Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief August 2022

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

10.8. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.8. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Hin­weis: In Bun­des­län­dern, in denen der 15.8. (Mariä Him­mel­fahrt) ein Fei­er­tag ist, ver­schiebt sich die Zah­lungs­schon­frist auf den 16.8.2022 (Diens­tag).

15.8. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 18.8. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Hin­weis: In Bun­des­län­dern, in denen der 15.8. (Mariä Him­mel­fahrt) ein Fei­er­tag ist, ver­schiebt sich der Abga­be-/Zah­lungs­ter­min auf den 16.8.2022 (Diens­tag) und die Zah­lungs­schon­frist auf den 19.8.2022 (Frei­tag).

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Sep­tem­ber 2022:

12.9. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.9. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge August 2022

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für August ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 29.8.2022.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Kosten für die Überwinterung in Thailand als außergewöhnliche Belastungen?

Um die schlech­te Nach­richt direkt vor­weg­zu­neh­men: Die Anga­be „in tro­pi­schem Kli­ma“ in einem amts­ärzt­li­chen Attest reicht zur Bestim­mung des Kur­or­tes nicht aus. Dies hat schlicht zur Fol­ge, dass die Kos­ten für die Über­win­te­rung in Thai­land nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung abzugs­fä­hig sind. So die nicht ver­wun­der­li­che Ent­schei­dung der erst­in­stanz­li­chen Rich­ter des Finanz­ge­rich­tes Müns­ter vom 23.2.2022 unter dem Akten­zei­chen 7 K 2261/20 E.

Der Ent­schei­dung, die sich zunächst etwas merk­wür­dig anhört, lag jedoch ein durch­aus rea­li­täts­na­her Sach­ver­halt zugrun­de. Ein 70 Jah­re alter Klä­ger hat­te im Sach­ver­halt einen Grad der Behin­de­rung von 90 %. Er litt unter einer Krank­heit im fort­ge­schrit­te­nen Sta­di­um, zudem unter rheu­ma­ti­schen Beschwer­den mit star­ken Schmerz­at­ta­cken und einer Erkran­kung, bei wel­cher Käl­te­rei­ze als Schmerz emp­fun­den werden.

Aus­weis­lich einer amts­ärzt­li­chen Beschei­ni­gung war klar­ge­stellt, dass ein Auf­ent­halt des Klä­gers in den Win­ter­mo­na­ten in tro­pi­schem Kli­ma aus gesund­heit­li­chen Grün­den vor­teil­haft ist. Die Ver­mei­dung von Käl­te und Feuch­tig­keit sowie die ver­mehr­te Son­nen­be­strah­lung füh­ren näm­lich zur Lin­de­rung der Beschwer­den des Klä­gers. Auch ande­re Fach­ärz­te beschei­nig­ten inso­weit, dass ein Auf­ent­halt in tro­pi­schem Kli­ma im Win­ter für die Gesund­heit des Klä­gers för­der­lich ist.

Auf Basis die­ser ärzt­li­chen Rat­schlä­ge reis­te der Klä­ger im Okto­ber nach Thai­land und über­win­ter­te dort. Die dadurch ent­stan­de­nen Kos­ten für auf Mie­te, Flug, Zug und eine Haus­halts­hil­fe woll­te er als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung in sei­ner Steu­er­erklä­rung berück­sich­tigt wis­sen. Dabei ist es nicht schwer vor­stell­bar, dass das Finanz­amt nicht ohne wei­te­res die Kos­ten für einen win­ter­li­chen Thai­land-Auf­ent­halt steu­er­min­dernd berück­sich­tigt. Eben­so wenig ist es nicht über­ra­schend, dass die hier­ge­gen erho­be­ne Kla­ge kei­nen Erfolg hatte.

Der sieb­te Senat des Finanz­ge­richts Müns­ters hat inso­weit aus­ge­führt, dass Auf­wen­dun­gen für eine der Behand­lung einer Krank­heit die­nen­de Rei­se nur dann als zwangs­läu­fi­ge außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen zu berück­sich­ti­gen sind, wenn die Rei­se zur Hei­lung oder Lin­de­rung der Krank­heit nach­weis­lich not­wen­dig und eine ande­re Behand­lung nicht oder kaum erfolgs­ver­spre­chend ist. Die­se Vor­aus­set­zung muss inso­weit for­ma­li­siert nach­ge­wie­sen wer­den, als dass die Zwangs­läu­fig­keit einer hier hel­fen­den Kli­ma­kur durch ein vor Beginn der Heil­maß­nah­me aus­ge­stell­tes amts­ärzt­li­ches Gut­ach­ten oder eine vor­he­ri­ge ärzt­li­che Beschei­ni­gung eines medi­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung nach­zu­wei­sen ist.

Der vom Klä­ger ein­ge­reich­te amts­ärzt­li­che Nach­weis ent­spricht aller­dings die­sen Anfor­de­run­gen nicht. Inso­weit führt das Gericht wei­ter aus, dass es gera­de in Fäl­len einer Kli­ma­kur unbe­dingt erfor­der­lich ist, dass ein bestimm­ter medi­zi­nisch ange­zeig­ter Kur­ort und die vor­aus­sicht­li­che Dau­er der Kur­maß­nah­me beschei­nigt wer­den, um eine Abgren­zung zu Erho­lungs­rei­sen zu gewähr­leis­ten und Miss­brauch ent­ge­gen­zu­wir­ken. Die Anga­be „in tro­pi­schem Kli­ma“ ist für die Bezeich­nung des Kur­or­tes hin­ge­gen voll­kom­men unzu­rei­chend und zu wenig kon­kret. Die pau­scha­le Benen­nung einer Regi­on der Erde reicht inso­weit nicht aus, um den stren­gen for­mel­len Anfor­de­run­gen für den Abzug der außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tun­gen zu genügen.

Wei­ter führt das Gericht aus, dass die Kos­ten für eine Haus­halts­hil­fe nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung abge­setzt wer­den kön­nen, weil auch deren Not­wen­dig­keit bzw. die Not­wen­dig­keit einer Begleit­per­son nicht amts­ärzt­lich beschei­nigt wor­den sind. Zudem stell­te das Gericht in einem Neben­satz fest, dass eine Haus­halts­hil­fe kei­ne Begleit­per­son ist.

Nur nach­richt­lich sei inso­weit erwähnt, dass die steu­er­min­dern­de Berück­sich­ti­gung der Haus­halts­hil­fe bei den haus­halts­na­hen Dienst­leis­tun­gen dar­an schei­tert, dass nur in der Euro­päi­schen Uni­on gele­ge­ne Haus­hal­te begüns­tigt sind und es sich hier­bei um eine Haus­halts­hil­fe in Thai­land han­delt. Zudem hat der Klä­ger die Haus­halts­hil­fe (wie ver­mut­lich in Thai­land üblich) in bar bezahlt, was jedoch selbst beim inlän­di­schen Haus­halt der steu­er­min­dern­den Berück­sich­ti­gung ent­ge­gen­ge­stan­den hätte.

Hin­weis:

De fac­to bedeu­tet dies nicht, dass nicht auch eine Über­win­te­rung in Thai­land als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung abge­zo­gen wer­den kann. Aller­dings müs­sen im Vor­feld die for­ma­li­sier­ten Spiel­re­geln beach­tet wer­den. So hat der Steu­er­pflich­ti­ge die Zwangs­läu­fig­keit der Auf­wen­dun­gen nach­zu­wei­sen. Bei Auf­wen­dun­gen für Maß­nah­men, die ihrer Art nach nicht ein­deu­tig nur der Hei­lung oder Lin­de­rung einer Krank­heit die­nen kön­nen und deren medi­zi­ni­sche Indi­ka­ti­on des­halb schwer zu beur­tei­len ist, ver­langt § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 EStDV ein vor Beginn der Heil­maß­nah­me oder dem Erwerb des medi­zi­ni­schen Hilfs­mit­tels aus­ge­stell­tes amts­ärzt­li­ches Gut­ach­ten oder eine vor­he­ri­ge ärzt­li­che Beschei­ni­gung eines Medi­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung ent­spre­chend der Rege­lung in § 275 des fünf­ten Sozi­al­ge­setz­bu­ches. Ein sol­cher qua­li­fi­zier­ter Nach­weis ist auch bei Kli­ma­ku­ren erfor­der­lich. Zudem ist schon aus­weis­lich der Rege­lun­gen in der Ein­kom­men­steu­er-Durch­füh­rungs­ver­ord­nung erfor­der­lich, dass der medi­zi­nisch ange­zeig­te Kur­ort und die vor­aus­sicht­li­che Dau­er der Kur beschei­nigt werden.

Sind die­se Vor­aus­set­zun­gen gege­ben, gelingt auch der vom Fis­kus gespon­ser­te Win­ter­auf­ent­halt in Thai­land. Mit Blick auf die hohen Kos­ten eines sol­chen Auf­ent­hal­tes und die bei Errei­chung der Abzugs­fä­hig­keit mög­li­che Steu­er­min­de­rung müs­sen Betrof­fe­ne daher unbe­dingt im Vor­feld tätig werden!

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Entlastungsbetrag für bisher Alleinerziehende und dann zusammenveranlagte Ehegatten im Jahr der Eheschließung

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Vor­schrift in § 24 b Abs. 1 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) kön­nen allein­ste­hen­de Steu­er­pflich­ti­ge einen Ent­las­tungs­be­trag von der Sum­me der Ein­künf­te abzie­hen, wenn zu ihrem Haus­halt min­des­tens ein Kind gehört, für das sie einen Kin­der­frei­be­trag erhal­ten oder für das ihnen Kin­der­geld zusteht. Die Rege­lung bestimmt, dass allein­ste­hend im Sin­ne des § 24 b Abs. 1 EStG sol­che Steu­er­pflich­ti­gen sind, die nicht die Vor­aus­set­zun­gen für die Anwen­dung des Split­ting­ver­fah­rens erfül­len oder ver­wit­wet sind und kei­ne Haus­halts­ge­mein­schaft mit einer ande­ren voll­jäh­ri­gen Per­son bil­den, es sei denn, für die­se steht ihnen ein Kin­der­frei­be­trag oder Kin­der­geld zu oder es han­delt sich um ein Kind, das einen sozia­len Dienst leis­tet. Die wei­te­re Rege­lung in § 24 b Abs. 4 EStG regelt, dass sich der Ent­las­tungs­be­trag für jeden vol­len Kalen­der­mo­nat, in dem die Vor­aus­set­zun­gen, wel­che zuvor genannt wur­den, nicht vor­ge­le­gen haben, um ein Zwölf­tel verringert.

