Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief April 2022

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

11.4. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 14.4. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Mai 2022:

10.5. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.5. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

16.5. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 19.5. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge April 2022

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für April ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 27.4.2022.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Zum Erlass von Säumniszuschlägen gegenüber einem an sich pünktlichen Steuerzahler

Ein Erlass von Säum­nis­zu­schlä­gen aus sach­li­chen Bil­lig­keits­grün­den ent­spre­chend der Rege­lung in § 227 der Abga­ben­ord­nung (AO) ist sogar gebo­ten, wenn ihre Ein­zie­hung im Ein­zel­fall, ins­be­son­de­re mit Rück­sicht auf den Zweck der Säum­nis­zu­schlä­ge, nicht zu recht­fer­ti­gen ist, obwohl der Sach­ver­halt zwar den gesetz­li­chen Tat­be­stand erfüllt, die Erhe­bung der Säum­nis­zu­schlä­ge aber den Wer­tun­gen des Gesetz­ge­bers zuwi­der­läuft. In die­sem Zusam­men­hang spricht man von einem soge­nann­ten Geset­zes­über­hang, wie bei­spiels­wei­se schon der Bun­des­fi­nanz­hof in einer frü­hen Ent­schei­dung vom 14.9.1978 unter dem Akten­zei­chen V R 35/72 her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

Aber auch nach der stän­di­gen Recht­spre­chung sind Säum­nis­zu­schlä­ge ein Druck­mit­tel eige­ner Art, das den Steu­er­schuld­ner zur recht­zei­ti­gen Zah­lung anhal­ten soll. Dar­über hin­aus ver­folgt die Rege­lung des § 240 AO den Zweck, vom Steu­er­pflich­ti­gen eine Gegen­leis­tung für das Hin­aus­schie­ben der zah­lungs­fäl­li­gen Steu­ern zu erhal­ten. Durch Säum­nis­zu­schlä­ge wer­den schließ­lich auch die Ver­wal­tungs­auf­wen­dun­gen abge­gol­ten, die bei den ver­wal­ten­den Kör­per­schaf­ten dadurch ent­ste­hen, dass Steu­er­pflich­ti­ge eine fäl­li­ge Steu­er nicht oder zumin­dest nicht frist­ge­mäß zah­len. Auch die­se Auf­fas­sung ent­spricht der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung, so bei­spiels­wei­se in der Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 18.6.1998 unter dem Akten­zei­chen V R 13/98.

Sach­lich unbil­lig ist die Erhe­bung von Säum­nis­zu­schlä­gen vor die­sem Hin­ter­grund bei­spiels­wei­se dann, wenn dem Steu­er­pflich­ti­gen die recht­zei­ti­ge Zah­lung der Steu­er wegen Über­schul­dung und Zah­lungs­un­fä­hig­keit unmög­lich ist und des­halb die Aus­übung von Druck zur Zah­lung ihren Sinn ver­liert. So der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 16.7.1997 unter dem Akten­zei­chen XI R 32/96.

Ein den Erlass recht­fer­ti­gen­der sach­li­cher Bil­lig­keits­grund kann fer­ner gege­ben sein, wenn die Säum­nis sich letzt­lich als offen­ba­res Ver­se­hen eines bis­lang pünkt­li­chen Steu­er­zah­lers erweist. Auch dies ist die Auf­fas­sung der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung, so bei­spiels­wei­se mit Ent­schei­dung vom 15.5.1990 unter dem Akten­zei­chen VII R 7/88.

Hat dage­gen ein Steu­er­schuld­ner sei­ne Steu­ern lau­fend unter Aus­nut­zung der Schon­frist des § 240 Abs. 3 AO gezahlt, so han­delt die Behör­de nicht ermes­sens­feh­ler­haft, wenn sie einen Antrag eines sol­chen Schuld­ners auf Erlass von Säum­nis­zu­schlä­gen aus Bil­lig­keits­grün­den ablehnt, auch wenn die­ser erst­mals die Schon­frist ver­säumt und für die Säum­nis Ent­schul­di­gungs­grün­de vor­ge­tra­gen hat. In die­sem Sin­ne hat sowohl bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.5.1990 unter dem Akten­zei­chen VII R 7/88 ent­schie­den als auch das Finanz­ge­richt Ham­burg mit Ent­schei­dung vom 20.10.2003 unter dem Akten­zei­chen IV 249/00.

Auch nach den – die Gerich­te defi­ni­tiv nicht bin­den­den – Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten der Zoll­ver­wal­tung lie­gen in Bezug auf Säum­nis­zu­schlä­ge Umstän­de vor, die eine Bil­lig­keits­maß­nah­me recht­fer­ti­gen kön­nen. So bei­spiels­wei­se bei plötz­li­cher Erkran­kung des Steu­er­pflich­ti­gen, wenn er selbst dadurch an der pünkt­li­chen Zah­lung gehin­dert war und es dem Steu­er­pflich­ti­gen seit sei­ner Erkran­kung bis zum Ablauf der Zah­lungs­frist nicht mög­lich war, einen Ver­tre­ter mit der Zah­lung zu beauf­tra­gen. Eben­so bei einem pünkt­li­chen Steu­er­zah­ler, dem ein offen­ba­res Ver­se­hen unter­lau­fen ist, wobei unter einem „offen­ba­ren Ver­se­hen“ ein allen­falls leich­ter Ver­stoß gegen die bei der Steu­er­zah­lung gebo­te­ne Sorg­falts­pflicht zu ver­ste­hen sein soll.

Unter Berück­sich­ti­gung der vor­ste­hend beschrie­be­nen Grund­sät­ze kommt aktu­ell das Finanz­ge­richt Ham­burg in einer Ent­schei­dung vom 4.8.2021 unter dem Akten­zei­chen 4 K 11/20 zu dem Schluss, dass die hier beklag­te Finanz­be­hör­de ermes­sens­feh­ler­haft gehan­delt hat, weil der Erlass der Säum­nis­zu­schlä­ge aus Bil­lig­keits­grün­den ver­sagt wur­de. Die beklag­te Finanz­be­hör­de hat zwar erkannt, dass ihr hin­sicht­lich der Ent­schei­dung nach § 227 AO Ermes­sen ein­ge­räumt ist. Von die­sem Ermes­sen hat sie auch in einer dem Zweck der Ermäch­ti­gung ent­spre­chen­den Wei­se Gebrauch gemacht und dabei grund­sätz­lich auch die von der Recht­spre­chung auf­ge­stell­ten Grund­sät­ze in nicht zu bean­stan­den­der Wei­se auf den Streit­fall ange­wen­det. So hat die beklag­te Finanz­be­hör­de in ihrer Ein­spruchs­ent­schei­dung zutref­fend aus­ge­führt, dass die in § 240 Abs. 3 AO nor­mier­te Schon­frist nicht die Zah­lungs­frist ver­län­ge­re, son­dern eine vom Gesetz vor­ge­nom­me­ne Bil­lig­keits­maß­nah­me dar­stellt, um in Fäl­len gering­fü­gi­ger Zah­lungs­fris­t­über­schrei­tung auf eine Erhe­bung von Säum­nis­zu­schlä­gen ver­zich­ten zu kön­nen. Wei­ter­hin hat sie in Über­ein­stim­mung mit der Recht­spre­chung gegen­über dem Steu­er­pflich­ti­gen aus­ge­führt, dass Steu­er­schuld­ner, die die Steu­er lau­fend unter Aus­nut­zung der Schon­frist zahl­ten, kei­ne pünkt­li­chen Steu­er­zah­ler sind.

Den­noch hat die hier beklag­te Finanz­be­hör­de nur ver­meint­lich alles rich­tig gemacht. Tat­säch­lich hat sie ihre Ermes­sens­ent­schei­dung näm­lich nicht auch anhand eines ein­wand­frei und erschöp­fend ermit­tel­ten Sach­ver­halts getrof­fen. Zwar hat sie zutref­fend dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Klä­ge­rin in der Ver­gan­gen­heit in Bezug auf 19 Steu­er­an­mel­dun­gen, wobei sich die­se auf ledig­lich fünf Fäl­lig­keits­ter­mi­ne bezie­hen, die Steu­er­be­trä­ge ver­spä­tet ent­rich­tet hat­te. Auf die Erhe­bung von Säum­nis­zu­schlä­gen war jeweils nur aus dem Grund ver­zich­tet wor­den, weil die ver­spä­te­ten, also außer­halb der Zah­lungs­frist erfolg­ten Zah­lun­gen noch inner­halb der Schon­frist des § 240 Abs. 3 AO geleis­tet wur­den. Vor die­sem Hin­ter­grund hat­te die beklag­te Finanz­be­hör­de zunächst zutref­fend gefol­gert, dass die Klä­ge­rin in Bezug auf die vor­lie­gend in Rede ste­hen­den Steu­er­be­trä­ge weder erst- noch ein­ma­lig Steu­ern ver­spä­tet ent­rich­tet habe. Die wei­te­re Schluss­fol­ge­rung der beklag­ten Finanz­be­hör­de indes: Mit Blick auf die­se Zah­lungs­ver­stö­ße sei die Steu­er­pflich­ti­ge in dem zu betrach­ten­den Zeit­raum nicht als ein bis­her pünkt­li­cher Steu­er­zah­ler zu sehen. Das wer­tet das erst­in­stanz­li­che erken­nen­de Finanz­ge­richt Ham­burg als fehlerhaft.

