Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Mai 2022

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

10.5. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.5. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

16.5. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 19.5. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Juni 2022:

10.6. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.6. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Mai 2022

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Mai ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 27.5.2022.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Beschränkt abzugsfähige Berufsausbildungskosten trotz langjähriger Tätigkeit zuvor

Immer wie­der kommt ein Streit auf, ob Auf­wen­dun­gen für die Berufs­aus­bil­dung ledig­lich im Bereich der Son­der­aus­ga­ben abge­zo­gen wer­den dür­fen oder doch even­tu­ell Wer­bungs­kos­ten sein kön­nen. Der Grund des Streits: Wenn die Auf­wen­dun­gen für die eige­ne Berufs­aus­bil­dung nur Son­der­aus­ga­ben sind, ist der Abzug im Kalen­der­jahr ent­spre­chend der Rege­lung in § 10 Abs. 1 Num­mer 7 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) auf 6.000 Euro begrenzt. Wer­bungs­kos­ten, auch vor­weg­ge­nom­me­ne, sind hin­ge­gen unbe­grenzt abzugs­fä­hig. Inso­weit hat­te aktu­ell das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt aus Nie­der­sach­sen dar­über zu ent­schei­den, ob auch nach lang­jäh­ri­ger gewerb­li­cher Tätig­keit ohne abge­schlos­se­ne Berufs­aus­bil­dung noch beschränkt abzugs­fä­hi­ge Auf­wen­dun­gen für eine Erst­aus­bil­dung vor­lie­gen. Es geht dabei also ganz kon­kret um Autodidakten.

Zum Hin­ter­grund der Ent­schei­dung: Wer­bungs­kos­ten sind ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung in § 9 Abs. 1 Satz eins EStG Auf­wen­dun­gen zur Erwer­bung, Siche­rung und Erhal­tung der Ein­nah­men. Beruf­lich ver­an­lass­te Auf­wen­dun­gen sind grund­sätz­lich in dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum als Wer­bungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen, in dem sie geleis­tet wur­den. Das muss nicht not­wen­di­ger­wei­se der Ver­an­la­gungs­zeit­raum sein, in dem die zuge­hö­ri­gen Ein­nah­men erzielt wor­den sind bzw. erzielt wer­den sol­len. Der erfor­der­li­che Zusam­men­hang zwi­schen Auf­wen­dun­gen und Ein­nah­men kann auch über meh­re­re Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me hin­weg bestehen. Ent­schei­dend ist, dass durch die Teil­nah­me am Markt­ge­sche­hen im wei­tes­ten Sin­ne steu­er­pflich­ti­ge Ein­nah­men erzielt wer­den sol­len bzw. erzielt wor­den sind. So auch die ein­hel­li­ge Mei­nung in diver­sen Gesetzeskommentaren.

Sowohl in der Lite­ra­tur als auch in der Recht­spre­chung heißt es daher wei­ter: Somit kön­nen Wer­bungs­kos­ten schon zu einem Zeit­punkt anfal­len, zu dem noch kei­ne Ein­nah­men erzielt wor­den sind. Vor­aus­set­zung ist auch hier, dass ein hin­rei­chend bestimm­ter wirt­schaft­li­cher Zusam­men­hang zwi­schen den Auf­wen­dun­gen und der Ein­kunfts­art besteht, bei der der Abzug begehrt wird. Das ist der Fall, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge im Zeit­punkt des Ent­ste­hens der Auf­wen­dun­gen einen end­gül­ti­gen Ent­schluss zur Ein­künf­te­er­zie­lung gefasst hat und die­sen zwi­schen­zeit­lich nicht wie­der auf­ge­ge­ben hat. Dass tat­säch­lich Ein­nah­men erzielt wor­den sind, ist hin­ge­gen nicht zwin­gend erfor­der­lich. So zum Bei­spiel Krü­ger in Schmidt, EStG § 9 Rz. 95.

Damit wären auch grund­sätz­lich Auf­wen­dun­gen, die im Zusam­men­hang mit einer Berufs­aus­bil­dung ent­ste­hen und letzt­lich der Vor­be­rei­tung der Erzie­lung von Ein­nah­men aus nicht­selb­stän­di­ger Tätig­keit die­nen, den Wer­bungs­kos­ten zuzu­rech­nen. Denn die­se Auf­wen­dun­gen die­nen jeden­falls mit­tel­bar der Erzie­lung der spä­te­ren Einnahmen.

Um jedoch einem aus­ufern­den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug ent­ge­gen­zu­wir­ken (oder anders aus­ge­drückt, um steu­er­li­ches Abzugs­po­ten­zi­al zu mini­mie­ren), hat der Gesetz­ge­ber eine ein­schrän­ken­de Rege­lung in § 9 Abs. 6 EStG auf­ge­nom­men. Danach sind Auf­wen­dun­gen für eine Berufs­aus­bil­dung oder für ein Stu­di­um des Steu­er­pflich­ti­gen nur dann Wer­bungs­kos­ten, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge zuvor bereits eine Erst­aus­bil­dung (dar­un­ter fällt eine Berufs­aus­bil­dung oder ein Stu­di­um) abge­schlos­sen hat oder wenn die Berufs­aus­bil­dung oder das Stu­di­um im Rah­men eines Dienst­ver­hält­nis­ses statt­fin­det. Das Gesetz sieht vor, dass eine Erst­aus­bil­dung in die­sem Sin­ne nur dann vor­liegt, wenn eine geord­ne­te Aus­bil­dung mit einer Min­dest­dau­er von zwölf Mona­ten bei vor­zei­ti­ger Aus­bil­dung und mit einer Abschluss­prü­fung durch­ge­führt wird.

Eine geord­ne­te Aus­bil­dung liegt vor, wenn sie auf der Grund­la­ge von Rechts- oder Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten oder inter­nen Vor­schrif­ten eines Bil­dungs­trä­gers durch­ge­führt wird. Ist eine Abschluss­prü­fung nach dem Aus­bil­dungs­plan nicht vor­ge­se­hen, gilt die Aus­bil­dung mit der tat­säch­li­chen plan­mä­ßi­gen Been­di­gung als abge­schlos­sen. Eine Berufs­aus­bil­dung als Erst­aus­bil­dung hat auch abge­schlos­sen, wer die Abschluss­prü­fung einer durch Rechts- oder Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten gere­gel­ten Berufs­aus­bil­dung mit einer Min­dest­dau­er von zwölf Mona­ten bestan­den hat, ohne dass er zuvor die ent­spre­chen­de Berufs­aus­bil­dung durch­lau­fen hat.

Ent­spre­chend die­sen Aus­füh­run­gen ist daher eine erst­ma­li­ge Berufs­aus­bil­dung anzu­neh­men, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge vor der zu beur­tei­len Aus­bil­dungs­maß­nah­me noch kei­ne ande­re Berufs­aus­bil­dung durch­lau­fen oder eine frü­he­re Berufs­aus­bil­dung ohne Abschluss abge­bro­chen hat. Eine Erst­aus­bil­dung hat dabei min­des­tens zwölf Mona­te Voll­zeit zu umfas­sen. Voll­zeit bedeu­tet, dass die Aus­bil­dung durch­schnitt­lich mit min­des­tens 20 Stun­den wöchent­lich durch­ge­führt wird. Wie so vie­les ist also auch dies büro­kra­tisch genau definiert.

Dar­über hin­aus füh­ren die Rich­ter des Nie­der­säch­si­schen Finanz­ge­rich­tes in ihrer Ent­schei­dung vom 26.3.2021 unter dem Akten­zei­chen 2 K 130/20 unter Bezug auf Ein­kom­men­steu­er-Kom­men­ta­re aus, dass die Erst­aus­bil­dung wei­ter­hin in einem geord­ne­ten Aus­bil­dungs­gang statt­fin­den muss. Hier­von ist nur dann aus­zu­ge­hen, wenn ihre Durch­füh­rung auf der Grund­la­ge von Rechts- bzw. Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten oder inter­nen Vor­schrif­ten eines Bil­dungs­trä­gers erfolgt. Sie muss die Ver­mitt­lung der zur Aus­übung einer qua­li­fi­zier­ten beruf­li­chen Tätig­keit not­wen­di­gen Fer­tig­kei­ten, Kennt­nis­se und Fähig­kei­ten zum Ziel und zum Gegen­stand haben. Eine geord­ne­te Aus­bil­dung setzt fer­ner vor­aus, dass die Aus­bil­dungs­zie­le defi­niert sind, ein fest­ste­hen­der Lehr­plan exis­tiert sowie Beginn und Abschluss fest­lie­gen. Neben staat­lich aner­kann­ten oder gere­gel­ten Aus­bil­dun­gen kön­nen dies auch sol­che Berufs­aus­bil­dun­gen sein, die nach den Richt­li­ni­en von Berufs- und Wirt­schafts­ver­bän­den oder inter­nen Vor­schrif­ten der Bil­dungs­trä­ger geord­net sind.

Zudem beto­nen die Rich­ter in ihrer Ent­schei­dung, dass die Berufs­aus­bil­dung auch abge­schlos­sen sein muss. Nur dann ist sie als Erst­aus­bil­dung zu berücksichtigen.

Auf­grund die­ser Aus­füh­run­gen erken­nen die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter im abge­ur­teil­ten Streit­fall kei­ne Erst­aus­bil­dung. Vor­lie­gend hat­te sich ein Steu­er­pflich­ti­ge nach einem Prak­ti­kum im Bereich der Ver­an­stal­tungs­bran­che selbst­stän­dig gemacht. Tat­säch­lich gab es jedoch zum dama­li­gen Zeit­punkt noch kei­ne staat­lich aner­kann­te Aus­bil­dung zum Ver­an­stal­tungs­kauf­mann. Auch dies ist jedoch nach Ansicht der Rich­ter kein Grund, trotz der lang­jäh­ri­gen Tätig­keit in dem Bereich und eines Prak­ti­kums aus­nahms­wei­se von einer Erst­aus­bil­dung aus­zu­ge­hen. Dies wäre allen­falls mög­lich gewe­sen, wenn der Klä­ger zu einem spä­te­ren Zeit­punkt die Abschluss­prü­fung zum Ver­an­stal­tungs­kauf­mann bestan­den hätte.