Die­se vor­ge­nann­te Vor­schrift ist dahin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass auch Steu­er­pflich­ti­ge, die als Ehe­gat­ten zusam­men zur Ein­kom­men­steu­er ver­an­lagt wer­den, den Ent­las­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hen­de im Jahr der Ehe­schlie­ßung zeit­an­tei­lig in Anspruch neh­men kön­nen, sofern sie die übri­gen Vor­aus­set­zun­gen erfül­len, ins­be­son­de­re nicht in einer Haus­halts­ge­mein­schaft mit einer ande­ren voll­jäh­ri­gen Per­son leben.

Zwar erwähnt die Rege­lung des § 24 b Abs. 3 Satz 1 EStG aus­drück­lich das Split­ting­ver­fah­ren, auch wenn die Vor­schrift ledig­lich auf die Vor­aus­set­zun­gen für die Anwen­dung des Split­ting­ver­fah­rens abstellt und nicht ver­langt, dass die Ein­kom­men­steu­er tat­säch­lich nach die­sem Ver­fah­ren bemes­sen wird. § 24 Abs. 3 Satz 1 EStG ver­weist jedoch zusätz­lich auf die in § 26 Abs. 1 EStG gere­gel­ten mate­ri­ell-recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für bei­de For­men der Ehe­gat­ten­ver­an­la­gung, nicht aber auf das Erfor­der­nis der Aus­übung des Ehe­gat­ten­wahl­rechts sowie die Fol­gen einer unter­blie­be­nen oder feh­ler­haf­ten Wahl­rechts­aus­übung. Inso­weit sind aus­weis­lich der Rege­lun­gen im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz die Vor­aus­set­zun­gen für die Ehe­gat­ten-Ver­an­la­gung schon dann für den gesam­ten Ver­an­la­gungs­zeit­raum erfüllt, wenn sie tat­säch­lich nur zeit­wei­se gleich­zei­tig gege­ben waren. Dar­aus lei­ten die Finanz­ver­wal­tung und ihr fol­gend die über­wie­gen­den Stim­men im Schrift­en­tum ab, dass die Gewäh­rung des Ent­las­tungs­be­trags in jedem Fall aus­ge­schlos­sen ist, wenn Ehe­gat­ten der Ehe­gat­ten­ver­an­la­gung unter­lie­gen, und zwar unab­hän­gig davon, ob sie eine Haus­halts­ge­mein­schaft bil­den oder nicht.

Die­ser Rechts­auf­fas­sung möch­te jedoch der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner vor­lie­gen­den Ent­schei­dung vom 28.10.2021 unter dem Akten­zei­chen III R 57/20 nicht fol­gen. Nach Auf­fas­sung der Rich­ter wird dabei näm­lich unbe­rück­sich­tigt gelas­sen, dass sich der Ent­las­tungs­be­trag für jeden Monat, in dem die Vor­aus­set­zun­gen nicht vor­lie­gen, um ein Zwölf­tel ver­rin­gert. Eini­ge Stim­men in der Lite­ra­tur befür­wor­ten daher die zeit­an­tei­li­ge Gewäh­rung des Entlastungsbetrags.

Sinn und Zweck des Ent­las­tungs­be­trags für Allein­er­zie­hen­de spre­chen für die Anwen­dung des Monats­prin­zips im Jahr der Ehe­schlie­ßung und damit für die zeit­an­tei­li­ge Gewäh­rung des Ent­las­tungs­be­trags, wie das obers­te Finanz­ge­richt der Repu­blik in der zuvor genann­ten Ent­schei­dung vom 28.10.2021 ausführt.

Nach der Geset­zes­be­grün­dung dien­te die Ein­füh­rung des Ent­las­tungs­be­trags für Allein­er­zie­hen­de dazu, den regel­mä­ßig höhe­ren Lebens­füh­rungs­kos­ten von Steu­er­pflich­ti­gen Rech­nung zu tra­gen, die einen gemein­sa­men Haus­halt nur mit ihren Kin­dern füh­ren. Es geht dabei um die soge­nann­ten ech­ten allein­er­zie­hen­den Steu­er­pflich­ti­gen. Auch die Mate­ria­li­en zu den spä­te­ren Ände­run­gen der Rege­lung wei­sen die soge­nann­ten ech­ten Allein­er­zie­hen­de als Begüns­tig­te aus, wel­che einen gemein­sa­men Haus­halt nur mit ihren Kin­dern und kei­ner ande­ren erwach­se­nen Per­son füh­ren, die tat­säch­lich oder finan­zi­ell zum Haus­halt bei­trägt. Außer­dem soll­te mit der Rege­lung gewähr­leis­tet wer­den, dass nicht­ehe­li­che, aber ehe­ähn­li­che Lebens­ge­mein­schaf­ten nicht in unzu­läs­si­ger Wei­se gegen­über Ehe­paa­ren begüns­tigt und Ehe­paa­re benach­tei­ligt wer­den. Der Bun­des­fi­nanz­hof hat inso­weit in § 24b EStG eine ver­fas­sungs­recht­lich nicht gebo­te­ne Begüns­ti­gung, mit­hin eine Sozi­al­zweck­norm, gese­hen, mit der das Feh­len von Syn­er­gie­ef­fek­ten durch eine gemein­sa­me Haus­halts­füh­rung mit ande­ren erwach­se­nen Per­so­nen kom­pen­siert wer­den soll.

In der Situa­ti­on eines Allein­er­zie­hen­den befin­den sich auch Steu­er­pflich­ti­ge, die vor der Hei­rat im Jahr der Ehe­schlie­ßung allein mit ihren berück­sich­ti­gungs­fä­hi­gen Kin­dern leben und in die­ser Zeit die allei­ni­ge Ver­ant­wor­tung für Haus­halt und Kin­der tra­gen. Die damit typi­scher­wei­se ver­bun­de­nen Belas­tun­gen ent­ste­hen unab­hän­gig davon, ob die Vor­aus­set­zun­gen für die Anwen­dung des Split­ting­ver­fah­rens zu einem spä­te­ren Zeit­punkt erfüllt sind, weil der Steu­er­pflich­ti­ge im sel­ben Ver­an­la­gungs­zeit­raum auch eini­ge Tage oder Mona­te mit sei­nem Ehe­gat­ten zusam­men­lebt. Die zeit­an­tei­li­ge Ent­las­tung die­ser Eltern­tei­le ent­spricht somit dem Geset­zes­zweck, wie der Bun­des­fi­nanz­hof vor­lie­gend her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

Die ent­stan­de­nen Belas­tun­gen ent­fal­len auch nicht rück­wir­kend durch die Ehe­gat­ten­ver­an­la­gung. Die Anwen­dung des Split­ting­ver­fah­rens kom­pen­siert den in der Ver­sa­gung der Steu­er­ent­las­tung lie­gen­den Nach­teil nicht. Das Split­ting­ver­fah­ren dient dazu, Ehen, in denen sich die Ehe­part­ner für die Mög­lich­keit der Zusam­men­ver­an­la­gung ent­schie­den haben, unab­hän­gig von der Ver­tei­lung des Ein­kom­mens zwi­schen den Ehe­gat­ten gleich zu besteu­ern. Auch soweit im Split­ting­ver­fah­ren der Gedan­ke der Fami­li­en­för­de­rung zugrun­de liegt, da die mit ihm bezweck­te Gleich­be­hand­lung den Spiel­raum der Ehe­part­ner bei der Aus­ge­stal­tung ihrer per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Lebens­füh­rung und der Auf­ga­ben­ver­tei­lung in der Ehe erwei­tert, wirkt dies nicht kom­pen­sie­rend, weil die Anwen­dung des Split­ting­ver­fah­rens nicht in jedem Fall eine Steu­er­ent­las­tung der Ehe­gat­ten zur Fol­ge hat. Die Ent­las­tungs­wir­kung der Zusam­men­ver­an­la­gung hängt von der Höhe der jewei­li­gen Ein­künf­te bei den Ehe­gat­ten und vom Pro­gres­si­ons­satz ab. Die Zusam­men­ver­an­la­gung wirkt sich kaum aus, wenn bei­de Ehe­gat­ten erwerbs­tä­tig sind und die Ein­künf­te in ähn­li­cher Höhe erzie­len. Im Fall der Ein­zel­ver­an­la­gung schei­det ein Aus­gleich durch einen etwai­gen Split­ting­vor­teil ohne­hin aus.

