Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Oktober 2020

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

12.10. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.10. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Novem­ber 2020:

10.11. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

16.11. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 19.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­geOkto­ber 2020

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Okto­ber ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 28.10.2020.

1. Für Immobilieneigentümer: Gefahr des gewerblichen Grundstückshandels auch bei langjährig gehörenden Grundstücken

Mit zwei erst im Juli 2020 ver­öf­fent­li­chen Ent­schei­dun­gen vom 15.01.2020 hat der Bun­des­fi­nanz­hof unter den Akten­zei­chen X R 18/18 und X R 19/18 ent­schie­den, dass ein bebau­tes Grund­stück, das durch den Steu­er­pflich­ti­gen lang­jäh­rig im Rah­men pri­va­ter Ver­mö­gens­ver­wal­tung genutzt wird, Gegen­stand eines gewerb­li­chen Grund­stücks­han­dels wer­den kann, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge im Hin­blick auf eine Ver­äu­ße­rung Bau­maß­nah­men ergreift, die der­art umfas­send sind, dass hier­durch das bereits bestehen­de Gebäu­de nicht nur erwei­tert oder über sei­nen ursprüng­li­chen Zustand hin­aus­ge­hend wesent­lich ver­bes­sert wird, son­dern ein neu­es Gebäu­de her­ge­stellt wird.

Um die Ent­schei­dung nach­voll­zie­hen zu kön­nen, muss man sich zunächst mit den Grund­la­gen des gewerb­li­chen Grund­stücks­han­dels beschäf­ti­gen. Inso­weit ist ein Gewer­be­be­trieb eine selbst­stän­di­ge und nach­hal­ti­ge Betä­ti­gung, die mit Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht unter­nom­men wird und sich als Teil­nah­me am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr dar­stellt. Dar­über hin­aus exis­tiert auf­grund der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung das nega­ti­ve Erfor­der­nis, dass es sich bei der Tätig­keit nicht um eine pri­va­te Ver­mö­gens­ver­wal­tung han­deln darf.

Ins­be­son­de­re im Rah­men der Fra­ge nach dem gewerb­li­chen Grund­stücks­han­del ist pro­ble­ma­tisch, dass bei der Aus­le­gung der gesetz­li­chen Tat­be­stands­merk­ma­le grund­sätz­lich auf das Bild eines Gewer­be­trei­ben­den abzu­stel­len ist. Dies bedeu­tet nichts ande­res, als dass in Zwei­fels­fäl­len die gerichts­be­kann­te und nicht beweis­be­dürf­ti­ge Auf­fas­sung dafür maß­ge­bend ist, ob die infra­ge ste­hen­de Tätig­keit dem Bild ent­spricht, das nach der Ver­kehrs­an­schau­ung einen typi­schen Gewer­be­be­trieb aus­macht und einer pri­va­ten Ver­mö­gens­ver­wal­tung fremd ist. Auch wenn Vor­ste­hen­des ein wenig ver­klau­su­liert klingt, ist dies exakt der Grund, war­um der Bun­des­fi­nanz­hof in den aktu­el­len Ent­schei­dun­gen einen gewerb­li­chen Grund­stücks­han­del ange­nom­men hat. Die Tätig­keit des Steu­er­pflich­ti­gen ähnel­te in der Gesamt­schau ein­fach zu sehr der eines Bau­trä­gers oder einem ähn­li­chen Gewerbetreibenden.

Bei Grund­stücks­ak­ti­vi­tä­ten eines Steu­er­pflich­ti­gen ist die Gren­ze von der pri­va­ten Ver­mö­gens­ver­wal­tung hin zu einer gewerb­li­chen Tätig­keit über­schrit­ten, wenn nach dem Gesamt­bild der Betä­ti­gung und unter Berück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­an­schau­ung die Aus­nut­zung sub­stan­ti­el­ler Ver­mö­gens­wer­te durch Umschich­tung gegen­über der Nut­zung von Grund­be­sitz im Sin­ne einer Frucht­zie­hung aus der zu erhal­ten­den Sub­stanz (bei­spiels­wei­se Ver­mie­tung und Ver­pach­tung) ent­schei­dend in den Vor­der­grund tritt.

Um die­se Gren­ze auch tat­säch­lich in der Pra­xis zie­hen und nach­voll­zie­hen zu kön­nen, hat die ein­schlä­gi­ge Recht­spre­chung der letz­ten Jahr­zehn­te die soge­nann­te Drei-Objekt-Gren­ze ent­wi­ckelt. Danach gilt: Ein gewerb­li­cher Grund­stücks­han­del ist im Regel­fall gege­ben, sofern inner­halb eines engen zeit­li­chen Zusam­men­hangs zwi­schen Anschaf­fung bzw. Bebau­ung und Ver­kauf mehr als drei Objek­te ver­äu­ßert wer­den. Der enge zeit­li­che Zusam­men­hang wird in der Regel mit einem nicht star­ren Fünf­jah­res­zeit­raum gleich­ge­setzt, wobei im Fal­le von der Immo­bi­li­en­bran­che nahe ste­hen­den Steu­er­pflich­ti­gen auch ein Zeit­raum von zehn Jah­ren ange­nom­men wer­den kann.

Ist die Drei-Objekt-Gren­ze über­schrit­ten, las­sen die äuße­ren Umstän­de den Schluss dar­auf zu, dass es dem Steu­er­pflich­ti­gen bereits bei Anschaf­fung oder Bebau­ung des Grund­stücks auf die Aus­nut­zung sub­stan­ti­el­ler Ver­mö­gens­wer­te durch Umschich­tung ankommt, so die ein­schlä­gi­ge Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs zur die­ser Thematik.

Beson­ders zu beach­ten ist jedoch in die­sem Zusam­men­hang, dass die Drei-Objekt-Gren­ze ledig­lich ein Indiz dar­stellt. Sowohl die Zahl der Objek­te als auch der zeit­li­che Abstand zwi­schen Anschaf­fung, etwai­ger Bebau­ung und Ver­kauf haben nur indi­zi­el­le Bedeu­tung. Ver­äu­ßert der Steu­er­pflich­ti­ge weni­ger als vier Objek­te, kön­nen daher immer noch beson­de­re Umstän­de auf eine den­noch vor­lie­gen­de gewerb­li­che Betä­ti­gung schlie­ßen las­sen. Dies ist bei­spiels­wei­se dann der Fall, wenn das im zeit­li­chen Zusam­men­hang mit der Bebau­ung und Ver­äu­ße­rung erwor­be­ne Grund­stück schon vor der Bebau­ung ver­kauft wor­den ist. Anhand die­ses Bei­spiels wird ziem­lich deut­lich, dass der Ver­äu­ße­rer wie ein Bau­un­ter­neh­mer oder Gene­ral­un­ter­neh­mer oder Bau­be­treu­er tätig wird, wes­halb ein gewerb­li­cher Grund­stücks­han­del gege­ben ist.

Eben­so exis­tiert dar­über hin­aus zahl­rei­che Recht­spre­chung, dass auch sons­ti­ge wert­er­hö­hen­de Akti­vi­tä­ten des Steu­er­pflich­ti­gen als gewerb­lich ange­se­hen wer­den kön­nen. Dabei muss nicht immer eine Errich­tung von Gebäu­den gege­ben sein. So hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Urteil vom 08.09.2005 unter dem Akten­zei­chen IV R 38/03 die Erschlie­ßung vor­mals land­wirt­schaft­lich genutz­ter Grund­stü­cke und den anschlie­ßen­den Ver­kauf von Bau­par­zel­len als gewerb­lich ein­ge­stuft und dies damit begrün­det, dass den Grund­stü­cken über deren Par­zel­lie­rung hin­aus infol­ge der Bau­reif­ma­chung eine ande­re Markt­gän­gig­keit ver­lie­hen wurde.

Ein wei­te­res Bei­spiel aus die­ser Kate­go­rie wäre bei­spiels­wei­se die Tei­lung eines Mehr­fa­mi­li­en­hau­ses in Eigen­tums­woh­nun­gen, deren umfang­rei­che Sanie­rung bzw. Moder­ni­sie­rung sowie eine zeit­na­he Ver­äu­ße­rung, wel­che dann auch als gewerb­lich ein­ge­stuft wer­den wür­de. So zumin­dest ganz kon­kret der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 10.08.1983 unter dem Akten­zei­chen I R 120/80.

