­lich, dass im Arbeits­ver­trag zwi­schen der Grund­ver­gü­tung und den Erschwer­nis­zu­schlä­gen unter­schie­den und ein Bezug zwi­schen der zu leis­ten­den Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit und der Lohn­hö­he her­ge­stellt wird. Zuschlä­ge kön­nen daher nach § 3b EStG nur steu­er­frei geleis­tet wer­den, wenn und soweit sie der Arbeit­neh­mer für die zuschlags­be­wehr­te Tätig­keit auch Anspruch auf Grund­lohn hat. Denn es muss sich objek­tiv um ein zusätz­li­ches Ent­gelt neben dem Grund­lohn für ent­spre­chen­de Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit handeln.

Dar­über hin­aus muss die Zah­lung des Zuschlags­zwecks bestimmt erfol­gen. Die Steu­er­be­frei­ung setzt daher vor­aus, dass die neben den Grund­lohn gewähr­ten Zuschlä­ge für tat­säch­lich geleis­te­te Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit gezahlt sind. Denn durch die Steu­er­frei­heit soll dem Arbeit­neh­mer ein finan­zi­el­ler Aus­gleich für die beson­de­ren Erschwer­nis­se und Belas­tun­gen der damit ver­bun­de­nen Arbeits­zei­ten, die den bio­lo­gi­schen und kul­tu­rel­len Lebens­rhyth­mus stö­ren, gewährt wer­den. Die Steu­er­be­frei­ung der Rege­lung in § 3b EStG begüns­tigt somit das zusätz­li­che Ent­gelt für die Arbeit zu beson­ders ungüns­ti­gen Zeiten.

Zur tat­säch­lich geleis­te­ten Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit im Sin­ne der Vor­schrift zählt nicht nur die eigent­li­che, arbeits­ver­trag­lich geschul­de­te Berufs­tä­tig­keit des Arbeit­neh­mers, son­dern auch jede vom Arbeit­ge­ber zu den begüns­tig­ten Zei­ten ver­lang­te sons­ti­ge Tätig­keit oder Maß­nah­me, die mit der eigent­li­chen Tätig­keit des Arbeit­neh­mers oder der Art und Wei­se ihrer Erbrin­gung unmit­tel­bar zusam­men­hängt. Tat­säch­lich geleis­te­te Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit ist daher jede zu den begüns­tig­ten Zei­ten tat­säch­lich im Arbeit­ge­ber­in­ter­es­se aus­ge­üb­te Tätig­keit des Arbeit­neh­mers, für die er einen Anspruch auf Grund­lohn hat, und damit bei­spiels­wei­se auch das blo­ße Bereit­hal­ten einer tat­säch­li­chen Arbeits­leis­tung, wenn gera­de die­ses arbeits­ver­trag­lich geschul­det ist.

Ohne Bedeu­tung für die Aus­le­gung des Begriffs der tat­säch­lich geleis­te­ten Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit im Sin­ne der Rege­lung ist hin­ge­gen die arbeits­zeit­recht­li­che Ein­ord­nung der Tätig­keit nach dem Arbeits­zeit­ge­setz. Das Arbeits­zeit­ge­setz soll in ers­ter Linie der Sicher­heit und dem Gesund­heits­schutz der Arbeit­neh­mer die­nen. Die Her­aus­nah­me bestimm­ter Zei­ten aus der Arbeits­zeit im Sin­ne des gesetz­li­chen Arbeits­zeit­schutz­rechts schließt es folg­lich nicht aus, die zu die­sen Zei­ten vom Arbeit­neh­mer de fac­to erbrach­te Arbeits­leis­tung als tat­säch­lich geleis­te­te Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit Sin­ne der gesetz­li­chen Steu­er­be­frei­ung zu qua­li­fi­zie­ren. Ande­ren­falls wür­de sich der durch das Arbeits­zeit­ge­setz bezweck­te Schutz der Arbeit­neh­mer in sein Gegen­teil verkehren.

Zudem erfor­dert die Steu­er­frei­heit der Zuschlä­ge grund­sätz­lich eine Ein­zel­auf­stel­lung der tat­säch­lich erbrach­ten Arbeits­stun­den an Sonn­ta­gen und Fei­er­ta­gen oder zu Nacht­ar­beit. Dadurch soll von vor­ne­her­ein gewähr­leis­tet wer­den, dass aus­schließ­lich Zuschlä­ge steu­er­frei blei­ben, bei denen betrags­mä­ßig genau fest­steht, dass sie nur für Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit gezahlt wer­den und kei­ne all­ge­mei­nen Gegen­leis­tun­gen für die Arbeits­leis­tun­gen dar­stel­len. Hier­an fehlt es, wenn die Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beit ledig­lich all­ge­mein abge­gol­ten wird, da hier­durch weder eine Zurech­nung der Sache nach für tat­säch­lich geleis­te­te Arbeit wäh­rend der begüns­tig­ten Zei­ten noch der Höhe nach (Steu­er­frei­stel­lung nur nach Pro­zent­sät­zen des Grund­lohns) mög­lich ist.

Nach die­sen Maß­stä­ben kommt der Bun­des­fi­nanz­hof ent­spre­chend der Vor­in­stanz des Finanz­ge­rich­tes Düs­sel­dorf mit Urteil vom 11.7.2019 unter dem Akten­zei­chen 14 K 653/17 L zu dem Schluss, dass die Steu­er­be­frei­ungs­re­ge­lung des § 3b EStG für die Steu­er­frei­heit von Sonntags‑, Fei­er­tags- oder Nacht­ar­beits­zu­schlä­gen nicht eine kon­kret indi­vi­du­ell belas­ten­de Tätig­keit des Arbeit­neh­mers ver­langt. Erfor­der­lich, aber auch aus­rei­chend ist hin­ge­gen, dass der Arbeit­neh­mer eine mit einem Grund­lohn bewer­te­te Tätig­keit tat­säch­lich zu den begüns­tig­ten Zei­ten aus­übt. Dann funk­tio­niert es auch mit der Steuerbefreiung.