Der Grund: Ob eine natür­li­che oder juris­ti­sche Per­son als pünkt­li­cher oder nicht pünkt­li­cher Steu­er­zah­ler zu betrach­ten ist, beur­teilt sich nicht anhand einer ein­zel­nen Steu­er­art, son­dern ist in einer Gesamt­schau zu prü­fen, bei der alle für das Ver­hält­nis zwi­schen den Steu­er­zah­lern und der Finanz- bzw. Zoll­ver­wal­tung rele­van­ten Umstän­de her­an­zu­zie­hen sind. Hin­sicht­lich des Streit­falls hät­te sich die beklag­te Finanz­be­hör­de daher nicht dar­auf beschrän­ken dür­fen, das Zah­lungs­ver­hal­ten der Steu­er­pflich­ti­gen in Bezug auf die pünkt­li­che Ent­rich­tung der hier vor­lie­gen­den Steu­er, hier die Ener­gie­steu­er im Zeit­raum von 2016 bis 2017, zu unter­su­chen. Viel­mehr hät­te die Finanz­be­hör­de auch nach­prü­fen und in ihrer Ermes­sens­ent­schei­dung als ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Gesichts­punkt ein­be­zie­hen müs­sen, ob die Klä­ge­rin ins­ge­samt, also auch in Bezug auf die Steu­er­ar­ten Kör­per­schaft­steu­er, Umsatz­steu­er, Gewer­be­steu­er und Lohn­steu­er, als eine pünkt­li­che oder unpünkt­li­che Steu­er­zah­le­rin anzu­se­hen ist.

Hät­te die beklag­te Finanz­be­hör­de die­se Prü­fung vor­ge­nom­men, hät­te sie vor dem Hin­ter­grund, dass kei­ne fäl­li­gen Steu­er­rück­stän­de bestehen, dass kei­ne Steu­er­be­trä­ge gestun­det wur­den und dass das Zah­lungs­ver­hal­ten in den jewei­li­gen letz­ten zwölf Mona­ten immer pünkt­lich war, zu einem ande­ren Gesamt­ein­druck kom­men müs­sen. Vor die­sem Gesamt­hin­ter­grund ist die Schluss­fol­ge­rung der beklag­ten Finanz­be­hör­de, die Klä­ge­rin sei mit Blick auf die ver­mehr­ten Zah­lungs­ver­stö­ße nicht als eine bis­her pünkt­li­che Steu­er­zah­le­rin zu betrach­ten, recht­lich nicht ver­tret­bar und damit fehlerhaft.

Das erken­nen­de Gericht bewer­tet inso­weit die streit­ge­gen­ständ­li­che Über­schrei­tung der Schon­frist als leich­ten Ver­stoß einer bis­her ins­ge­samt pünkt­li­chen Steu­er­zah­le­rin. Inso­weit hat die Steu­er­zah­le­rin dar­ge­legt, dass die Über­schrei­tung der Schon­frist auf einer Ver­ket­tung unglück­li­cher Umstän­de beruh­te, näm­lich auf dem kurz­fris­ti­gen Per­so­nal­aus­fall im Geschäfts­be­reich Ener­gie und dem hier­mit zeit­lich zusam­men­fal­len­den Umstruk­tu­rie­rungs­pro­zess in der Gesell­schaft. Das Zusam­men­tref­fen die­ser bei­den Umstän­de war für das Ent­ste­hen der Säum­nis­zu­schlä­ge von ent­schei­den­der Bedeu­tung. Inso­weit han­delt es sich auch um kein Orga­ni­sa­ti­ons­ver­schul­den im Betrieb, was bereits dadurch deut­lich wird, dass die Steu­er­pflich­ti­ge die Säum­nis selbst bemerkt und die Zah­lung unver­züg­lich nach Bemer­ken der Säum­nis nach­ge­holt hatte.

Wie bereits aus­ge­führt, haben Säum­nis­zu­schlä­ge einen dop­pel­ten Zweck. Sie sind zum einen ein Druck­mit­tel eige­ner Art, das den Steu­er­schuld­ner zur recht­zei­ti­gen Zah­lung anhal­ten soll. Sie ver­fol­gen zum ande­ren den Zweck, vom Steu­er­pflich­ti­gen eine Gegen­leis­tung für das Hin­aus­schie­ben der Zah­lung fäl­li­ger Steu­er­schul­den zu erhal­ten und Ver­wal­tungs­auf­wen­dun­gen abzu­gel­ten, die bei den steu­er­ver­wal­ten­den Kör­per­schaf­ten regel­mä­ßig ent­ste­hen, wenn Steu­er­pflich­ti­ge eine fäl­li­ge Steu­er nicht oder nicht frist­ge­mäß ent­rich­ten. Säum­nis­zu­schlä­ge, die – wie hier – gegen­über einem an sich pünkt­li­chen Steu­er­zah­ler erho­ben wer­den, ver­lie­ren ihren Zweck als Druck­mit­tel, den Steu­er­schuld­ner zur recht­zei­ti­gen Zah­lung sei­ner steu­er­recht­li­chen Ver­bind­lich­kei­ten anzu­hal­ten, was bereits für sich genom­men einen hälf­ti­gen Erlass der ver­wirk­ten Säum­nis­zu­schlä­ge recht­fer­tigt. Etwas ande­res mag aus­nahms­wei­se dann gel­ten, wenn die Säum­nis­zu­schlä­ge auf einem beson­ders ver­werf­li­chen Fehl­ver­hal­ten des Steu­er­zah­lers oder auf einer Ein­stel­lungs- oder Ver­hal­tens­wei­se beru­hen, die wei­te­re Ver­stö­ße gegen die bei der Steu­er­zah­lung gebo­te­nen Sorg­falts­pflich­ten in abseh­ba­rer Zeit ver­mu­ten las­sen. Bei Sach­ver­hal­ten die­ser Art dürf­te es bereits an der Erlass­wür­dig­keit des Steu­er­zah­lers feh­len, so dass das Ermes­sen der Ver­wal­tung schon nicht eröff­net ist.

In Fall­kon­stel­la­tio­nen der vor­lie­gen­den Art kann die Säum­nis des an sich pünkt­li­chen Steu­er­zah­lers aller­dings zu Ver­wal­tungs­auf­wen­dun­gen füh­ren, die die Schwel­le der Gering­fü­gig­keit über­schrei­ten. Hat die Säum­nis des Steu­er­zah­lers einen nicht nur gering­fü­gi­gen Ver­wal­tungs­auf­wand aus­ge­löst, han­delt die Ver­wal­tung in der Regel nicht ermes­sens­feh­ler­haft, wenn sie ledig­lich die Hälf­te der ver­wirk­ten Säum­nis­zu­schlä­ge erlässt und einen voll­stän­di­gen Erlass der Säum­nis­zu­schlä­ge ablehnt. Hat die Säum­nis des Steu­er­zah­lers aber kei­nen oder nur einen gering­fü­gi­gen Ver­wal­tungs­auf­wand ver­ur­sacht, ist auch der wei­te­re, mit der Erhe­bung von Säum­nis­zu­schlä­gen ver­folg­te Zweck ent­fal­len mit der Fol­ge, dass als ermes­sens­feh­ler­freie Ent­schei­dung allein ein voll­stän­di­ger Erlass der Säum­nis­zu­schlä­ge in Betracht kommt.

Hin­weis: Soweit ersicht­lich hat die Finanz­be­hör­de im vor­lie­gen­den Fall gegen die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts Ham­burg die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ein­ge­legt. Die­se wird aktu­ell unter dem Akten­zei­chen VII B 135/21 geführt.

nach oben

2. Für alle Steuerpflichtigen: Sonderausgabenabzug von Kirchensteuer, die der Arbeitnehmer aufgrund eines Rückgriffsanspruchs erstattet

Zu den als Son­der­aus­ga­ben abzugs­fä­hi­gen Kir­chen­steu­ern gehö­ren nur sol­che Geld­leis­tun­gen, die von den als Kör­per­schaf­ten des öffent­li­chen Rechts aner­kann­ten Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten von ihren Mit­glie­dern auf­grund gesetz­li­cher Bestim­mun­gen erho­ben werden.

Abzugs­be­rech­tigt im Bereich der Son­der­aus­ga­ben ist nur der sich aus den öffent­lich-recht­li­chen Rege­lun­gen erge­ben­de Steu­er­schuld­ner, soweit er die Kir­chen­steu­er auch tat­säch­lich getra­gen hat. Die­se Auf­fas­sung ist in der Lite­ra­tur unumstritten.

Kir­chen­steu­er­pflich­tig sind ledig­lich Per­so­nen, die einer steu­er­erhe­bungs­be­rech­tig­ten Kir­che ange­hö­ren. Kei­ner Kir­che steht ein Besteue­rungs­recht gegen­über Nicht­mit­glie­dern zu. Dem­entspre­chend ist nur der gesetz­li­che Kir­chen­steu­er­schuld­ner zum Abzug sei­ner Kir­chen­steu­er berech­tigt. Der Steu­er­pflich­ti­ge muss die Kir­chen­steu­ern selbst schul­den, wenn er sie ent­spre­chend den ein­kom­men­steu­er­li­chen Rege­lun­gen in § 10 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 4 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) als Son­der­aus­ga­ben abzie­hen möch­te. Nur in sei­ner Per­son kann die gezahl­te Kir­chen­steu­er eine unver­meid­ba­re (zwangs­läu­fi­ge) Aus­ga­be sein, die zum Son­der­aus­ga­ben­ab­zug berechtigt.

In einem Streit­fall vor dem Finanz­ge­richt Müns­ter leis­te­te der Klä­ger die Zah­lung nicht auf sei­ne per­sön­li­che Kir­chen­steu­er­schuld auf­grund sei­ner Mit­glied­schaft in einer kir­chen­steu­er­he­bungs­be­rech­tig­ten Kir­che. Grund­la­ge der kon­kre­ten Zah­lung der Kir­chen­steu­er des Klä­gers war viel­mehr ein Haf­tungs­be­scheid an den Klä­ger in sei­ner Funk­ti­on als Geschäfts­füh­rer einer GmbH.