Mit die­sen Urtei­len zusam­men­hän­gend ergibt sich aus der Recht­spre­chung auch, dass selbst ein zeit­lich bereits weit zurück­lie­gen­der Grund­stücks­er­werb die Zuord­nung zu einem gewerb­li­chen Grund­stücks­han­del nicht aus­schließt, wenn ein hier­auf befind­li­ches Gebäu­de abge­ris­sen und durch eine in Ver­äu­ße­rungs­ab­sicht erfolg­te Neu­be­bau­ung ersetzt wur­de, wie der Bun­des­fi­nanz­hof in einem Sach­ver­halt mit Urteil vom 22.03.1990 unter dem Akten­zei­chen IV R 23/88 bereits geklärt hat.

Aus die­sen und wei­te­ren Recht­spre­chungs­bei­spie­len schließt der Bun­des­fi­nanz­hof nun, dass nicht gene­rell davon aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass Grund­stü­cke, die der Steu­er­pflich­ti­ge län­ger als zehn Jah­re im Eigen­tum hat, kei­ne taug­li­chen Objek­te eines gewerb­li­ches Grund­stücks­han­del mehr sein kön­nen. Viel­mehr lei­tet er aus den Rechts­grund­sät­zen zum Gewer­be­be­trieb und der Recht­spre­chung der letz­ten Jahr­zehn­te ab, dass auch ein Grund­stück, das lang­jäh­rig im Eigen­tum steht und seit län­ge­rer Zeit im Rah­men pri­va­ter Ver­mö­gens­ver­wal­tung genutzt wird, nicht von vorn­her­ein unge­eig­net ist, Teil eines gewerb­li­chen Grund­stücks­han­dels zu sein. Vor die­sem Hin­ter­grund kann sogar beim Ver­kauf von nur einem, gege­be­nen­falls schon lang­jäh­rig gehal­te­nen Objekt, schon ein gewerb­li­cher Grund­stücks­han­del ange­nom­men werden.

Vor­aus­set­zung ist dann jedoch, dass der Steu­er­pflich­ti­ge nach der lang­fris­ti­gen Ver­mie­tung im Hin­blick auf eine Ver­äu­ße­rung Bau­maß­nah­men ergreift, die der­art umfas­send sind, dass hier­durch das bereits bestehen­de Wirt­schafts­gut „Gebäu­de“ nicht nur erwei­tert oder über sei­nen ursprüng­li­chen Zustand hin­aus­ge­hend wesent­lich ver­bes­sert wird, son­dern defi­ni­tiv ein neu­es Wirt­schafts­gut „Gebäu­de“ her­ge­stellt wird.

Im Umkehr­schluss grenzt der Bun­des­fi­nanz­hof in der aktu­el­len Ent­schei­dung eben­so ab, dass, soll­te durch die Bau­maß­nah­me kein neu­es Wirt­schafts­gut geschaf­fen wer­den, also das bereits bestehen­de Gebäu­de ledig­lich erwei­tert wird oder über des­sen ursprüng­li­chen Zustand hin­aus­ge­hend wesent­lich ver­bes­sert wird, ein gewerb­li­cher Grund­stücks­han­del auf­grund der lang­jäh­ri­gen pri­va­ten Ver­mö­gens­ver­wal­tung der Immo­bi­lie von vorn­her­ein aus­schei­det. An die­ser Stel­le fehlt es dann schlicht an der einem Bau­trä­ger oder ähn­li­chen gewerb­li­chen Unter­neh­mer ver­gleich­ba­ren Tätigkeit.

Im Ergeb­nis kommt es also sehr dar­auf an, ob die Erwei­te­rung einer Immo­bi­lie auch tat­säch­lich zu einem neu­en Wirt­schafts­gut „Gebäu­de“ führt.

So kommt ein gewerb­li­cher Grund­stücks­han­del in Betracht, wenn durch die Bau­maß­nah­me ein neu­es selbst­stän­di­ges Gebäu­de errich­tet wor­den wäre. Ob ein ent­spre­chen­der Anbau gegen­über dem bestehen­den Gebäu­de ein selbst­stän­di­ges Wirt­schafts­gut dar­stellt, ist in ver­schie­de­nen Sach­ver­hal­ten mög­lich. Ein­mal kann ein neu geschaf­fe­ner Nut­zungs- und Funk­ti­ons­zu­sam­men­hang zu einem selbst­stän­di­gen Gebäu­de füh­ren. Eben­falls ist ein selb­stän­di­ges Gebäu­de gege­ben, wenn nach bau­tech­ni­schen Kri­te­ri­en eine eige­ne sta­ti­sche Stand­fes­tig­keit gege­ben ist. Dies wird in der Viel­zahl der prak­ti­schen Fäl­le bei einem Neu­bau oder einem Anbau häu­fig der Fall sein. Ist jedoch ein Erwei­te­rungs­bau nach bau­tech­ni­scher Betrach­tung mit der Alt­bau­sub­stanz ver­schach­telt und besitzt kei­ne eige­ne sta­ti­sche Stand­fes­tig­keit, ist inso­weit auch kein neu­es Wirt­schafts­gut entstanden.

Ein neu­es Wirt­schafts­gut kann jedoch gege­ben sein, wenn dem neu errich­te­ten Erwei­te­rungs­bau zwar eine bau­tech­ni­sche Selbst­stän­dig­keit fehlt, aber durch eine Ver­schach­te­lung mit der Alt­bau­sub­stanz ein ein­heit­li­ches Gebäu­de ent­stan­den ist. Vor­aus­set­zung für die­sen Sach­ver­halt ist dann jedoch wie­der­um, dass die Neu­bau­tei­le dem Gesamt­ge­bäu­de mit Blick auf die Grö­ßen- und Wert­ver­hält­nis­se das Geprä­ge verleihen.

Alles in allem ist es daher wahr­schein­lich, dass der gewerb­li­che Grund­stücks­han­del ins­be­son­de­re bei grö­ße­ren Immo­bi­li­en­ver­mö­gen zukünf­tig häu­fi­ger auf­tritt, da auch bereits lang­jäh­rig im Pri­vat­ver­mö­gen vor­han­de­ne Immo­bi­li­en berück­sich­tigt wer­den müs­sen. Ins­be­son­de­re wenn an die­sen Immo­bi­li­en Bau­maß­nah­men durch­ge­führt wor­den sind, muss in jedem Ein­zel­fall geprüft wer­den, ob auf­grund der aktu­el­len Recht­spre­chung ein neu­es Wirt­schafts­gut ent­stan­den ist und somit auch dann die Gefahr eines gewerb­li­chen Grund­stücks­han­dels bei der Ver­äu­ße­rung von nur einer Immo­bi­lie gege­ben ist.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Privates Veräußerungsgeschäft beim Arbeitszimmer?

Aus­weis­lich der Rege­lung in § 22 Num­mer 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) sind sons­ti­ge Ein­künf­te auch sol­che im Sin­ne des § 23 EStG. Dort sind die soge­nann­ten pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te gere­gelt. Mit dem Blick auf Grund­stü­cke (und dar­um soll es in die­sem Bei­trag aus­schließ­lich gehen) ist ein pri­va­tes Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft immer dann ein­schlä­gig, wenn der Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung der Immo­bi­lie nicht mehr als zehn Jah­re beträgt. Gebäu­de und Außen­an­la­gen sind dabei ein­zu­be­zie­hen, soweit sie inner­halb die­ses Zeit­raums errich­tet, aus­ge­baut oder erwei­tert wurden.

Neben die­ser grund­sätz­li­chen Rege­lung behei­ma­tet der § 23 EStG jedoch auch zwei Besteue­rungs­aus­nah­men für zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutz­te Immo­bi­li­en. So liegt bei sol­chen Immo­bi­li­en kein pri­va­tes Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft vor, wenn im Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung oder Fer­tig­stel­lung und Ver­äu­ße­rung aus­schließ­lich eine Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken statt­ge­fun­den hat. Dies die ers­te Alter­na­ti­ve der Besteue­rungs­aus­nah­me. Die zwei­te Alter­na­ti­ve der Besteue­rungs­aus­nah­me sieht vor, dass ein pri­va­tes Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft eben­falls nicht ein­schlä­gig ist, wenn im Jahr der Ver­äu­ße­rung und in den bei­den vor­an­ge­gan­ge­nen Jah­ren eine Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken statt­ge­fun­den hat.

Streit­be­fan­ge­nen ist die­sem Zusam­men­hang nach wie vor, wie im Rah­men des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes und dabei kon­kret im Rah­men einer der Besteue­rungs­aus­nah­men das häus­li­che Arbeits­zim­mer zu behan­deln ist. Sowohl in der Recht­spre­chung als auch in der Lite­ra­tur wer­den hier­zu unter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen vertreten.