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6. Für GmbH-Gesellschafter: Verdeckte Gewinnausschüttung aufgrund einer Überversorgung bei einer Pensionszusage

Aus­weis­lich der Rege­lung in § 8 Abs. 1 Satz 1 des Kör­per­schaft­steu­er­ge­set­zes (KStG) in Ver­bin­dung mit § 6a Abs. 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) darf für Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen eine steu­er­wirk­sa­me Rück­stel­lung gebil­det wer­den, sofern die im Gesetz genann­ten Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind. Ent­spre­chend der Rege­lung in § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG darf die Rück­stel­lung höchs­tens mit dem Teil­wert der Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen ange­setzt wer­den. Eben­so sind aus­weis­lich der Rege­lun­gen Erhö­hun­gen oder Ver­min­de­run­gen der Pen­si­ons­leis­tun­gen nach dem Schluss des Wirt­schafts­jah­res, die hin­sicht­lich des Zeit­punkts ihres Wirk­sam­wer­dens oder ihres Unter­fan­gens unge­wiss sind, bei der Berech­nung des Bar­werts der künf­ti­gen Pen­si­ons­leis­tun­gen und der Jah­res­be­trä­ge erst zu berück­sich­ti­gen, wenn sie ein­ge­tre­ten sind.

Aus­weis­lich der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs in Mün­chen zur soge­nann­ten Über­ver­sor­gung ist in der Vor­weg­nah­me künf­ti­ger Ent­wick­lun­gen eine Über­ver­sor­gung zu sehen, die zur Kür­zung der Pen­si­ons­rück­stel­lung führt, und zwar typi­sie­rend dann, wenn die Ver­sor­gungs­an­wart­schaft zusam­men mit der Ren­ten­an­wart­schaft aus der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung 75 % der am Bilanz­stich­tag bezo­ge­nen Aktiv­be­zü­ge über­steigt. So die Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­rich­tes Nürn­berg vom 20.4.2021 unter dem Akten­zei­chen 1 K 186/92.

Im Hin­blick auf die Schwie­rig­keit, die letz­ten Aktiv­be­zü­ge und die zu erwar­ten­den Sozi­al­ver­si­che­rungs­ren­ten zu schät­zen, hat der Bun­des­fi­nanz­hof zur Prü­fung einer mög­li­chen Über­ver­sor­gung auf die vom Arbeit­ge­ber wäh­rend der akti­ven Tätig­keit des Begüns­tig­ten tat­säch­lich erbrach­ten Leis­tun­gen abgestellt.

Die Ver­wal­tungs­pra­xis hat sich ent­spre­chend des Schrei­bens des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums vom 3.11.2004 die­ser Auf­fas­sung ange­schlos­sen. Einer wei­te­ren Dif­fe­ren­zie­rung der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung bedarf es bei der hier gebo­te­nen Typi­sie­rung nicht, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 20.12.2016 unter dem Akten­zei­chen I R 4/15 dar­ge­legt hat.

Nach Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Gerich­tes ist daher der Ansatz eines fik­ti­ven Ren­ten­an­spruchs abzu­leh­nen. Denn unter Anwen­dung der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs steht die­ser gera­de nicht fest, son­dern ist unge­wiss. Das Finanz­ge­richt sieht dar­in inso­weit eine Vor­weg­nah­me künf­ti­ger Entwicklungen.

Der Grund für die­se Sicht­wei­se: Beim Ansatz eines fik­ti­ven Ren­ten­an­spruchs wird unter­stellt, dass das Arbeits­ver­hält­nis unter den glei­chen Bedin­gun­gen bis zum Ren­ten­ein­tritt fort­be­steht. Bei den bis­her vom Bun­des­fi­nanz­hof ent­schie­de­nen Fäl­len stand der Ren­ten­ein­tritt des Emp­fän­gers der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge kurz bevor und die­ser befand sich zum Zeit­punkt der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung bereits in Ren­te bzw. hat kei­ne sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Beschäf­ti­gung mehr ausgeführt.

Zudem wird wei­ter­hin bei Annah­me eines fik­ti­ven Ren­ten­an­spruchs unter­stellt, dass sich bis zum Ren­ten­ein­tritt die per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se der Gesell­schaf­te­rin nicht ändern. Mög­li­che Ent­wick­lun­gen hin­sicht­lich Krank­heit, Arbeits­lo­sig­keit, Teil­zeit­tä­tig­keit, Mut­ter­schutz und Eltern­zeit, Berufs­un­fä­hig­keit oder Tod wer­den bei der Pro­gno­se gänz­lich außer Acht gelas­sen. Der als künf­ti­ge Alters­ren­te in den Ren­ten­in­for­ma­ti­on aus­ge­wie­se­nen Betrag ent­hält hin­ge­gen die­se Unwäg­bar­kei­ten, die in der Rea­li­tät zu einem erheb­lich nied­ri­ge­ren Ren­ten­an­spruch der Gesell­schaf­te­rin füh­ren können.