Auch aus der sys­te­ma­ti­schen Stel­lung der Nor­men ergibt sich, dass dem Monats­prin­zip beim Ent­las­tungs­be­trag für allein­er­zie­hen­de Steu­er­pflich­ti­ge der Vor­rang zukommt. Die Rege­lun­gen zum Split­ting­ver­fah­ren gehö­ren zu den Tarif­vor­schrif­ten, die an das zu ver­steu­ern­de Ein­kom­men anknüp­fen. Auf­grund des Cha­rak­ters der Ein­kom­men­steu­er als Jah­res­steu­er sind die Besteue­rungs­grund­la­gen auf das Kalen­der­jahr bezo­gen zu ermit­teln. Die Ein­kom­men­steu­er wird nach dem Ein­kom­men ver­an­lagt, das der Steu­er­pflich­ti­ge im Ver­an­la­gungs­zeit­raum bezo­gen hat. Grund­sätz­lich bemisst sich die Ein­kom­men­steu­er dabei nach dem in § 32a Abs. 1 EStG gere­gel­ten Tarif. Für den Fall sich inner­halb des Jah­res ändern­der tat­säch­li­cher Umstän­de hat der Gesetz­ge­ber ent­schie­den, es für die Gewäh­rung des Split­ting­ta­rifs anstel­le des Grund­ta­rifs aus­rei­chen zu las­sen, wenn die Ehe­gat­ten die genann­ten Vor­aus­set­zun­gen für die Zusam­men­ver­an­la­gung nur wäh­rend eines Teils des Ver­an­la­gungs­zeit­raums gleich­zei­tig erfüllt haben.

Die Vor­schrift des Ent­las­tungs­be­trags ist für allein­er­zie­hen­de Steu­er­pflich­ti­ge dage­gen eine Frei­be­trags­re­ge­lung, die auf der Ebe­ne der Ermitt­lung des Gesamt­be­trags der Ein­künf­te anzu­wen­den ist. Als sol­che kann sie wegen des gere­gel­ten Monats­prin­zips dif­fe­ren­ziert die sich im Lau­fe des Ver­an­la­gungs­zeit­raums ändern­den Ver­hält­nis­se berück­sich­ti­gen. Hier­zu zäh­len nicht nur die Ände­run­gen hin­sicht­lich der Kin­der, son­dern eben­so sol­che, die den Sta­tus „allein­er­zie­hend“ betreffen.

Einer zeit­an­tei­li­gen Gewäh­rung des Frei­be­trags im Jahr der Ehe­schlie­ßung steht inso­weit nach Auf­fas­sung der höchst­rich­ter­li­chen Mei­nung auch nicht ent­ge­gen, dass Ver­wit­we­te aus­drück­lich in den Anwen­dungs­be­reich des Ent­las­tungs­be­trags ein­be­zo­gen wer­den. Ver­wit­we­te kön­nen das Split­ting­ver­fah­ren auch noch in dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum in Anspruch neh­men, der auf das Kalen­der­jahr folgt, in dem der Ehe­gat­te ver­stor­ben ist. Sie befin­den sich zugleich aber in der Situa­ti­on eines ech­ten Allein­er­zie­hen­den, d. h. leben in einer Erzie­hungs­ge­mein­schaft, zu der nur ein Erwach­se­ner gehört, und unter­lie­gen mit­hin typi­scher­wei­se den Belas­tun­gen, deren Aus­gleich der Ent­las­tungs­be­trag die­nen soll. Ihre Berück­sich­ti­gung ist daher fol­ge­rich­tig und lässt nicht ein­deu­tig den Schluss zu, dass der Gesetz­ge­ber Steu­er­pflich­ti­ge, die der Ehe­gat­ten­ver­an­la­gung unter­lie­gen, aus dem Anwen­dungs­be­reich des Ent­las­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hen­de aus­neh­men wollte.

Zu guter Letzt wirft der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Urteils­be­grün­dung auch noch einen Blick auf die Ver­fas­sung. Die vom Gericht zuvor als zutref­fend ange­se­he­ne Aus­le­gung der Rege­lung des Ent­las­tungs­be­trags für Allein­er­zie­hen­de ver­mei­det näm­lich mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 des Grund­ge­set­zes ver­fas­sungs­recht­lich bedenk­li­che Ergebnisse.

Art. 6 Abs. 1 des Grund­ge­set­zes (GG) ent­hält einen beson­de­ren Gleich­heits­satz, der ver­bie­tet, Ehe und Fami­lie gegen­über ande­ren Lebens- und Erzie­hungs­ge­mein­schaf­ten schlech­ter zu stel­len. Inso­weit unter­sagt die Rege­lung eine Benach­tei­li­gung von Ehe­gat­ten gegen­über ledi­gen Steu­er­pflich­ti­gen, von Eltern gegen­über kin­der­lo­sen Steu­er­pflich­ti­gen und von ehe­li­chen gegen­über ande­ren Erzie­hungs­ge­mein­schaf­ten. Die­ses Benach­tei­li­gungs­ver­bot steht einer belas­ten­den Dif­fe­ren­zie­rung ent­ge­gen, die an die Exis­tenz einer Ehe oder die Wahr­neh­mung des Eltern­rechts in ehe­li­cher Erzie­hungs­ge­mein­schaft anknüpft.

Die zeit­an­tei­li­ge Gewäh­rung des Frei­be­trags für Allein­er­zie­hen­de ver­hin­dert eine Benach­tei­li­gung von allein­er­zie­hen­den Steu­er­pflich­ti­gen, die im Lau­fe eines Jah­res mit dem spä­te­ren Ehe­part­ner zusam­men­zie­hen und in die­sem Jahr die Ehe ein­ge­hen. Sie dür­fen steu­er­recht­lich nicht benach­tei­ligt wer­den im Ver­gleich zu Steu­er­pflich­ti­gen, die erst im dar­auf­fol­gen­den Jahr hei­ra­ten und die im Jahr des Zusam­men­zie­hens die zeit­an­tei­li­ge Gewäh­rung des Ent­las­tungs­be­trags zwei­fels­frei bean­spru­chen können.

Vor die­sem Hin­ter­grund gewährt aktu­ell der Bun­des­fi­nanz­hof den bei­den Klä­gern jeweils den Ent­las­tungs­be­trag für allein­er­zie­hen­de Steu­er­pflich­ti­ge unge­kürzt, da die Vor­aus­set­zun­gen hier­für in jedem Kalen­der­mo­nat vor­ge­le­gen haben. Nach den Fest­stel­lun­gen des Finanz­ge­rich­tes leb­ten sowohl der Klä­ger als auch die Klä­ge­rin im Streit­jahr bis zu ihrer Ehe­schlie­ßung im Dezem­ber in einem eige­nen Haus­halt jeweils allein mit ihren die Erst­aus­bil­dung absol­vie­ren­den Kindern.

Zusam­men­ge­fasst könn­te man daher die Ent­schei­dung wie folgt auf den Punkt brin­gen: Steu­er­pflich­ti­ge, die als Ehe­gat­ten zusam­men zur Ein­kom­men­steu­er ver­an­lagt wer­den, kön­nen den Ent­las­tungs­be­trag für allein­er­zie­hen­de Steu­er­pflich­ti­ge im Jahr der Ehe­schlie­ßung zeit­an­tei­lig in Anspruch neh­men, sofern sie die übri­gen Vor­aus­set­zun­gen der Rege­lung erfül­len, ins­be­son­de­re nicht in einer Haus­halts­ge­mein­schaft mit einer ande­ren voll­jäh­ri­gen Per­son leben.

Hin­weis:

Eben­falls mit Ent­schei­dung vom 28.10.2021 haben die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik unter dem Akten­zei­chen III R 17/20 sich auch noch mit der Fra­ge beschäf­tigt, ob der Ent­las­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hen­de für ein­zeln ver­an­lag­te Ehe­gat­te im Tren­nungs­jahr gewährt wer­den kann. Auch hier kom­men die Rich­ter zu einer posi­ti­ven Ent­schei­dung: Steu­er­pflich­ti­ge, die als Ehe­gat­ten ein­zeln zur Ein­kom­men­steu­er ver­an­lagt wer­den, kön­nen den Ent­las­tungs­be­trag für allein­er­zie­hen­de Steu­er­pflich­ti­ge im Jahr der Tren­nung zeit­an­tei­lig in Anspruch neh­men, sofern sie die Vor­aus­set­zun­gen des § 24b EStG erfül­len, ins­be­son­de­re nicht in einer Haus­halts­ge­mein­schaft mit einer ande­ren voll­jäh­ri­gen, in § 24b Abs. 3 Satz 1 Halb­satz 2 EStG genann­ten Per­son leben.

Da die Urteils­be­grün­dung in wei­ten Tei­len der vor­ge­nann­ten Ent­schei­dung ähnelt und sich inso­weit nur mar­gi­nal unter­schei­det, sei an die­ser Stel­le nicht wei­ter auf die Hin­ter­grün­de ein­ge­gan­gen. Betrof­fe­nen kann jedoch ein Stu­di­um der Urteils­be­grün­dung der Ent­schei­dung durch­aus nütz­lich sein.

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3. Für Arbeitnehmer: Zur Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer

Mit einer schon älte­ren Ent­schei­dung vom 3.4.2019 hat der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen VI R 46/17 zu den Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer einer Flug­be­glei­te­rin Stel­lung genom­men. Das Beson­de­re an der Ent­schei­dung: Das Urteil stammt bereits aus April 2019 und war seit dem 25.7.2019 als nicht ver­öf­fent­li­che Ent­schei­dung abruf­bar, wur­de jedoch nun nach­träg­lich zur amt­li­chen Ver­öf­fent­li­chung bestimmt. 

Grund genug, sich mit der Ent­schei­dung genau­er aus­ein­an­der­zu­set­zen. Schon im Leit­satz stel­len die obers­ten Finanz­rich­ter klar, dass der Begriff des häus­li­chen Arbeits­zim­mers vor­aus­setzt, dass der jewei­li­ge Raum aus­schließ­lich oder nahe­zu aus­schließ­lich für betrieb­li­che bzw. beruf­li­che Zwe­cke genutzt wird. Uner­heb­lich ist hin­ge­gen, ob ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer für die Tätig­keit über­haupt erfor­der­lich ist. Für die Abzugs­fä­hig­keit von Auf­wen­dun­gen genügt die Ver­an­las­sung durch die Einkünfteerzielung.