Die Finanz­ver­wal­tung ver­tritt ins­be­son­de­re im BMF-Schrei­ben vom 05.10.2000 die Auf­fas­sung, dass ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer nicht zu Wohn­zwe­cken dient und daher nicht unter eine der Besteue­rungs­aus­nah­men fal­len kann. Dies gilt selbst für die Fäl­le, in denen der Abzug der Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Arbeits­zim­mer als Betriebs­aus­ga­ben oder Wer­bungs­kos­ten auf­grund der ein­schlä­gi­gen gesetz­li­chen Rege­lun­gen aus­ge­schlos­sen oder ein­ge­schränkt ist. Auf die steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung des häus­li­chen Arbeits­zim­mers soll es daher nach Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung inso­weit über­haupt nicht ankommen.

Die­se Mei­nung hat ins­be­son­de­re auch das Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­nem Urteil vom 28.08.2003 unter dem Akten­zei­chen 11 K 6243/01 E so ver­tre­ten. Die Müns­te­ra­ner begrün­de­ten dies sei­ner­zeit wie folgt: Die Besteue­rungs­aus­nah­men sei­en nur für Wirt­schafts­gü­ter ange­ord­net, die zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt wer­den. Ein als Arbeits­zim­mer genutz­ter Raum dient jedoch gera­de nicht Wohn­zwe­cken. Selbst wenn es sich bei dem häus­li­chen Arbeits­zim­mer nicht um ein eige­nes Wirt­schafts­gut han­deln soll­te, hiel­ten die Müns­te­ra­ner Rich­ter dies für irrelevant.

Dem­ge­gen­über hat jedoch mitt­ler­wei­le das Finanz­ge­richt Köln mit sei­nem Urteil vom 20.03.2018 unter dem Akten­zei­chen 8 K 1160/15 ent­schie­den, dass ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer der eige­nen Wohn­nut­zung gene­rell nicht scha­de und somit der Ver­äu­ße­rungs­ge­winn auch steu­er­frei blei­ben kann, soweit er auf das nicht zu Wohn­zwe­cken genutz­te Arbeits­zim­mer ent­fal­le. Ganz ähn­lich hat übri­gens das Finanz­ge­richt Mün­chen mit Beschluss vom 14.01.2019 unter dem Akten­zei­chen 5 V 2627/18 geur­teilt. Auch in der Lite­ra­tur fin­den sich zahl­rei­che Fund­stel­len, die die­se erfreu­li­che Auf­fas­sung bestätigen.

Vor die­sem Hin­ter­grund kommt ganz aktu­ell auch das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg in sei­ner Ent­schei­dung vom 23.07.2019 unter dem Akten­zei­chen 5 K 338/19 zu dem Schluss, dass bei Ver­äu­ße­rung einer zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutz­ten Woh­nung inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Kauf auch der auf ein häus­li­ches Arbeits­zim­mer ent­fal­len­de Ver­äu­ße­rungs­ge­winn ent­spre­chend der zuvor genann­ten Besteue­rungs­aus­nah­me steu­er­frei ist.

Aus­weis­lich der vor­lie­gen­den Ent­schei­dung aus Baden-Würt­tem­berg gilt dies ins­be­son­de­re selbst dann, wenn für das häus­li­che Arbeits­zim­mer zuvor Wer­bungs­kos­ten steu­er­min­dernd gel­tend gemacht wor­den sind.

Die­se sehr posi­ti­ve Ent­schei­dung begrün­den die Rich­ter wie folgt: Zwar sieht die ers­te Besteue­rungs­aus­nah­me eine aus­schließ­li­che Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken im Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung oder Fer­tig­stel­lung und Ver­äu­ße­rung vor. Nach Auf­fas­sung des Senats ist die­ses Aus­schließ­lich­keits­kri­te­ri­um indes nicht im Sin­ne von „räum­lich aus­schließ­lich“, son­dern als „zeit­lich aus­schließ­lich“ zu ver­ste­hen. Dies ergibt ein Ver­gleich mit der zwei­ten Besteue­rungs­aus­nah­me, die eine Aus­schließ­lich­keit nicht vor­sieht. Das wie­der­um ist nur ver­ständ­lich, wenn die Aus­schließ­lich­keit einen Gesamt­zeit­raum abde­cken soll, der in der ers­ten Alter­na­ti­ve kür­zer als in der zwei­ten Alter­na­ti­ve, aber auch län­ger bemes­sen sein kann. In der zwei­ten Alter­na­ti­ve ist hin­ge­gen der Zeit­raum genau bestimmt, sodass das Wort „aus­schließ­lich“ hier ent­behr­lich war. Die­ser Argu­men­ta­ti­on ist sowohl im Urteil des Finanz­ge­rich­tes Köln vom 20.03.2018 zu fin­den als auch an ver­schie­de­nen Stel­len in der Literatur.

Die Besteue­rungs­aus­nah­men schrei­ben somit kei­ne räum­lich aus­schließ­li­che Eigen­nut­zung zu Wohn­zwe­cken vor. Somit ist es wie­der­um unschäd­lich, wenn die streit­ge­gen­ständ­li­che Immo­bi­lie vor ihrer Ver­äu­ße­rung mit einem unwe­sent­li­chen Teil (im Urteils­fall betrug das Arbeits­zim­mer ca. 10% der Gesamt­wohn­flä­che) von den Steu­er­pflich­ti­gen zu aus­schließ­lich beruf­li­chen Zwe­cken genutzt wird. Inso­weit tei­len sowohl das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg als auch das Finanz­ge­richt Köln ihre Beden­ken, dass andern­falls jed­we­de Ver­rich­tung beruf­li­cher Tätig­kei­ten auch in Räum­lich­kei­ten, die nicht dem Typus des häus­li­chen Arbeits­zim­mers ent­spre­chen, die Annah­me einer Eigen­nut­zung zer­stö­ren würde.

Dies könn­te dann wie­der­um unter dem Strich dazu füh­ren, dass die Finanz­ver­wal­tung in jedem Fall der Eigen­nut­zung prü­fen müss­te, ob in der Woh­nung neben der Nut­zung zu Wohn­zwe­cken nicht auch noch ande­re (also schäd­li­che) Tätig­kei­ten aus­ge­übt wor­den sind.

Vor die­sem Hin­ter­grund ließ das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg im vor­lie­gen­den Fall die Aus­deh­nung der Besteue­rungs­aus­nah­me auch auf das häus­li­che Arbeits­zim­mer zu.

Lei­der kann sich die Finanz­ver­wal­tung die­ser Auf­fas­sung (zumin­dest noch) nicht anschlie­ßen und hat Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen unter dem Akten­zei­chen IX R 27/19 ein­ge­legt. Dort ist nun ein für alle Mal die Fra­ge zu klä­ren, ob bei einer Arbeit­neh­mer­tä­tig­keit ein als Wer­bungs­kos­ten gel­tend gemach­tes häus­li­ches Arbeits­zim­mer bei der Ver­äu­ße­rung der Immo­bi­lie nicht den Wohn­zwe­cken zuge­ord­net wird und so den Tat­be­stands­merk­mal des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes erfüllt oder eben hof­fent­lich das Gegen­teil der Fall sein wird.

Tipp: Betrof­fe­nen sei der Ein­spruch emp­foh­len, da es aus unse­rer Sicht eher wahr­schein­lich ist, dass sich der Bun­des­fi­nanz­hof der posi­ti­ven erst­in­stanz­li­chen Recht­spre­chung anschlie­ßen wird und die Besteue­rungs­aus­nah­me auch auf das häus­li­che Arbeits­zim­mer ausdehnt.

Ein ande­rer Schluss ist aus unse­rer Sicht ledig­lich dann denk­bar, wenn das häus­li­che Arbeits­zim­mer in der gesam­ten Qua­drat­me­ter­re­la­ti­on eine ent­schei­den­de Grö­ße ein­nimmt. Bis auf wei­te­res ist jedoch in jedem Fall der Ein­spruch geboten.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Steuerliche Behandlung beim Sterbegeld und Anrechnung auf die Beerdigungskosten

In punk­to steu­er­li­cher Behand­lung des Ster­be­gel­des stellt sich zunächst ein­mal die Fra­ge, ob der Erhalt des Ster­be­gel­des zu ver­steu­ern ist. Ganz aktu­ell hat dies­be­züg­lich das Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf in sei­nem Urteil vom 15.06.2020 unter dem Akten­zei­chen 11 K 2024/18 E ent­schie­den, dass das an Hin­ter­blie­be­ne aus­ge­zahlt Ster­be­geld für Beschäf­tig­te im öffent­li­chen Dienst kein steu­er­frei­er Bezug ist. Aus­drück­lich urteil­ten die Düs­sel­dor­fer Rich­ter, dass die Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrift des § 3 Num­mer 11 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) nicht greift.