Inso­weit ist das Urteil das erst­in­stanz­li­che Gericht knall­hart, dass im vor­lie­gen­den Fall die Auf­wen­dun­gen für die Ver­kehrs­pi­lo­ten­aus­bil­dung des Klä­gers zu den beschränkt abzugs­fä­hi­gen Berufs­aus­bil­dungs­kos­ten im Bereich der Son­der­aus­ga­ben gehö­ren. Dies gilt auch, wenn der Klä­ger bereits seit gerau­mer Zeit und lang­jäh­rig in einem ande­ren Beruf gewerb­lich tätig war und er sei­ner­zeit dafür gar kei­ne Erst­aus­bil­dung abschlie­ßen konnte.

Hin­weis: Ins­be­son­de­re für alle Auto­di­dak­ten ist die­se Ent­schei­dung ver­hee­rend, wenn spä­ter eine Berufs­aus­bil­dung in einem ande­ren Bereich ange­gan­gen wer­den soll. Daher wird sich aktu­ell noch der Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen unter dem Akten­zei­chen VI R 22/21 mit der Kern­fra­ge beschäf­ti­gen müs­sen, ob Umschu­lungs­kos­ten eines Steu­er­pflich­ti­gen bei den Wer­bungs­kos­ten ent­ge­gen der Rege­lung des § 9 Abs. 6 EStG erfasst wer­den kön­nen, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge zuvor bereits eine lang­jäh­ri­ge und eigen­stän­di­ge Erwerbs­tä­tig­keit aus­ge­übt hat­te, ohne hier­für eine for­ma­li­sier­te Berufs­aus­bil­dung abge­schlos­sen zu haben, weil die­se schlicht nicht exis­tier­te. Betrof­fe­nen ist daher gera­ten, sich an das Mus­ter­ver­fah­ren anzuhängen!

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Abzug von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung

Unter dem Akten­zei­chen VI R 2/22 müs­sen die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik klä­ren, ob Auf­wen­dun­gen für eine homo­lo­ge künst­li­che Befruch­tung durch In-vitro-Fer­ti­li­sa­ti­on einer in einer Part­ner­schaft leben­den emp­fäng­nis­fä­hi­gen Frau, bei deren männ­li­chem Part­ner krank­heits­be­ding­te chro­mo­so­ma­le Zeu­gungs­ri­si­ken bestehen, als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen im Sin­ne von § 33 EStG zu berück­sich­ti­gen sind. Zudem gilt es zu klä­ren, ob bei Berück­sich­ti­gungs­fä­hig­keit als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung auch die vom Part­ner im Rah­men des abge­kürz­ten Zah­lungs­we­ges gezahl­ten Auf­wen­dun­gen aner­kannt wer­den können.

Es ist trau­rig, dass man über sol­che Fra­gen strei­ten muss, es zeigt aber auch, dass das Steu­er­recht immer hin­ter­her­hinkt. Aber zu den Fak­ten des Steuerstreits:

Mit Ent­schei­dung vom 14.12.2021 hat das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt bereits unter dem Akten­zei­chen 6 K 20/21 dazu eine ledig­lich bedingt posi­ti­ve Ent­schei­dung getrof­fen. Danach gilt: Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Vor­schrift in § 33 Abs. 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) wird die Ein­kom­men­steu­er auf Antrag ermä­ßigt, wenn einem Steu­er­pflich­ti­gen zwangs­läu­fig grö­ße­re Auf­wen­dun­gen als der über­wie­gen­den Mehr­zahl der Steu­er­pflich­ti­gen glei­cher Ein­kom­mens­ver­hält­nis­se, glei­cher Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se und glei­chen Fami­li­en­stan­des erwach­sen. In die­sem Fall spricht man von außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tun­gen. Auf­wen­dun­gen ent­ste­hen einem Steu­er­pflich­ti­gen immer dann zwangs­läu­fig, wenn er sich ihnen aus recht­li­chen, tat­säch­li­chen oder sitt­li­chen Grün­den nicht ent­zie­hen kann, soweit die Auf­wen­dun­gen den Umstän­den nach not­wen­dig sind und einen ange­mes­se­nen Betrag nicht übersteigen.

In stän­di­ger Recht­spre­chung geht der Bun­des­fi­nanz­hof dabei davon aus, dass Krank­heits­kos­ten dem Steu­er­pflich­ti­gen immer aus tat­säch­li­chen Grün­den zwangs­läu­fig erwach­sen. Aller­dings wer­den nur sol­che Auf­wen­dun­gen als Krank­heits­kos­ten berück­sich­tigt, die zum Zweck der Hei­lung einer Krank­heit oder mit dem Ziel erbracht wer­den, die Krank­heit erträg­li­cher zu machen. So die stän­di­ge Recht­spre­chung des BFH unter ande­rem mit Urteil vom 2.9.2010 unter dem Akten­zei­chen VI R 11/09.

Im Hin­blick auf die für den Abzug erfor­der­li­che Zwangs­läu­fig­keit wird nicht danach unter­schie­den, ob ärzt­li­che Behand­lungs­maß­nah­men oder medi­zi­nisch indi­zier­te Hilfs­mit­tel der Hei­lung die­nen oder ledig­lich einen kör­per­li­chen Man­gel aus­glei­chen sol­len. Des­halb wer­den regel­mä­ßig auch Auf­wen­dun­gen als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung berück­sich­tigt, obwohl der kör­per­li­che Man­gel durch die betref­fen­de Maß­nah­me nicht beho­ben, son­dern nur „umgan­gen“ oder kom­pen­siert wird. So bei­spiels­wei­se im Fall der künst­li­chen Befruch­tung infol­ge einer Ste­ri­li­tät. Tat­säch­lich erkennt der Bun­des­fi­nanz­hof (mitt­ler­wei­le) in stän­di­ger Recht­spre­chung Auf­wen­dun­gen für die künst­li­che Befruch­tung als Behand­lung bei Ste­ri­li­tät an, wenn die­se in Über­ein­stim­mung mit den Richt­li­ni­en der Berufs­ord­nung für Ärz­te vor­ge­nom­men wird.

Vor­lie­gend ging es um eine chro­mo­so­ma­le Trans­lo­ka­ti­on beim Mann, wel­che als Krank­heit anzu­se­hen ist, da sie mit hoher Wahr­schein­lich­keit dazu führt, dass ein gemein­sa­mes Kind schwers­te kör­per­li­che oder geis­ti­ge Behin­de­run­gen erlei­det und unter Umstän­den nicht lebens­fä­hig ist. Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt hält es des­halb für ange­mes­sen, die vor­lie­gend gege­be­ne chro­mo­so­ma­le Trans­lo­ka­ti­on ange­sichts der erheb­li­chen, hier­aus resul­tie­ren­den Risi­ken und weit­rei­chen­den Fol­gen für ein auf natür­li­chem Weg gezeug­tes Kind als Krank­heit des Man­nes einzuordnen.

Obwohl selbst nach die­ser Ein­ord­nung eine Krank­heit der Klä­ge­rin nicht vor­liegt, gel­ten die für Krank­heits­kos­ten ent­wi­ckel­ten Grund­sät­ze auch für die Klä­ge­rin, denn die Außer­ge­wöhn­lich­keit sowohl des aus­lö­sen­den Ereig­nis­ses als auch der Höhe der Auf­wen­dun­gen sowie auch die Zwangs­läu­fig­keit der zur Umge­hung der Krank­heit durch einen Kin­der­wunsch­be­hand­lung not­wen­di­ge Auf­wen­dun­gen sind infol­ge der gebo­te­nen Gesamt­be­trach­tung für die gesun­de Frau glei­cher­ma­ßen gege­ben. Die auf­grund der bio­lo­gi­schen Vor­gän­ge bestehen­de Zwangs­läu­fig­keit für bei­de Part­ner und die Abzieh­bar­keit von Auf­wen­dun­gen als dem Grun­de nach außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung ent­fällt ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Finanz­am­tes auch nicht des­halb, weil die Part­ner nicht ver­hei­ra­tet sind.

Inso­weit ist die Ent­schei­dung der erst­in­stanz­li­chen Rich­ter durch­ge­hend posi­tiv, da der Abzug der außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tung zunächst ein­mal bejaht wird. Vor­lie­gend ist aber noch die Beson­der­heit, dass ent­spre­chen­de Zah­lun­gen in Abkür­zung des Zah­lungs­we­ges geleis­tet wur­den. In Bezug auf die Höhe der als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung der Klä­ge­rin anzu­er­ken­nen­den Auf­wen­dun­gen kommt daher das erst­in­stanz­li­che Gericht zu der Auf­fas­sung, dass ledig­lich die­je­ni­gen Auf­wen­dun­gen als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung berück­sich­tigt wer­den kön­nen, die die Klä­ge­rin durch Bezah­lung der ihr in Rech­nung gestell­ten Beträ­ge für die Durch­füh­rung der künst­li­chen Befruch­tung selbst getra­gen hat. Die vom poten­zi­el­len Kin­des­va­ter (mit dem die Klä­ge­rin nicht ver­hei­ra­tet ist) geleis­te­ten Zah­lun­gen auf an die Klä­ge­rin adres­sier­te bzw. aus­ge­stell­te Rech­nun­gen und Rezep­te sieht der Senat im Ergeb­nis nicht als wirt­schaft­li­che Belas­tung an, die der Klä­ge­rin im Sin­ne des § 33 EStG erwach­sen sind.

Inso­weit ent­spricht es der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs, dass Aus­ga­ben eines Drit­ten im Fall der soge­nann­ten Abkür­zung des Zah­lungs­we­ges als Auf­wen­dun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen zu wer­ten sein kön­nen. Abkür­zung des Zah­lungs­we­ges bedeu­tet die Zuwen­dung eines Geld­be­trags an den Steu­er­pflich­ti­gen in der Wei­se, dass der Zuwen­den­de in Ein­ver­neh­men mit dem Steu­er­pflich­ti­gen des­sen Schuld tilgt. Die Auf­wen­dun­gen sind nicht nur im Fall der Abkür­zung des Zah­lungs­we­ges den Steu­er­pflich­ti­gen zure­chen­bar, son­dern eben­so, wenn der Drit­te im eige­nen Namen für den Steu­er­pflich­ti­gen einen Ver­trag abschließt und auf­grund des­sen auch selbst die geschul­de­te Zah­lung leis­tet. Hier­bei spricht man vom soge­nann­ten abge­kürz­ten Vertragsweg.