Der Klä­ger haf­te­te näm­lich als Geschäfts­füh­rer die­ser GmbH und damit als deren gesetz­li­cher Ver­tre­ter auch für nicht abge­führ­te Lohn­steu­ern bzw. Kir­chen­steu­ern, die auf sei­nen eige­nen Arbeits­lohn ent­fal­len. Die Pflicht zur Ent­rich­tung der Lohn­steu­er obliegt aller­dings immer dem Arbeit­ge­ber, mit­hin vor­lie­gend der ver­tre­te­nen GmbH.

Dem­entspre­chend kommt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter mit vor­lie­gen­dem Urteil vom 23.6.2020 unter dem Akten­zei­chen 12 K 3738/19 E zu dem Schluss, dass der Steu­er­pflich­ti­ge die Kir­chen­steu­er selbst schul­den muss, wenn sie als Son­der­aus­ga­be abzugs­fä­hig sein soll. Dies ist ins­be­son­de­re nicht der Fall, wenn Zah­lungs­grund­la­ge für die Kir­chen­steu­er ein Haf­tungs­be­scheid gewe­sen ist, der gegen­über der Arbeit­ge­ber-GmbH ergan­gen ist, deren Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer der Steu­er­pflich­ti­ge ist. In die­sem Fall leis­te­te der Klä­ger auf die Schuld des Ver­tre­te­nen, das heißt auf eine frem­de Steu­er­schuld, für deren Ent­rich­tung aus den ver­wal­ten­den Mit­teln der Klä­ger als Geschäfts­füh­rer zu sor­gen hat­te. Eine Zah­lung auf sei­ne per­sön­li­che Kir­chen­steu­er­schuld hat der Klä­ger nicht geleis­tet. Der Rück­for­de­rungs­be­trag an die GmbH hat­te er auf­grund eines zivil­recht­li­chen Anspruchs gezahlt und nicht als Schuld­ner der Kir­chen­steu­er. Inso­weit kommt der Son­der­aus­ga­ben­ab­zug für Kir­chen­steu­er nicht in Betracht, wenn die­se von dem Geschäfts­füh­rer der zum Steu­er­ab­zug ver­pflich­te­ten GmbH als Haf­tungs­schuld­ner und nicht als Zah­lung sei­ner per­sön­li­chen Kir­chen­steu­er­schuld geleis­tet wird. Die­ser Auf­fas­sung war auch bereits das Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf in einer sehr viel frü­he­ren Ent­schei­dung vom 28.2.2007 unter dem Akten­zei­chen 7 K 6571/04 E.

Hin­weis: Obwohl inso­weit die erst­in­stanz­li­che Recht­spre­chung nicht nur ein­deu­tig, son­dern auch ein­stim­mig ist, hat der hier Kla­gen­de die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen ein­ge­legt. So müs­sen nun die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik ent­schei­den, ob in einem ent­spre­chen­den Fall Kir­chen­steu­er­be­trä­ge auch dann zum Son­der­aus­ga­ben­ab­zug berech­ti­gen, wenn die­se nicht als Zah­lung einer per­sön­li­chen Steu­er­schuld, son­dern ledig­lich als Haf­tungs­schuld­ner gezahlt wer­den. Im Zen­trum der Ent­schei­dung wird daher die Fra­ge ste­hen, ob inso­weit tat­säch­lich bei ein und der­sel­ben Per­son eine Unter­schei­dung getrof­fen wer­den kann.

nach oben

3. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Frage des Vorliegens einer Lieferung bei dezentral verbrauchtem Strom

Lie­fe­run­gen sind aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 3 Absatz 1 des Umsatz­steu­er­ge­set­zes (UStG) Leis­tun­gen, durch die ein Unter­neh­mer oder in sei­nem Auf­trag ein Drit­ter den Abneh­mer oder in des­sen Auf­trag einen Drit­ten befä­higt, im eige­nen Namen über einen Gegen­stand zu ver­fü­gen. Es muss also die Ver­fü­gungs­macht über den Gegen­stand ver­schafft werden.

Hier­von ist bei der Über­tra­gung von Sub­stanz, Wert und Ertrag aus­zu­ge­hen, die aller­dings häu­fig mit dem bür­ger­lich-recht­li­chen Eigen­tum ver­bun­den ist, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 24.10.2013 unter dem Akten­zei­chen V R 17/13 her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

Ob die Ver­fü­gungs­macht in die­sem Sin­ne über­tra­gen wird, rich­tet sich nach dem Gesamt­bild der Ver­hält­nis­se des Ein­zel­falls, also den kon­kre­ten ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen und deren tat­säch­li­cher Durch­füh­rung unter Berück­sich­ti­gung der Inter­es­sen­la­ge der Betei­lig­ten. So eben­falls bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 9.9.2015 unter dem Akten­zei­chen XI R 21/13.

Bei Anwen­dung die­ser Grund­sät­ze ist nicht von einer Über­tra­gung der Ver­fü­gungs­macht durch den Anla­gen­be­trei­ber auf den Netz­be­trei­ber aus­zu­ge­hen. Strom ist zwar grund­sätz­lich ein Gegen­stand, der gelie­fert wer­den kann, denn nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs wer­den mit dem Wort sowohl Sachen (kör­per­li­che Gegen­stän­de) als auch sol­che Wirt­schafts­gü­ter erfasst, die im Ver­kehr wie kör­per­li­che Gegen­stän­de behan­delt wer­den. Zu letz­te­ren gehö­ren bei­spiels­wei­se der elek­tri­sche Strom, die Was­ser­kraft und der Firmenwert.

Auch steht einer Ver­schaf­fung der Ver­fü­gungs­macht nicht die feh­len­de phy­si­sche Ver­bin­dung zum Netz­be­trei­ber ent­ge­gen, da die KWK-Anla­ge des Anla­gen­be­trei­bers an das Netz des Netz­be­trei­bers ange­schlos­sen ist. Außer­dem besteht zwi­schen dem Betrei­ber einer KWK-Anla­ge und dem Netz­be­trei­ber ein sich aus dem Kraft-Wär­me-Kopp­lungs­ge­setz (KWKG) erge­ben­des gesetz­li­ches Schuld­ver­hält­nis. Der Netz­be­trei­ber, bei dem die KWK Anla­ge ange­schlos­sen ist, ist ver­pflich­tet, den in die­ser Anla­ge erzeug­ten Strom vor­ran­gig abzu­neh­men und zu vergüten.

Aller­dings wird der in der KWK-Anla­ge erzeugt Strom im vor­lie­gen­den Streit­fall beim Finanz­ge­richt Köln gera­de nicht in das Netz des Netz­be­trei­bers ein­ge­speist. Infol­ge der feh­len­den Ein­spei­sung des Stroms in das all­ge­mei­ne Strom­netz wer­den weder Sub­stanz noch Wert oder Ertrag des in der KWK-Anla­ge erzeug­ten und dezen­tral ver­brauch­ten Stroms vom Anla­gen­be­trei­ber auf den Netz­be­trei­ber über­tra­gen. Weder die blo­ße Mög­lich­keit, dass in der KWK-Anla­ge erzeug­ter Strom infol­ge des Netz­an­schlus­ses ein­ge­speist wer­den könn­te, noch die Ver­pflich­tung des Netz­be­trei­bers zur Zah­lung des KWK-Zuschlags ändert hier­an etwas. Denn auch die­se Umstän­de begrün­den kei­ne Über­tra­gung von Sub­stanz, Wert oder Ertrag. Der Netz­be­trei­ber erhält weder auf­grund des Netz­an­schlus­ses noch auf­grund sei­ner Ver­pflich­tung zur Zah­lung des Zuschlags die Befä­hi­gung, wie ein Eigen­tü­mer über den dezen­tral ver­brauch­ten Strom zu verfügen.

Schließ­lich ist auch unter dem Aspekt der soge­nann­ten Ver­trags­ein­spei­sung, die es in der Strom­wirt­schaft neben der phy­si­ka­li­schen Ein­spei­sung gibt, vor­lie­gend kei­ne Ver­schaf­fung der Ver­fü­gungs­macht an dezen­tral ver­brauch­tem Strom anzu­neh­men. Bei der soge­nann­ten Ver­trags­ein­spei­sung über­nimmt der Netz­be­trei­ber die Elek­tri­zi­tät ledig­lich nomi­nell, obwohl der in der KWK-Anla­ge erzeug­te Strom selbst ver­braucht oder Drit­ten zur Ver­fü­gung gestellt wird und damit ein mess­ba­rer Last­fluss an der Ver­bin­dung von Anschluss­lei­tung und Netz der all­ge­mei­nen Ver­sor­gung gera­de nicht stattfindet.

Ein ande­res Ergeb­nis lässt sich auch nicht aus der Recht­spre­chung des Euro­päi­schen Gerichts­hofs mit Urteil vom 20.6.2013 unter dem Akten­zei­chen Rs. C‑219/12 her­lei­ten. In der genann­ten Ent­schei­dung nahm der euro­päi­sche Gerichts­hof zwar eine Lie­fe­rung zwi­schen Anla­gen­be­trei­ber und Netz­be­trei­ber an, obwohl der eige­ne Strom­be­darf des Anla­gen­be­trei­bers grö­ßer war als die Men­ge des selbst erzeug­ten Stroms. Aller­dings han­del­te es sich um eine soge­nann­te netz­ge­führ­te Strom­erzeu­gungs­an­la­ge (mit ande­ren Wor­ten eine Foto­vol­ta­ik­an­la­ge), bei der der pro­du­zier­te Strom tat­säch­lich in das Netz ein­ge­speist wur­de und der ver­brauch­te Strom vom Betrei­ber des Net­zes gekauft wurde.

Mit Urteil vom 16.6.2021 hebt das Finanz­ge­richt Köln daher unter dem Akten­zei­chen 9 K 1260/19 her­vor, dass auch die Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung im Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums vom 14.3.2011, wonach bei dezen­tra­lem Ver­brauch von KWK-Strom gene­rell eine Lie­fe­rung des Stroms vom Anla­gen­be­trei­ber an den Netz­be­trei­ber und sodann eine Rück­lie­fe­rung des Netz­be­trei­bers an den Anla­gen­be­trei­ber erfolgt, nichts an den vor­he­ri­gen Aus­sa­gen ändert. Klar und deut­lich stellt der erken­nen­de Senat dar, dass er weder for­mell an die Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung gebun­den ist noch sich durch die Berück­sich­ti­gung der Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung etwas an der mate­ri­el­len Aus­le­gung der zugrun­de zu legen­den Rechts­nor­men ändert.