Dies ist ins­be­son­de­re des­halb bemer­kens­wert, weil das Finanz­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg in sei­ner Ent­schei­dung vom 16.01.2019 unter dem Akten­zei­chen 11 K 11.160/18 zum gegen­tei­li­gen Ergeb­nis gekom­men ist. Danach gilt: Im Rah­men der beam­ten­recht­li­chen Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung gewähr­te Ster­be­gel­der, die an den über­le­ben­den Ehe­gat­ten und die Abkömm­lin­ge des ver­stor­be­nen Beam­ten aus­ge­zahlt wer­den, sind als Bezug aus der frü­he­ren Dienst­leis­tung des ver­stor­be­nen Beam­ten zwar ein­kom­men­steu­er­bar, jedoch nach § 3 Num­mer 11 EStG steu­er­frei. Die­se Steu­er­frei­heit wird jedoch aktu­ell sei­tens des Bun­des­fi­nanz­hofs unter dem Akten­zei­chen VI R 8/19 in der Revi­si­on zu dem Ver­fah­ren aus Ber­lin-Bran­den­burg abschlie­ßend geklärt.

Auch gegen die Ent­schei­dung aus Düs­sel­dorf ist die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof anhän­gig, jedoch im Hin­blick auf einen ande­ren Punkt, zu dem im Nach­gang noch Stel­lung genom­men wird. Hin­sicht­lich der Steu­er­frei­heit füh­ren die Düs­sel­dor­fer Rich­ter aus: Gemäß § 3 Num­mer 11 EStG sind Bezü­ge aus öffent­li­chen Mit­teln oder aus Mit­teln einer öffent­li­chen Stif­tung, die wegen Hilfs­be­dürf­tig­keit oder als Bei­hil­fe zu dem Zweck bewil­ligt wer­den, die Erzie­hung oder Aus­bil­dung, die Wis­sen­schaft oder Kunst unmit­tel­bar zu för­dern, steuerfrei.

Im vor­lie­gen­den Fall erkennt das Gericht zwar, dass es sich beim aus­ge­zahl­ten Ster­be­geld um Bezü­ge aus öffent­li­chen Mit­teln han­delt, sodass das ers­te Tat­be­stands­merk­mal erfüllt ist. Auch lie­ße sich eine Hilfs­be­dürf­tig­keit der Steu­er­pflich­ti­gen begrün­den, womit das zwei­te Tat­be­stands­merk­mal erfüllt ist. Das Gericht stört sich jedoch dar­an, dass das Lan­des­amt für Finan­zen das Ster­be­geld nicht „wegen“ einer Hilfs­be­dürf­tig­keit der Steu­er­pflich­ti­gen aus­ge­zahlt hat.

Wegen“ einer sol­chen Hilfs­be­dürf­tig­keit ist ein Bezug immer dann geleis­tet, wenn der Emp­fän­ger ihn auf­grund sei­ner Hil­fe­be­dürf­tig­keit erhält. Bezüg­lich der Höhe der Zah­lung ist erfor­der­lich, dass die­se sich kon­kret an der Hil­fe­be­dürf­tig­keit des Emp­fän­gers ori­en­tiert. Kei­ne Leis­tung „wegen einer Hilfs­be­dürf­tig­keit“ liegt hin­ge­gen vor, wenn der Emp­fän­ger die Zuwen­dung zwar anläss­lich einer Hil­fe­be­dürf­tig­keit im vor­ge­nann­ten Sin­ne erhält, sich die Höhe der Zuwen­dung aber nach ande­ren Umstän­den richtet.

Im ent­schie­de­nen Streit­fall rich­tet sich das Ster­be­geld der Höhe nach nicht nach dem kon­kre­ten finan­zi­el­len Bedarf der Steu­er­pflich­ti­gen wegen deren Hil­fe­be­dürf­tig­keit. Aus­schlag­ge­bend ist, wel­che Höhe hier der Lohn der ver­stor­be­nen Mut­ter hat­te. Zweck des Ster­be­gel­des ist es, den Hin­ter­blie­be­nen die Umstel­lung der Lebens­füh­rung durch den Weg­fall des Ein­kom­mens des Ver­stor­be­nen zu erleich­tern. Es soll vor allem einen Kos­ten­bei­trag zur Bestat­tung leis­ten, ohne dass es des Nach­wei­ses sol­cher Auf­wen­dun­gen bedarf.

Eine Steu­er­be­frei­ung von Leis­tun­gen, die über einen kon­kre­ten Hilfs­be­darf hin­aus­ge­hen, ist nicht gebo­ten. Für das Gericht war es inso­weit nicht nach­voll­zieh­bar, war­um Ster­be­gel­der an Beam­te oder Beschäf­tig­te des öffent­li­chen Diens­tes steu­er­frei sein soll­ten, wäh­rend Ster­be­gel­der aus der Sozi­al­ver­si­che­rung oder den Ver­sor­gungs­wer­ken steu­er­pflich­tig sind. Dies ist der Grund, war­um das Düs­sel­dor­fer Gericht nicht der Auf­fas­sung sei­ner Kol­le­gen aus Ber­lin-Bran­den­burg gefolgt ist.

Wie ein­gangs schon gesagt, ist auch die Düs­sel­dor­fer Ent­schei­dung noch beim Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen VI R 33/20 anhän­gig. Soweit ersicht­lich geht es jedoch in der Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof nicht um die Fra­ge der Steu­er­frei­heit des Ster­be­gel­des. Viel­mehr soll hier geklärt wer­den, ob die anläss­lich der Beer­di­gung auf­ge­wand­ten Kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung ange­setzt wer­den kön­nen oder ob (wie das Finanz­amt es ver­langt) das Ster­be­geld auf die Beer­di­gungs­kos­ten ange­rech­net wer­den soll.

Die erfreu­li­che Ent­schei­dung an die­ser Stel­le: Das Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf hat dies­be­züg­lich ent­ge­gen der Finanz­ver­wal­tung ent­schie­den. Die Düs­sel­dor­fer Rich­ter sind viel­mehr fol­gen­der Mei­nung: Der Abzug von Beer­di­gungs­kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung ist nicht (!) im Wege der Vor­teils­an­rech­nung des steu­er­pflich­ti­gen Ster­be­geld­leis­tung zu kür­zen. Eine sol­che Kür­zung unter­bleibt auch, soweit das Ster­be­geld durch den Pausch­be­trag der Ver­sor­gungs­be­zü­ge steu­er­lich ent­las­tet wor­den ist.

Tipp: Auch wenn hier die höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung noch aus­steht, so soll­ten doch Betrof­fe­ne gegen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid Ein­spruch ein­le­gen, wenn die Beer­di­gungs­kos­ten um die Ster­be­geld­leis­tung gekürzt wur­den und sich somit der Abzug als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung ver­min­dert oder auf­grund der zumut­ba­ren Belas­tung über­haupt nicht mehr eintritt.

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4. Für alle Steuerpflichtigen: Änderung von Bescheiden wegen doppelt erfasster Einkünfte in verschiedenen Einkunftsarten

In der Pra­xis kann es vor­kom­men, dass die Gren­zen zwi­schen ver­schie­de­nen Ein­kunfts­ar­ten schon ein­mal ver­schwim­men. So war es auch in einem Streit­sach­ver­halt vor dem Finanz­ge­richt Müns­ter unter dem Akten­zei­chen 14 K 2122/16 E. Dort hat­te ein ange­stell­ter Chef­arzt eines Kran­ken­hau­ses hin­sicht­lich sei­ner Ein­nah­men für wahl­ärzt­li­che Leis­tun­gen die­se sowohl bei sei­nen Ein­künf­ten aus frei­be­ruf­li­cher Tätig­keit erfasst als auch im Rah­men der Ein­künf­te aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit. Auf­ge­fal­len ist der Feh­ler jedoch lei­der erst, als der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid bereits bestands­kräf­tig war. Daher stell­te sich die Fra­ge, ob eine ent­spre­chen­de Ände­rung noch mög­lich ist.