Im Bereich der außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tung gilt jedoch der Grund­satz, dass die frag­li­chen Auf­wen­dun­gen dem Steu­er­pflich­ti­gen erwach­sen sein müs­sen. Der Steu­er­pflich­ti­ge muss wirt­schaft­lich mit den Auf­wen­dun­gen belas­tet sein. Auf die Her­kunft der Mit­tel kommt es nicht an. Uner­heb­lich ist auch, ob der Steu­er­pflich­ti­ge über eige­nes Ver­mö­gen ver­fügt oder ob er Geld von einem Drit­ten geschenkt erhal­ten hat. Es ent­spricht zudem der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs, dass eine außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung des Steu­er­pflich­ti­gen durch Krank­heits­kos­ten dann nicht anzu­er­ken­nen ist, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge wegen sei­ner Auf­wen­dun­gen dadurch ent­schä­digt wor­den ist, dass ihm ent­spre­chen­de Bei­hil­fen oder Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen gewährt wur­den. Könn­te dem Steu­er­pflich­ti­gen die Aner­ken­nung auch dann nicht ver­sagt wer­den, wenn ihm die für die Beglei­chung der Auf­wen­dun­gen erfor­der­li­chen Mit­tel geschenkt wor­den sind, müss­te im Fall des Ersat­zes der Auf­wen­dun­gen durch Bei­hil­fen oder Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen die Belas­tung doch des­we­gen ver­neint wer­den, weil hier eine enge Bin­dung zwi­schen Auf­wand und Ersatz besteht.

Dem­entspre­chend sind die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter der Mei­nung, dass eine Berück­sich­ti­gung bei dem ande­ren Part­ner bzw. der ande­ren Part­ne­rin nach den Grund­sät­zen des abge­kürz­ten Zah­lungs­we­ges nicht erfol­gen kann.

Tipp: Betrof­fe­ne soll­ten sich an das Mus­ter­ver­fah­ren beim Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen VI R 2/22 anhän­gen, denn aktu­ell bleibt erst ein­mal abzu­war­ten, ob die dra­ko­ni­sche Ent­schei­dung aus Nie­der­sach­sen auch tat­säch­lich durch die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik bestä­tigt wird.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Umsatzsteuerfreiheit für Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen

Durch Ent­schei­dung vom 25.1.2022 hat das Finanz­ge­richt Müns­ter unter dem Akten­zei­chen 15 K 3545/18 klar­ge­stellt, dass Leis­tun­gen im Zusam­men­hang mit betreu­tem Woh­nen umsatz­steu­er­frei sind.

Im Urteils­fall war die Klä­ge­rin eine Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung (GmbH), die eine Senio­ren­re­si­denz bestehend aus einem Pfle­ge­heim und sie­ben Woh­nun­gen des betreu­ten Woh­nens betreibt. Die Woh­nun­gen befin­den sich im Gebäu­de des Pfle­ge­heims. Mit den Bewoh­nern des betreu­ten Woh­nens schloss die kla­gen­de GmbH ent­spre­chen­de Betreu­ungs­ver­trä­ge ab, die diver­se Leis­tun­gen einer erwei­ter­ten Grund­ver­sor­gung und Wahl­leis­tun­gen ein­schließ­lich eines Not­ruf­sys­tems umfass­ten. Die Leis­tun­gen wur­den durch das im Pfle­ge­heim ein­ge­setz­te Per­so­nal erbracht. Die Klä­ge­rin ver­trat die Auf­fas­sung, dass die­se Umsät­ze teil­wei­se steu­er­frei sei­ne, soweit die ent­spre­chen­den Leis­tun­gen eng mit der Pfle­ge und Betreu­ung hilfs­be­dürf­ti­ger Per­so­nen zusammenhängen.

Das Finanz­amt hin­ge­gen kam zu der Auf­fas­sung, dass die­se Leis­tun­gen sämt­lich der Umsatz­steu­er zu unter­wer­fen sind. Erst der 15. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ters hat mit oben genann­ter Ent­schei­dung der Kla­ge der Senio­ren­re­si­denz statt­ge­ge­ben. Kurz wie­der­ge­ge­ben lau­tet der Tenor der Ent­schei­dung: Die gegen­über ein­zel­nen Bewoh­nern erbrach­ten Umsät­ze des betreu­ten Woh­nens sind im von der Klä­ge­rin bean­trag­ten Umfang steu­er­frei. Kon­kret kommt die Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrift des § 4 Num­mer 16 des Umsatz­steu­er­ge­set­zes (UStG) zum Tra­gen. Nach die­ser Vor­schrift sind die eng mit dem Betrieb von Ein­rich­tun­gen zur Betreu­ung oder Pfle­ge kör­per­lich, geis­tig oder see­lisch hilfs­be­dürf­ti­ger Per­so­nen ver­bun­de­nen Leis­tung steu­er­frei, die von juris­ti­schen Per­so­nen des öffent­li­chen Rechts oder bestimm­ten Ein­rich­tun­gen erbracht werden.

Im Streit­fall zähl­ten die Bewoh­ner des betreu­ten Woh­nens zum Kreis der hilfs­be­dürf­ti­gen Per­so­nen, weil sie an alters­be­ding­ten Ein­schrän­kun­gen der All­tags­kom­pe­ten­zen lit­ten. Die von der Klä­ge­rin im Rah­men des betreu­ten Woh­nens erbrach­ten Leis­tun­gen sind zudem auch eng mit der Sozi­al­für­sor­ge und der sozia­len Sicher­heit verbunden.

Die Senio­ren­re­si­denz bie­tet den Bewoh­nern des betreu­ten Woh­nens ein brei­tes Ange­bot an Leis­tun­gen an, die zur ambu­lan­ten Pfle­ge gehö­ren und der Alten­hil­fe im Sin­ne des § 71 SGB XII zuzu­rech­nen sind. In die­sen Bereich gehö­ren bei­spiels­wei­se ver­schie­de­ne Betreu­ungs­leis­tun­gen im Rah­men der ambu­lan­ten Pfle­ge, aber auch die Bereit­stel­lung eines Not­ruf­diens­tes und bedarfs­wei­se die kurz­fris­ti­ge Über­nah­me pfle­ge­ri­scher Leis­tun­gen, die haus­wirt­schaft­li­che Ver­sor­gung, das Ein­kau­fen, Kochen, Rei­ni­gen der Woh­nun­gen und das Waschen der Kleidung.

Auch soweit die vor­ge­nann­ten Leis­tun­gen der Befrie­di­gung von Grund­be­dürf­nis­sen dien­ten, sei­en die­se ganz kon­kret auf die Behe­bung alters­spe­zi­fi­scher Ein­schrän­kun­gen gerich­tet, weil auch die­se Leis­tun­gen durch das im Pfle­ge­heim ein­ge­setz­te und hier­für geschul­te Per­so­nal erbracht wür­den. So die Auf­fas­sung der erst­in­stanz­li­chen Richter.

Im Fazit heißt es daher: Da die Leis­tun­gen der Senio­ren­re­si­denz im Zusam­men­hang mit dem betreu­ten Woh­nen bereits nach § 4 Num­mer 16 Satz 1 UStG steu­er­frei sind, muss der Senat des Finanz­ge­rich­tes Müns­ter nicht mehr dar­über ent­schei­den, ob die Vor­schrift mit Uni­ons­recht ver­ein­bar ist und die Leis­tun­gen der Klä­ge­rin aus dem betreu­ten Woh­nen nach Art. 132 Absatz 1 Buch­sta­be g der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie umsatz­steu­er­frei wären. Schon nach inner­deut­schem Recht kommt eine Steu­er­be­frei­ung in Betracht, wes­halb die­se Leis­tun­gen als steu­er­frei ein­zu­ord­nen sind.

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4. Für alle Steuerpflichtigen: Fiskalisch motivierter grenzüberschreitender Informationsaustausch und Speicherung von Vermögensbeständen ausländischer Konten und Depots als Datenschutzverstoß?

Vie­ler­orts wird der Daten­schutz hoch­ge­hal­ten. Sofern es jedoch eine fis­ka­lisch moti­vier­te Situa­ti­on gibt, auf Daten­be­stän­de zuzu­grei­fen, scheint der Daten­schutz nicht mehr ganz so wich­tig zu sein (um es mal bewusst pro­vo­zie­rend darzustellen).

Vor die­sem Hin­ter­grund muss aktu­ell der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen II R 46/21 klä­ren, ob der Zweck einer gleich­mä­ßi­gen und gerech­ten Steu­er­erhe­bung den gene­rel­len Infor­ma­ti­ons­aus­tausch über die Ver­mö­gens­wer­te von Inlän­dern auf im Aus­land geführ­ten Kon­ten, im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren geht es dabei kon­kret um die Schweiz, rechtfertigt.

So viel kann vor­weg­ge­nom­men wer­den: Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln ist aus­weis­lich sei­ner Ent­schei­dung vom 27.10.2021 unter dem Akten­zei­chen zwei K 2835/19 sehr wohl der Mei­nung, dass dies nicht nur unpro­ble­ma­tisch ist, son­dern auch ein Grund­rechts­ein­griff gerecht­fer­tigt ist.