Folg­lich gilt: Da dem Netz­be­trei­ber am dezen­tral ver­brauch­ten Strom kei­ne Ver­fü­gungs­macht ver­schafft wur­de, ihm mit­hin kein Strom gelie­fert wur­de, konn­te er auch sei­ner­seits dem Anla­gen­be­trei­ber den Strom nicht zurück­lie­fern. Der Netz­be­trei­ber konn­te dem Anla­gen­be­trei­ber weder Sub­stanz, Wert oder Ertrag am dezen­tral ver­brauch­ten Strom über­tra­gen. Somit liegt kei­ne Lie­fe­rung ent­spre­chend der umsatz­steu­er­li­chen Rege­lun­gen des § 3 Abs. 1 UStG vom Netz­be­trei­ber an den Anla­gen­be­trei­ber vor.

Hin­weis: Auf­grund der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung der Rechts­fra­ge und der Tat­sa­che, dass sich bis­her der Bun­des­fi­nanz­hof zu die­ser kon­kre­ten The­ma­tik offen­sicht­lich noch nicht geäu­ßert hat, hat das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln die Revi­si­on nach Mün­chen zuge­las­sen. Unter dem Akten­zei­chen XI R 18/21 müs­sen daher die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik klä­ren, ob hier eine ent­spre­chen­de Hin- und Rück­lie­fe­rung fin­giert wer­den kann, oder ob eine sol­che auch für umsatz­steu­er­li­che Zwe­cke defi­ni­tiv nicht stattfindet.

nach oben

4. Für Kapitalanleger: Glattstellungsgeschäfte als rückwirkendes Ereignis bei Stillhaltergeschäften?

Zu den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen zäh­len auch soge­nann­te Still­hal­t­erprä­mi­en, die für die Ein­räu­mung von Optio­nen ver­ein­nahmt wer­den. Gere­gelt ist dies in § 20 Abs. 1 Num­mer 11 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG).

Inhalt eines Opti­ons­ge­schäf­tes ist grund­sätz­lich der Erwerb oder die Ver­äu­ße­rung des Rech­tes, eine bestimm­te Men­ge eines Basis­wer­tes (häu­fig han­delt es sich dabei um Akti­en) jeder­zeit wäh­rend der Lauf­zeit der Opti­on zu einem im Vor­aus ver­ein­bar­ten Preis (dem soge­nann­ten Basis­preis) ent­we­der vom Kon­tra­hen­ten (dies ist der soge­nann­te Still­hal­ter) zu kau­fen oder an ihn zu ver­kau­fen. Für die­ses Recht hat der Inha­ber der Opti­on bei Abschluss des Opti­ons­ge­schäfts die Opti­ons­prä­mie (dies ist die soge­nann­te Still­hal­t­erprä­mie) zu zah­len. Die Still­hal­t­erprä­mie ist das Ent­gelt, dass der Still­hal­ter als Ent­schä­di­gung für die Bin­dung und die Risi­ken, die er durch die Bege­bung des Opti­ons­rechts ein­geht, unab­hän­gig vom Zustan­de­kom­men des Wert­pa­pier­ge­schäf­tes allein für das Still­hal­ten erhält.

Schließt der Still­hal­ter ein soge­nann­tes Glatt­stel­lungs­ge­schäft ab, min­dern sich die Ein­nah­men aus den Still­hal­t­erprä­mi­en um die im Glatt­stel­lungs­ge­schäft gezahl­ten Prä­mi­en. Es wird nach dem Net­to­prin­zip nur der beim Still­hal­ter nach Abschluss eines Gegen­ge­schäf­tes (also der Glatt­stel­lung) ver­blei­ben­de Ver­mö­gens­zu­wachs der Besteue­rung unterworfen.

Eine Glatt­stel­lung liegt nach der Geset­zes­be­grün­dung ins­be­son­de­re vor, wenn der Still­hal­ter eine Opti­on der glei­chen Art kauft, wie er sie zuvor ver­kauft hat. Eine ech­te been­den­de Glatt­stel­lung ist gege­ben, wenn das Glatt­stel­lungs­ge­schäft ein betrags- und fris­ten­iden­ti­sches Gegen­ge­schäft ist, mit dem der Still­hal­ter sei­ne Ver­pflich­tung aus der Opti­on zum Erlö­schen bringt. Hier­zu erwirbt der Still­hal­ter genau die Opti­on, die er zuvor einem ande­ren ein­ge­räumt hat, und macht durch den Glatt­stel­lungs­ver­merk eine Auf­rech­nung gel­tend. Ob Gegen­ge­schäf­te ohne einen sol­chen Glatt­stel­lungs­ver­merk als gegen­läu­fi­ge Geschäf­te unter die ein­kom­men­steu­er­li­chen Rege­lun­gen fal­len, ist hin­ge­gen streitig.

Unstrei­tig ist jedoch, so zumin­dest nach Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richts Mün­chen mit Urteil vom 28.9.2021 unter dem Akten­zei­chen 6 K 1458/19, dass bei Beach­tung des all­ge­mein bei Über­schuss­ein­künf­ten gel­ten­den Zu- und Abfluss­prin­zips des § 11 EStG die Still­hal­t­erprä­mie im Jahr des Zuflus­ses zu ver­steu­ern ist. Die Glatt­stel­lungs­auf­wen­dun­gen sind dem­nach im Jahr des Abflus­ses als Wer­bungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen. In die­sem Sin­ne unter­lie­gen Still­hal­t­erprä­mi­en im Zeit­punkt der Ver­ein­nah­mung dem Kapi­tal­ertrag­steu­er­ab­zug. Beim Abschluss eines Glatt­stel­lungs­ge­schäf­te sind die gezahl­ten Prä­mi­en zum Zeit­punkt der Zah­lung als nega­ti­ver Kapi­tal­ertrag in den soge­nann­ten Ver­lust­ver­rech­nungs­topf einzustellen.

Auf­grund der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 20.10.2016 unter dem Akten­zei­chen VIII R 55/13 ord­net die Rege­lung in § 20 Abs. 1 Num­mer 11 EStG eine getrenn­te Besteue­rung der Still­hal­t­erprä­mi­en und der Glatt­stel­lungs­ge­schäf­te an, ohne den Bar­aus­gleich zu regeln. Eine Ände­rung einer Steu­er­fest­set­zung für Auf­wen­dun­gen aus Glatt­stel­lungs­ge­schäf­ten, die in einem ande­ren Ver­an­la­gungs­zeit­raum ange­fal­len sind, sind wegen eines rück­wir­ken­den Ereig­nis­ses nicht mög­lich, da die Zah­lung der Glatt­stel­lungs­auf­wen­dun­gen kein Ereig­nis mit steu­er­li­cher Rück­wir­kung auf das Jahr der Ver­ein­nah­mung der Still­hal­t­erprä­mi­en ist.

Aus­ge­hend von die­sen Grund­sät­zen kommt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Mün­chen zu dem Schluss, dass die bezo­ge­nen Still­hal­t­erprä­mi­en nach § 20 Abs. 1 Num­mer 11 EStG zu ver­steu­ern sind. Die in ande­ren Ver­an­la­gungs­zeit­räu­men getra­ge­nen Auf­wen­dun­gen aus Glatt­stel­lungs­ge­schäf­ten sind in den Jah­ren ihres Abflus­ses gel­tend zu machen.

Hin­weis: Die obers­ten Finanz­rich­ter des Bun­des­fi­nanz­hofs müs­sen nun unter dem Akten­zei­chen VIII R 27/21 klä­ren, ob bei peri­oden­über­grei­fen­den Zu- und Abschlüs­sen aus Still­hal­ter­ge­schäf­ten eine im Fol­ge­jahr geleis­te­te Zah­lung aus dem Glatt­stel­lungs­ge­schäft ein rück­wir­ken­des Ereig­nis dar­stellt, sodass die im Streit­jahr ver­ein­nahm­te Still­hal­t­erprä­mie um die im Fol­ge­jahr geleis­te­ten Auf­wen­dun­gen zu ver­min­dern ist.

nach oben

5. Für Arbeitnehmer: Zweitwohnungsteuer als Werbungskosten bei der doppelten Haushaltsführung

Not­wen­di­ge Mehr­auf­wen­dun­gen, die einem Arbeit­neh­mer wegen einer beruf­lich ver­an­lass­ten dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung ent­ste­hen, sind als Wer­bungs­kos­ten grund­sätz­lich abzugs­fä­hig. Eine dop­pel­te Haus­halts­füh­rung liegt aller­dings nur dann vor, wenn der Arbeit­neh­mer außer­halb des Ortes sei­ner ers­ten Tätig­keits­stät­te einen eige­nen Haus­stand unter­hält und auch am Ort der ers­ten Tätig­keits­stät­te wohnt. Als Unter­kunfts­kos­ten in die­sem Zusam­men­hang kön­nen für die dop­pel­te Haus­halts­füh­rung nur die tat­säch­li­chen Auf­wen­dun­gen für die Nut­zung der Unter­kunft ange­setzt wer­den. Zudem ist der Wer­bungs­kos­ten­ab­zug inso­weit aus­weis­lich des Geset­zes auf höchs­tens 1.000 Euro im Monat begrenzt. Frag­lich ist nun, ob auch die Zweit­woh­nungsteu­er für die Woh­nung im Rah­men der dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung auch nur im Rah­men des 1.000 Euro Höchst­be­trags abge­zo­gen wer­den darf oder ein zusätz­li­cher Abzug mög­lich ist.