Mit Urteil vom 15.02.2019 hat das Finanz­ge­richt Müns­ter eine Ände­rung des Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des nun ver­neint und lis­tet in der Urteils­be­grün­dung aus­führ­lich auf, war­um die Vor­aus­set­zun­gen der einen oder ande­ren Ände­rungs­norm in der Abga­ben­ord­nung nicht gege­ben sind. Die­se Auf­lis­tung ist dabei inter­es­sant und kann in ande­ren Fäl­len durch­aus nütz­lich sein.

So lehnt das erst­in­stanz­li­che Gericht eine Ände­rung auf­grund der Ände­rungs­norm des § 129 der Abga­ben­ord­nung (AO) ab. Danach kön­nen Schreib­feh­ler, Rechen­feh­ler und ähn­li­che offen­ba­re Unrich­tig­kei­ten, die beim Erlass eines Ver­wal­tungs­ak­tes unter­lau­fen sind, jeder­zeit (also auch nach Bestands­kraft, jedoch inner­halb der Ver­jäh­rungs­frist des Beschei­des) berich­tigt wer­den. Das setzt aller­dings grund­sätz­lich vor­aus, dass der Feh­ler in der Sphä­re der den Ver­wal­tungs­akt erlas­sen­den Finanz­be­hör­de ent­stan­den ist. Eine offen­ba­re Unrich­tig­keit kann jedoch auch dann vor­lie­gen, wenn das Finanz­amt eine in der Steu­er­erklä­rung ent­hal­te­ne offen­ba­re, das heißt eine für das Finanz­amt erkenn­ba­re Unrich­tig­keit als eige­ne über­nimmt, wie bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 27.05.2009 unter dem Akten­zei­chen X R 47/2008 klar­ge­stellt hat.

Offen­bar ist eine Unrich­tig­keit inso­weit, wenn der Feh­ler bei Offen­le­gung des Sach­ver­hal­tes für jeden unvor­ein­ge­nom­me­nen Drit­ten klar und deut­lich als offen­ba­re Unrich­tig­keit erkenn­bar ist. Das Tat­be­stands­merk­mal „ähn­li­che offen­ba­re Unrich­tig­kei­ten“ setzt dabei vor­aus, dass die Unrich­tig­keit einem Schreib- oder Rechen­feh­ler ähn­lich ist, d.h. dass es sich um einen „mecha­ni­schen“ Feh­ler han­delt, der eben­so mecha­nisch, also ohne wei­te­re Prü­fung, erkannt und berich­tigt wer­den kann. Ist hin­ge­gen die mehr als theo­re­ti­sche Mög­lich­keit eines Rechts­irr­tums gege­ben, liegt ent­spre­chend der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs bereits kei­ne offen­ba­re Unrich­tig­keit mehr vor. Aus­ge­hend von den Grund­sät­zen konn­te das Finanz­ge­richt Müns­ter kei­ne offen­ba­re Unrich­tig­keit erken­nen. Inso­weit ver­trat das Gericht die Mei­nung, dass das Finanz­amt den ent­spre­chen­den Feh­ler nicht so ein­fach hät­te erken­nen können.

Als nächs­te Ände­rungs­vor­schrift prüf­te das erken­nen­de Gericht die wider­strei­ten­de Steu­er­fest­set­zung nach § 174 Abs. 1 AO. Danach setzt die Ände­rung eines bestands­kräf­ti­gen Steu­er­be­scheids vor­aus, dass ein bestimm­ter Sach­ver­halt in meh­re­ren Steu­er­be­schei­den zu Unguns­ten eines oder meh­re­rer Steu­er­pflich­ti­ger berück­sich­tigt wor­den ist, obwohl er nur ein­mal hät­te berück­sich­tigt wer­den dürfen.

Dies erfor­dert jedoch das Vor­lie­gen von wider­strei­ten­den Steu­er­fest­set­zun­gen zulas­ten eines oder meh­re­rer Steu­er­pflich­ti­ger, wobei ein „Wider­strei­ten­den“ in die­sem Sin­ne vor­aus­setzt, dass die in den kol­li­die­ren­den Beschei­den getrof­fe­nen Rege­lun­gen auf­grund der mate­ri­el­len Rechts­la­ge nicht mit­ein­an­der ver­ein­bar und daher wider­sprüch­lich sind, weil nur eine der fest­ge­setz­ten oder ange­ord­ne­ten Rechts­fol­gen zutref­fen kann. Aus­ge­schlos­sen von der Ände­rungs­mög­lich­keit im Rah­men der Rege­lung des § 174 Abs. 1 AO ist hin­ge­gen die Dop­pel­be­rück­sich­ti­gung eines Sach­ver­halts in ein und dem­sel­ben Steu­er­be­scheid. Dem­entspre­chend schei­det hier auch die Kor­rek­tur des Beschei­des auf­grund die­ser Vor­schrift aus.

Rele­vant könn­te daher noch eine Ände­rung auf­grund neu­er Tat­sa­chen im Sin­ne der Vor­schrift des § 173 Abs. 1 Num­mer 2 AO sein. Hier­nach kön­nen Steu­er­be­schei­de auf­ge­ho­ben oder geän­dert wer­den, soweit Tat­sa­chen oder Beweis­mit­tel nach­träg­lich bekannt wer­den, die zu einer nied­ri­ge­ren Steu­er füh­ren und den Steu­er­pflich­ti­gen kein gro­bes Ver­schul­den dar­an trifft, dass die Tat­sa­chen oder Beweis­mit­tel erst nach­träg­lich bekannt werden.

Tat­säch­lich sind im vor­lie­gen­den Fall dem Finanz­amt die rele­van­ten Tat­sa­chen erst nach­träg­lich bekannt gewor­den. Denn das Finanz­amt hat erst nach Durch­füh­rung der Ver­an­la­gung und sogar erst nach Ein­tritt der Unan­fecht­bar­keit der Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung erfah­ren, dass Ein­nah­men des Steu­er­pflich­ti­gen sowohl bei den Ein­künf­ten aus frei­be­ruf­li­cher Tätig­keit als auch bei den Ein­künf­ten aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit und damit dop­pelt erfasst wur­den. Den­noch schei­det die Kor­rek­tur­norm aus.

Der Grund: Die unrich­ti­gen Anga­ben der Ein­künf­te in der Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung sind dem Steu­er­pflich­ti­gen als gro­bes Ver­schul­den anzulasten.

Inso­weit ist immer dann von einem gro­ben Ver­schul­den aus­zu­ge­hen, wenn jemand die ihm nach sei­nen per­sön­li­chen Fähig­kei­ten und Ver­hält­nis­sen zumut­ba­re Sorg­falt in unge­wöhn­li­chem Maße ver­letzt. Das Ver­schul­den eines steu­er­li­chen Bera­ters, des­sen sich der Steu­er­pflich­ti­ge zur Aus­ar­bei­tung der Steu­er­erklä­rung bedient, ist dabei immer dem Steu­er­pflich­ti­gen zuzu­rech­nen. Weil inso­weit im vor­lie­gen­den Fall sowohl der Steu­er­pflich­ti­ge als auch des­sen steu­er­li­cher Bera­ter hät­ten erken­nen müs­sen, dass Ein­künf­te dop­pelt berück­sich­tigt wor­den sind, schei­det auch die Ände­rungs­vor­schrift der neu­en Tat­sa­chen auf­grund der Ver­schul­dens­fra­ge aus.

Im End­ef­fekt kommt damit das Finanz­ge­richt Müns­ter in der hier zitier­ten Ent­schei­dung zu dem Schluss, dass eine Bescheid­än­de­rung nicht mög­lich ist und die Dop­pel­be­steue­rung hin­ge­nom­men wer­den muss.

Hin­weis: Erfreu­li­cher­wei­se ist gegen die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Müns­ter jedoch die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof anhän­gig. Unter dem Akten­zei­chen VIII R 29/20 müs­sen daher die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik klä­ren, ob im vor­lie­gen­den Fall noch eine Ände­rung des bestands­kräf­ti­gen Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des mög­lich ist.

Grund­sätz­lich wür­den wir dabei sagen, dass das Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­ner Urteils­be­grün­dung die infra­ge kom­men­den Kor­rek­tur­vor­schrif­ten schon ziem­lich gut auf­ge­grif­fen und sub­su­miert hat. Tat­säch­lich beinhal­tet die Rechts­fra­ge vor dem Bun­des­fi­nanz­hof jedoch noch einen Punkt, der aus der Urteils­be­grün­dung des Finanz­ge­richts Müns­ters nicht ersicht­lich ist.