Kon­kret argu­men­tie­ren die Rich­ter dies­be­züg­lich wie folgt: Aus Sicht des erst­in­stanz­li­chen Gerichts besteht aus ver­fas­sungs­recht­li­chen Grün­den kein Unter­las­sungs- bzw. Löschungs­an­spruch im Hin­blick auf die von der Finanz­ver­wal­tung durch­ge­führ­te Daten­ver­ar­bei­tung, da die der Daten­ver­ar­bei­tung zugrun­de lie­gen­den Vor­schrif­ten schlicht ver­fas­sungs­ge­mäß sind. So führt das Gericht wei­ter aus:

Das soge­nann­te Finanz­kun­den-Infor­ma­ti­ons­aus­tausch­ge­setz, wel­ches die Rechts­grund­la­ge für den grenz­über­schrei­ten­den Daten­aus­tausch mit der Schweiz bil­det, basiert sei­ner­seits auf der unter ande­rem von der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und der Schweiz unter­zeich­ne­ten mehr­sei­ti­gen Ver­ein­ba­rung aus 2014 zwi­schen den zustän­di­gen Behör­den über den auto­ma­ti­schen Aus­tausch von Infor­ma­tio­nen über Finanzkonten.

Das Abkom­men wur­de in der Erwä­gung abge­schlos­sen, dass die unter­zeich­nen­den Staa­ten beab­sich­ti­gen, die Steu­er­ehr­lich­keit bei inter­na­tio­na­len Sach­ver­hal­ten durch den wei­te­ren Aus­bau ihrer Bezie­hung im Bereich der gegen­sei­ti­gen Unter­stüt­zung im Steu­er­recht zu för­dern und hier­bei den von der OECD zusam­men mit den G 20-Staa­ten zur Bekämp­fung der Steu­er­ver­mei­dung und Steu­er­hin­ter­zie­hung sowie zur För­de­rung der Steu­er­ehr­lich­keit ent­wi­ckel­ten gemein­sa­men Mel­de­stan­dard zu nutzen.

Inso­weit bestimmt bereits das Abkom­men, dass für jedes mel­de­pflich­ti­ge Kon­to eines ande­ren Staa­tes neben wei­te­ren Anga­ben der Kon­to­saldo, der Kon­to­wert (ein­schließ­lich des Bar­werts oder Rück­kaufs­wert bei rück­kaufs­fä­hi­gen Ver­si­che­rungs­ver­trä­gen) zum Ende des betref­fen­den Kalen­der­jah­res oder eines ande­ren geeig­ne­ten Mel­de­zeit­raums oder, wenn das Kon­to im Lau­fe des Jah­res bzw. Zeit­raums auf­ge­löst wur­de, die Auf­lö­sung des Kon­tos zu mel­den ist. Wei­ter­hin bestimmt das Abkom­men, dass der Gesamt­brut­to­be­trag der auf dem Kon­to erziel­ten Ein­künf­te sowie die Gesamt­brut­to­er­lö­se aus der Ver­äu­ße­rung oder dem Rück­kauf von Finanz­ver­mö­gen zu mel­den sind. Bei Ein­la­ge­kon­ten ist nach dem Abkom­men der Gesamt­brut­to­be­trag der Zin­sen, die wäh­rend des Mel­de­zeit­raums ein­ge­zahlt oder gut­ge­schrie­ben wur­den, zu melden.

Eben­so ist geklärt, dass die Rege­lun­gen des Abkom­mens in das jewei­li­ge natio­na­le Recht umge­setzt wer­den, wes­halb die zuvor skiz­zier­ten Rechts­grund­la­gen ver­fas­sungs­ge­mäß sind.

Auch die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter des Finanz­ge­rich­tes Köln füh­ren klar und deut­lich aus, dass der Daten­aus­tausch und die Daten­ver­ar­bei­tung nicht gegen das Grund­recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung des Klä­gers verstoßen.

Das Grund­recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung trägt der Gefähr­dung und Ver­let­zung der Per­sön­lich­keits­rech­te Rech­nung, die sich für den Ein­zel­nen aus infor­ma­ti­ons­be­zo­ge­nen Maß­nah­men, ins­be­son­de­re unter den Bedin­gun­gen der Daten­ver­ar­bei­tung, erge­ben. Es flan­kiert und es erwei­tert den grund­recht­li­chen Schutz von Ver­hal­tens­frei­heit und Pri­vat­heit, indem es ihn schon auf der Stu­fe der Per­sön­lich­keits­ge­fähr­dung begin­nen lässt. Eine der­ar­ti­ge Gefähr­dungs­la­ge kann bereits im Vor­feld kon­kre­ter Bedro­hun­gen der Rechts­gü­ter ent­ste­hen, so ins­be­son­de­re, wenn per­so­nen­be­zo­ge­ne Infor­ma­tio­nen in einer Art und Wei­se genutzt und ver­knüpft wer­den, die der Betrof­fe­ne weder über­schau­en noch beherr­schen kann. Aus sol­chen Infor­ma­tio­nen kön­nen wei­te­re Infor­ma­tio­nen erzeugt und so Schlüs­se gezo­gen wer­den, die sowohl die grund­recht­lich geschütz­ten Geheim­hal­tungs­in­ter­es­sen des Betrof­fe­nen beein­träch­ti­gen als auch Ein­grif­fe in sei­ne Ver­hal­tens­frei­heit mit sich brin­gen kön­nen. Der durch das Grund­recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung ver­mit­tel­te Grund­rechts­schutz stellt daher ein Abwehr­recht gegen staat­li­che Daten­er­he­bung und Daten­ver­ar­bei­tung dar, wie bereits das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt mit Beschluss vom 10.3.2008 unter dem Akten­zei­chen eins BvR 2388/03 ent­schie­den hat.

Nur, was bedeu­tet dies nun alles kon­kret? Tat­säch­lich räu­men die Rich­ter ein, dass die Spei­che­rung und Wei­ter­ver­ar­bei­tung der aus der Schweiz erhal­te­nen Kon­to­da­ten den Schutz­be­reich des Grund­rechts auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung berührt, da auf die­se Wei­se durch staat­li­ches Han­deln per­sön­li­che Daten der Steu­er­pflich­ti­gen ver­ar­bei­tet werden.

Aber: Es besteht ein öffent­li­ches Inter­es­se an der Auf­ga­ben­er­fül­lung des Beklag­ten im Zusam­men­hang mit der gleich­mä­ßi­gen Fest­set­zung und Erhe­bung von Steu­ern. Die gleich­mä­ßi­ge Fest­set­zung und Erhe­bung von Steu­ern stellt ein ver­fas­sungs­recht­lich legi­ti­mes Ziel dar, das auf­grund des Gebots der steu­er­li­chen Belas­tungs­gleich­heit selbst Ver­fas­sungs­rang hat. So auch bereits das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in einer Ent­schei­dung vom 27.6.1991 unter dem Akten­zei­chen 2 BvR 1493/89.

Dem­entspre­chend führt das Gericht wei­ter aus: Die Vor­schrif­ten über den grenz­über­schrei­ten­den Infor­ma­ti­ons­aus­tausch die­nen aus­weis­lich der Erwä­gungs­grün­de der mehr­sei­ti­gen Ver­ein­ba­rung der Bekämp­fung von Steu­er­ver­mei­dung und Steu­er­hin­ter­zie­hung. Damit die­nen die Vor­schrif­ten der gleich­mä­ßi­gen Fest­set­zung und Erhe­bung von Steu­ern, ver­fol­gen also ein ver­fas­sungs­recht­lich legi­ti­mes Ziel. Die der Daten­ver­ar­bei­tung zugrun­de lie­gen­den Vor­schrif­ten sind also inso­weit nach Auf­fas­sung des Gerich­tes auch verhältnismäßig.

Inso­weit soll die Mit­tei­lung von Ver­mö­gens­be­stän­den und die Ver­ar­bei­tung ent­spre­chen­der Daten nicht über das hin­aus­ge­hen, was zur Erfül­lung des ver­fas­sungs­recht­li­chen Ziels der gleich­mä­ßi­gen Steu­er­fest­set­zung not­wen­dig ist.

Als Gegen­ar­gu­ment brin­gen die Klä­ger an, dass spä­tes­tens seit dem Zeit­punkt, seit dem in Deutsch­land kei­ne Ver­mö­gen­steu­er mehr erho­ben wird, Ver­mö­gens­be­stands­da­ten für die Besteue­rung kei­ne Rele­vanz hät­ten. Die­ser Auf­fas­sung folgt das Gericht jedoch (lei­der) nicht. Zum einen wird in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land in bestimm­ten Kon­stel­la­tio­nen auch eine Ver­mö­gens­sub­stanz besteu­ert, bei­spiels­wei­se in Fäl­len der Schen­kun­gen und Erb­schaf­ten, sodass bereits vor die­sem Hin­ter­grund ein staat­li­ches Inter­es­se an der Kennt­nis von Ver­mö­gens­be­stän­den besteht. Zum ande­ren argu­men­tie­ren die Rich­ter, dass Ver­mö­gens­be­stän­de gege­be­nen­falls auch Rück­schlüs­se auf erziel­te Ein­künf­te zulas­sen. Durch die Mit­tei­lung von Kon­ten­sal­den wird der deut­sche Fis­kus so bereits in die Lage ver­setzt, zu prü­fen, ob die Ver­mö­gens­be­stän­de aus den steu­er­lich erklär­ten Ein­künf­ten stam­men kön­nen. Hier­durch wird es den Finanz­be­hör­den ermög­licht, Steu­er­hin­ter­zie­hun­gen auf­zu­de­cken und eine gleich­mä­ßi­ge Besteue­rung sicherzustellen.

Neben die­sen vor­ge­nann­ten wesent­li­chen Argu­men­ten führt das erst­in­stanz­li­che Gericht noch eine gan­ze Rei­he wei­te­rer Argu­men­te an, für die jedoch an die­ser Stel­le auf die Lek­tü­re der Urteils­be­grün­dung ver­wie­sen wer­den soll. Kon­kret muss gesagt wer­den, dass das Ver­fah­ren noch nicht abschlie­ßend ent­schie­den ist, da wie ein­gangs bereits gesagt noch die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik dazu Stel­lung neh­men müs­sen. Gege­be­nen­falls kann es danach sogar auch noch zur Ein­schal­tung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts mit­tels Ver­fas­sungs­be­schwer­de kommen.