Eben­so wird außer Acht gelas­sen, dass eine mög­li­che Schei­dung einer even­tu­el­len bestehen­den Ehe erheb­li­chen Ein­fluss auf die Höhe der zu erwar­ten­den Ren­te hat. Denn bei einem soge­nann­ten Ver­sor­gungs­aus­gleich ent­spre­chend der Rege­lung in § 1587 des Bür­ger­li­chen Gesetz­bu­ches (BGB), der bei einer Schei­dung ver­pflich­tend durch­zu­füh­ren ist, wer­den alle wäh­rend der Ehe­zeit erwor­be­nen Ren­ten­an­sprü­che addiert und im Anschluss hälf­tig geteilt. Die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung Bund weist in den Ren­ten­in­for­ma­tio­nen auf die Tat­sa­che hin, in dem sie aus­führt, dass „auch wir die Ent­wick­lung nicht vor­her­se­hen“ können.

Wei­ter­hin führt das Gericht aus, dass beim Ansatz eines fik­ti­ven Ren­ten­an­spruchs auch der Auto­no­mie eines Gesell­schaf­ters nicht genü­gend Beach­tung geschenkt wird. Immer­hin könn­te sich der Gesell­schaf­ter oder die Gesell­schaf­te­rin für einen vor­zei­ti­gen Ren­ten­be­ginn unter Abschlä­gen oder für ein Alters­teil­zeit­mo­dell ent­schei­den. Die­se zukünf­ti­gen, zum jewei­li­gen Stich­tag nicht fest­ste­hen­den Ent­wick­lun­gen haben erheb­li­chen Ein­fluss auf die Höhe der zu erwar­ten­den Rente.

Vor die­sem und wei­te­ren Argu­men­ten kommt dem­entspre­chend das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Nürn­berg zu dem Schluss, dass in der Vor­weg­nah­me künf­ti­ger Ent­wick­lun­gen typi­sie­rend dann eine Über­ver­sor­gung zu sehen ist, die zur Kür­zung der Pen­si­ons­rück­stel­lung führt. So zumin­dest, wenn die Ver­sor­gungs­an­wart­schaft zusam­men mit der Ren­ten­an­wart­schaft aus der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung 75 % der am Bilanz­stich­tag bezo­ge­nen Aktiv­be­zü­ge übersteigt.

Im Hin­blick auf die Schwie­rig­keit, die letz­ten Aktiv­be­zü­ge und die zu erwar­ten­den Sozi­al­ver­si­che­rungs­ren­ten zu schät­zen, sagt das Finanz­ge­richt, dass zur Prü­fung einer mög­li­chen Über­ver­sor­gung auf die vom Arbeit­ge­ber wäh­rend der akti­ven Tätig­keit des Begüns­tig­ten tat­säch­lich erbrach­ten Leis­tun­gen abzu­stel­len ist. Im Ergeb­nis ist daher der Ansatz eines fik­ti­ven Ren­ten­an­spruchs abzu­leh­nen, da bei die­sem Ansatz zukünf­ti­ge unge­wis­se Ent­wick­lun­gen vor­weg­ge­nom­men werden.

Hin­weis: Ob dies jedoch tat­säch­lich rech­tens ist, wird abschlie­ßend noch der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen I R 42/21 zu prü­fen haben. Kon­kret wer­den die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik die Rechts­fra­ge beant­wor­ten, ob bei der Prü­fung, ob im Rah­men einer Pen­si­ons­zu­sa­ge eine Über­ver­sor­gung und damit eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung vor­liegt, bei einem sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter auf einen fik­ti­ven Ren­ten­an­spruch abzu­stel­len sein kann oder grund­sätz­lich nur auf die tat­säch­lich erreich­te Sozi­al­ver­si­che­rungs­ren­ten­an­wart­schaft abge­stellt wer­den darf.

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7. Für GmbH-Gesellschafter: Keine erbschaftsteuerliche Begünstigung wegen des Einstiegstests

In der gesetz­li­chen Rege­lung des § 13 b Absatz 2 Satz 2 des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) ist der als „Ein­stiegs­test“ bekann­te Test gere­gelt. Dabei geht es um die Inan­spruch­nah­me der erb­schafts­steu­er­li­chen und schen­kungsteu­er­li­chen Begüns­ti­gung für Betriebs­ver­mö­gen. Die­se steu­er­lich sehr bedeut­sa­me Begüns­ti­gung ist näm­lich von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen, wenn der nach die­ser Vor­schrift modi­fi­zier­te Wert des Ver­wal­tungs­ver­mö­gens min­des­tens 90 % des gemei­nen Werts des grund­sätz­lich begüns­ti­gungs­fä­hi­gen Ver­mö­gens beträgt.

Vor die­sem Hin­ter­grund hat nun der drit­te Senat des Finanz­ge­rich­tes Müns­ters in sei­nem Urteil vom 24.11.2021 unter dem Akten­zei­chen 3 K 2174/19 Erb ent­schie­den, dass bei der Über­tra­gung von Antei­len an einer Kapi­tal­ge­sell­schaft die Rege­lung im Wege teleo­lo­gi­scher Reduk­ti­on dahin­ge­hend ein­schrän­kend aus­zu­le­gen ist, dass sie nicht zur Anwen­dung kommt, wenn die betref­fen­de Kapi­tal­ge­sell­schaft ihrem Haupt­zweck nach einer Tätig­keit im Sin­ne des § 13 Abs. 1, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG dient.

Der Urteils­sach­ver­halt gestal­te­te sich im ent­schie­de­nen Ver­fah­ren wie folgt: Der Vater der Klä­ge­rin des Streit­falls schenk­te die­ser im Jahr 2017 alle Antei­le an einer GmbH, die ein Unter­neh­men für den Ver­trieb von Arz­nei­mit­teln und Medi­zin­pro­duk­ten betrieb und auch for­schend tätig war. Das Geschäfts­lei­tungs­fi­nanz­amt stell­te den Wert der Antei­le an der GmbH auf 555.975 Euro, die Sum­me der gemei­nen Wer­te der Finanz­mit­tel auf 2.517.649 Euro, die Sum­me der gemei­nen Wer­te des Ver­wal­tungs­ver­mö­gens auf 0 Euro und die Sum­me der gemei­nen Wer­te der Schul­den auf 3.138.504 Euro fest.