So sol­len die obers­ten Finanz­rich­ter auch klä­ren, ob ins­be­son­de­re im Hin­blick auf die Kor­rek­tur­norm des § 174 Abs. 1 AO eine wider­strei­ten­de Steu­er­fest­set­zung gege­ben ist, weil die Ein­künf­te (neben dem Ein­kom­men­steu­er­be­scheid des Steu­er­pflich­ti­gen) auch in die Lohn­steu­er­an­mel­dung des Arbeit­ge­bers ein­ge­gan­gen sind. Inso­weit könn­te sehr wohl ein bestimm­ter Sach­ver­halt (Dop­pel­erfas­sung der Ein­künf­te in meh­re­ren Steu­er­be­schei­den, näm­lich Ein­kom­men­steu­er­be­scheid und Lohn­steu­er­fest­set­zung) zu Unguns­ten des Steu­er­pflich­ti­gen berück­sich­tigt wor­den sein. Die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs wird daher zu die­sem Punkt mit Span­nung zu erwar­ten sein.

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5. Für alle Steuerpflichtigen: Keine offenbare Unrichtigkeit bei fehlerhafter Festsetzung trotz ordnungsgemäßer Erklärung

Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanz­be­hör­de Schreib­feh­ler, Rechen­feh­ler und ähn­li­che offen­ba­re Unrich­tig­kei­ten, die beim Erlass eines Ver­wal­tungs­akts unter­lau­fen sind, jeder­zeit berich­ti­gen. Dies ist soweit bekannt.

Der Sach­ver­halt, wel­cher sich jedoch hin­ter der aktu­el­len Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 10.12.2019 unter dem Akten­zei­chen IX R 23/18 ver­birgt, ist in der Tat mehr als aben­teu­er­lich und den­noch auch durch­aus für die Pra­xis sehr rele­vant. Also an die­ser Stel­le vor­ab kurz die Schil­de­rung der Sachverhaltsdetails:

Im Streit­fall hat­te der Klä­ger eine ord­nungs­ge­mä­ße Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung elek­tro­nisch ein­ge­reicht. Dar­in hat­te er voll­kom­men kor­rekt den Gewinn aus der Ver­äu­ße­rung von GmbH-Antei­len erklärt. Zudem lagen dem Finanz­amt alle maß­geb­li­chen Unter­la­gen zu die­sem Punkt vor.

Auf­grund eines Com­pu­ter­pro­blems im maschi­nel­len Ver­an­la­gungs­ver­fah­ren wur­de bei der wei­te­ren Bear­bei­tung der Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung ein fal­scher Wert im Hin­blick auf den kor­rekt erklär­ten Gewinn aus der Ver­äu­ße­rung der GmbH-Antei­le ange­ge­ben. Die­se Ände­rung zur kor­rek­ten Steu­er­erklä­rung führ­te schließ­lich zu einer sehr hohen Steu­er­erstat­tung. Soweit ist der Fall noch nicht aben­teu­er­lich, denn dies kommt tat­säch­lich immer mal vor.

Tat­säch­lich wur­de jedoch die kom­plet­te Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung als soge­nann­ter „Inten­siv-Prü­fungs­fall“ behan­delt. Dies bedeu­tet, dass ein­mal der übli­che Sach­be­ar­bei­ter des Finanz­am­tes die Ver­an­la­gung bear­bei­tet und prüft. Zudem muss die Ver­an­la­gung dann noch von des­sen Vor­ge­setz­ten ein wei­te­res Mal geprüft wer­den und damit es auch wirk­lich inten­siv ist, erfolgt schluss­end­lich auch noch eine Prü­fung durch die Qua­li­täts­si­che­rungs­stel­le des Finanz­am­tes. Im End­ef­fekt haben hier daher min­des­tens drei Finanz­be­am­te die Steu­er­erklä­rung geprüft und die fal­sche Steu­er­ver­an­la­gung abgesegnet.

Auch wenn es kaum zu glau­ben ist, kommt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln in sei­nem Urteil vom 14.06.2018 unter dem Akten­zei­chen 15 K 271/16 den­noch zu dem Schluss, dass eine Berich­ti­gung nach § 129 der Abga­ben­ord­nung (AO) wegen offen­ba­rer Unrich­tig­keit durch­aus mög­lich sein soll. So ent­schie­den die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter: Unter­läuft dem Sach­be­ar­bei­ter des Finanz­am­tes bei der Ver­an­la­gung ein mecha­ni­scher oder die­sem gleich­zu­stel­len­der Feh­ler, steht des­sen Berich­ti­gung nach § 129 AO nicht ent­ge­gen, dass die­ser mecha­ni­sche Feh­ler im Rah­men einer Inten­siv­prü­fung weder von der Sach­be­ar­bei­te­rin der Qua­li­täts­si­che­rungs­stel­le noch von der Sach­ge­biets­lei­te­rin bemerkt wur­de. Der Umstand, dass der Steu­er­fall von drei Per­so­nen geprüft wur­de (oder bes­ser gesagt: hät­te geprüft wer­den sol­len) und die dem Ver­an­la­gungs­be­ar­bei­ter nach­fol­gen­den Bearbeiter/ Sach­ge­biets­lei­ter den Feh­ler nicht ent­deckt haben, lässt weder die Offen­bar­keit des Feh­lers ent­fal­len, noch ist hier­durch ein mehr als theo­re­tisch denk­ba­rer Feh­ler in der recht­li­chen Wür­di­gung anzunehmen.

Die­sem hane­bü­che­nen Urteil wider­spricht nun erfreu­li­cher­wei­se der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner oben bereits zitier­ten Entscheidung.

Die Urteils­be­grün­dung der obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik ist dabei durch­aus auch als Argu­men­ta­ti­on für ande­re Steu­er­strei­tig­kei­ten im Bereich des § 129 AO geeig­net, wes­halb auf die­se kon­kret im Fol­gen­den ein­ge­gan­gen wird.

Danach sind offen­ba­re Unrich­tig­kei­ten mecha­ni­sche Ver­se­hen, wie bei­spiels­wei­se Schreib­feh­ler, Rechen­feh­ler sowie Ein­ga­be- oder Über­tra­gungs­feh­ler. Dage­gen schlie­ßen Feh­ler im Bereich der Wil­lens­bil­dung, Feh­ler bei der Aus­le­gung oder Nicht­an­wen­dung eine Rechts­norm, unrich­ti­ge Tat­sa­chen­wür­di­gun­gen, unzu­tref­fen­de Annah­me eines in Wirk­lich­keit nicht vor­lie­gen­den Sach­ver­halts oder Feh­ler, die auf man­geln­de Sach­auf­klä­rung bzw. Nicht­be­ach­tung fest­ste­hen­der Tat­sa­che beru­hen, die Anwen­dung der Rege­lung nach § 129 AO aus. Die Ände­rungs­vor­schrift ist somit nicht anwend­bar, wenn auch nur die ernst­haf­te Mög­lich­keit besteht, dass die Nicht­be­ach­tung einer fest­ste­hen­den Tat­sa­che in einer feh­ler­haf­ten Tat­sa­chen­wür­di­gung oder einem sons­ti­gen sach­ver­halts­be­zo­ge­nen Denk- oder Über­le­gungs­feh­ler begrün­det ist oder auf man­geln­der Sach­ver­halts­auf­klä­rung beruht.

Vor die­sem Hin­ter­grund, der immer­hin der stän­di­gen Recht­spre­chung ent­spricht, ist eine Berich­ti­gung auf­grund offen­ba­rer Unrich­tig­kei­ten nicht mög­lich, wenn das Finanz­amt auf­grund einer Hin­weis­mit­tei­lung den Fall über­prüft hat, es im Rah­men die­ser Über­prü­fung zu einer neu­en Wil­lens­bil­dung der zustän­di­gen Beam­ten gekom­men ist und mit­hin die Mög­lich­keit eines Rechts­irr­tums nicht aus­zu­schlie­ßen ist. Wie auch immer gear­te­te ver­blei­ben­de Unklar­hei­ten gehen inso­weit immer zulas­ten des Finanz­am­tes, wie schon der Bun­des­fi­nanz­hof mit Urteil vom 04.06.1986 unter dem Akten­zei­chen IX R 52/82 her­aus­ge­ar­bei­tet hat. Auch wenn dies dem Finanz­amt nicht schmeckt, ist es aber so.