Nach­dem nun ein­mal der Tenor des Urteils bekannt ist, lohnt im Wei­te­ren jedoch auch noch ein Blick in die Urteils­be­grün­dung. Hier­in heißt es unter ande­rem: Grund­sätz­lich kann ein Steu­er­pflich­ti­ger die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer nicht als Wer­bungs­kos­ten abzie­hen. Von die­sem Grund­satz gibt es jedoch Aus­nah­men, und die sind die eigent­lich inter­es­san­te Mate­rie. So gilt der Grund­satz nicht, wenn für die betrieb­li­che oder beruf­li­che Tätig­keit kein ande­rer Arbeits­platz zur Ver­fü­gung steht. In die­sem Fall wird die Höhe der abzieh­ba­ren Auf­wen­dun­gen auf 1.250 Euro im Ver­an­la­gungs­zeit­raum begrenzt. Sofern jedoch das Arbeits­zim­mer sogar den Mit­tel­punkt der gesam­ten betrieb­li­chen und beruf­li­chen Betä­ti­gung bil­det, gilt auch die­se Beschrän­kung nicht, und abwei­chend vom Grund­satz und der Höchst­be­trags­re­ge­lung kön­nen die Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Arbeits­zim­mer unbe­grenzt zum Abzug gebracht werden.

Häus­li­ches Arbeits­zim­mer im Sin­ne die­ser Rege­lung ist dabei ein Raum, der sei­ner Aus­stat­tung nach der Erzie­lung von Ein­nah­men dient und aus­schließ­lich oder nahe­zu aus­schließ­lich zur Erzie­lung von Ein­künf­ten genutzt wird. Ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer ist in sei­ner Lage, Funk­ti­on und Aus­stat­tung nach in die häus­li­che Sphä­re des Steu­er­pflich­ti­gen ein­ge­bun­den und dient vor­wie­gend der Erle­di­gung gedank­li­cher, schrift­li­cher, ver­wal­tungs­tech­ni­scher oder orga­ni­sa­to­ri­scher Arbei­ten. Ein sol­cher Raum ist typi­scher­wei­se mit Büro­mö­beln ein­ge­rich­tet, wobei der Schreib­tisch regel­mä­ßig das zen­tra­le Möbel­stück ist. Ent­spricht ein Raum nach sei­nem äuße­ren Bild durch sei­ne Ein­rich­tung mit Büro­mö­beln dem Typus des Arbeits­zim­mers, muss er über­dies nahe­zu aus­schließ­lich zur Erzie­lung von Ein­künf­ten genutzt werden.

Auf­wen­dun­gen für gemischt genutz­te Räu­me, die in die häus­li­che Sphä­re des Steu­er­pflich­ti­gen ein­ge­bun­den sind und die sowohl zur Erzie­lung von Ein­künf­ten als auch in mehr als nur unter­ge­ord­ne­tem Umfang zu pri­va­ten Zwe­cken genutzt wer­den, sind hin­ge­gen ins­ge­samt nicht abzieh­bar. Dies geht bereits zurück auf einen Beschluss des Gro­ßen Senats vom 24.7.2015 unter dem Akten­zei­chen GrS 1/14.

Die ein­kom­men­steu­er­li­che Rege­lung zur Absetz­bar­keit des Arbeits­zim­mers bestimmt dabei abschlie­ßend, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen und in wel­cher Höhe Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer abzieh­bar sind. Wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen hin­sicht­lich der Abzugs­fä­hig­keit der Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer regelt das Gesetz inso­weit nicht. Die Erfor­der­lich­keit ist kein Merk­mal des Abzugs­be­stan­des, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 8.3.2017 unter dem Akten­zei­chen IX R 52/14 mit wei­te­ren Ver­wei­sen in des­sen Urteils­be­grün­dung her­aus­ge­ar­bei­tet hat. Der Gesetz­ge­ber kri­ti­siert in der Rege­lung die Abzugs­vor­aus­set­zung für ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer, indem er die Abzugs­mög­lich­keit auf die zwei im Gesetz genann­ten Fall­grup­pen (kein ande­rer Arbeits­platz, Mit­tel­punkt der gesam­ten betrieb­li­chen und beruf­li­chen Betä­ti­gung) begrenzt. Der Steu­er­pflich­ti­ge ist in den vom Gesetz genann­ten Fall­grup­pen auf einen häus­li­chen Arbeits­platz ange­wie­sen, wes­halb das Gesetz typi­sie­rend davon aus­geht, dass die Auf­wen­dun­gen hier­für nahe­zu aus­schließ­lich betrieb­lich bzw. beruf­lich ver­an­lasst sind, obwohl auch in die­sen Fäl­len eine pri­va­te Nut­zung des Rau­mes nicht über­prüft und damit nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann. Den ange­spro­che­nen Fall­grup­pen liegt daher die gesetz­ge­be­ri­sche Über­le­gung zugrun­de, dass die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer in die­sen Fäl­len erfor­der­lich sind.

Tat­säch­lich ver­wen­det das Gesetz den Begriff der Erfor­der­lich­keit oder den Begriff der Not­wen­dig­keit jedoch nicht. Viel­mehr typi­siert es mit den bei­den genann­ten Fall­grup­pen die Erfor­der­lich­keit der beruf­li­chen oder betrieb­li­chen Nut­zung des Arbeits­zim­mers, ohne den Begriff der Erfor­der­lich­keit in Gestalt eines unbe­stimm­ten Rechts­be­griffs zu einem Tat­be­stands­merk­mal zu erhe­ben. Ein zusätz­li­ches unge­schrie­be­nes Tat­be­stands­merk­mal der Erfor­der­lich­keit über die bei­den Fäl­le, in denen die Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer über­haupt nur abzugs­fä­hig sind, folgt daher weder aus dem Geset­zes­wort­laut noch aus der Geset­zes­be­grün­dung. Auch dies haben die obers­ten Rich­ter der Repu­blik bereits in ihrer vor­ge­nann­ten Ent­schei­dung vom 8.3.2017 in Rz. 14 der Urteils­be­grün­dung klar­ge­stellt. Denn mit den bei­den gere­gel­ten Fall­grup­pen sol­len gera­de Strei­tig­kei­ten über die Not­wen­dig­keit eines Arbeits­zim­mers ver­mie­den wer­den, wie nicht zuletzt aus der ent­spre­chen­den Bun­des­tags­druck­sa­che zum sei­ner­zei­ti­gen Gesetz­ent­wurf hervorgeht.

Inso­weit ist das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt von ande­ren (fal­schen) Grund­sät­zen aus­ge­gan­gen. Denn es hat rechts­feh­ler­haft die Erfor­der­lich­keit des Arbeits­zim­mers für die Tätig­keit der Klä­ge­rin als maß­ge­bend erach­tet. Dar­auf, dass die Klä­ge­rin die Arbei­ten, für die kein ande­rer Arbeits­platz zur Ver­fü­gung stand, am Küchen­tisch, im Ess­zim­mer oder in einem ande­ren Raum hät­te erle­di­gen kön­nen, kommt es schlicht nicht an.

Vor­lie­gend war die Sache den­noch nicht spruch­reif. Zwar lässt das obers­te Finanz­ge­richt kei­nen Zwei­fel dar­an, dass es auf die Not­wen­dig­keit eines Arbeits­zim­mers nicht ankommt, jedoch war vor­lie­gend nicht geprüft wor­den, ob das Arbeits­zim­mer tat­säch­lich auch nahe­zu aus­schließ­lich zur Ein­künf­te­er­zie­lung ver­wen­det wur­de oder aber neben der ein­künf­tere­le­van­ten Nut­zung auch eine schäd­li­che pri­va­te Nut­zung gege­ben war.

Hin­weis:

Für die Pra­xis kann daher defi­ni­tiv abge­lei­tet wer­den, dass es voll­kom­men irrele­vant ist, ob ein Arbeits­zim­mer auch tat­säch­lich für die Tätig­kei­ten, die dort erle­digt wer­den, not­wen­dig ist. Eines muss jedoch in der Pra­xis auch klar sein: Wenn eine Not­wen­dig­keit zumin­dest nach den all­ge­mei­nen Umstän­den hin­ter­fragt wer­den kann, wird das Finanz­amt umso genau­er dar­auf ach­ten, ob der Raum auch tat­säch­lich nahe­zu aus­schließ­lich für die Ein­künf­te­er­zie­lung genutzt wird oder nicht. Die Lebens­er­fah­rung zeigt inso­weit, dass wenn ein Raum für die Tätig­keit tat­säch­lich nicht not­wen­dig ist, häu­fig auch noch eine ander­wei­ti­ge Nut­zung erfolgt. Die­se dürf­te dann für die Absetz­bar­keit der Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Arbeits­zim­mer schäd­lich sein. Den­noch ent­schei­den hier die Gege­ben­hei­ten des Ein­zel­fal­les. Fakt ist und bleibt nach der Ent­schei­dung, dass das Arbeits­zim­mer nicht not­wen­dig sein muss, damit inso­weit der Wer­bungs­kos­ten­ab­zug gelingt.

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4. Für Immobilien-Eigentümer: Zum Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer bei einem Gebäude

Bei Wirt­schafts­gü­tern, deren Ver­wen­dung oder Nut­zung durch den Steu­er­pflich­ti­gen zur Erzie­lung von Ein­künf­ten sich erfah­rungs­ge­mäß auf einen Zeit­raum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten abzu­set­zen, der bei gleich­mä­ßi­ger Ver­tei­lung die­ser Kos­ten auf die Gesamt­dau­er der Ver­wen­dung oder Nut­zung auf ein Jahr ent­fällt. Man spricht dabei auch von der Abschrei­bung in glei­chen Jah­res­be­trä­gen bzw. der linea­ren Abschrei­bung. Die Abset­zung bemisst sich hier­bei nach der betriebs­ge­wöhn­li­chen Nut­zungs­dau­er des Wirt­schafts­gu­tes. Abwei­chend von die­ser betriebs­ge­wöhn­li­chen Nut­zungs­dau­er bestimmt sich die Abschrei­bung für ein zur Ein­künf­te­er­zie­lung genutz­tes Gebäu­de nach dem fes­ten Pro­zent­satz der Rege­lung in § 7 Abs. 4 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG). Die Rege­lung stellt eine gesetz­li­che Typi­sie­rung der Nut­zungs­dau­er im Sin­ne von § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG dar.