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5. Für alle Steuerpflichtigen: Verfassungsrechtliche Zweifel bei den Säumniszuschlägen

Im Ver­fah­ren über den vor­läu­fi­gen Rechts­schutz hat das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­nem Beschluss vom 16.12.2021 unter dem Akten­zei­chen 12 V 2684/21 Zwei­fel an der Höhe der ab 2019 ent­stan­de­nen Säum­nis­zu­schlä­ge in ver­fas­sungs­recht­li­cher Wei­se geäu­ßert. Der sehr bemer­kens­wer­ten Aus­sa­ge des erst­in­stanz­li­chen Gerich­tes liegt ein Sach­ver­halt zugrun­de, in dem ein Steu­er­pflich­ti­ger die Höhe der Säum­nis­zu­schlä­ge als ver­fas­sungs­wid­rig bemän­gel­te. Zudem brach­te der Steu­er­pflich­ti­ge an, dass die Säum­nis­zu­schlä­ge nicht nur hälf­tig, son­dern voll­stän­dig auf­zu­he­ben seien.

Wie nicht anders zu erwar­ten, erkann­te der Fis­kus kei­ne ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken an der Höhe der Säum­nis­zu­schlä­ge. Es folg­te inso­weit die Argu­men­ta­ti­on, die sei­tens des Fis­kus immer wie­der kommt: Säum­nis­zu­schlä­ge wir­ken danach als Druck­mit­tel und die­nen der Abgel­tung von zusätz­li­chem Ver­wal­tungs­auf­wand und sind inso­weit eine Gegen­leis­tung für das Hin­aus­schie­ben der Zah­lung durch den Steu­er­pflich­ti­gen. Um die vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zu den Zin­sen ergan­ge­ne Recht­spre­chung nicht in die Nähe der Säum­nis­zu­schlä­ge gelan­gen zu las­sen, argu­men­tier­te die Finanz­ver­wal­tung, dass ein fes­ter Zins­an­teil sich bei Säum­nis­zu­schlä­gen nicht ermit­teln las­se. Die Fol­ge: Die posi­ti­ve Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zu den Zin­sen sei nach Auf­fas­sung des Fis­kus inso­weit auf Säum­nis­zu­schlä­ge nicht zu übertragen.

Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter war hin­ge­gen sehr wohl der Mei­nung, dass die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der gesetz­lich fest­ge­leg­ten Höhe der Säum­nis­zu­schlä­ge von einem Pro­zent pro Monat zwei­fel­haft erscheint.

Dies begrün­de­ten die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter wie folgt: Aus­weis­lich des Beschlus­ses des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes vom 8.7.2021 unter dem Akten­zei­chen 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 sind Nach­zah­lungs­zin­sen (gemeint sind die­se aus­weis­lich der Rege­lung in § 233 a der Abga­ben­ord­nung (AO)) ver­fas­sungs­wid­rig, soweit sie auf Ver­zin­sungs­zeit­räu­me ab 2017 ent­fal­len. Aller­dings gilt die ver­fas­sungs­wid­ri­ge Rege­lung bis zum 31.12.2018 fort.

Mit Beschluss vom 31.8.2021 hat der Bun­des­fi­nanz­hof zudem unter dem Akten­zei­chen VII B 69/21 dar­über hin­aus aus­ge­führt, dass die ver­fas­sungs­recht­li­chen Zwei­fel (die an den Nach­zah­lungs­zin­sen bestehen) auch auf Säum­nis­zu­schlä­ge über­trag­bar sind, zumin­dest soweit ihnen nicht die Funk­ti­on eines Druck­mit­tels, son­dern eine zins­ähn­li­che Funk­ti­on zukommt. Da sich im Ver­fah­ren vor dem Bun­des­fi­nanz­hof das Aus­set­zungs­be­geh­ren nur auf die hälf­ti­gen Säum­nis­zu­schlä­ge beschränk­te, hat­te er dar­über hin­aus kei­ne Ent­schei­dung tref­fen müssen.

Die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter ver­tre­ten die Mei­nung, wel­che durch­aus nach­voll­zieh­bar und logisch ist, dass die Rege­lung zur gesetz­lich fest­ge­leg­ten Höhe der Säum­nis­zu­schlä­ge nur ins­ge­samt ver­fas­sungs­ge­mäß oder ins­ge­samt ver­fas­sungs­wid­rig sein kann und es kei­ne teil­wei­se Ver­fas­sungs­wid­rig­keit in Bezug auf einen bestimm­ten Zweck einer Norm geben kann. Im Volks­mund sagt man dazu: Ein biss­chen schwan­ger geht nicht. Ent­spre­chend die­ser durch­aus logi­schen Argu­men­ta­ti­on kommt das Gericht zu dem Schluss, dass durch­aus so hohe ver­fas­sungs­recht­li­che Zwei­fel an der Höhe der Säum­nis­zu­schlä­ge bestehen, dass die Voll­zie­hung die­ser in vol­lem Umfang auf­zu­he­ben ist.

Hin­weis: Selbst­ver­ständ­lich hat das erst­in­stanz­li­che Gericht zur Fort­bil­dung des Rechts und zur Siche­rung einer ein­heit­li­chen Recht­spre­chung die Beschwer­de gegen sei­nen Beschluss zuge­las­sen. Die Fra­ge, ob die gesetz­lich fest­ge­leg­te Höhe der Säum­nis­zu­schlä­ge ver­fas­sungs­ge­mäß ist und ob sich eine etwai­ge Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der gesetz­lich fest­ge­leg­ten Höhe der Säum­nis­zu­schlä­ge auf die ent­stan­de­nen Säum­nis­zu­schlä­ge ins­ge­samt aus­wirkt oder sich nur auf den Teil der Säum­nis­zu­schlä­ge beschränkt, der ein Aus­gleich für das Hin­aus­schie­ben der Zah­lung fäl­li­ger Steu­ern beinhal­tet, mit­hin eine zins­ähn­li­che Funk­ti­on hat, ist inso­weit bis­her noch nicht höchst­rich­ter­lich geklärt.

Die The­ma­tik wird uns daher mit Sicher­heit auch in der Zukunft noch wei­ter beschäf­ti­gen und wir wer­den dem­entspre­chend bei Neu­ig­kei­ten wie­der berichten.

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6. Für alle Steuerpflichtigen: Abfindungszahlungen im Scheidungsfall

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung sowie auch ent­ge­gen der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Mün­chen vom 2.5.2018 unter dem Akten­zei­chen 4 K 3181/16 hat der Bun­des­fi­nanz­hof mit Urteil vom 1.9.2021 unter dem Akten­zei­chen II R 40/19 ent­schie­den: Regeln zukünf­ti­ge Ehe­leu­te die Rechts­fol­gen ihrer Ehe­schlie­ßung umfas­send indi­vi­du­ell und sehen sie für den Fall der Been­di­gung der Ehe Zah­lun­gen eines Ehe­part­ners in einer bestimm­ten Höhe vor, die erst zum Zeit­punkt der Ehe­schei­dung zu leis­ten sind, so ist in einer sol­chen Bedarfs­ab­fin­dung kei­ne frei­gie­bi­ge Zuwen­dung, sprich kei­ne steu­er­pflich­ti­ge Schen­kung, zu sehen.

In den Urteils­grün­den erläu­tert der Bun­des­fi­nanz­hof sehr genau, wann über­haupt eine steu­er­pflich­ti­ge Schen­kung vor­liegt. So unter­liegt der Schen­kungsteu­er jede frei­gie­bi­ge Zuwen­dung unter Leben­den, soweit der Bedach­te durch sie auf Kos­ten des Zuwen­den­den berei­chert wird. Der Erwerb eines zuge­wen­de­ten Gegen­stan­des, auf den kein Rechts­an­spruch besteht, ist unent­gelt­lich, wenn er nicht recht­lich abhän­gig ist von einer den Erwerb aus­glei­chen­den Gegen­leis­tung des Erwer­bers. Dies ent­spricht der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs, bei­spiels­wei­se im Urteil vom 27.11.2013 unter dem Akten­zei­chen II R 25/12.

Zur Erfül­lung des sub­jek­ti­ven Tat­be­stands einer frei­ge­bi­gen Zuwen­dung bedarf es des Bewusst­seins des Zuwen­den­den, die Leis­tung ohne Ver­pflich­tung und ohne recht­li­chen Zusam­men­hang mit einer Gegen­leis­tung oder einem Gemein­schafts­werk zu erbrin­gen. Der sub­jek­ti­ve Tat­be­stand ent­fällt, wenn der Zuwen­den­de sei­ne Leis­tung als ent­gelt­lich ansieht, selbst wenn dies irr­tüm­lich ist. Für die zutref­fen­de Vor­stel­lung des Zuwen­den­den von dem Begriff der Unent­gelt­lich­keit genügt es, wenn er des­sen recht­lich-sozia­len Bedeu­tungs­ge­halt lai­en­haft zutref­fend erfasst.

Die Zah­lung einer Pau­schal­ab­fin­dung unter Preis­ga­be eines mög­li­cher­wei­se künf­tig ent­ste­hen­den Zuge­winn­aus­gleichs­an­spruchs vor Ein­ge­hung der Ehe erfüllt als frei­gie­bi­ge Zuwen­dung den Tat­be­stand einer Schen­kung. Denn die­se Zah­lung wird weder zur Befrie­di­gung eines außer­ver­trag­li­chen For­de­rungs­rechts preis­ge­ge­ben noch als Gegen­leis­tung für einen Ver­zicht getä­tigt. Ein die Pau­schal­ab­fin­dung recht­fer­ti­gen­des For­de­rungs­recht besteht in die­sen Fäl­len nicht, denn die Zuge­winn­aus­gleichs­for­de­rung ent­steht erst, wenn die Zuge­winn­ge­mein­schaft endet.