Der Beklag­te ver­sag­te wegen des soge­nann­ten Ein­stiegs­tests die Begüns­ti­gun­gen gemäß § 13a Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG.

Der hier­ge­gen erho­be­nen Kla­ge hat der 3. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter nun erfreu­li­cher­wei­se statt­ge­ge­ben. Zwar ist im Streit­fall nach dem Wort­laut des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG die begehr­te Begüns­ti­gung für Betriebs­ver­mö­gen voll­stän­dig aus­ge­schlos­sen, denn das Ver­wal­tungs­ver­mö­gen von 0 Euro zzgl. der Finanz­mit­tel von 2.577.649 Euro betra­ge mehr als 90 v. H. des auf 555.975 Euro fest­ge­stell­ten gemei­nen Wer­tes der über­tra­ge­nen Antei­le an der inlän­di­schen GmbH.

Die Vor­schrift sei aber ihrem Norm­zweck ent­spre­chend im Wege der teleo­lo­gi­schen Reduk­ti­on dahin­ge­hend ein­schrän­kend aus­zu­le­gen, dass der soge­nann­te Ein­stiegs­test dann nicht zur Anwen­dung kommt, wenn die Kapi­tal­ge­sell­schaft, deren Antei­le über­tra­gen wird, ihrem Haupt­zweck nach einer Tätig­keit im Sin­ne des § 13 Abs. 1, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG die­ne. Im Streit­fall sei der Haupt­zweck der Tätig­keit der GmbH ein ori­gi­när gewerb­li­cher, wes­halb der soge­nann­te Ein­stiegs­test unter­blei­ben muss.

Mit die­ser Auf­fas­sung stützt sich der 3. Senat ins­be­son­de­re dar­auf, dass es sich bei dem „Ein­stiegs­test“ nach sei­nem Sinn und Zweck um einen spe­zi­el­len Miss­brauchs­ver­mei­dungs­tat­be­stand han­delt. Es soll sol­ches begüns­ti­gungs­fä­hi­ge Ver­mö­gen von der Ver­scho­nung aus­ge­nom­men sein, das nahe­zu aus­schließ­lich aus Ver­wal­tungs­ver­mö­gen besteht. Geht die Kapi­tal­ge­sell­schaft aber ihrem Haupt­zweck nach einer Tätig­keit i. S. des § 13 Abs. 1, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 nach, besteht kei­ne Miss­brauchs­ge­fahr. Dies gilt ins­be­son­de­re für Han­dels- und Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men, wie es die GmbH der Klä­ge­rin betrei­be, die typi­scher­wei­se einen ver­gleichs­wei­se hohen Bestand an For­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen aus ihrer gewöhn­li­chen Geschäfts­tä­tig­keit haben.

Im Gegen­teil wür­den durch eine unein­ge­schränk­te Anwen­dung des Ein­stiegs­tests für sol­che Unter­neh­men Anrei­ze gesetzt, ent­ge­gen ihrem gewach­se­nen und übli­chen Geschäfts­mo­dell Aus­weich­ge­stal­tun­gen oder betriebs­wirt­schaft­lich nicht sinn­vol­le bzw. nach­tei­li­ge Vor­ge­hens­wei­sen zu wäh­len, um einen posi­ti­ven Ein­stiegs­test zu errei­chen. Eine teleo­lo­gi­sche Reduk­ti­on des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG in der Wei­se, dass danach unter­schie­den wer­de, wel­chem Haupt­zweck die Tätig­keit der betref­fen­den Kapi­tal­ge­sell­schaft dient, ist schließ­lich auch durch den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 des Grund­ge­set­zes (GG) geboten.

Hin­weis: Gera­de wegen der teleo­lo­gi­schen Reduk­ti­on hat das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zuge­las­sen. Prompt hat die Finanz­ver­wal­tung auch den Revi­si­ons­zug bestie­gen und die Revi­si­on ein­ge­legt. Das Ver­fah­ren ist unter dem Akten­zei­chen II R 49/21 anhängig.

Tipp: Betrof­fe­nen ist zu raten, sich auf die posi­ti­ve Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts Müns­ters zu bezie­hen und bei einem wei­ter­hin ableh­nen­den Bescheid des Finanz­am­tes mit Ver­weis auf das anhän­gi­ge Revi­si­ons­ver­fah­ren Ein­spruch einzulegen.

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8. Für Immobilien Eigentümer: Fristbeginn beim privaten Veräußerungsgeschäft

Mit Ent­schei­dung vom 26.10.2021 hat der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen IX R 12/20 erklärt, dass, wenn der Grund­stücks­kauf­ver­trag mit einem befris­te­ten Erwer­ber­be­nen­nungs­recht aus­ge­stat­tet ist, es zur Anschaf­fung im Sin­ne des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes im Zeit­punkt der Selbst­be­nen­nung (Selbst­ein­tritt) kommt, selbst wenn der Benen­nungs­be­rech­tig­te das Grund­stück mit dem spä­te­ren Frist­ab­lauf ohne­hin auto­ma­tisch erwor­ben hätte.

Tat­säch­lich ist dies ein eher außer­ge­wöhn­li­cher Sach­ver­halt. Den­noch nennt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nen Urteils­grün­den zahl­rei­che wich­ti­ge Argu­men­te, die auch bei der all­ge­mei­nen Frist­be­rech­nung des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes anzu­wen­den sind, was der Ent­schei­dung durch­aus eine gewis­se All­ge­mein­gül­tig­keit verleiht.