Aller­dings gibt es Aus­nah­men. So kön­nen gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG anstel­le der typi­sier­ten Nut­zungs­dau­er die der tat­säch­lich kür­ze­re Nut­zungs­dau­er eines Gebäu­des ent­spre­chen­den Abschrei­bun­gen vor­ge­nom­men wer­den. Nut­zungs­dau­er ist dabei der Zeit­raum, in dem ein Gebäu­de vor­aus­sicht­lich sei­ner Zweck­be­stim­mung ent­spre­chend genutzt wer­den kann. Die zu schät­zen­de Nut­zungs­dau­er wird bestimmt durch den tech­ni­schen Ver­schleiß, die wirt­schaft­li­che Ent­wer­tung sowie recht­li­che Gege­ben­hei­ten, wel­che die Nut­zungs­dau­er eines Gegen­stands begren­zen kön­nen. Aus­zu­ge­hen ist von der tech­ni­schen Nut­zungs­dau­er, also dem Zeit­raum, in dem sich das Wirt­schafts­gut tech­nisch abnutzt. Sofern die wirt­schaft­li­che Nut­zungs­dau­er kür­zer als die tech­ni­sche Nut­zungs­dau­er ist, kann sich der Steu­er­pflich­ti­ge hier­auf beru­fen. Ob den Abschrei­bun­gen für Abnut­zung eine die gesetz­lich vor­ge­se­he­nen typi­sier­ten Zeit­räu­me unter­schrei­ten­de ver­kürz­te Nut­zungs­dau­er zugrun­de gelegt wer­den kann, beur­teilt sich regel­mä­ßig nach den Ver­hält­nis­sen des Ein­zel­falls und muss daher indi­vi­du­ell ent­schie­den wer­den. So auch bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 4.3.2008 unter dem Akten­zei­chen IX R 16/07.

Es ist folg­lich Sache des Steu­er­pflich­ti­gen, im Ein­zel­fall eine kür­ze­re tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er dar­zu­le­gen und gege­be­nen­falls nach­zu­wei­sen. Dies hat auch bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 28.7.2021 unter dem Akten­zei­chen IX R 25/19 ein­deu­tig und sehr pra­xis­nah her­aus­ge­ar­bei­tet. Der Steu­er­pflich­ti­ge kann sich danach zur Dar­le­gung der ver­kürz­ten tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er eines zur Ein­künf­te­er­zie­lung genutz­ten Gebäu­des jeder Dar­le­gungs­me­tho­de bedie­nen, die im Ein­zel­fall zur Füh­rung des erfor­der­li­chen Nach­wei­ses geeig­net erscheint. Erfor­der­lich ist inso­weit ledig­lich, dass die Dar­le­gun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen Auf­schluss über die maß­geb­li­chen Grün­de geben, wel­che die Nut­zungs­dau­er im Ein­zel­fall beein­flus­sen, und auf deren Grund­la­ge der Zeit­raum, in dem das maß­geb­li­che Gebäu­de vor­aus­sicht­lich sei­ner Zweck­be­stim­mung ent­spre­chend genutzt wer­den kann, im Wege der Schät­zung mit hin­rei­chen­der Bestimmt­heit zu ermit­teln ist. Sol­che Grün­de kön­nen bei­spiels­wei­se der tech­ni­sche Ver­schleiß sein, die wirt­schaft­li­che Ent­wer­tung oder auch recht­li­che Nutzungsbeschränkungen.

Die Bestim­mung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG räumt dabei dem Steu­er­pflich­ti­gen ein Wahl­recht ein, ob er sich mit dem typi­sier­ten Abschrei­bungs­satz zufrie­den gibt oder eine tat­säch­lich kür­ze­re Nut­zungs­dau­er gel­tend macht und dar­legt. Aus­zu­ge­hen ist im Rah­men der vom Finanz­amt durch­zu­füh­ren­den Amts­er­mitt­lung von der Schät­zung des Steu­er­pflich­ti­gen, solan­ge die­ser Erwä­gun­gen zugrun­de lie­gen, wie sie ein ver­nünf­tig wirt­schaf­ten­der Steu­er­pflich­ti­ger übli­cher­wei­se anstellt. So auch bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner zuvor zitier­ten Ent­schei­dung vom 28.7.2021. Da im Rah­men der Schät­zung des Steu­er­pflich­ti­gen nicht Gewiss­heit über die kür­ze­re tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er, son­dern allen­falls größt­mög­li­che Wahr­schein­lich­keit ver­langt wer­den kann, ist sie nur dann zu ver­wer­fen, wenn sie ein­deu­tig außer­halb des ange­mes­se­nen Schät­zungs­rah­mens liegt. Auch dies ist bereits gericht­lich geklärt, bei­spiels­wei­se durch die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 28.9.1971 unter dem Akten­zei­chen VIII R 73/78 oder durch eine jün­ge­re erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Köln vom 23.1.2001 unter dem Akten­zei­chen 8 K 6294/95.

Ent­ge­gen den immer wie­der zu hören­den Wün­schen von Sei­ten der Finanz­ver­wal­tung ist die Vor­la­ge eines Bau­sub­stanz­gut­ach­tens sei­tens des Klä­gers nicht Vor­aus­set­zung für die Aner­ken­nung einer ver­kürz­ten tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er. Wählt ein Steu­er­pflich­ti­ger oder ein beauf­trag­ter Sach­ver­stän­di­ger aus nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den eine ande­re Nach­weis­me­tho­de, kann die­se Grund­la­ge für eine Schät­zung einer ver­kürz­ten tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er sein. Da im Rah­men der Schät­zung nur die größt­mög­li­che Wahr­schein­lich­keit über eine kür­ze­re tat­säch­li­chen Nut­zungs­dau­er ver­langt wer­den kann, wür­de eine Ver­en­gung der Gut­ach­ten­me­tho­dik oder eine Fest­le­gung auf ein bestimm­tes Ermitt­lungs­ver­fah­ren die Anfor­de­run­gen an die Fest­stel­lungs­last über­stei­gen. Auch dies haben die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik in ihrer Ent­schei­dung vom 28.7.2021 so herausgearbeitet.

Im vor­lie­gen­den Streit­fall hat­te der Klä­ger ein Wert­gut­ach­ten eines öffent­lich bestell­ten und ver­ei­dig­ten Sach­ver­stän­di­gen vor­ge­legt, wel­ches vom Amts­ge­richt in Auf­trag gege­ben wur­de, also kein Par­tei­gut­ach­ten dar­stell­te. Der Gut­ach­ter kommt dar­in zu dem Ergeb­nis, dass die Rest­nut­zungs­dau­er des Hau­ses 30 Jah­re beträgt. Hier­bei hat er wegen Moder­ni­sie­rung und Zustand als fik­ti­ves Bau­jahr das Jahr 1960 ange­ge­ben, obwohl das Gebäu­de im Jahr 1955 errich­tet wur­de. Nach sei­ner Ein­schät­zung bzw. der Ein­schät­zung der Eigen­tü­mer ent­spra­chen sowohl die Woh­nung im Ober­ge­schoss als auch die im Dach­ge­schoss der Aus­stat­tung von 1955. Dies wur­de fak­tisch dadurch bestä­tigt, dass in den nach der Anschaf­fung fol­gen­den Jah­ren umfang­rei­che Sanie­rungs­ar­bei­ten durch­ge­führt wur­den, wel­che als anschaf­fungs­na­he Her­stel­lungs­kos­ten in die Abschrei­bungs­be­mes­sungs­grund­la­ge ein­ge­flos­sen sind. In sei­ner Wert­ermitt­lung für das strei­ti­ge Gebäu­de muss­te der Gut­ach­ter das Alter und die Rest­nut­zungs­dau­er des Gebäu­des ein­be­zie­hen. Nach der auf den Stich­tag der Bewer­tung der strei­ti­gen Immo­bi­lie gel­ten­den Wert­ver­ord­nung bestimmt sich eine Wert­min­de­rung wegen Alters nach dem Ver­hält­nis der Rest­nut­zungs­dau­er zur Gesamt­nut­zungs­dau­er der bau­li­chen Anla­ge. Sie ist in einem Vom­hun­dert­satz des Her­stel­lungs­werts aus­zu­drü­cken. Ist die bei ord­nungs­ge­mä­ßem Gebrauch übli­che Gesamt­nut­zungs­dau­er der bau­li­chen Anla­gen durch Instand­set­zun­gen oder Moder­ni­sie­run­gen ver­län­gert wor­den oder haben unter­las­se­ne Instand­hal­tun­gen oder ande­re Gege­ben­hei­ten zu einer Ver­kür­zung der Rest­nut­zungs­dau­er geführt, soll der Bestim­mung der Wert­min­de­rung wegen Alters die geän­der­te Rest­nut­zungs­dau­er und die für die bau­li­chen Anla­gen übli­che Gesamt­nut­zungs­dau­er zugrun­de gelegt werden.

Nach Auf­fas­sung des Finanz­ge­richts Müns­ter hat der Sach­ver­stän­di­ge auf­grund sach­li­cher Kri­te­ri­en eine Rest­nut­zungs­dau­er von 30 Jah­ren zugrun­de gelegt. Unter ande­rem hat er fest­ge­stellt, dass erheb­li­che Instand­set­zungs­ar­bei­ten bis zur Kern­sa­nie­rung mit Erneue­rung und Ergän­zung der gesam­ten Instal­la­ti­on vom Kel­ler­ge­schoss bis zum Dach­ge­schoss sowie an Fas­sa­de und dem Dach erfor­der­lich waren, um eine nach­hal­ti­ge Nut­zung mit moder­nem Wohn­raum zu schaf­fen. Inso­weit folgt das erst­in­stanz­li­che Gericht den fun­dier­ten Aus­füh­run­gen des Gut­ach­ters und kann fest­stel­len, dass die tat­säch­li­che Nut­zungs­dau­er der strei­ti­gen Immo­bi­lie zum Zeit­punkt der Anschaf­fung auf 30 Jah­re ver­kürzt war.