Da der Wort­laut des § 129 Satz 1 AO auf „offen­ba­re Unrich­tig­kei­ten, die beim Erlass eines Ver­wal­tungs­akts unter­lau­fen sind“ abstellt, kommt es ent­schei­dend auf die Umstän­de bei der Ent­schei­dungs­fin­dung und dem­zu­fol­ge vor­nehm­lich auf den Akten­in­halt an. Maß­ge­bend ist des­halb, ob der Feh­ler bei Offen­le­gung des akten­kun­di­gen Sach­ver­halts für jeden unvor­ein­ge­nom­me­nen (objek­ti­ven) Drit­ten klar und deut­lich als offen­ba­re Unrich­tig­keit erkenn­bar ist. Dabei genügt die Offen­bar­keit der Unrich­tig­keit als sol­che. Nicht erfor­der­lich ist dage­gen, dass für den Adres­sa­ten des Beschei­des auch der an Stel­le des unrich­ti­gen zu set­zen­de rich­ti­ge Inhalt des Bescheids offen­bar ist. Uner­heb­lich ist nach stän­di­ger höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung, ob der Steu­er­pflich­ti­ge die Unrich­tig­keit anhand des Bescheids und der ihm vor­lie­gen­den Unter­la­gen hät­te erken­nen konnte.

Ob ein mecha­ni­sches Ver­se­hen oder ein eine Berich­ti­gung nach § 129 AO aus­schlie­ßen­der Tat­sa­chen- oder Rechts­irr­tum vor­liegt, muss nach den Ver­hält­nis­sen des Ein­zel­falls und dabei ins­be­son­de­re nach der Akten­la­ge beur­teilt werden.

Nach Maß­ga­be die­ser Grund­sät­ze sah der Bun­des­fi­nanz­hof kei­nen Raum, die vor­in­stanz­li­che Ent­schei­dung wei­ter gel­ten zu las­sen. Viel­mehr mach­te er schon in sei­nen Leit­sät­zen klar, dass § 129 AO nicht anwend­bar ist, wenn auch nur die ernst­haf­te Mög­lich­keit besteht, dass die Nicht­be­ach­tung einer fest­ste­hen­den Tat­sa­che in einer feh­ler­haf­ten Tat­sa­chen­wür­di­gung oder einem sons­ti­gen sach­ver­halts­be­zo­ge­nen Denk- oder Über­le­gungs­feh­ler begrün­det ist oder auf man­geln­de Sach­ver­halts­auf­klä­rung beruht.

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6. Für Arbeitnehmer: Werbungskostenabzug für wöchentliche Familienheimfahrten

Vor dem Nie­der­säch­si­schen Finanz­ge­richt ging es um einen Streit­fall, in dem der Steu­er­pflich­ti­ge den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug für tat­säch­lich ange­fal­le­ne Auf­wen­dun­gen im Zusam­men­hang mit der Durch­füh­rung von wöchent­li­chen Fami­li­en­heim­fahr­ten im Rah­men einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung begehr­te. Der Grund für die tat­säch­lich ange­fal­le­nen Auf­wen­dun­gen lag dar­in, dass das Fahr­zeug vom Arbeit­ge­ber teil­ent­gelt­lich über­las­sen wurde.

Mit Urteil vom 08.07.2020 ent­schied das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt unter dem Akten­zei­chen 9 K 78/19 in die­sem Zusam­men­hang in Anleh­nung an die Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 30.11.2016 unter dem Akten­zei­chen VI R 49/14 wie folgt: Leis­tet der Arbeit­neh­mer an den Arbeit­ge­ber für die Nut­zung eines betrieb­li­chen Kraft­fahr­zeugs zu pri­va­ten Fahr­ten und zu Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und regel­mä­ßi­ger Arbeits­stät­te ein Nut­zungs­ent­gelt, min­dert dies den Wert des geld­wer­ten Vor­teils aus der Nut­zungs­über­las­sung. Dies hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof sei­ner­zeit bereits in Anschluss an ein Senats­ur­teil vom 07.11.2006 unter dem Akten­zei­chen VI R 95/04 herausgearbeitet.

In die­sem Zusam­men­hang gilt dann wei­ter, dass eine nega­ti­ver geld­wer­ter Vor­teil, also ein soge­nann­ter geld­wer­ter Nach­teil, aus der Über­las­sung eines Dienst­wa­gens zur Pri­vat­nut­zung auch dann nicht ent­ste­hen kann, wenn das vom Arbeit­neh­mer zu zah­len­de Nut­zungs­ent­gelt den Wert der pri­va­ten Dienst­wa­gen­nut­zung und der Nut­zung des Fahr­zeugs zu Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Arbeits­stät­te über­steigt. Soweit das Nut­zungs­ent­gelt den Wert der pri­va­ten Dienst­wa­gen­nut­zung und der Nut­zung des Fahr­zeugs zu Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Arbeits­stät­te über­steigt, kann es auch nicht als Wer­bungs­kos­ten bei den Ein­künf­ten aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit abge­zo­gen wer­den, wie der Bun­des­fi­nanz­hof sei­ner­zeit entschied.

Dem­entspre­chend stellt auch aktu­ell das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt klar, dass monat­li­che Zuzah­lungs­über­hän­ge, die der Arbeit­ge­ber aus tech­ni­schen Grün­den bei der monat­li­chen Lohn­ab­rech­nung steu­er­lich nicht berück­sich­tigt, bei der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung min­dernd zu berück­sich­ti­gen sind.

Hart blie­ben die Rich­ter aus Nie­der­sach­sen jedoch auch beim Wer­bungs­kos­ten­ab­zug. Denn auch ihrer Auf­fas­sung nach kann sich ein nach der Jah­res­be­trach­tung erge­ben­der Zuzah­lungs­über­hang weder als nega­ti­ve Ein­nah­me noch als Wer­bungs­kos­ten steu­er­min­dernd auswirken.

Aus­drück­lich offen lässt das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt an die­ser Stel­le jedoch, ob es steu­er­sys­te­ma­tisch zuläs­sig ist, Zuzah­lungs­über­gän­ge in fol­gen­de Kalen­der­jah­re zu über­tra­gen. Dies konn­te das Gericht nicht nur offen las­sen, weil es im vor­lie­gen­den Fall nicht strei­ter­heb­lich war, zudem ist dies auch gar nicht umstrit­ten. Tat­säch­lich hat näm­lich bereits die Finanz­ver­wal­tung ent­spre­chen­des in ihren Lohn­steu­er­richt­li­ni­en (LStR) fest­ge­legt. So heißt es in Richt­li­nie 8.1 Abs. 9 Num­mer 4 Satz 3 LStR, dass nach Anrech­nung im Zah­lungs­jahr ver­blei­ben­de Zuschüs­se in den dar­auf fol­gen­den Kalen­der­jah­ren auf den pri­va­ten Nut­zungs­wert für das jewei­li­ge Kraft­fahr­zeug ange­rech­net wer­den kön­nen. Für die Pra­xis soll­te die­se Sach­ver­halts­kon­stel­la­ti­on daher kein Pro­blem darstellen.

Den­noch schei­det im vor­lie­gen­den Fall ein Wer­bungs­kos­ten­ab­zug aus, da bereits ein gesetz­li­ches Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs­ver­bot in der Rege­lung des § 9 Abs. 2 Satz 3 Num­mer 5 Satz 8 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) besteht. An die­ser Stel­le ist gere­gelt, dass Auf­wen­dun­gen für Fami­li­en­heim­fahr­ten mit einem dem Steu­er­pflich­ti­gen im Rah­men einer Ein­kunfts­art über­las­se­nen Kraft­fahr­zeug nicht als Wer­bungs­kos­ten berück­sich­tigt wer­den dürfen.

Auf die­ses Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs­ver­bot ver­weist das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt in sei­ner vor­lie­gen­den Ent­schei­dung auch für den gege­be­nen Sach­ver­halt, bei dem die Über­las­sung teil­ent­gelt­lich erfolgt und dem Arbeit­neh­mer daher tat­säch­lich Auf­wen­dun­gen für die Durch­füh­rung der Fahr­ten entstehen.

Inso­weit ver­wei­sen die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter auf eine schon älte­re Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 28.02.2013 unter dem Akten­zei­chen VI R 33/11. Dar­in hat­ten die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik ent­schie­den, dass Auf­wen­dun­gen für Fami­li­en­heim­fahr­ten des Arbeit­neh­mers mit einem vom Arbeit­ge­ber über­las­se­nen Dienst­wa­gen nicht zum Wer­bungs­kos­ten­ab­zug berech­ti­gen. Trägt der Arbeit­ge­ber durch Über­las­sung eines Dienst­wa­gens im Ergeb­nis die Auf­wen­dun­gen des Arbeit­neh­mers für des­sen Fami­li­en­heim­fahr­ten, ist ein Wer­bungs­kos­ten­ab­zug inso­weit nicht geboten.