Inso­weit kann daher aus­ge­führt werden:

Ent­spre­chend der Rege­lung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) sind pri­va­te Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te unter ande­rem Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te bei Grund­stü­cken, bei denen der Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung nicht mehr als zehn Jah­re beträgt.

Für die Berech­nung des Zeit­raums zwi­schen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung sind nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs grund­sätz­lich die Zeit­punk­te maß­ge­bend, in denen die obli­ga­to­ri­schen Ver­trä­ge abge­schlos­sen wur­den. Dies hat der Bun­des­fi­nanz­hof bei­spiels­wei­se in einer Ent­schei­dung vom 8.4.2014 unter dem Akten­zei­chen IX R 18/13 klargestellt.

Ent­spre­chend dem Norm­zweck, inner­halb der Ver­äu­ße­rungs­frist rea­li­sier­te Wert­erhö­hun­gen eines bestimm­ten Wirt­schafts­guts im Pri­vat­ver­mö­gen der Ein­kom­men­steu­er zu unter­wer­fen, kann von einer Ver­wirk­li­chung des Grund­stücks­werts nur gespro­chen wer­den, wenn die Ver­trags­er­klä­run­gen bei­der Ver­trags­part­ner inner­halb der Ver­äu­ße­rungs­frist bin­dend abge­ge­ben wor­den sind. Zwar hat der Bun­des­fi­nanz­hof auch ein recht­lich bin­den­des Ver­kaufs­an­ge­bot als Ver­äu­ße­rung im Sin­ne des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes gewer­tet. Dies geschah indes allein in Fäl­len, in denen mit dem Ange­bot der Ver­kauf durch den Über­gang von Besitz, Gefahr sowie Nut­zun­gen und Las­ten wirt­schaft­lich bereits voll­zo­gen war. Ist aber bei Abga­be des Ver­kaufs­an­ge­bots die Gefahr noch nicht über­ge­gan­gen und hat der Ver­käu­fer dem Käu­fer noch kein wirt­schaft­li­ches Eigen­tum ver­schafft, so müs­sen bei­de Ver­trags­er­klä­run­gen inner­halb der Frist abge­ge­ben wer­den. Der Ver­trags­ab­schluss muss inner­halb der Ver­äu­ße­rungs­frist für bei­de Par­tei­en bin­dend sein. Dem ent­spricht der für das Steu­er­recht im Vor­der­grund ste­hen­de Grund­satz der Tat­be­stands­mä­ßig­keit (Gesetz­mä­ßig­keit) der Besteue­rung: Nur ein ver­wirk­lich­ter Tat­be­stand darf nach bestimm­ten Zeit­ab­stän­den zugrun­de gelegt wer­den. So auch zuletzt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 25.3.2021 unter dem Akten­zei­chen IX R 10/20.

Bei einem unbe­ding­ten und nicht geneh­mi­gungs­be­dürf­ti­gen Rechts­ge­schäft ist eine sol­che Bin­dung regel­mä­ßig mit dem Ver­trags­ab­schluss gege­ben. Die­se Vor­aus­set­zun­gen kön­nen aber auch bei einem Rechts­ge­schäft vor­lie­gen, des­sen Rechts­wir­kun­gen von dem Ein­tritt einer Bedin­gung abhän­gen. Aus dem Wesen der Bedin­gun­gen und dem Wort­laut folgt, dass das auf­schie­bend beding­te Rechts­ge­schäft tat­be­stand­lich mit sei­ner Vor­nah­me voll­endet und voll gül­tig ist (die Par­tei­en daher zukünf­tig bin­det) und sei­ne Wirk­sam­keit mit dem Bedin­gungs­fall ein­tritt, ohne dass die Wil­lens­ei­ni­gun­gen der Par­tei­en noch bis dahin Bestand haben müs­sen. Nur die Rechts­wir­kun­gen des beding­ten Rechts­ge­schäfts befin­den sich bis zum Bedin­gungs­ein­tritt in der Schwe­be. Die Par­tei­en eines beding­ten Rechts­ge­schäfts kön­nen die Ver­trags­be­zie­hun­gen nicht mehr ein­sei­tig lösen, viel­mehr sind sie im Hin­blick auf den auf­schie­bend beding­ten Rechts­er­werb zur gegen­sei­ti­gen Treue­pflicht und zur Beach­tung der Schutz­vor­schrif­ten verpflichtet.

Hin­ge­gen ist bei einem wegen Mit­wir­kung eines voll­macht­lo­sen Ver­tre­ters schwe­bend unwirk­sa­men —geneh­mi­gungs­be­dürf­ti­gen— Rechts­ge­schäft nicht auf den Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses abzu­stel­len, son­dern auf den Zeit­punkt der Geneh­mi­gung. Die Geneh­mi­gung wirkt steu­er­recht­lich nicht auf den Zeit­punkt der Vor­nah­me des Rechts­ge­schäfts zurück, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 2.10.2001 unter dem Akten­zei­chen IX R 45/99 klar­ge­stellt hat.

Hängt die zivil­recht­li­che Wirk­sam­keit des Ver­trags von der Geneh­mi­gung eines Drit­ten ab, so hat dies auf die zivil­recht­lich ent­stan­de­ne und von den Ver­trags­par­tei­en gewoll­te Bin­dungs­wir­kung kei­nen Ein­fluss, wenn sich die Geneh­mi­gung nicht auf die inhalt­li­che Aus­ge­stal­tung des Ver­trags oder die Wirk­sam­keit der Wil­lens­er­klä­run­gen bezieht, son­dern Zwe­cke ver­folgt, die außer­halb des Ver­trags lie­gen, und auf die die Ver­trags­be­tei­lig­ten kei­nen Ein­fluss haben.