Grund­sätz­lich gilt hier­zu folgendes:

Wer­bungs­kos­ten sind Auf­wen­dun­gen zur Erwer­bung, Siche­rung und Erhal­tung der Ein­nah­men. Sie sind immer bei der Ein­kunfts­art abzu­zie­hen, bei der sie erwach­sen sind. Zu den Wer­bungs­kos­ten gehö­ren daher not­wen­di­ge Auf­wen­dun­gen, die einem Arbeit­neh­mer wegen einer beruf­lich ver­an­lass­ten dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung ent­ste­hen. Eine sol­che dop­pel­te Haus­halts­füh­rung liegt aller­dings nur unter den ein­gangs beschrie­be­nen Vor­aus­set­zun­gen vor.

Zu den not­wen­di­gen Mehr­auf­wen­dun­gen, die als Wer­bungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen sind, zäh­len ins­be­son­de­re Auf­wen­dun­gen für wöchent­li­che Fami­li­en­heim­fahr­ten, (zeit­lich befris­te­te) Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen und die not­wen­di­gen Kos­ten der Unter­kunft am Beschäf­ti­gungs­ort. Unter­kunfts­kos­ten am Beschäf­ti­gungs­ort sind nach der (älte­ren) Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs not­wen­dig, wenn sie den Durch­schnitts­miet­zins einer 60 m² Woh­nung am Beschäf­ti­gungs­ort nicht über­schrei­ten. Aber auch sons­ti­ge not­wen­di­ge Mehr­auf­wen­dun­gen, bei­spiels­wei­se die Anschaf­fungs­kos­ten für die erfor­der­li­che Woh­nungs­ein­rich­tung, soweit sie nicht über­höht sind, kön­nen dane­ben nach stän­di­ger Recht­spre­chung als Wer­bungs­kos­ten abge­zo­gen wer­den. So bei­spiels­wei­se die obers­ten Finanz­rich­ter Repu­blik in ihrer Ent­schei­dung vom 13.11.2012 unter dem Akten­zei­chen VI R 50/11).

Im Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2014 wur­de das Gesetz neu gefasst. Ab die­sem Ver­an­la­gungs­zeit­raum kön­nen als Unter­kunfts­kos­ten für die dop­pel­te Haus­halts­füh­rung im Inland die tat­säch­li­chen Auf­wen­dun­gen für die Nut­zung der Unter­kunft ange­setzt wer­den, aller­dings eben höchs­tens die schon ein­gangs genann­ten 1.000 Euro. Für die Pra­xis ist dabei pro­ble­ma­tisch, dass das Gesetz nicht näher bestimmt, wel­che Auf­wen­dun­gen der dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung auf „die Nut­zung der Unter­kunft“ ent­fal­len und daher nur begrenzt abzieh­bar sind.

Nach Ansicht der Finanz­ver­wal­tung im Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums vom 24.10.2014 umfasst der Höchst­be­trag sämt­li­cher ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen wie Mie­te, Betriebs­kos­ten, Kos­ten der lau­fen­den Rei­ni­gung und Pfle­ge der Zweit­woh­nung, Rund­funk­bei­trä­ge, Miet- und Pacht­ge­büh­ren für Kfz-Stell­plät­ze, Auf­wen­dun­gen für die Son­der­nut­zung des Gar­tens sowie für die Zweit­woh­nungsteu­er, soweit die Kos­ten vom Arbeit­neh­mer selbst getra­gen werden.

In der Lite­ra­tur wer­den ver­schie­de­ne Auf­fas­sung ver­tre­ten, wel­che Auf­wen­dun­gen zu den Unter­kunfts­kos­ten gehö­ren sol­len. So ist ein Teil des Schrift­tums der Auf­fas­sung, Unter­kunfts­kos­ten sei­en bei einer Miet­woh­nung allein die Auf­wen­dun­gen für die Kalt­mie­te und bei einer eige­nen Woh­nung die Abset­zung für Abnut­zung (AfA bzw. Abschrei­bung) und Schuld­zin­sen. Neben­kos­ten für Strom, Hei­zung, Rei­ni­gung und ähn­li­che Neben­kos­ten sei­en eben­so wenig wie die Zweit­woh­nungsteu­er und die Kos­ten für Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de Unter­kunfts­kos­ten. Die­se Auf­wen­dun­gen sei­en als not­wen­di­ge Mehr­kos­ten zusätz­lich zu berücksichtigen.

Nach ande­ren Stim­men in der Lite­ra­tur gehö­ren zu den Unter­kunfts­kos­ten bei einer Miet­woh­nung auch die Neben­kos­ten wie Hei­zung, Was­ser, Strom und Rei­ni­gung. Höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung zur Berück­sich­ti­gung der Zweit­woh­nungsteu­er, wel­che vor­lie­gend im Streit steht, liegt bis­her nicht vor.

Aus der Begrün­dung des Geset­zes­ent­wurf geht jedoch her­vor, dass zur Ver­ein­fa­chung der Aner­ken­nung von Wer­bungs­kos­ten bei Arbeit­neh­mern für Auf­wen­dun­gen im Rah­men der dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung nicht mehr auf die orts­üb­li­che Ver­gleichs­mie­te bei der Ermitt­lung der berück­sich­ti­gungs­fä­hi­gen Unter­kunfts­kos­ten abge­stellt wer­den soll­te, son­dern statt­des­sen auf die tat­säch­li­chen Unter­kunfts­kos­ten. Der durch die Neu­re­ge­lung nor­mier­te Betrag von 1.000 Euro im Monat soll­te nach der Geset­zes­be­grün­dung „alle für die Unter­kunft oder Woh­nung ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen: z. B. Mie­te inklu­si­ve Betriebs­kos­ten, Miet- und Pacht­ge­büh­ren für Kfz-Stell­plät­ze, auch in Tief­ga­ra­gen, Auf­wen­dun­gen für Son­der­nut­zung (wie bei­spiels­wei­se Gar­ten), die vom Arbeit­neh­mer selbst getra­gen wer­den“ umfas­sen. Die Fest­set­zung des Betra­ges von 1.000 Euro ori­en­tier­te sich dabei an einer von der Recht­spre­chung bis­her immer her­an­ge­zo­ge­nen, nach Lage und Aus­stat­tung durch­schnitt­li­chen, ca. 60 m² gro­ßen Wohnung.

Aus die­ser Begrün­dung ergibt sich, dass für den anzu­er­ken­nen­den monat­li­chen Höchst­be­trag allein die Brut­to­kalt­mie­te zuzüg­lich Betriebs­kos­ten für die am Ort der ers­ten Tätig­keits­stät­te ange­mie­te­te Woh­nung zuzüg­lich etwai­ger Miet­auf­wen­dun­gen für Kfz-Stell­plät­ze und Kos­ten für Son­der­nut­zung Maß­stab für die rea­li­täts­ge­rech­te Typi­sie­rung der Unter­kunfts­kos­ten gewe­sen ist. Bei der Nor­mie­rung des Höchst­be­tra­ges, bis zu dem die Not­wen­dig­keit und Ange­mes­sen­heit der Auf­wen­dun­gen unter­stellt wird, hat­te der Gesetz­ge­ber also nach Ansicht des erken­nen­den Gerichts allein die rei­nen Miet- und Betriebs­kos­ten­auf­wen­dun­gen für die Unter­kunft im Auge. Der Höchst­be­trag soll­te die Ermitt­lung der orts­üb­li­chen Mie­te für die Ermitt­lung der Not­wen­dig­keit der Auf­wen­dun­gen erset­zen. Des­halb hat der Gesetz­ge­ber gemäß dem Wort­laut in der Vor­schrift auch allein die berück­sich­ti­gungs­fä­hi­gen Unter­kunfts­kos­ten und nicht die gesam­ten Kos­ten des Zweit­haus­hal­tes auf höchs­tens 1.000 Euro im Monat begrenzt. Auch aus dem Wort „Unter­kunfts­kos­ten“ ergibt sich, dass nur die unmit­tel­ba­ren Kos­ten für die Unter­kunft, also die Kalt­mie­te zuzüg­lich Betriebs­kos­ten, vom Höchst­be­trag umfasst sein sol­len. Auf­wen­dun­gen, die mit­tel­bar oder gele­gent­lich im Zusam­men­hang mit der Anmie­tung einer Woh­nung am Ort der ers­ten Tätig­keits­stät­te ent­ste­hen (etwa durch mel­de­recht­li­che Vor­schrif­ten wie die Anmel­dung eines Neben­wohn­sit­zes und der damit ver­bun­de­nen Fest­set­zung einer Zweit­woh­nungsteu­er), aber nicht zu den direk­ten Woh­nungs­kos­ten gehö­ren, fal­len nach Ansicht des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richts Mün­chen in sei­ner Ent­schei­dung vom 26.11.2021 unter dem Akten­zei­chen 8 K 2143/21 nicht unter den Höchst­be­trag von 1.000 Euro monatlich.

Infol­ge­des­sen kön­nen die Kos­ten für gezahl­te Zweit­woh­nungsteu­er als sons­ti­ge Auf­wen­dun­gen im Rah­men der dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung zusätz­lich zu den auf 1.000 Euro monat­lich gede­ckel­ten Unter­kunfts­kos­ten als Wer­bungs­kos­ten bei den Ein­künf­ten aus nicht­selbst­stän­di­ger Art berück­sich­tigt werden.