Wie in dem vom Bun­des­fi­nanz­hof mit Urteil vom 28.7.2021 ent­schie­de­nen Ver­fah­ren hat der Gut­ach­ter eine modell­haf­te Ermitt­lung der Rest­nut­zungs­dau­er durch­ge­führt. Wäh­rend der Gut­ach­ter in dem Fall des Bun­des­fi­nanz­hofs das Modell gemäß Anla­ge vier der Sach­wert­richt­li­nie vom 5.9.2012 ange­wen­det hat, hat der Gut­ach­ter im Streit­fall sowohl eine Ertrags­wert­ermitt­lung als auch eine Ver­gleichs­wert­ermitt­lung nach der Wert­ver­ord­nung durch­ge­führt. Wie im Fall vor dem Bun­des­fi­nanz­hof erfolg­te neben der modell­haf­ten Berech­nung eine Inau­gen­sch­ein­nah­me des Gebäu­des, um die Bau­wei­se und etwai­ge aus­ste­hen­de Moder­ni­sie­rungs- bzw. Sanie­rungs­ar­bei­ten beur­tei­len zu kön­nen. Der fest­ge­stell­te Moder­ni­sie­rungs­stau führ­te im Streit­fall zu der für das Gericht nach­voll­zieh­ba­ren Ein­schät­zung des Gut­ach­ters, dass von einer Rest­nut­zungs­dau­er von 30 Jah­ren aus­zu­ge­hen ist. Die­ses Ergeb­nis sahen die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter jeden­falls nicht erheb­lich außer­halb des zuläs­si­gen Schät­zungs­rah­mens. Nach alle­dem war inso­weit eine jähr­li­che Abschrei­bung mit einem Satz von 3,33 % zugrun­de zu legen.

Tipp:

Für Ver­mie­ter kann es sich daher loh­nen, die eige­ne Immo­bi­lie zu betrach­ten und auch hier gege­be­nen­falls eine ver­kürz­te Rest­nut­zungs­dau­er für die Abschrei­bung anzu­set­zen. Dies muss tat­säch­lich nicht unbe­dingt im Jahr der Anschaf­fung der Immo­bi­lie gesche­hen. Auch wenn die Immo­bi­lie schon Jah­re im Besitz ist, kann auf­grund der Abschnitts­be­steue­rung noch eine kür­ze­re Rest­nut­zungs­dau­er und somit eine höhe­re Abschrei­bung ange­setzt wer­den. Vor­aus­set­zung ist ledig­lich, dass die­se auch tat­säch­lich argu­men­ta­tiv unter­mau­ert wer­den kann.

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5. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Sind auch Nebenkosten bei der Steuerbefreiung für Gesundheitsförderung steuerfrei?

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Vor­schrift in § 3 Num­mer 34 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) sind zusätz­lich zum ohne­hin geschul­de­ten Arbeits­lohn erbrach­te Leis­tun­gen des Arbeit­ge­bers zur Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stan­des und der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung steu­er­frei. Vor­aus­set­zung für die Steu­er­be­frei­ung ist aller­dings, dass die­se Leis­tun­gen hin­sicht­lich Qua­li­tät, Zweck­bin­dung und Ziel­ge­richt­etheit den Anfor­de­run­gen des fünf­ten Sozi­al­ge­setz­bu­ches genü­gen. Eben­so sind sie nach der aktu­el­len Geset­zes­la­ge nur steu­er­frei, soweit sie im Kalen­der­jahr 600 Euro pro Arbeit­neh­mer nicht übersteigen.

Vor dem Hin­ter­grund die­ser Rege­lung muss nun aktu­ell der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen VI R 24/21 klä­ren, ob unter die Steu­er­be­frei­ung zur Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stan­des und der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung auch die mit der eigent­li­chen Prä­ven­ti­ons­leis­tung im Zusam­men­hang ste­hen­den Verpflegungs‑, Rei­se- und Unter­kunfts­kos­ten sowie ande­re Neben­leis­tun­gen fallen.

Beson­ders erwäh­nens­wert ist bei die­ser Streit­fra­ge, dass das erst­in­stanz­li­che Thü­rin­ger Finanz­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 14.10.2021 unter dem Akten­zei­chen 1 K 655/17 die Steu­er­frei­heit der Neben­leis­tung bejaht hat. Wer daher in die­ser Sache auch auf eine Neben­leis­tung der Gesund­heits­för­de­rung die Steu­er­frei­heit in Anspruch neh­men möch­te, soll­te sich an das Mus­ter­ver­fah­ren anhängen.

Zur Begrün­dung des Ein­spru­ches kann dabei auf die Urteils­grün­de der Thü­rin­ger Ent­schei­dung zurück­ge­grif­fen wer­den. Dort heißt es bei­spiels­wei­se (aus­zugs­wei­se) wie folgt:

Schon aus­weis­lich der Geset­zes­be­grün­dung zur Rege­lung des § 3 Num­mer 34 EStG soll­te die Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrift dazu füh­ren, die Bereit­schaft des Arbeit­ge­bers zu erhö­hen, sei­nen Arbeit­neh­mern Dienst­leis­tun­gen zur Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stan­des sowie zur betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung anzu­bie­ten, in denen der Arbeit­ge­ber ent­spre­chen­de Bar­zu­schüs­se für die Durch­füh­rung der­ar­ti­ger Maß­nah­men auf­wen­det. Dies ist zu ent­neh­men der Geset­zes­be­grün­dung in der Bun­des­tags­druck­sa­che 16/10.189 auf Sei­te 47.

Eine gesetz­li­che Defi­ni­ti­on die­ser Dienst­leis­tung erhält das Gesetz hin­ge­gen nicht. Zur sach­li­chen Ein­gren­zung der Steu­er­be­frei­ung wur­de im Ein­kom­men­steu­er­recht ledig­lich auf die § § 20 und 20a des Fünf­ten Sozi­al­ge­setz­bu­ches Bezug genom­men. Danach soll­ten ins­be­son­de­re die­je­ni­gen Leis­tun­gen, die im Leit­fa­den Prä­ven­ti­on der Arbeits­ge­mein­schaft der Spit­zen­ver­bän­de der Kran­ken­kas­sen (GKV-Spit­zen­ver­band) auf­ge­führt sind, geför­dert wer­den. Die Geset­zes­be­grün­dung wie­der­um benennt die im Leit­fa­den Prä­ven­ti­on genann­ten Hand­lungs­fel­der „Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stan­des (soge­nann­te Pri­mär­prä­ven­ti­on)“ sowie „betrieb­li­che Gesund­heits­för­de­rung“. Wegen der benann­ten Hand­lungs­fel­der wird auf die Geset­zes­be­grün­dung inso­weit im Wei­te­ren auch in der Urteils­be­grün­dung der Thü­rin­ger Rich­ter verwiesen.

Ob und inwie­weit Maß­nah­men des Arbeit­ge­bers im soge­nann­ten „Leit­fa­den Prä­ven­ti­on“ des Spit­zen­ver­ban­des der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung auf­ge­führt sein müs­sen, um zu einer Anwen­dung der Steu­er­be­frei­ung für Gesund­heits­för­de­rung nach § 3 Num­mer 34 EStG gelan­gen zu kön­nen, ist zwei­fel­haft. Tat­säch­lich konn­ten dies die Thü­rin­ger Rich­ter im vor­lie­gen­den Streit­fall jedoch offenlassen.

§ 20 Abs. 1 Satz 1 des Fünf­ten Sozi­al­ge­setz­bu­ches sieht die Erbrin­gung von Leis­tun­gen zur pri­mä­ren Prä­ven­ti­on vor. Die­se Leis­tun­gen sind nicht näher defi­niert. Eine Legal­de­fi­ni­ti­on des Begriffs „pri­mä­re Prä­ven­ti­on“ wur­de erst spä­ter in das fünf­te Sozi­al­ge­setz­buch auf­ge­nom­men. Danach han­delt es sich bei Pri­mär­prä­ven­ti­on um die „Ver­hin­de­rung und Ver­min­de­rung von Krank­heits­ri­si­ken“. Die­se Defi­ni­ti­on kann auch für den vor­lie­gen­den Rechts­streit über­nom­men werden.

Wei­ter­hin sol­len ent­spre­chen­de Leis­tun­gen zur Pri­mär­prä­ven­ti­on den all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stand ver­bes­sern. Die­se Bestim­mung des Leis­tungs­zwecks ent­spricht auch der Rege­lung der Befrei­ungs­vor­schrif­ten im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz. Wei­te­re sach­li­che Anfor­de­run­gen an die Leis­tung zur Pri­mär­prä­ven­ti­on sind dem Fünf­ten Sozi­al­ge­setz­buch selbst nicht zu ent­neh­men. Viel­mehr wird für die Kon­kre­ti­sie­rung die­ser all­ge­mei­nen Anfor­de­run­gen für die Leis­tungs­er­brin­gung durch die Kran­ken­kas­sen und auf unter­ge­setz­li­che Regel­wer­ke ver­wie­sen. Inso­weit beschließt der Spit­zen­ver­band Bund der Kran­ken­kas­sen gemein­sam und ein­heit­lich unter Ein­be­zie­hung unab­hän­gi­gen Sach­ver­stan­des prio­ri­tä­re Hand­lungs­fel­der und Kri­te­ri­en für Leis­tun­gen, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich des Bedarfs, der Ziel­grup­pen, der Zugangs­we­ge, der Inhal­te und der Methodik.