Der Ver­zicht auf den mög­li­cher­wei­se künf­tig ent­ste­hen­den Zuge­winn­aus­gleich gegen eine Pau­schal­ab­fin­dung erfüllt zudem die Vor­aus­set­zung der gesetz­li­chen Rege­lung in § 7 Abs. 3 des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG). Nach die­ser Vor­schrift wer­den Gegen­leis­tun­gen, die nicht in Geld ver­an­schlagt wer­den kön­nen, bei der Fest­stel­lung, ob eine Berei­che­rung vor­liegt, nicht berück­sich­tigt. Vor Beginn der Ehe ist unge­wiss, ob und wann die Ehe wie­der geschie­den oder die Zuge­winn­ge­mein­schaft aus ande­ren Grün­den been­det wird. Bis zur Ent­ste­hung des Anspruchs auf Zuge­winn­aus­gleich kön­nen sich zudem noch gra­vie­ren­de Ver­än­de­run­gen erge­ben. Die Zuge­winn­aus­gleichs­for­de­rung kann in der Per­son des Zuwen­dungs­emp­fän­gers ent­we­der über­haupt nicht oder nicht in der im Zeit­punkt der Zuwen­dung erwar­te­ten Höhe ent­ste­hen oder der Zuwen­dungs­emp­fän­ger umge­kehrt sogar selbst Schuld­ner einer Zuge­winn­aus­gleichs­for­de­rung werden.

Etwas ande­res gilt jedoch dann, wenn die zukünf­ti­gen Ehe­leu­te die Rechts­fol­gen ihrer Ehe­schlie­ßung (abwei­chend von den gesetz­li­chen Leit­bil­dern) umfas­send indi­vi­du­ell regeln und für den Fall der Been­di­gung der Ehe Zah­lun­gen eines Ehe­part­ners an den ande­ren in einer bestimm­ten Höhe vor­se­hen, die erst zu die­sem Zeit­punkt zu leis­ten sind. Man spricht dabei von einer soge­nann­ten Bedarfsabfindung.

Im Fall einer Bedarfs­ab­fin­dung wird kei­ne Pau­schal­ab­fin­dung ohne Gegen­leis­tung erbracht. Es wer­den ledig­lich Rech­te und Pflich­ten der künf­ti­gen Ehe­gat­ten durch umfang­rei­che Modi­fi­ka­ti­on denk­ba­rer gesetz­li­cher fami­li­en­recht­li­cher Ansprü­che im Fall der Schei­dung im Wege einer Pau­scha­lie­rung neu aus­ta­riert. Wird ein der­ar­ti­ger Ver­trag abge­schlos­sen, der nach Art eines Gesamt­pa­ke­tes alle Schei­dungs­fol­gen regelt, kann die­ses Paket nicht in Ein­zel­leis­tun­gen auf­ge­teilt und eine der Ein­zel­leis­tun­gen der Schen­kungs­be­steue­rung unter­wor­fen wer­den, so der Bun­des­fi­nanz­hof. Damit wür­de der Umstand ver­kannt, dass ein sol­cher Ver­trag einen umfas­sen­den Aus­gleich aller Inter­es­sens­ge­gen­sät­ze anstrebt und inso­fern kei­ne der Ein­zel­leis­tun­gen ohne Gegen­leis­tung ist. Wird die Ehe dann tat­säch­lich been­det, erfolgt die Zah­lung des vor­ab ver­ein­bar­ten Betrags in Erfül­lung die­ser Vereinbarung.

Auf eine sol­che Ver­ein­ba­rung ist jedoch die Rege­lung des § 7 Absatz 3 ErbStG nicht anwend­bar. Wäh­rend bei Zah­lung einer Pau­schal­ab­fin­dung zu Beginn der Ehe ein Zuge­winn­aus­gleichs­an­spruch in der Zukunft nur mög­li­cher­wei­se besteht, die Zah­lungs­ver­pflich­tung damit unge­wiss ist und nicht bewer­tet wer­den kann, ist bei der Bedarfs­ab­fin­dung die Zah­lung des Aus­gleichs­an­spruchs bzw. der Abfin­dung an die Been­di­gung der Ehe geknüpft. Der Zah­lungs­an­spruch ist damit auf­schie­bend bedingt und erwächst erst mit Ein­tritt der betref­fen­den Bedin­gung zum Voll­recht. Allein der Umstand, dass die Ehe­leu­te es mit­tels eines sol­chen Ver­trags ver­mei­den, die gegen­sei­ti­gen Ansprü­che auf die­sem Zeit­punkt bewer­ten zu müs­sen, bedeu­tet nicht, dass die­se Bewer­tung nicht grund­sätz­lich mög­lich wäre.

Daher gehen die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik davon aus, dass die Zah­lung nicht den objek­ti­ven Tat­be­stand einer Schen­kung erfüllt. Zudem schei­tert die Annah­me einer Schen­kung auch dar­an, dass der Ehe­mann die Zah­lung sub­jek­tiv nicht frei­wil­lig erbringt, son­dern den sei­ner­zeit geschlos­se­nen Ver­trag erfüllt.

Ehe­schlie­ßen­de kön­nen daher durch­aus über­le­gen, ob nicht indi­vi­du­el­le ein­zel­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen geeig­ne­ter sind, um etwai­ge Schei­dungs­fol­gen zu regeln.

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7. Für Vermieter: Eine kürzere Restnutzungsdauer des Gebäudes kann durch Wertgutachten nachgewiesen werden

Bei Wirt­schafts­gü­tern, deren Ver­wen­dung oder Nut­zung durch den Steu­er­pflich­ti­gen zur Erzie­lung von Ein­künf­ten sich erfah­rungs­ge­mäß auf einen Zeit­raum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten abzu­set­zen, der bei gleich­mä­ßi­ger Ver­tei­lung die­ser Kos­ten auf die Gesamt­dau­er der Ver­wen­dung oder Nut­zung auf ein Jahr ent­fällt. Man spricht dabei vom Grund­fall der soge­nann­ten Abschrei­bung in glei­chen Jah­res­be­trä­gen. Die Abschrei­bung bemisst sich dabei nach der betriebs­ge­wöhn­li­chen Nut­zungs­dau­er des Wirt­schafts­gu­tes. Abwei­chend von die­ser Grund­re­gel bestimmt sich die Abschrei­bung für ein zur Ein­künf­te­er­zie­lung genutz­tes Gebäu­de nach den fes­ten Pro­zent­sät­zen der gesetz­li­chen Rege­lung in § 7 Abs. 4 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG). Die Rege­lung stellt eine gesetz­li­che Typi­sie­rung der Nut­zungs­dau­er dar. Grund­fall ist hier ein Abschrei­bungs­satz von 2 %, also eine Nut­zungs­dau­er von 50 Jahren.

Aus­weis­lich der Vor­schrift in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG kann anstel­le der vor­ge­nann­ten Abschrei­bung auch die der tat­säch­li­chen kür­ze­re Nut­zungs­dau­er eines Gebäu­des ent­spre­chen­de Abschrei­bung vor­ge­nom­men wer­den. Nut­zungs­dau­er im Sin­ne die­ser Vor­schrift ist dabei aus­weis­lich einer Rege­lung in § 11c Abs. 1 der Ein­kom­men­steu­er-Durch­füh­rungs­ver­ord­nung (EStDV) der Zeit­raum, in dem ein Gebäu­de vor­aus­sicht­lich sei­ner Zweck­be­stim­mung ent­spre­chend genutzt wer­den kann. Die zu schät­zen­de Nut­zungs­dau­er wird bestimmt durch den tech­ni­schen Ver­schleiß, die wirt­schaft­li­che Ent­wer­tung sowie recht­li­che Gege­ben­hei­ten, wel­che die Nut­zungs­dau­er eines Gegen­stands begren­zen kön­nen. Aus­zu­ge­hen ist von der tech­ni­schen Nut­zungs­dau­er, also dem Zeit­raum, in dem sich das Wirt­schafts­gut tech­nisch abnutzt. Sofern die wirt­schaft­li­che Nut­zungs­dau­er kür­zer als die tech­ni­schen Nut­zungs­dau­er ist, kann sich der Steu­er­pflich­ti­ge hier­auf beru­fen. Ob der Abschrei­bung eine die gesetz­lich vor­ge­se­he­nen, sti­li­sier­ten Zeit­räu­me unter­schrei­ten­de ver­kürz­te Nut­zungs­dau­er zugrun­de gelegt wer­den kann, beur­teilt sich jeweils nach den Ver­hält­nis­sen des Ein­zel­fal­les. Dies hat­ten bereits die obers­ten Rich­ter des Bun­des­fi­nanz­hofs in einem Urteil vom 4.3.2008 unter dem Akten­zei­chen IX R 16/07 herausgearbeitet.

Im Ergeb­nis ist es damit Sache des Steu­er­pflich­ti­gen, im Ein­zel­fall eine kür­ze­re tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er dar­zu­le­gen und gege­be­nen­falls nach­zu­wei­sen. So auch der Bun­des­fi­nanz­hof in einer recht jun­gen Ent­schei­dung vom 28.7.2021 unter dem Akten­zei­chen IX R 25/19. Der Steu­er­pflich­ti­ge kann sich zur Dar­le­gung der ver­kürz­ten tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er eines zur Ein­künf­te­er­zie­lung genutz­ten Gebäu­des jeder Dar­le­gungs­me­tho­de bedie­nen, die im Ein­zel­fall zur Füh­rung des erfor­der­li­chen Nach­wei­ses geeig­net erscheint. Erfor­der­lich ist dabei aller­dings, dass die Dar­le­gung des Steu­er­pflich­ti­gen Auf­schluss über die maß­geb­li­chen Grün­de, zum Bei­spiel den tech­ni­schen Ver­schleiß, wirt­schaft­li­che Ent­wer­tung oder recht­li­che Nut­zungs­be­schrän­kun­gen gibt, wel­che die Nut­zungs­dau­er im Ein­zel­fall beein­flus­sen und auf deren Grund­la­ge der Zeit­raum, in dem das maß­geb­li­che Gebäu­de vor­aus­sicht­lich sei­ner Zweck­be­stim­mung ent­spre­chend genutzt wer­den kann, im Wege der Schät­zung mit hin­rei­chen­der Bestimmt­heit zu ermit­teln ist.