Hin­weis: Wegen der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung hat­te das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Mün­chen jedoch die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zuge­las­sen. Unter dem Akten­zei­chen VI R 30/21 müs­sen daher die obers­ten Rich­ter der Repu­blik klä­ren, ob die Zweit­woh­nungsteu­er für das Unter­hal­ten einer Woh­nung am Ort der ers­ten Tätig­keits­stät­te im Rah­men einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung zu den auf 1.000 Euro gede­ckel­ten Unter­kunfts­kos­ten gehört.

nach oben

6. Für GmbH-Gesellschafter: Option zur tariflichen Besteuerung – Wie lange müssen die Voraussetzungen bestehen?

Meist ist es so, dass die Vor­aus­set­zun­gen für einen steu­er­li­chen Antrag auch in der gesam­ten Zeit des Antrags bzw. in der Zeit der Wir­kung des Antrags vor­lie­gen müs­sen. Dies ist aller­dings dann anders, wenn das Gesetz die ent­spre­chen­den Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen für die fol­gen­den Zeit­räu­me nach der Antrag­stel­lung fin­giert. So soll es aus­weis­lich einer Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Köln vom 15.12.2020 unter dem Akten­zei­chen 11 K 1048/17 mit dem Antrag auf Opti­on zur tarif­li­chen Besteue­rung nach § 32 d Abs. 2 Num­mer 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) sein. Aber zunächst zur Ein­ord­nung des Streit­falls und zu den kon­kre­ten Hintergründen:

Bei Ein­künf­ten im Sin­ne des § 20 Abs. 1 Num­mer 1 Satz 1 EStG aus Antei­len einer GmbH han­delt es sich um Kapi­tal­ein­künf­te, wel­che (sofern sie nicht unter das Sub­si­dia­ri­täts­prin­zip des § 20 Abs. 8 EStG fal­len) aus­weis­lich von § 32 d Abs. 1 EStG grund­sätz­lich nach dem geson­der­ten Tarif­ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen in Höhe von 25% (zuzüg­lich Soli­da­ri­täts­zu­schlag und even­tu­ell Kir­chen­steu­er) abgel­tend besteu­ert wer­den. Mit ande­ren Wor­ten, die soge­nann­te Abgel­tungs­teu­er kommt zum Zuge. Soweit der Grund­satz der Besteuerungsregeln.

Eine Abwand­lung vom vor­ge­nann­ten Grund­satz fin­det ins­be­son­de­re nach der Rege­lung des § 32 d Abs. 2 Num­mer 3 Buch­sta­be b Satz 1 EStG auf Antrag des Steu­er­pflich­ti­gen statt. Die­se Vor­schrift ist immer dann ein­schlä­gig, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge im Ver­an­la­gungs­zeit­raum, für den der Antrag erst­mals gestellt wird, unmit­tel­bar oder mit­tel­bar zu min­des­tens einem Pro­zent an der Kapi­tal­ge­sell­schaft betei­ligt und beruf­lich für die­se tätig ist. Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung kom­men dann die Ver­lust­ver­rech­nungs­ver­bo­te inner­halb der Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen sowie auch das Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs­ver­bot nicht mehr zum Ein­satz. Inso­weit kann es für Steu­er­pflich­ti­ge von erheb­li­cher Bedeu­tung sein, dass die ent­spre­chen­den Ein­künf­te aus den Antei­len an der GmbH tat­säch­lich tarif­lich besteu­ert wer­den, da nur dann ent­spre­chend damit zusam­men­hän­gen­de Wer­bungs­kos­ten auch steu­er­min­dernd berück­sich­tigt wer­den können.

Ein Blick auf die kon­kre­ten Vor­aus­set­zun­gen ist daher unab­ding­bar. So schreibt das Gesetz bei­spiels­wei­se vor, dass der Antrag für die jewei­li­ge GmbH-Betei­li­gung erst­mals für den Ver­an­la­gungs­zeit­raum gilt, für den er gestellt wor­den ist. Von zen­tra­ler Bedeu­tung ist jedoch auch die Rege­lung des § 32 d Abs. 2 Num­mer 3 Satz 4 EStG. Danach ist der Antrag spä­tes­tens zusam­men mit der Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung für den jewei­li­gen Ver­an­la­gungs­zeit­raum zu stel­len und gilt, solan­ge er nicht wider­ru­fen wird, auch für die fol­gen­den vier Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me, ohne dass die Antrags­vor­aus­set­zung erneut zu bele­gen sind.

Exakt um die­sen Satz vier ist nun ein Streit aus­ge­bro­chen, wobei es kon­kret um das Wort „zu bele­gen“ geht. Rein sprach­lich ist inso­weit näm­lich nicht zu ent­neh­men, wie ver­fah­ren wer­den soll, wenn die Vor­aus­set­zun­gen nach­weis­lich nicht mehr gege­ben sind. Das Gesetz sagt hin­ge­gen nur, dass die Vor­aus­set­zun­gen nicht mehr neu bewie­sen wer­den müs­sen. Dem­entspre­chend ver­tritt die Finanz­ver­wal­tung natür­lich die Auf­fas­sung, dass in den Fäl­len, in denen man schlicht erfah­ren hat, dass die Vor­aus­set­zun­gen nicht mehr gege­ben sind, auch kei­ne Opti­on zur tarif­li­chen Besteue­rung mehr vor­ge­nom­men wer­den kann. Ent­ge­gen die­ser Rechts­an­sicht des Finanz­am­tes hat jedoch das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln mit der oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung anders ent­schie­den. So hat das Gericht klar­ge­stellt, dass die Mög­lich­keit für eine tarif­li­che Besteue­rung der Kapi­tal­erträ­ge des Klä­gers aus sei­ner Betei­li­gung an der GmbH auch in Fol­ge­jah­ren vor­liegt, in denen nicht mehr alle Vor­aus­set­zun­gen für die Opti­on erfüllt wer­den. Mit ande­ren Wor­ten: Der Steu­er­pflich­ti­ge kann auch dann noch die tarif­li­che Besteue­rung inklu­si­ve Wer­bungs­kos­ten­ab­zug in Anspruch nehmen.

Deut­lich wird der Kern­punkt des vor­lie­gen­den Streit­falls an den Details des Sach­ver­halts. Der Klä­ger hat­te vor­lie­gend einen ent­spre­chen­den Antrag nach § 32 d Abs. 2 Num­mer 3 Buch­sta­be b EStG für das Kalen­der­jahr 01 gestellt. Zwi­schen dem Steu­er­pflich­ti­gen und der Finanz­ver­wal­tung war es inso­weit unstrit­tig, dass die Vor­aus­set­zun­gen im Kalen­der­jahr 01 gege­ben waren und der Steu­er­pflich­ti­ge sei­nen ent­spre­chen­den Antrag zur Aus­übung des Opti­ons­rechts für die tarif­li­che Besteue­rung der Kapi­tal­erträ­ge aus sei­ner Betei­li­gung an der GmbH wirk­sam gestellt hat­te. Ins­be­son­de­re war er im Jahr 01 zu mehr als einem Pro­zent an der GmbH betei­ligt, er war im Jahr 01 für die GmbH beruf­lich tätig und er hat­te den erst­ma­li­gen Antrag für die­se Betei­li­gung inner­halb der Antrags­frist gestellt. Inso­weit gibt es hier noch kei­nen Streit.

Eben­so unstrit­tig ist, dass der Klä­ger im Jahr 02 und den Fol­ge­jah­ren nicht mehr für die GmbH beruf­lich tätig war. Wei­ter­hin war er jedoch zu mehr als einem Pro­zent an der GmbH betei­ligt. Das Finanz­ge­richt sieht hier­in jedoch kein Grund, dass das Opti­ons­recht zur tarif­li­chen Besteue­rung wider­ru­fen wer­den muss. Denn das erst­in­stanz­li­che Gericht inter­pre­tiert die Geset­zes­vor­schrift so, dass danach die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen für die Anwen­dung des Opti­ons­rechts auch für die dem Antrags­jahr (Jahr 01) fol­gen­den vier Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me fin­giert wer­den. Der Weg­fall der beruf­li­chen Tätig­keit für die Kapi­tal­ge­sell­schaft in einem der dem Antrags­jahr fol­gen­den vier Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me ist somit für die Fort­gel­tung der Opti­on unerheblich.

Die Fra­ge, ob die Vor­aus­set­zun­gen jedoch ledig­lich im Antrags­jahr (Erst­jahr 01) oder auch in den jewei­li­gen vier fol­gen­den Ver­an­la­gungs­zeit­räu­men vor­lie­gen müs­sen, ist durch­aus streit­be­fan­gen. Dabei ist ins­be­son­de­re unge­klärt, ob § 32 d Abs. 2 Satz 4 EStG für die dem Erst­jahr fol­gen­den vier Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me ledig­lich eine Nach­weis­erleich­te­rung beinhal­ten. So sieht es bei­spiels­wei­se das Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Finan­zen in sei­nem Erlass vom 18.1.2016. Ent­ge­gen der Ver­wal­tungs­auf­fas­sung des Fis­kus geht das Gericht jedoch davon aus, dass die Vor­schrift im Wege der Aus­le­gung zu hand­ha­ben ist und wider­spricht dem Fiskus.

Maß­ge­bend für die Aus­le­gung einer Geset­zes­be­stim­mung ist der in der Norm zum Aus­druck kom­men­de objek­ti­vier­te Wil­le des Gesetz­ge­bers, so wie er sich aus dem Wort­laut der Vor­schrift und dem Sinn­zu­sam­men­hang ergibt, in den er hin­ein­ge­stellt ist. Um den objek­ti­ven Wil­len des Gesetz­ge­bers zu erfas­sen, kön­nen alle her­kömm­li­chen Aus­le­gungs­me­tho­den her­an­ge­zo­gen wer­den. Sie schlie­ßen ein­an­der nicht aus, son­dern ergän­zen sich gegen­sei­tig. Das gilt auch für die Her­an­zie­hung der Geset­zes­ma­te­ria­li­en, soweit sie auf den objek­ti­ven Geset­zes­in­halt schlie­ßen las­sen. Die Geset­zes­ma­te­ria­li­en dür­fen jedoch nicht dazu füh­ren, die Vor­stel­lung des Gesetz­ge­bers dem objek­ti­ven Geset­zes­in­halt gleich­zu­set­zen. Der Wil­le des Gesetz­ge­bers kann bei der Aus­le­gung des Geset­zes daher nur inso­weit berück­sich­tigt wer­den, als er in sei­nem Gesetz selbst einen hin­rei­chend bestimm­ten Aus­druck gefun­den hat.