Nach die­sen Maß­stä­ben kommt der Bun­des­fi­nanz­hof vor­lie­gend zu dem Schluss, dass bereits im Zeit­punkt der Selbst­be­nen­nung die Frist des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäfts beginnt. Die Grund­sät­ze, mit denen der Bun­des­fi­nanz­hof die­se Auf­fas­sung jedoch her­lei­tet, sind durch­aus all­ge­mein anwendbar.

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9. Für GmbH-Gesellschafter: Gestaltungsmöglichkeiten aus einer gespaltenen Gewinnverwendung

Gemäß einer viel beach­te­ten Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 28.9.2021 unter dem Akten­zei­chen VIII R 25/19 ist ein zivil­recht­lich wirk­sa­mer Gesell­schaf­ter­be­schluss, nach dem die Gewinn­an­tei­le von Min­der­heits­ge­sell­schaf­tern aus­ge­schüt­tet wer­den, der auf den Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter gemäß sei­ner Betei­li­gung ent­fal­len­de Anteil am Gewinn hin­ge­gen nicht aus­ge­schüt­tet, son­dern in eine gesell­schaf­ter­be­zo­ge­ne Gewinn­rück­la­ge ein­ge­stellt wird, grund­sätz­lich auch steu­er­recht­lich anzu­er­ken­nen. Das Beson­de­re an die­ser Ent­schei­dung, was auch ins­be­son­de­re in der Pra­xis durch­aus zu erheb­li­chem Gestal­tungs­po­ten­zi­al füh­ren kann, ist, dass eine sol­che Ein­stel­lung in die gesell­schaf­ter­be­zo­ge­ne Gewinn­rück­la­gen auch beim beherr­schen­den Gesell­schaf­ter nicht zum Zufluss von Kapi­tal­erträ­gen gemäß § 20 Abs. 1 Num­mer 1 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) führt.

Zukünf­tig ist es also ohne Pro­ble­me mög­lich, dass bei einer mehr­glied­ri­gen Kapi­tal­ge­sell­schaft ein Aus­schüt­tungs­be­schluss getrof­fen wird, wobei nur der­je­ni­ge die Aus­schüt­tung tat­säch­lich erhält (und nur der die­se auch ver­steu­ern muss), der dies wünscht. Die ande­ren Gesell­schaf­ter kön­nen ihren Gewinn­an­teil in einer gesell­schaf­ter­be­zo­ge­nen Gewinn­rück­la­ge sozu­sa­gen par­ken und erspa­ren sich damit die Aus­schüt­tungs­be­las­tung. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Finanz­am­tes und auch der Mei­nung des erst­in­stanz­li­chen Gerich­tes sub­su­miert der Bun­des­fi­nanz­hof die­se Auf­fas­sung wie folgt:

Zu den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen gehö­ren ins­be­son­de­re auch Gewinn­an­tei­le, soge­nann­te Divi­den­den, und sons­ti­ge Bezü­ge aus Antei­len an einer Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung (kurz GmbH). Gewinn­an­teil in die­sem Sin­ne ist der Anteil an dem offen aus­ge­schüt­te­ten Gewinn der Gesell­schaft, der dem Gesell­schaf­ter auf­grund sei­nes Gewinn­be­zugs­rechts zuge­wen­det wird. Erfasst wer­den durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lass­te aus­ge­schüt­te­te Leis­tun­gen, also weder the­sau­ri­er­te Antei­le am Gewinn noch Leis­tun­gen, die zu einer Min­de­rung der Anschaf­fungs­kos­ten der Betei­li­gung füh­ren. Eine offe­ne Gewinn­aus­schüt­tung ist daher gege­ben, wenn und inso­weit der Aus­schüt­tung ein Gewinn­ver­wen­dungs­be­schluss zugrun­de liegt.

Wäh­rend die Gesell­schaf­ter im Gewinn­ver­wen­dungs­be­schluss dar­über ent­schei­den, ob bzw. inwie­weit der Gewinn der GmbH the­sau­ri­ert oder aus­ge­schüt­tet wird, bestim­men sie im Rah­men der Gewinn­ver­tei­lung, ob der aus­zu­schüt­ten­de Gewinn den Gesell­schaf­tern gemäß ihren Geschäfts­an­tei­len zusteht oder ob er anteils­ab­wei­chend ver­teilt wird. Dabei spricht man von der soge­nann­ten dis­quo­ta­len bzw. inkon­gru­en­ten Gewinnverteilung.

Ent­schei­den die Gesell­schaf­ter im Rah­men der Gewinn­ver­wen­dung, dass der Gewinn ins­ge­samt oder zum Teil the­sau­ri­ert wird, kann die­ser in eine (all­ge­mei­ne) Gewinn­rück­la­ge ein­ge­stellt oder als Gewinn vor­ge­tra­gen wer­den. So sieht es das GmbH-Gesetz in § 29 Abs. 2 GmbHG vor. Die Gesell­schaf­ter einer GmbH kön­nen im Rah­men der Gewinn­ver­wen­dung auch beschlie­ßen, dass nur die Antei­le bestimm­ter Gesell­schaf­ter am Gewinn aus­ge­schüt­tet wer­den, wäh­rend die Antei­le ande­rer Gesell­schaf­ter am Gewinn nicht aus­ge­schüt­tet, son­dern in gesell­schaf­ter­be­zo­ge­ne Gewinn­rück­la­gen ein­ge­stellt wer­den. Dabei spricht man von der soge­nann­ten gespal­te­nen bzw. inkon­gru­en­ten Gewinnverwendung.