Dies bedeu­tet, dass die Bestim­mung zur ver­kürz­ten Nut­zungs­dau­er dem Steu­er­pflich­ti­gen ein Wahl­recht ein­räumt, ob er sich mit dem typi­sie­ren­den Abschrei­bungs­satz aus­weis­lich der Rege­lung in § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG zufrie­den gibt oder eine tat­säch­lich kür­ze­re Nut­zungs­dau­er gel­tend macht und dann natür­lich auch die Grün­de dafür dar­legt. Aus­zu­ge­hen ist im Rah­men der vom Finanz­amt durch­zu­füh­ren­den Amts­er­mitt­lung von der Schät­zung des Steu­er­pflich­ti­gen, solan­ge die­ser Erwä­gun­gen zugrun­de lie­gen, wie sie ein ver­nünf­tig wirt­schaf­ten­der Steu­er­pflich­ti­ger übli­cher­wei­se anstellt. Auch dies hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner oben zitier­ten Ent­schei­dung vom 28.7.2021 ganz kon­kret dargelegt.

Da im Rah­men der Schät­zung des Steu­er­pflich­ti­gen nicht Gewiss­heit über die kür­ze­re tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er, son­dern allen­falls größt­mög­li­che Wahr­schein­lich­keit ver­langt wer­den kann, ist sie nur dann sei­tens der Finanz­ver­wal­tung zu ver­wer­fen, wenn sie ein­deu­tig außer­halb des ange­mes­se­nen Schät­zungs­rah­mens liegt. So hat nicht nur das Finanz­ge­richt Köln in einer Ent­schei­dung vom 23.1.2001 unter dem Akten­zei­chen 8 K 6294/95 ent­schie­den, son­dern auch bereits eine gan­ze Zeit frü­her der Bun­des­fi­nanz­hof durch Urteil vom 28.9.1971 unter dem Akten­zei­chen VIII R 73/68.

Auf Linie der aktu­el­len Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs arbei­ten auch die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter her­aus, dass ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Finanz­am­tes die Vor­la­ge eines Bau­sub­stanz­gut­ach­tens sei­tens der Steu­er­pflich­ti­gen nicht Vor­aus­set­zung für die Aner­ken­nung einer ver­kürz­ten tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er ist. Wählt ein Steu­er­pflich­ti­ger oder ein beauf­trag­ter Sach­ver­stän­di­ger aus nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den eine ande­re Nach­weis­me­tho­de, kann die­se Grund­la­ge für eine Schät­zung einer ver­kürz­ten tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er sein. Da im Rah­men der Schät­zung nur die größt­mög­li­che Wahr­schein­lich­keit über eine kür­ze­re tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er ver­langt wer­den kann (sie­he die Aus­füh­run­gen oben), wür­de eine Ver­en­gung der Gut­ach­ter­me­tho­dik oder eine Fest­le­gung auf ein bestimm­tes Ermitt­lungs­ver­fah­ren die Anfor­de­run­gen an die Fest­stel­lungs­last übersteigen.

Im vor­lie­gend abge­ur­teil­ten Streit­fall hat­te der Klä­ger ein Wert­gut­ach­ten des öffent­lich bestell­ten und ver­ei­dig­ten Sach­ver­stän­di­gen vor­ge­legt, wel­ches vom Amts­ge­richt in Auf­trag gege­ben wur­de, also kein Par­tei­gut­ach­ten dar­stellt. Der Gut­ach­ter kommt dar­in zu dem Ergeb­nis, dass die Rest­nut­zungs­dau­er des Hau­ses ledig­lich 30 Jah­re beträgt. Hier­bei hat er wegen Moder­ni­sie­run­gen und Zustand ein fik­ti­ves Bau­jahr ange­ge­ben, obwohl das Gebäu­de tat­säch­lich frü­her errich­tet wur­de. Nach sei­ner Ein­schät­zung bzw. der Ein­schät­zung der Eigen­tü­mer ent­spra­chen jedoch meh­re­re Woh­nun­gen der Aus­stat­tung des tat­säch­li­chen Bau­jah­res. Dies wur­de fak­tisch dadurch bestä­tigt, dass in den nach der Anschaf­fung fol­gen­den Jah­ren umfang­rei­che Sanie­rungs­ar­bei­ten durch­ge­führt wur­den, wel­che als anschaf­fungs­na­he Her­stel­lungs­kos­ten in die Abschrei­bungs­be­mes­sungs­grund­la­ge ein­ge­flos­sen sind. In sei­ner Wert­ermitt­lung für das strei­ti­ge Gebäu­de muss der Gut­ach­ter das Alter und die Rest­nut­zungs­dau­er des Gebäu­des ein­be­zie­hen. Nach der auf den Stich­tag der Bewer­tung der strei­ti­gen Immo­bi­lie gel­ten­den Wert­ermitt­lungs­ver­ord­nung bestimmt sich eine Wert­min­de­rung wegen Alters nach dem Ver­hält­nis der Rest­nut­zungs­dau­er zur Gesamt­nut­zungs­dau­er der bau­li­chen Anla­ge. Sie ist mit einem Pro­zent­satz des Her­stel­lungs­wert aus­zu­drü­cken. Ist die bei ord­nungs­ge­mä­ßem Gebrauch übli­che Gesamt­nut­zungs­dau­er der bau­li­chen Anla­ge durch Instand­set­zun­gen oder Moder­ni­sie­run­gen ver­län­gert wor­den oder haben unter­las­se­ne Instand­hal­tun­gen oder ande­re Gege­ben­hei­ten zu einer Ver­kür­zung der Rest­nut­zungs­dau­er geführt, soll der Bestim­mung der Wert­min­de­rung wegen Alters die geän­der­te Rest­nut­zungs­dau­er und die für die bau­li­chen Anla­gen übli­che Gesamt­nut­zungs­dau­er zugrun­de gelegt werden.

Dem­entspre­chend kommt der vor­lie­gend erken­nen­de Senat des erst­in­stanz­li­chen Gerich­tes zu dem Schluss, dass der Sach­ver­stän­di­ge auf­grund sach­li­cher Kri­te­ri­en eine Rest­nut­zungs­dau­er von 30 Jah­ren zugrun­de gelegt hat und damit eine von der gesetz­li­chen typi­sie­ren­den Nut­zungs­dau­er abwei­chen­de Rest­nut­zungs­dau­er. Unter ande­rem hat er fest­ge­stellt, dass erheb­li­che Instand­set­zungs­ar­bei­ten bis zur Kern­sa­nie­rung mit Erneue­rung und Ergän­zung der gesam­ten Instal­la­ti­on erfor­der­lich waren, um eine nach­hal­ti­ge Nut­zung mit moder­nem Wohn­raum zu schaf­fen. Dem­entspre­chend folgt der Senat den fun­dier­ten Aus­füh­run­gen des Gut­ach­ters und kann im vor­lie­gen­den Fall ent­ge­gen der Mei­nung des Finanz­am­tes fest­stel­len, dass die tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er der streit­ge­gen­ständ­li­chen Immo­bi­lie zum Zeit­punkt der Anschaf­fung auf 30 Jah­re ver­kürzt war.

Tipp: In der Pra­xis soll­te genau geprüft wer­den, ob in dem jewei­li­gen Ein­zel­fall even­tu­ell eine kür­ze­re Rest­nut­zungs­dau­er der Immo­bi­lie ange­setzt wer­den kann, wel­che natür­lich wie­der­um zu einer erhöh­ten Abschrei­bung und damit zu einer wahr­schein­lich deut­li­chen Steu­er­erspar­nis führt.

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8. Für gewerbliche Vermieter: Vorsicht bei Überlassung von Betriebsvorrichtung und erweiterter Gewerbesteuerkürzung

Auf­grund der Vor­schrift des § 9 Num­mer 1 Satz 1 des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes (GewStG) wird die Sum­me des Gewinns und der rest­li­chen gewer­be­steu­er­li­chen Hin­zu­rech­nung um 1,2 % des Ein­heits­werts des zum Betriebs­ver­mö­gen des Unter­neh­mens gehö­ren­den Grund­be­sit­zes gekürzt. Bei die­ser Rege­lung spricht man von der soge­nann­ten ein­fa­chen Kür­zung. Anstel­le der ein­fa­chen Kür­zung tritt ent­spre­chend § 9 Num­mer 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unter­neh­men, die aus­schließ­lich eige­nen Grund­be­sitz und neben eige­nem Grund­be­sitz eige­nes Kapi­tal­ver­mö­gen ver­wal­ten und nut­zen oder dane­ben Woh­nungs­bau­ten betreu­en oder Ein­fa­mi­li­en­häu­ser, Zwei­fa­mi­li­en­häu­ser oder Eigen­tums­woh­nun­gen errich­ten und ver­äu­ßern, die Kür­zung um den Teil des Gewer­be­er­tra­ges, der auf die Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes ent­fällt. Dabei spricht man von der soge­nann­ten erwei­ter­ten Kür­zung. Zweck der erwei­ter­ten Kür­zung ist es, die Erträ­ge aus der blo­ßen Ver­wal­tung und Nut­zung eige­nen Grund­be­sit­zes von der Gewer­be­steu­er aus Grün­den der Gleich­be­hand­lung mit Steu­er­pflich­ti­gen, die nur Grund­stücks­ver­wal­tung betrei­ben, frei­zu­stel­len. Dies hat­te bereits der gro­ße Senat des Bun­des­fi­nanz­hofs in sei­nem Beschluss vom 25.9.2018 unter dem Akten­zei­chen GrS 2/16 herausgearbeitet.

Eige­ner Grund­be­sitz im Sin­ne die­ser Vor­schrift ist der zum Betriebs­ver­mö­gen des Unter­neh­mers gehö­ren­de Grund­be­sitz. Die­ser wird ver­wal­tet und genutzt, wenn er zum Zweck der Frucht­zie­hung aus zu erhal­ten­der Sub­stanz ein­ge­setzt wird, etwa durch Ver­mie­tung und Ver­pach­tung. Die neben der Ver­mö­gens­ver­wal­tung des Grund­be­sit­zes erlaub­ten, jedoch nicht begüns­tig­ten Tätig­kei­ten sind in der frü­he­ren Fas­sung des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes in § 9 Num­mer 1 Sät­ze 2 und 3 des Geset­zes abschlie­ßend aufgezählt.