Unter Berück­sich­ti­gung die­ser Grund­sät­ze kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die gesetz­li­che Rege­lung dahin zu ver­ste­hen ist, dass die Vor­aus­set­zun­gen für das Opti­ons­recht ledig­lich im Antrags­jahr vor­lie­gen müs­sen und der Weg­fall der beruf­li­chen Tätig­keit für die Kapi­tal­ge­sell­schaft in einem der dem Antrag fol­gen­den vier Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me für die Fort­gel­tung der Opti­on uner­heb­lich ist. Die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen für die vor­lie­gen­de Opti­on wer­den in den vier auf das Erst­jahr fol­gen­den Ver­an­la­gungs­zeit­räu­men fin­giert, sodass auch in die­sen Jah­ren die tarif­li­che Ein­kom­men­steu­er samt der (in der Pra­xis meist wich­ti­ge­ren) Mög­lich­keit des Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs gege­ben sind.

Hin­weis: Weil die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung gera­de dies jedoch bis­her noch nicht geklärt hat, war die Revi­si­on zur Fort­bil­dung des Rechts zuzu­las­sen. Wie nicht anders zu erwar­ten, hat die Finanz­ver­wal­tung auch den Revi­si­ons­zug bestie­gen, sodass unter dem Akten­zei­chen VIII R 2/21 schließ­lich die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik zu ent­schei­den haben, ob vor­lie­gend die tarif­li­che Besteue­rung (inklu­si­ve sämt­li­cher Fol­gen) auch für Fol­ge­jah­re gilt, in denen die Vor­aus­set­zun­gen für den Antrag sel­ber nicht mehr gege­ben sind.

Tipp: Aus unse­rer Sicht ist die Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Köln durch­aus logisch und zudem auch ziel­füh­rend. Betrof­fe­ne soll­ten daher in ähn­lich gela­ger­ten Fäl­len unbe­dingt den Streit­fall offen­hal­ten und auf das Mus­ter­ver­fah­ren vor dem Bun­des­fi­nanz­hof sowie auf die posi­ti­ve Ent­schei­dung der Köl­ner Rich­ter verweisen.

nach oben

7. Für Vermieter: Abgrenzung von Vermietungseinkünften zum Gewerbebetrieb bei der Vermietung eines Hausbootes

Auch wenn die Ver­mie­tung eines Haus­boo­tes ein eher sel­te­ner Fall zu sein scheint, so kön­nen doch die Grund­sät­ze der Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts Düs­sel­dorf vom 25.3.2021 unter dem Akten­zei­chen 11 K 3321/17 F auch auf ande­re Abgren­zungs­fra­gen hin­sicht­lich der Ver­mie­tung und den Ein­künf­ten aus Gewer­be­be­trieb ange­wen­det wer­den. Dies gilt umso mehr, als dass die Ent­schei­dung der Düs­sel­dor­fer Rich­ter rechts­kräf­tig ist. Das Haus­boot steht hier also nicht im Mit­tel­punkt, son­dern viel­mehr die Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung an sich.

Im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Ver­mie­tung des Haus­boo­tes an Feri­en­gäs­te nicht über den Rah­men einer pri­va­ten Ver­mö­gens­ver­wal­tung hin­aus­geht. Dies hat­te ganz kon­kret zur Fol­ge, dass die Ver­mie­tung nicht die Inan­spruch­nah­me von Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trä­gen oder Son­der­ab­schrei­bun­gen ermög­licht. Dies gilt zu min­des­tens dann, wenn die Ver­mie­tung auf­grund der regel­mä­ßig im Vor­aus erfol­gen­den Buchun­gen für mehr­tä­gi­ge Zeit­räu­me kei­ne mit einem gewerb­li­chen Beher­ber­gungs­be­trieb ver­gleich­ba­re unter­neh­me­ri­sche Orga­ni­sa­ti­on erfor­dert und kei­ne für die Ver­mie­tung von Feri­en­woh­nun­gen unüb­li­chen Son­der­leis­tun­gen erbracht werden.

Grund­sätz­lich ist es zwar so, dass die Ver­mie­tung von Woh­nun­gen auch die nor­mier­ten Tat­be­stän­de für die Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb in § 15 Abs. 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) erfüllt. Aller­dings geht man dabei in der Regel nicht über den Rah­men der pri­va­ten Ver­mö­gens­ver­wal­tung hin­aus. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung kann ein Gewer­be­be­trieb bei die­ser Tätig­keit daher nur ange­nom­men wer­den, wenn im Ein­zel­fall beson­de­re Umstän­de hin­zu­tre­ten, nach denen die Betä­ti­gung des Ver­mie­ters als Gan­zes gese­hen das Geprä­ge einer selbst­stän­di­gen, nach­hal­ti­gen, vom Gewinn­stre­ben getra­ge­nen Betei­li­gung am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr erhält, hin­ter der die blo­ße Nut­zung des Miet­ob­jek­tes als Ver­mö­gens­an­la­ge zurück­tritt. So bei­spiels­wei­se der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner stän­di­gen Recht­spre­chung, die er auch in sei­ner Ent­schei­dung vom 14.1.2004 unter dem Akten­zei­chen X R 7/02 geäu­ßert hat.

Bei der Ver­mie­tung einer Feri­en­woh­nung kann ein Gewer­be­be­trieb daher nur ange­nom­men wer­den, wenn vom Ver­mie­ter bestimm­te ins Gewicht fal­len­de, bei der Ver­mie­tung von Räu­men nicht übli­chen Son­der­leis­tun­gen erbracht wer­den oder wenn wegen eines beson­ders häu­fi­gen Wech­sels der Mie­ter eine gewis­se unter­neh­me­ri­sche Orga­ni­sa­ti­on erfor­der­lich ist, die mit einem Beher­ber­gungs­be­trieb (wie bei­spiels­wei­se einem Hotel) ver­gleich­bar ist. Maß­ge­bend sind für die kon­kre­te Beur­tei­lung inso­weit jeweils die beson­de­ren Umstän­de des Einzelfalles.

Die dem­entspre­chend vom Gericht gefor­der­te Ver­gleich­bar­keit mit einem gewerb­li­chen Beher­ber­gungs­be­trieb liegt daher vor allem dann vor, wenn die Woh­nung wie Hotel- oder Pen­si­ons­räu­me aus­ge­stat­tet ist, für ihre kurz­fris­ti­ge Ver­mie­tung an wech­seln­de Mie­ter gewor­ben wird, sie hotel­mä­ßig ange­bo­ten, d. h. auch ohne Vor­anmel­dung jeder­zeit zur Ver­mie­tung bereit­ge­hal­ten wird, und sich zudem in einem Zustand befin­det, der die sofor­ti­ge Ver­mie­tung zulässt. Ins­be­son­de­re muss die­ser Zustand auch vor­herr­schen, wenn tat­säch­lich kei­ne Buchun­gen gege­ben sind. Daher kommt es nicht ent­schei­dend dar­auf an, ob die Woh­nung in einer Feri­en­wohn­an­la­ge liegt oder außer­halb einer sol­chen Anla­ge. Denn die Bereit­hal­tung von Räum­lich­kei­ten für die jeder­zei­ti­ge, auch kurz­fris­ti­ge, Über­las­sung an Gäs­te erfor­dert sach­li­che und per­so­nel­le Vor­keh­run­gen, wie sie bei der Ver­mie­tung von Woh­nun­gen nicht üblich sind. Auch die­se kon­kre­te Abgren­zung geht zurück auf die Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 28.6.1984 unter dem Akten­zei­chen IV R 150/82.

Wäh­rend ein gewerb­li­ches Ver­mie­tungs­kon­zept auf die jeder­zei­ti­ge Auf­nah­me eines Gas­tes und einen prin­zi­pi­ell täg­li­chen Gäs­te­wech­sel aus­ge­rich­tet ist, hält sich der ver­mö­gens­ver­wal­ten­de Ver­mie­ter nicht stän­dig bereit, um Gäs­te zu emp­fan­gen, mit ihnen zu ver­han­deln und abzu­rech­nen. Er orga­ni­siert die Ver­mö­gens­nut­zung auf der Grund­la­ge von Buchun­gen und eines län­ge­ren Zeit­ak­tes der Nut­zungs­über­las­sung. Die­ses Kon­zept kommt auch in der Art und Wei­se zum Aus­druck, wie die Feri­en­woh­nung bewor­ben wird.

Zur Gewerb­lich­keit füh­ren­de Son­der­leis­tun­gen sind etwa sol­che, die eine unter­neh­me­ri­sche Orga­ni­sa­ti­on ver­lan­gen, wie sie bei der Ver­mö­gens­ver­wal­tung durch Woh­nungs­ver­mie­tung allein nicht erfor­der­lich ist. Hin­ge­gen steht die Ver­mö­gens­nut­zung im Vor­der­grund, falls die Zusatz­leis­tun­gen nicht ins Gewicht fal­len und etwa im Haus­halt des Steu­er­pflich­ti­gen mit erle­digt wer­den kön­nen. Nur sol­che Zusatz­leis­tun­gen kön­nen eine Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit als gewerb­lich prä­gen, die nicht schon übli­cher­wei­se mit der Ver­mie­tung von Feri­en­woh­nun­gen ver­bun­den sind. So auch der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Beschluss vom 28.9.2010 unter dem Akten­zei­chen X B 42/10.