Für spä­te­re Aus­schüt­tun­gen aus einer sol­chen gesell­schaf­ter­be­zo­ge­nen Gewinn­rück­la­ge, die als Unter­kon­to der Gewinn­rück­la­gen geführt wird, ist erneut ein Beschluss über die Gewinn­ver­wen­dung zu fas­sen. Der Gewinn wird in die­sem Fall regel­mä­ßig an den­je­ni­gen Gesell­schaf­ter ver­teilt, dem die betref­fen­de Rück­la­ge zuzu­rech­nen ist. Auf die­sem Weg ist es mög­lich, den Anteil eines Gesell­schaf­ters am Gewinn in der Gesell­schaft zu belas­sen und erst in spä­te­ren Jah­ren an die­sen Gesell­schaf­ter aus­zu­schüt­ten. Kurz könn­te man dies als zeit­lich inkon­gru­en­te Gewinn­aus­schüt­tung bezeich­nen. Der zunächst ent­ste­hen­de Effekt der „zeit­lich dis­quo­ta­len“ Gewinn­aus­schüt­tung wird bei einer spä­te­ren inkon­gru­en­ten Aus­schüt­tung aus der gesell­schaf­ter­be­zo­ge­nen Gewinn­rück­la­ge gege­be­nen­falls ganz oder teil­wei­se ausgeglichen.

Der­art gespal­te­ne Gewinn­ver­wen­dun­gen sind gesell­schafts­recht­lich zuläs­sig, wenn sie nach der Sat­zung der GmbH mög­lich sind und die Gesell­schaf­ter wirk­sam einen ent­spre­chen­den Beschluss fassen.

Ein zivil­recht­lich wirk­sa­mer Gesell­schaf­ter­be­schluss, nach­dem die Gewinn­an­tei­le von Min­der­heits­ge­sell­schaf­tern aus­ge­schüt­tet wer­den, der auf den Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter gemäß sei­ner Betei­li­gung ent­fal­len­de Anteil am Gewinn hin­ge­gen nicht aus­ge­schüt­tet, son­dern in eine gesell­schaf­ter­be­zo­ge­ne Gewinn­rück­la­ge ein­ge­stellt wird, ist (eben­so wie eine zivil­recht­lich ord­nungs­ge­mäß zustan­de gekom­me­ne inkon­gru­en­te Gewinn­aus­schüt­tung in Gestalt einer anteils­ab­wei­chen­den Ver­tei­lung des Gewinns) grund­sätz­lich auch steu­er­lich anzu­er­ken­nen. Wie bei einer voll­stän­di­gen The­sau­rie­rung besteht kein Grund, den Beschluss der Gesell­schaf­ter über eine par­ti­el­le, nach Gesell­schaf­tern dif­fe­ren­zie­ren­de The­sau­rie­rung steu­er­lich nicht anzu­er­ken­nen. Ein sol­cher Grund ergibt sich ins­be­son­de­re nicht dar­aus, dass kei­ne all­ge­mei­ne, son­dern eine gesell­schaf­ter­be­zo­ge­ne Gewinn­rück­la­ge gebil­det wird.

Beson­ders erfreu­lich an der Ent­schei­dung ist wei­ter, dass die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik auch direkt erwäh­nen, dass ein Miss­brauch von Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten auf­grund der Rege­lung des § 42 der Abga­ben­ord­nung (AO) nicht vor­liegt. Die Tat­sa­che, dass Aus­schüt­tun­gen an alle Gesell­schaf­ter mög­lich gewe­sen wären, genügt nicht, um den zivil­recht­lich wirk­sa­men Gesell­schaf­ter­be­schlüs­sen die steu­er­recht­li­che Aner­ken­nung zu ver­sa­gen, so der Bun­des­fi­nanz­hof wort­wört­lich in der vor­lie­gen­den Entscheidung.

Die par­ti­el­len Gewinnthe­sau­rie­run­gen die­nen der Innen­fi­nan­zie­rung bzw. der Selbst­fi­nan­zie­rung und beru­hen auf anzu­er­ken­nen­den wirt­schaft­li­chen Grün­den. Es ist weder unty­pisch noch unan­ge­mes­sen, dass Gesell­schaf­ter unter­schied­li­che Inter­es­sen an der Aus­schüt­tung von Gewin­nen haben und die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung dem­ge­mäß ent­schei­det, dass nur bestimm­te Gesell­schaf­ter Aus­schüt­tun­gen erhal­ten, wäh­rend der Gewinn im Übri­gen vor­erst ein­be­hal­ten wird.

Danach führt ein gesell­schafts­recht­lich zuläs­si­ger und steu­er­lich anzu­er­ken­nen­der Beschluss über die gespal­te­ne bzw. inkon­gru­en­ten Gewinn­ver­wen­dung nicht zu Gewinn­aus­schüt­tun­gen an den Gesell­schaf­ter, des­sen Anteil am Gewinn the­sau­ri­ert wird, und inso­weit auch nicht zum Zufluss eines Gewinnanteils.

Der Bun­des­fi­nanz­hof sieht die Sache daher für spruch­reif und für voll­kom­men ein­deu­tig an. Die Gesell­schaf­ter der GmbH haben jeweils eine gespal­te­ne Gewinn­ver­wen­dung und damit in zeit­li­cher Hin­sicht inkon­gru­en­te Gewinn­aus­schüt­tun­gen beschlos­sen. Sie haben im Ein­klang mit ihrer Sat­zung (und damit zivil­recht­lich wirk­sam) aus­drück­lich eine „vom Ver­hält­nis der Geschäfts­an­tei­le der Gesell­schaf­ter abwei­chen­de Gewinn­aus­schüt­tung“ bestimmt und ent­schie­den, dass die Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter an der Gewinn­aus­schüt­tung teil­neh­men, wäh­rend der jewei­li­ge Anteil des Klä­gers am Gewinn nicht aus­ge­schüt­tet, son­dern der per­so­nen­be­zo­ge­nen Rück­la­ge zuge­führt wird. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Finanz­am­tes ist den Gesell­schaf­ter­be­schlüs­sen nicht zu ent­neh­men, dass das Jah­res­er­geb­nis ins­ge­samt zur Aus­zah­lung kom­men soll. Soweit eine The­sau­rie­rung im Wege der Ein­stel­lung in eine per­so­nen­be­zo­ge­ne Gewinn­rück­la­ge erfolgt ist, ist der Gewinn im Eigen­ka­pi­tal der jewei­li­gen Gesell­schaft ver­blie­ben, wie der ent­spre­chen­de finan­zi­el­le Aus­weis bestätigt.