Dar­über hin­aus kön­nen nach stän­di­ger Recht­spre­chung auch Neben­tä­tig­kei­ten unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen inner­halb des von dem Aus­schließ­lich­keits­ge­bot gezo­ge­nen Rah­mens lie­gen. Die im Gesetz gefor­der­te aus­schließ­li­che Ver­wal­tung und Nut­zung eige­nen Grund­be­sit­zes bedeu­tet zwar, dass grund­sätz­lich nur die begüns­tig­te Tätig­keit aus­ge­übt wer­den darf und es sich aus­nahms­los um eige­nen Grund­be­sitz han­deln muss. Neben­tä­tig­kei­ten lie­gen aber dann noch inner­halb des von dem Aus­schließ­lich­keits­ge­bot gezo­ge­nen Rah­mens und sind aus­nahms­wei­se nicht begüns­ti­gungs­schäd­lich, wenn sie der Ver­wal­tung und Nut­zung eige­nen Grund­be­sit­zes im enge­ren Sin­ne die­nen und als zwin­gend not­wen­di­ger Teil einer wirt­schaft­lich sinn­voll gestal­te­ten eige­nen Grund­stücks­ver­wal­tung und Grund­stücks­nut­zung ange­se­hen wer­den kön­nen. Ist der Umfang einer sol­chen Tätig­keit gering, kommt es nicht zur Ver­sa­gung der erwei­ter­ten Kür­zung wegen Ver­sto­ßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot.

Der Umfang des Grund­ver­mö­gens ergibt sich aus § 68 des Bewer­tungs­ge­set­zes (BewG). Danach gehö­ren zum Grund­ver­mö­gen unter ande­rem der Grund und Boden, die Gebäu­de, die sons­ti­gen Bestand­tei­le und das Zube­hör, nicht aber Maschi­nen und sons­ti­ge Vor­rich­tun­gen aller Art, die zu einer Betriebs­an­la­ge gehö­ren, auch wenn sie wesent­li­che Bestand­tei­le sind. Inso­weit kön­nen Betriebs­vor­rich­tun­gen nie­mals zum Grund­ver­mö­gen gehören.

Aus dem gesetz­li­chen Erfor­der­nis der Zuge­hö­rig­keit „zu einer Betriebs­an­la­ge“ ergibt sich, dass der Begriff der Betriebs­vor­rich­tung Gegen­stän­de vor­aus­setzt, durch die das Gewer­be unmit­tel­bar betrie­ben wird. Zwi­schen der Betriebs­vor­rich­tung und dem Betriebs­ab­lauf muss ein ähn­lich enger Zusam­men­hang bestehen, wie er übli­cher­wei­se bei Maschi­nen gege­ben ist. Dage­gen reicht es nicht aus, wenn eine Anla­ge für einen Betrieb ledig­lich nütz­lich oder not­wen­dig oder sogar gewer­be­po­li­zei­lich vor­ge­schrie­ben ist. Ent­schei­dend ist, ob die Gegen­stän­de von ihrer Funk­ti­on her unmit­tel­bar zur Aus­übung des Gewer­bes genutzt wer­den. Für die Abgren­zung zwi­schen Gebäu­de­be­stand­tei­len und Betriebs­vor­rich­tung kommt es des­halb dar­auf an, ob die Vor­rich­tung im Rah­men der all­ge­mei­nen Nut­zung des Gebäu­des erfor­der­lich ist oder ob sie unmit­tel­bar der Aus­übung des Gewer­bes dient. Die zivil­recht­li­che Ein­ord­nung eines Gegen­stan­des als wesent­li­cher Gebäu­de­be­stand­teil schließt das Vor­lie­gen einer Betriebs­vor­rich­tung hin­ge­gen nicht aus, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 18.12.2019 unter dem Akten­zei­chen III R 36/17 ent­schie­den hat.

Aus­ge­hend von die­ser gesetz­li­chen Ein­ord­nung kommt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter mit Urteil vom 11.2.2022 unter dem Akten­zei­chen 14 K 2267/19 G, F zu dem Schluss, dass eine Boden­ver­tie­fung für einen Brems­prüf­stand und Fun­da­men­te für eine Wer­be­an­la­ge kei­ne Betriebs­vor­rich­tun­gen sind.

Mit Blick auf die Boden­ver­tie­fung hat der BFH in sei­nem oben bereits zitier­ten Urteil vom 18.12.2019 unter dem Akten­zei­chen III R 36/17 bereits ange­nom­men, dass es sich bei den Zapf­säu­len, Rohr­lei­tun­gen und Tanks sowie ins­be­son­de­re bei der Boden­be­fes­ti­gung einer Tank­stel­le um Betriebs­vor­rich­tun­gen der Tank­stel­le han­delt. Gegen­stand des Betriebs einer Tank­stel­le sei es unter ande­rem, die Tank­stel­len­kun­den mit Treib­stof­fen wie Ben­zin und Die­sel in unter­schied­li­chen Treib­stoff­qua­li­tä­ten zu ver­sor­gen. Inso­weit wür­den die Tanks, Rohr­lei­tun­gen und Zapf­säu­len unmit­tel­bar zur Durch­füh­rung des Tank­vor­gangs genutzt und dien­ten damit auch unmit­tel­bar der Aus­übung des Gewer­bes. Glei­ches gel­te für die Boden­be­fes­ti­gung im Tank­be­reich. Die Recht­spre­chung erken­ne zwar an, dass Wege- und Platz­be­fes­ti­gung der all­ge­mei­nen Erschlie­ßung des Grund­stücks und dem Zugang zum Gebäu­de dien­ten und sie inso­weit kei­ne unmit­tel­bar den Betriebs­ab­lauf betref­fen­de Funk­ti­on erfül­len. Dabei wird es nicht als aus­rei­chend für die Qua­li­fi­ka­ti­on als Betriebs­vor­rich­tung ange­se­hen, wenn die Zu- und Abfahr­ten unmit­tel­bar dem Betrieb die­nen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Wege- und Platz­be­fes­ti­gung zu einer Betriebs­an­la­ge gehö­ren. Dies ist bei einer Tank­stel­le der Fall, da die Boden­be­fes­ti­gung zur Tank­an­la­ge gehört. Sie steht im räum­li­chen Zusam­men­hang mit der Tank­an­la­ge und bil­det funk­tio­nell eine Ein­heit mit der Tank­an­la­ge, wenn hier die wesent­li­chen Betriebs­vor­gän­ge der Tank­stel­le, näm­lich einer­seits das Befül­len des Tanks durch ent­spre­chen­de Tank­last­zü­ge des Treib­stoff­lie­fe­ran­ten und ande­rer­seits die Betan­kung der Kun­den­fahr­zeu­ge, statt­fin­den. Inso­weit unter­schei­det sich die Boden­be­fes­ti­gung im Tank­stel­len­be­reich durch ihre beson­de­re betrieb­li­che Aus­ge­stal­tung und Zweck­be­stim­mung von sons­ti­gen Boden- oder Hof­be­fes­ti­gun­gen zum all­ge­mei­nen Per­so­nen­zu­gang oder zur all­ge­mei­nen Befahrbarkeit.

Im Unter­schied zu der Boden­be­fes­ti­gung einer Tank­stel­le erfüllt jedoch eine Boden­ver­tie­fung kei­ne spe­zi­el­le Funk­ti­on für den Brems­prüf­stand und dar­auf auf­bau­end für die Kfz-Werk­statt. Der eigent­li­che Betrieb einer Kfz-Werk­statt wäre auch ohne eine ent­spre­chen­de Ver­tie­fung im Boden durch­führ­bar, eben durch eine mobi­le Brem­sen-Prüf­an­la­ge. Die Ver­tie­fung hät­te ein­zig den Zweck, dass die spä­ter an die­ser Stel­le ein­ge­bau­te Brems­prüf­an­la­ge eben­erdig befahr­bar wer­den konn­te und die Not­wen­dig­keit einer ansons­ten mobi­len Brem­sen-Prüf­an­la­ge ent­fällt. Allein durch die Ver­tie­fung kann eine Kfz-Werk­statt aber nicht unmit­tel­bar betrie­ben wer­den, son­dern allen­falls mit­tel­bar im Zusam­men­hang mit der auf ihr errich­te­ten Brem­sen-Prüf­an­la­ge. Folg­lich kom­men dies­be­züg­lich die Rich­ter zu dem Schluss, dass eine Boden­ver­tie­fung kei­ne Betriebs­vor­rich­tung ist.

Eben­so sehen es die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter des Finanz­ge­rich­tes Müns­ter mit Blick auf die Fun­da­men­te für eine Wer­be­an­la­ge. Auch dabei han­delt es sich nach Über­zeu­gung des erst­in­stanz­li­chen Gerich­tes nicht um eine Betriebs­vor­rich­tung. Denn auch ohne ent­spre­chen­de Fun­da­men­te für eine Wer­be­an­la­ge kann eine Kfz-Werk­statt (oder auch ein ande­rer Betrieb) grund­sätz­lich betrie­ben wer­den. Durch die Fun­da­men­te wird ein Unter­neh­men jeden­falls nicht unmit­tel­bar betrieben.

Hin­sicht­lich der Fra­ge, ob die Über­las­sung daher bei der erwei­ter­ten Gewer­be­steu­er­kür­zung schäd­lich ist, kann daher Ent­war­nung gege­ben werden.

Hin­weis: Zudem muss dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass die Vor­schrift zur erwei­ter­ten Gewer­be­steu­er­kür­zung geän­dert wur­de. Danach sind Ein­nah­men aus unmit­tel­ba­ren Ver­trags­be­zie­hun­gen mit den Mie­tern des Grund­be­sit­zes gene­rell nicht mehr schäd­lich, sofern die­se Ein­nah­men im Wirt­schafts­jahr nicht höher als 5 % der Ein­nah­men aus der Gebrauchs­über­las­sung des Grund­be­sit­zes sind. Dar­un­ter soll­te zukünf­tig auch die Mit-Ver­mie­tung bzw. Mit­über­las­sung von Betriebs­vor­rich­tung fallen.

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