Der Geset­zes­be­grün­dung zur Befrei­ungs­vor­schrift im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz ist wei­ter zu ent­neh­men, dass der „Leit­fa­den Prä­ven­ti­on“ nicht aus­schließ­lich für die Anwen­dung der Befrei­ungs­vor­schrif­ten ent­schei­dend ist. Dies zeigt, dass der Gesetz­ge­ber den Leit­fa­den nicht als allein maß­geb­lich für die Gewäh­rung der Steu­er­frei­heit betrach­tet. Dar­über hin­aus beschränkt sich der Geset­zes­wort­laut des Fünf­ten Sozi­al­ge­setz­buchs zur Bestim­mung der Leis­tung der Kran­ken­kas­sen auf den Begriff der „Pri­mär­prä­ven­ti­on“ oben.

Dem Ver­weis auf das Fünf­te Sozi­al­ge­setz­buch im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz zur Bestim­mung der Anfor­de­rung an Qua­li­tät, Zweck­bin­dung und Ziel­ge­richt­etheit der Gesund­heits­leis­tun­gen kön­nen jedoch in Erman­ge­lung unmit­tel­bar im Gesetz bestimm­ter mate­ri­el­ler Anfor­de­run­gen an die Leis­tung der Gesund­heits­för­de­rung kei­ne wei­te­ren Ein­schrän­kun­gen für die Begren­zung der Steu­er­frei­heit ent­nom­men wer­den. Inso­weit kann also nicht auf den Leit­fa­den zurück­ge­grif­fen wer­den. Dies wäre mit dem Grund­satz der Tat­be­stands­mä­ßig­keit der Besteue­rung nicht zu vereinbaren.

Viel­mehr ist es für die Anwen­dung der Steu­er­be­frei­ung für Gesund­heits­för­de­rung aus­rei­chend, wenn die Maß­nah­men zur För­de­rung der Gesund­heit, die der Arbeit­ge­ber bezu­schusst hat­te, Min­dest­an­for­de­run­gen an Qua­li­tät und Ziel­ge­richt­etheit erfüll­ten. Die gesetz­li­chen Min­dest­an­for­de­run­gen kön­nen jeden­falls dann als erfüllt ange­se­hen wer­den, wenn die betref­fen­den Maß­nah­men durch Phy­sio­the­ra­peu­ten, Heil­prak­ti­ker und qua­li­fi­zier­te Fit­ness­trai­ner erbracht wer­den. In die­sem Sin­ne hat doch bereits das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Bre­men in einer Ent­schei­dung vom 11.2.2016 unter dem Akten­zei­chen 1 K 80/15 ent­schie­den. Die­se Vor­aus­set­zun­gen erfül­len die für die Durch­füh­rung der Ver­an­stal­tung enga­gier­ten Trai­ner im Ent­schei­dungs­fall unstreitig.

Soweit das Finanz­amt argu­men­tiert, dass die Steu­er­frei­stel­lung für Gesund­heits­för­de­rung aus­schei­det, weil kei­ne (voll­stän­di­ge) För­de­rung der Ver­an­stal­tung durch die Kran­ken­kas­se erfolgt, ist die­se Geset­zes­aus­le­gung nach Auf­fas­sung der Thü­rin­ger Rich­ter nicht halt­bar. Wür­den näm­lich die jewei­li­gen Auf­wen­dun­gen für betrieb­li­che Gesund­heits­maß­nah­men voll­stän­dig von den Kran­ken­kas­sen über­nom­men, wür­de sich die Fra­ge der Steu­er­frei­stel­lung ledig­lich noch in Ein­zel­fäl­len stel­len. Die Vor­schrift wür­de ihres wesent­li­chen Anwen­dungs­be­reichs beraubt und wäre weit­ge­hend über­flüs­sig. Denn die Fra­ge der Kos­ten­er­stat­tung durch den Arbeit­ge­ber wür­de sich im Regel­fall nicht stel­len, wenn zuvor die Kran­ken­kas­sen die Auf­wen­dun­gen ent­spre­chen­der Gesund­heits­ta­ge über­neh­men würden. 

Wei­ter hat die Finanz­ver­wal­tung im vor­lie­gen­den Streit­fall gel­tend gemacht, dass die För­de­rung von Über­nach­tungs- und Ver­pfle­gungs­auf­wen­dun­gen nach dem Leit­fa­den Prä­ven­ti­on aus­ge­schlos­sen sei. Eine Steu­er­be­frei­ung kön­ne daher nicht im Rah­men des § 3 Num­mer 34 EStG statt­fin­den. Aller­dings ist die­ser Argu­men­ta­ti­on ent­ge­gen­zu­hal­ten, dass der Leit­fa­den Prä­ven­ti­on jeweils die För­de­rung einer Gesund­heits­maß­nah­me durch eine Kran­ken­kas­se beschreibt. Wie zuvor dar­ge­stellt, rich­tet sich jedoch die Anwen­dung der Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrift für Gesund­heits­för­de­rung nach ande­ren Maß­stä­ben. Weder ver­weist das Gesetz auf den jewei­li­gen gül­ti­gen Leit­fa­den Prä­ven­ti­on in Form einer Rechts­grund­ver­wei­sung noch sind die Kri­te­ri­en des GKV-Spit­zen­ver­ban­des für die steu­er­li­che Begüns­ti­gung nach § 3 Num­mer 34 EStG allein aus­schlag­ge­bend. Gewährt der Arbeit­ge­ber Leis­tun­gen zur Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stan­des und der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung, ist im Rah­men einer Gesamt­wür­di­gung dar­über zu befin­den, ob ein Leis­tungs­pa­ket vor­liegt, das ledig­lich einer ein­heit­li­chen Behand­lung zugäng­lich ist. Das Thü­rin­ger Finanz­ge­richt wen­det inso­weit die Grund­sät­ze an, die die Recht­spre­chung zur Auf­tei­lung von Zuschüs­sen in Arbeits­lohn bzw. einer Zuwen­dung im betrieb­li­chen Eigen­in­ter­es­se ent­spre­chend der Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 21.11.2018 unter dem Akten­zei­chen VI R 10/17 ent­wi­ckelt hat. Danach ist ent­schei­dend, ob sich der Cha­rak­ter einer Sach­zu­wen­dung nur ein­heit­lich (oder auch unter­schied­lich) beur­tei­len lässt

Vor­lie­gend kommt das Thü­rin­ger Finanz­ge­richt zu dem Schluss, dass eine ein­heit­li­che Maß­nah­me gege­ben ist, und Posi­tio­nen wie Über­nach­tungs­kos­ten, Ver­pfle­gungs­kos­ten und Semi­nar­kos­ten inso­weit nicht einer unter­schied­li­chen Betrach­tung zugäng­lich sind. Zu den nach § 3 Num­mer 34 EStG steu­er­be­frei­ten Leis­tun­gen zur Ver­bes­se­rung des all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stan­des und der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung gehö­ren daher auch die mit der eigent­li­chen Prä­ven­ti­ons­leis­tung im Zusam­men­hang ste­hen­den Verpflegungs‑, Rei­se- und Unter­kunfts­kos­ten sowie natür­lich auch ande­re Nebenleistungen.

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6. Für Immobilien-Eigentümer: Ermittlung des Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach Entnahme aus einem Betriebsvermögen

Zuge­ge­ben, der Sach­ver­halt des hier zugrun­de lie­gen­den Streit­falls ist tat­säch­lich schon ein wenig außer­ge­wöhn­lich. Den­noch zeigt die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs, wie grund­sätz­lich bei der Ermitt­lung eines Gewinns aus einem pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft zu ver­fah­ren ist.

Zunächst aber ein­mal kurz zum Sach­ver­halt. Im Streit­fall haben Kin­der von ihrem Vater im Rah­men der vor­weg­ge­nom­me­nen Erb­fol­ge ein Grund­stück erhal­ten, wel­ches sie fort­an zur Ver­mie­tung und Ver­pach­tung nutz­ten. Das Grund­stück befand sich beim Vater im land- und forst­wirt­schaft­li­chen Betriebs­ver­mö­gen. Im Zeit­punkt der Ent­nah­me wur­de zwar der Zeit­wert des Grund­stü­ckes ange­ge­ben, den­noch wur­den bei den Ein­künf­ten aus Land- und Forst­wirt­schaft kei­ne wei­te­ren Kon­se­quen­zen aus der Ent­nah­me gezo­gen. Ins­be­son­de­re wur­de kein Ent­nah­me­ge­winn ange­setzt, indem der Zeit­wert des Grund­stü­ckes dem Buch­wert des Grund­stü­ckes gegen­über­ge­stellt wurde.

Inner­halb von zehn Jah­ren nach der Ent­nah­me ver­äu­ßer­ten die Kin­der nun die Immo­bi­lie im Rah­men eines pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes. Dabei kommt nun die Streit­fra­ge auf, wel­cher Wert denn von dem Ver­äu­ße­rungs­er­lös abge­zo­gen wer­den kann. Kann der dama­li­ge Zeit­wert im Zeit­punkt der Ent­nah­me min­dernd abge­zo­gen wer­den, auch wenn die­ser tat­säch­lich nicht bei der Ent­nah­me ver­steu­ert wur­de? Oder kann wegen der unter­las­se­nen Ver­steue­rung der Ent­nah­me daher nur der sei­ner­zei­ti­ge Buch­wert im Betriebs­ver­mö­gen des Vaters min­dernd berück­sich­tigt werden?