Damit lässt das obers­te Finanz­ge­richt der Repu­blik kei­nen Zwei­fel dar­an, dass die zivil­recht­lich wirk­sa­men Gesell­schaf­ter­be­schlüs­se auch steu­er­lich anzu­er­ken­nen sind. Auch die Tat­sa­che, dass es sich im vor­lie­gen­den Fall um einen beherr­schen­den Gesell­schaf­ter han­del­te, steht nach Ansicht des Bun­des­fi­nanz­hofs der Aner­ken­nung nicht entgegen.

Die Ein­stel­lung des auf den beherr­schen­den Gesell­schaf­ter ent­fal­len­den Anteils am Gewinn in sei­ner gesell­schaf­ter­be­zo­ge­nen Gewinn­rück­la­ge führt nicht zum Zufluss von Kapi­tal­erträ­gen. Dies folgt bereits dar­aus, dass auch bei einem beherr­schen­den Gesell­schaf­ter der Beschluss, den Gewinn in Eigen­ka­pi­tal in eine gesell­schaf­ter­be­zo­gen Gewinn­rück­la­ge zu the­sau­rie­ren, zur Fol­ge hat, dass er inso­weit kei­nen Gewinn­an­teil bezieht.

Zum Abschluss sei­ner Urteils­grün­de führt der Bun­des­fi­nanz­hof sogar noch aus, dass die Aus­schüt­tung eines Gewinn­an­teils oder eines sons­ti­gen Bezugs auch nicht fin­giert wer­den kann, auch wenn der Fis­kus dies sicher­lich ger­ne hät­te. Zum einen wider­spre­che dies der steu­er­li­chen Aner­ken­nung der vor­lie­gen­den Beschlüs­se über die gespal­te­ne bzw. inkon­gru­en­te Gewinn­ver­wen­dung. Zum ande­ren ist in Höhe des dem jewei­li­gen Rück­la­gen­kon­to zuge­wie­se­nen Betrags kein kon­kre­ter, aus­zahl­ba­rer Gewinn­an­spruch des Klä­gers ent­stan­den. Der Aus­zah­lungs­an­spruch ent­steht viel­mehr erst durch den auf Aus­schüt­tung gerich­te­ten Gewinn­ver­wen­dungs­be­schluss. Da ein sol­cher nicht gefasst wur­de, hat der Gesell­schaf­ter gegen die Gesell­schaft kei­ne For­de­rung erlangt, die er auf­grund sei­ner beherr­schen­den Stel­lung jeder­zeit hät­te rea­li­sie­ren kön­nen. Der Anteil des Klä­gers am Gewinn wur­de in den Jah­res­ab­schlüs­sen daher zu Recht nicht als Fremd­ka­pi­tal, son­dern als Eigen­ka­pi­tal in Form einer Gewinn­rück­la­ge ausgewiesen.

Nicht zuletzt erkennt der Bun­des­fi­nanz­hof die Vor­ge­hens­wei­se an, weil in der Pra­xis natür­lich auch ein Pro­blem damit ver­bun­den ist. Trotz der Stel­lung als beherr­schen­de Gesell­schaf­ter und obgleich für einen erneu­ten Gewinn­ver­wen­dungs­be­schluss über die Aus­schüt­tung des the­sau­ri­er­ten Betrags nur eine ein­fa­che Stim­men­mehr­heit erfor­der­lich ist, kann der beherr­schen­de Gesell­schaf­ter nicht sicher sein, dass er die Aus­schüt­tung der in sei­nen Rück­la­gen the­sau­ri­er­ten Gewin­ne zu einem spä­te­ren Zeit­punkt tat­säch­lich durch­set­zen kann. So kann die Rea­li­sie­rung der Aus­schüt­tung aus der per­so­nen­be­zo­ge­nen Rück­la­ge im Ver­lust­fall schlimms­ten­falls zur Gän­ze unmög­lich werden.

Hin­weis: Trotz der Pro­ble­ma­tik der zukünf­ti­gen Ver­lus­te bil­det die Ent­schei­dung den Boden für in der Pra­xis wert­vol­le Gestal­tun­gen. Mit Blick auf die Ver­lus­te wird es dabei häu­fig so sein, dass der beherr­schen­de Gesell­schaf­ter auch der Geschäfts­füh­rer ist und er sehr gut über­bli­cken kann, ob die Gefahr von Ver­lus­ten über­haupt besteht oder in wel­chem Maße sie besteht. Inso­weit kann die­ses Risi­ko klein gehal­ten werden.

Auf der ande­ren Sei­te bie­tet die Rege­lung jedoch erheb­li­che Vor­tei­le. So kann die Aus­schüt­tungs­be­las­tung ver­hin­dert wer­den und zudem durch die Ein­stel­lung in die per­so­nen­be­zo­ge­ne Gewinn­rück­la­ge die Bilanz gestärkt werden.

Wir gehen daher davon aus, dass mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit von ent­spre­chen­den Gestal­tun­gen reger Gebrauch gemacht wird.

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