Zur ver­mö­gens­ver­wal­ten­den Ver­mie­tung kön­nen daher die Bereit­stel­lung von Wäsche und Inven­tar, ein wöchent­li­cher Wäsche­ser­vice, eine Vor- und End­rei­ni­gung gegen beson­de­re Bezah­lung sowie eine wöchent­li­che Zwi­schen­rei­ni­gung, ein mor­gend­li­cher Ser­vice (bei­spiels­wei­se für Bröt­chen, Milch oder Zei­tung), ein Gepäcks­trans­fer für Bahn­rei­sen­de und eine tou­ris­ti­sche Betreu­ung vor allem in Gestalt der Ver­mitt­lung von Frei­zeit- und Sport­an­ge­bo­ten gehö­ren. Selbst die Ver­mitt­lung von Fahr­rä­dern und Bus­rei­sen ist als Abgren­zungs­kri­te­ri­um zwi­schen pri­va­ter und gewerb­li­cher Ver­mie­tung von Feri­en­quar­tie­ren nicht geeig­net, weil eine der­ar­ti­ge all­ge­mei­ne tou­ris­ti­sche Betreu­ung in Feri­en­ge­bie­ten übli­cher­wei­se auch von pri­va­ten Zim­mer­ver­mie­tern unter­nom­men wird, wie der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Urteil vom 25.11.1988 unter dem Akten­zei­chen III R 37/86 her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

Dem­ge­gen­über kann das Ange­bot an den Mie­ter, Gemein­schafts­ein­rich­tun­gen nut­zen zu kön­nen, eine ins Gewicht fal­len­de Zusatz­leis­tun­gen sein. Wohl­ge­merkt „kann“! Die blo­ße Bereit­stel­lung der Gemein­schafts­ein­rich­tun­gen reicht näm­lich nicht aus. Auch nicht­ge­werb­li­che Ver­mie­ter von Feri­en­woh­nun­gen kön­nen Fit­ness­ge­rä­te oder ähn­li­ches zur Ver­fü­gung stel­len. Nur wenn der Steu­er­pflich­ti­ge im Zusam­men­hang mit den Gemein­schafts­ein­rich­tun­gen für die Mie­ter Dienst­leis­tun­gen erbringt, die einen regel­mä­ßi­gen und erheb­li­chen Per­so­nal­ein­satz erfor­dern, kann die Tätig­keit als gewerb­lich ein­ge­stuft wer­den, da nur in die­sem Fall eine unter­neh­me­ri­sche Orga­ni­sa­ti­on erfor­der­lich ist.

Vor­ge­nann­te Grund­sät­ze kön­nen daher all­ge­mein auf die Abgren­zung einer ver­mö­gens­ver­wal­ten­den Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit zu der Tätig­keit im Rah­men eines Gewer­be­be­trie­bes ange­wen­det werden.

Hin­weis: Auch wenn es in dem vor­ste­hend zitier­ten Ver­fah­ren dar­um ging, dass der Steu­er­pflich­ti­ge einen Gewer­be­be­trieb „errei­chen“ woll­te, um so Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trä­ge und Son­der­ab­schrei­bun­gen zu erhal­ten, ist die Ent­schei­dung auch dazu geeig­net, in der Pra­xis für die ver­mö­gens­ver­wal­ten­de Tätig­keit im Bereich der Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zu plä­die­ren. Tat­säch­lich wird es zukünf­tig eher häu­fi­ger vor­kom­men, dass die Finanz­ver­wal­tung (bei schon gering­fü­gi­gen Son­der­leis­tun­gen) gewerb­li­che Ein­künf­te anneh­men möch­te. Auch in die­sen Fäl­len gel­ten jedoch die oben geschil­der­ten Grund­sät­ze, die sich aus der stän­di­gen Recht­spre­chung ent­wi­ckelt haben.

Tipp: Betrof­fe­nen sei daher gera­ten, sich nicht vor­schnell mit der Ein­ord­nung des Finanz­am­tes abzu­fin­den, son­dern viel­mehr genau zu prü­fen, auf­grund wel­cher Merk­ma­le denn die einen oder die ande­ren Ein­künf­te vorliegen.

nach oben

8. Für Hoteliers: Parkplatzüberlassung, WLAN-Nutzung und Nutzung eines Fitnessraums als umsatzsteuerlicher Bestandteil von kurzfristigen Beherbergungsverträgen?

Das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt kommt in sei­ner Ent­schei­dung vom 19.8.2021 unter dem Akten­zei­chen 5 K 174/19 zu dem Schluss, dass durch die Bereit­stel­lung von Park­plät­zen, eines WLAN-Net­zes und eines Fit­ness­raums ent­gelt­li­che Leis­tun­gen im Sin­ne des § 1 Abs. 1 Num­mer 1 des Umsatz­steu­er­ge­set­zes (UStG) an die Beher­ber­gungs­gäs­te erbracht wer­den. Die­se ent­gelt­lich erbrach­ten Leis­tun­gen sind steu­er­bar und mit dem Regel­steu­er­satz steu­er­pflich­tig, so das erst­in­stanz­li­che Gericht.

Die Umsatz­steu­er beträgt grund­sätz­lich für jeden steu­er­pflich­ti­gen Umsatz 19% der Bemes­sungs­grund­la­ge. Man spricht dabei auch vom Regel­steu­er­satz. Aus­weis­lich der Norm in § 12 Abs. 2 Num­mer 11 Satz 1 UStG ermä­ßigt sich die Steu­er auf 7% für die Ver­mie­tung von Wohn- und Schlaf­räu­men, die ein Unter­neh­mer zur kurz­fris­ti­gen Beher­ber­gung von Frem­den bereit­hält, sowie die kurz­fris­ti­ge Ver­mie­tung von Cam­ping­flä­chen. Der soge­nann­te ermä­ßig­te Steu­er­satz gilt jedoch nicht für Leis­tun­gen, die nicht unmit­tel­bar der Ver­mie­tung die­nen, auch wenn die­se Leis­tung mit dem Ent­gelt für die Ver­mie­tung abge­gol­ten sind. Inso­weit ist in der gesetz­li­chen Rege­lung des § 12 Abs. 2 Num­mer 11 Satz 2 UStG ein Auf­tei­lungs­ge­bot für Leis­tun­gen, die nicht unmit­tel­bar der Ver­mie­tung die­nen, ent­hal­ten. So auch der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 1. März 2016 unter dem Akten­zei­chen XI R 11/14. Schon sei­ner­zeit hat­ten die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik ent­schie­den, dass die Ein­räu­mung von Park­mög­lich­kei­ten an Hotel­gäs­te nicht unter die Leis­tung des Hote­liers zum ermä­ßig­ten Steu­er­satz gehört. Die Ein­räu­mung von Park­mög­lich­kei­ten ist danach mit dem Regel­steu­er­satz von 19% zu besteu­ern. Dies gilt ins­be­son­de­re auch dann, wenn hier­für kein geson­der­tes Ent­gelt berech­net wird.

Der Grund­satz, dass eine (unselbst­stän­di­ge) Neben­leis­tung das Schick­sal der Haupt­leis­tung teilt, wird von dem vor­ge­nann­ten Auf­tei­lungs­ge­bot ver­drängt. Zwar hat der Euro­päi­sche Gerichts­hof noch mit sei­nem Urteil vom 18.1.2018 unter dem Akten­zei­chen C- 463/16 aus­drück­lich klar­ge­stellt, dass ein­heit­li­che Leis­tun­gen, die sich aus einem Haupt- und Neben­be­stand­teil zusam­men­set­zen und für die bei getrenn­ter Erbrin­gung ver­schie­de­ne Steu­er­sät­ze gel­ten wür­den, ins­ge­samt zu dem für die Haupt­leis­tung maß­geb­li­chen Steu­er­satz zu besteu­ern sind, auch wenn der Preis der Neben­leis­tung bestimmt wer­den kann. Für die vor­lie­gen­de Streit­fra­ge folgt aber aus die­ser Ent­schei­dung bei Berück­sich­ti­gung auch der vor­ste­hend wie­der­ge­ge­be­nen Grund­sät­ze nicht, dass die Anwen­dung des § 12 Abs. 2 Num­mer 11 Satz 2 UStG gegen die Mehr­wert­steu­er-Sys­tem­richt­li­nie ver­stößt. Denn in jenem Urteils­fall sah das natio­na­le Recht eine mit § 12 Abs. 2 Num­mer 11 Satz 2 UStG ver­gleich­ba­rer spe­zi­al­ge­setz­li­che Rege­lung eines Auf­tei­lungs­ge­bot nicht vor.

Nach die­sen Grund­sät­zen unter­lie­gen die im Streit ste­hen­den Leis­tun­gen dem Regel­steu­er­satz. Dabei kann voll­kom­men offen­blei­ben, ob sie als Tei­le ein­heit­li­cher Beher­ber­gungs­leis­tun­gen oder als Neben­leis­tung zu einer Beher­ber­gung-Haupt­leis­tung anzu­se­hen sind oder nicht. Da sie auch in den ers­ten bei­den Fäl­len durch das Auf­tei­lungs­ge­bot von der ermä­ßig­ten Besteue­rung aus­zu­schlie­ßen sind, kommt es dar­auf nicht an.

Somit kommt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt zu dem Schluss, dass die nicht geson­dert ver­ein­bar­te Über­las­sung von Park­plät­zen, WLAN und Fit­ness­ein­rich­tun­gen an Hotel­gäs­te dem Regel­steu­er­satz unterliegt.

Hin­weis: Tat­säch­lich sind aktu­ell in ver­gleich­ba­ren Fra­ge­stel­lun­gen bereits Ver­fah­ren vor dem Bun­des­fi­nanz­hof anhän­gig, wes­halb sich auch das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt genö­tigt sah, die Revi­si­on zuzu­las­sen. Tat­säch­lich wur­de auch im vor­lie­gen­den Fall der Revi­si­ons­zug bestie­gen, sodass die kon­kre­te Fra­ge­stel­lung mit Blick auf Park­plät­ze, WLAN und Fit­ness­ein­rich­tun­gen unter dem Akten­zei­chen XI R 22/21 auch aktu­ell vom Bun­des­fi­nanz­hof geklärt wer­den wird.

nach oben


UST-ID hier prüfen Kontakt