Der Bun­des­fi­nanz­hof führt in sei­ner Ent­schei­dung vom 6.12.2021 unter dem Akten­zei­chen IX R 3/21 dazu wie folgt aus:

Zum pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft gehö­ren Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te bei Grund­stü­cken und Rech­ten, die den Vor­schrif­ten des bür­ger­li­chen Rechts über Grund­stü­cke unter­lie­gen, bei denen der Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung nicht mehr als zehn Jah­re beträgt. Als Anschaf­fung gilt dabei gemäß gesetz­li­cher Fik­ti­on in § 23 Abs. 1 Satz 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) auch die Über­füh­rung eines Wirt­schafts­guts in das Pri­vat­ver­mö­gen des Steu­er­pflich­ti­gen durch Ent­nah­me oder Betriebs­auf­ga­be. Bei einem unent­gelt­li­chen Erwerb ist dem Ein­zel­rechts­nach­fol­ger für Zwe­cke die­ser Vor­schrift die Anschaf­fung oder die Über­füh­rung des Wirt­schafts­gu­tes des Pri­vat­ver­mö­gens des Rechts­vor­gän­gers zuzu­rech­nen, wie es in § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG aus­drück­lich gere­gelt ist.

Frag­lich ist nun, wie im vor­ge­nann­ten Sach­ver­halt der Gewinn aus dem pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft zu ermit­teln ist. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG ist der Gewinn oder Ver­lust aus Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­ten der Unter­schied zwi­schen Ver­äu­ße­rungs­preis einer­seits und den Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten und den Wer­bungs­kos­ten ande­rer­seits. In den Fäl­len einer vor­he­ri­gen Ent­nah­me aus dem Betriebs­ver­mö­gen tritt an die Stel­le der Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten der bei der Ent­nah­me oder der Betriebs­auf­ga­be ange­setz­te Wert.

Soweit zumin­dest der Grund­satz. An die Stel­le der Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten tritt der bei der Ent­nah­me ange­setz­te Wert nur inso­weit, als er der Steu­er­fest­set­zung des Steu­er­pflich­ti­gen, der das Wirt­schafts­gut ent­nom­men hat, zugrun­de gele­gen hat. Wird hin­ge­gen ein Wirt­schafts­gut ohne Auf­de­ckung der stil­len Reser­ven (also erfolgs­neu­tral) aus dem Betriebs­ver­mö­gen ent­nom­men, ist der bis zum Zeit­punkt der Ent­nah­me erfass­te Buch­wert der ange­setz­te Wert im Sin­ne des § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG.

Dies folgt nach Auf­fas­sung der obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik bereits aus dem Wort­laut der gesetz­li­chen Vor­schrift in § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG. Danach tritt an die Stel­le der Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten der „ange­setz­te“ Ent­nah­me­wert. Ein Wert ist nur im Sin­ne der Norm „ange­setzt“, wenn er einer Steu­er­fest­set­zung zugrun­de gele­gen hat. Wird ein Wirt­schafts­gut erfolgs­neu­tral ent­nom­men, ent­spricht der ange­setz­te Wert dem Buch­wert des Wirt­schafts­guts im Zeit­punkt der Ent­nah­me. Denn bei der Gewinn­ermitt­lung durch Betriebs­ver­mö­gens­ver­gleich ent­steht durch die Aus­bu­chung des Wirt­schafts­gu­tes in Höhe des Buch­wer­tes eine Ver­mö­gens­min­de­rung. Die Erfolgs­neu­tra­li­tät die­ser Buchung kann daher nur durch den Ansatz einer Ent­nah­me in der­sel­ben Höhe erreicht wor­den sein. Nichts ande­res gilt, soweit das Wirt­schafts­gut bei der Gewinn­ermitt­lung durch Ein­nah­men­über­schuss­rech­nung aus dem lau­fend zu füh­ren­den Ver­zeich­nis „ent­nom­men“ wor­den ist.

Die­se Aus­le­gung ent­spricht auch dem Sinn und Zweck der Rege­lung, auch wenn sie vor­lie­gend natür­lich zu einem nach­tei­li­gen Ergeb­nis führt. Durch den Ansatz des Ent­nah­me­wer­tes, der der Steu­er­fest­set­zung des Rechts­vor­gän­gers zugrun­de gele­gen hat, wird sicher­ge­stellt, dass Wert­stei­ge­run­gen (also die stil­len Reser­ven), die in dem Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung oder Her­stel­lung und Ent­nah­me ent­stan­den sind und der Ent­nah­me­be­steue­rung unter­le­gen haben, bei der spä­te­ren Ver­äu­ße­rung nicht erneut steu­er­lich erfasst und damit dop­pelt besteu­ert wer­den. Sind aber stil­le Reser­ven tat­säch­lich nicht erfasst wor­den, so kann es zu kei­ner Dop­pel­be­steue­rung kom­men. Zudem soll durch die Bezug­nah­me auf den ange­setz­ten Ent­nah­me­wert sicher­ge­stellt wer­den, dass im Fal­le einer steu­er­ba­ren Ver­äu­ße­rung alle bis zur Ver­äu­ße­rung ent­stan­de­nen stil­len Reser­ven ein­mal der Besteue­rung unter­wor­fen wer­den. Denn es ist von den ange­setz­ten und nicht von dem anzu­set­zen­den Ent­nah­me­wert aus­zu­ge­hen. Der ange­setz­te Ent­nah­me­wert tritt daher auch dann an die Stel­le der Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten, wenn er feh­ler­haft zu hoch oder zu nied­rig ange­setzt wor­den ist.

Die­ses Aus­le­gungs­er­geb­nis wird auch durch die Geset­zes­his­to­rie bestä­tigt. Mit der Neu­re­ge­lung durch das sei­ner­zei­ti­ge Steu­er­ent­las­tungs­ge­setz 1999/2000/2002 wur­de erst­mals auch die Ver­äu­ße­rung eines zuvor aus dem Betriebs­ver­mö­gen in das Pri­vat­ver­mö­gen über­führ­ten Grund­stücks inner­halb der zehn­jäh­ri­gen Frist der Besteue­rung unter­wor­fen. In dem sei­ner­zei­ti­gen Gesetz­ent­wurf wird zur Begrün­dung ange­führt: „Nicht sel­ten kommt es vor, dass Steu­er­pflich­ti­ge bei der Ent­nah­me von Wirt­schafts­gü­tern aus dem Betriebs­ver­mö­gen einen Wert ange­ben, der sich dann im Rah­men einer spä­te­ren steu­er­frei­en Ver­äu­ße­rung aus dem Pri­vat­ver­mö­gen her­aus als zu nied­rig erweist. Die Mög­lich­kei­ten der Finanz­ver­wal­tung, der­ar­ti­gen Prak­ti­ken durch genaue­re Prü­fung des Ent­nah­me­wer­tes ent­ge­gen­zu­wir­ken, sind ange­sichts der sach­ty­pi­schen Beweis­not gering. Daher wird die Ver­äu­ße­rung zukünf­tig nach § 23 EStG besteu­ert, wenn die Ent­nah­me bei Grund­stü­cken und ähn­li­chen Rech­ten weni­ger als zehn Jah­re zurückliegt.“

Hin­ter­grund der Neu­re­ge­lung war damit jeden­falls auch, dass im Fall einer steu­er­ba­ren Ver­äu­ße­rung inner­halb von zehn Jah­ren auch die stil­len Reser­ven nach­träg­lich besteu­ert wer­den, die bereits im Zeit­punkt der der Ver­äu­ße­rung vor­ge­hen­den Ent­nah­me hät­ten auf­ge­deckt und besteu­ert wer­den müs­sen. Die­ser Besteue­rungs­an­satz fußt damit auch auf der Annah­me, dass eine rück­wir­ken­de Ände­rung des Steu­er­be­scheids, in dem der zutref­fen­de Ent­nah­me­ge­winn zu erfas­sen gewe­sen wäre, nicht (mehr) in Betracht kommt. Auf Vor­schlag des Finanz­aus­schus­ses wur­de sei­ner­zeit zur Kon­kre­ti­sie­rung der maß­ge­ben­den Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten bei einer vor­he­ri­gen Ent­nah­me auf den anzu­set­zen­den Wert abge­stellt. Da unter dem anzu­set­zen­den Wert im Sin­ne der Rege­lung auch der im Zeit­punkt der Ent­nah­me zutref­fen­de Wert sub­su­miert wer­den konn­te, droh­te das vom Gesetz­ge­ber ver­folg­te Ziel, bis­her nicht erfass­te Ent­nah­me­ge­win­ne im Zeit­punkt der Ver­äu­ße­rung nach­träg­lich der Besteue­rung zuzu­füh­ren, ver­fehlt zu wer­den. Des­halb wur­de durch das Steu­er­be­rei­ni­gungs­ge­setz 1999 in Satz 3 der Vor­schrift das Wort „anzu­set­zen­de“ durch das Wort „ange­setz­te“ ersetzt, um dem vom Gesetz­ge­ber zum Aus­druck gebrach­ten Wil­len bes­ser Rech­nung zu tragen.

Im Ergeb­nis bleibt daher der Ein­wand der hier kla­gen­den Steu­er­pflich­ti­gen, im Rah­men der Berech­nung des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns sei der „ange­setz­te Wert“ erst­mals zu ermit­teln, wenn (im Streit­fall) im Zeit­punkt der Ent­nah­me des Grund­stücks kein Wert ange­setzt wor­den sei, ohne Erfolg. Die Nor­men des § 23 Abs. 3 EStG lässt kei­ne Aus­le­gung zu, einen der Besteue­rung nicht zugrun­de geleg­ten Teil­wert nach­träg­lich (fik­tiv) zu ermit­teln und bei der Berech­nung des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns zu berück­sich­ti­gen. Ein Steu­er­pflich­ti­ger, der kei­nen Ent­nah­me­ge­winn erklärt hat­te, darf nicht bes­ser­ge­stellt sein als ein Steu­er­pflich­ti­ger, der einen sol­chen zu nied­rig erklärt hat.

Aus­ge­hend von die­sen Grund­sät­zen muss daher bei der Ermitt­lung des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns der gegen­zu­rech­nen­de Wert dem Buch­wert ent­spre­chen, da bei der sei­ner­zei­ti­gen Ent­nah­me kein ande­rer Wert auf­grund der Erfolgs­neu­tra­li­tät ange­setzt wor­den ist.

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