Die Fort­ent­wick­lung des 2013er Urteils des Bun­des­fi­nanz­hofs durch das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt besteht dar­in, dass sie aus­schließ­lich dar­auf abstel­len, ob ein Fahr­zeug sei­tens des Arbeit­ge­bers über­las­sen wur­de. Die Rich­ter sind also schlicht der Mei­nung, dass der Gesetz­ge­ber bei sei­nem Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs­ver­bot für Fami­li­en­heim­fahr­ten nicht zwi­schen unent­gelt­li­cher und teil­ent­gelt­li­cher Über­las­sung des Kraft­fahr­zeugs unter­schei­det. Die Fol­ge die­ser Aus­le­gung: Alle Arten der Über­las­sung fal­len unter das Werbungskostenabzugsverbot.

Zur Unter­maue­rung die­ser (gege­be­nen­falls stei­len) The­se ver­wei­sen die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter des Nie­der­säch­si­schen Finanz­ge­rich­tes aber­mals auf die Lohn­steu­er­richt­li­ni­en. So ist näm­lich in Richt­li­nie 9.10 Abs. 2 LStR gere­gelt, dass ein Kraft­fahr­zeug dem Arbeit­neh­mer immer dann zur Nut­zung über­las­sen ist, wenn es dem Arbeit­neh­mer vom Arbeit­ge­ber unent­gelt­lich oder eben auch teil­ent­gelt­lich über­las­sen wor­den ist.

Ob die­se Argu­men­ta­ti­on nun tat­säch­lich im End­ef­fekt dazu füh­ren kann, dass Steu­er­pflich­ti­ge defi­ni­tiv ent­stan­de­ne Auf­wen­dun­gen im Zusam­men­hang mit einer Fami­li­en­heim­fahrt nicht steu­er­lich berück­sich­ti­gen kön­nen, ist aktu­ell noch nicht abschlie­ßend geklärt.

Tipp: Tat­säch­lich ist näm­lich gegen die vor­ge­nann­te Ent­schei­dung die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen VI R 35/20 anhän­gig. Betrof­fe­ne Steu­er­pflich­ti­ge soll­ten daher bei Nicht­an­er­ken­nung ent­spre­chen­der Wer­bungs­kos­ten auf das anhän­gi­ge Ver­fah­ren beim Bun­des­fi­nanz­hof ver­wei­sen und im eige­nen Ein­spruchs­ver­fah­ren die Ver­fah­rens­ru­he gel­tend machen.

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7. Für Arbeitnehmer: Pflegeversicherungsbeiträge in einem anderen EU-Mitgliedsstaat als Sonderausgabe in Deutschland

Ganz aktu­ell ist unter dem Akten­zei­chen X R 13/20 beim Bun­des­fi­nanz­hof strei­tig, ob im Rah­men des Son­der­aus­ga­ben­ab­zugs in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land eine steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung von in einem ande­ren EU-Mit­glieds­staat (im Streit­fall han­delt es sich um Luxem­burg) gezahl­ten Pfle­ge­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen zu gewäh­ren ist.

Erfreu­li­cher­wei­se hat in die­sem Zusam­men­hang die Vor­in­stanz in Form des Finanz­ge­rich­tes Rhein­land-Pfalz in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.01.2020 unter dem Akten­zei­chen 1 K 1692/19 den Son­der­aus­ga­ben­ab­zug bereits zuge­las­sen. Danach steht bei einem euro­pa­recht­lich ori­en­tier­ten Ver­ständ­nis die gesetz­li­che Neu­re­ge­lung des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) dem Abzug luxem­bur­gi­scher Pfle­ge­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge als Son­der­aus­ga­ben im Inland nicht entgegen.

Gemäß den ein­schlä­gi­gen Rege­lun­gen in § 10 Abs. 1 3b EStG sind Bei­trä­ge zur gesetz­li­chen Pfle­ge­ver­si­che­rung als Son­der­aus­ga­be abzieh­bar. Die­se Bei­trä­ge dürf­ten jedoch nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Num­mer 1 EStG nicht in einem unmit­tel­ba­ren wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hang mit steu­er­frei­en Ein­nah­men stehen.

Nach der stän­di­gen höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung (so bei­spiels­wei­se der Bun­des­fi­nanz­hof mit Urteil vom 29.01.1986 unter dem Akten­zei­chen I R 22/85) ist ein unmit­tel­ba­rer wirt­schaft­li­cher Zusam­men­hang zwi­schen Ein­nah­men und Auf­wen­dun­gen dann anzu­neh­men, wenn die Ein­nah­men und die Auf­wen­dun­gen durch das­sel­be Ereig­nis ver­an­lasst sind.

Die­se Vor­aus­set­zung ist immer dann erfüllt, wenn ein Steu­er­pflich­ti­ger steu­er­freie Ein­nah­men erzielt und die­ser Tat­be­stand gleich­zei­tig Pflicht­bei­trä­ge an einen Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger aus­löst. In die­sem Fall geht die Steu­er­be­frei­ung dem Son­der­aus­ga­ben­ab­zug logi­scher­wei­se vor. Die Fol­ge: Die mit der Ver­aus­ga­bung der Pflicht­bei­trä­ge ver­bun­de­ne Min­de­rung der Leis­tungs­fä­hig­keit wird bereits durch den Bezug der steu­er­frei­en Ein­nah­men aufgefangen.

Einen sol­chen unmit­tel­ba­ren wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hang sah das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz auch im vor­lie­gen­den Streit­fall als gege­ben und ließ den­noch den Son­der­aus­ga­ben­ab­zug zu. Defi­ni­tiv ste­hen näm­lich die streit­ge­gen­ständ­li­chen Bei­trä­ge zur luxem­bur­gi­schen Pfle­ge­ver­si­che­rung in einem unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang zu im Inland steu­er­frei­en Ein­künf­ten aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit in Luxemburg.

Trotz die­ses unmit­tel­ba­ren wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hangs der steu­er­frei­en luxem­bur­gi­schen Ein­nah­men mit den Bei­trä­gen zur luxem­bur­gi­schen Pfle­ge­ver­si­che­rung kann jedoch der Steu­er­pflich­ti­ge nach Auf­fas­sung des Finanz­ge­rich­tes Rhein­land-Pfalz die Vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen in der von ihm begehr­ten Höhe als Son­der­aus­ga­ben abzie­hen. Der Grund: Die gesetz­li­che Rege­lung in § 10 Abs. 2 Satz 1 Num­mer 1 2. Halb­satz EStG sieht in Ver­bin­dung mit § 52 Abs. 18 Satz 3 EStG eine soge­nann­te Rück­aus­nah­me vor. Danach sind ent­spre­chen­de die Ver­sor­gungs­auf­wen­dun­gen zu berück­sich­ti­gen, soweit

  • sie in unmit­tel­ba­rem wirt­schaft­li­chem Zusam­men­hang mit in einem Mit­glied­staat der Euro­päi­schen Uni­on oder einem Ver­trags­staat des Abkom­mens über den Euro­päi­schen Wirt­schafts­raum erziel­ten Ein­nah­men aus nicht­selb­stän­di­ger Tätig­keit stehen,

  • die­se Ein­nah­men nach einem Abkom­men zur Ver­mei­dung der Dop­pel­be­steue­rung im Inland steu­er­frei sind und

  • der Beschäf­ti­gungs­staat kei­ner­lei steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung von Vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen im Rah­men der Besteue­rung die­ser Ein­nah­men zulässt.

Die­se Rück­aus­nah­me sieht das Finanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz im Hin­blick auf die in Rede ste­hen­den Pfle­ge­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge als erkenn­bar erfüllt an. Denn der Beschäf­ti­gungs­staat des Steu­er­pflich­ti­gen (vor­lie­gend Luxem­burg) lässt einen steu­er­li­chen Abzug von Pfle­ge­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen nicht zu. Nach dem luxem­bur­gi­schen Ein­kom­men­steu­er­recht kön­nen zwar Pflicht­bei­trä­ge zu einer Kran­ken- und Ren­ten­ver­si­che­rung bei der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung in Luxem­burg (in unbe­grenz­ter Höhe) als Son­der­aus­ga­ben abge­zo­gen wer­den. Dem­ge­gen­über sieht das luxem­bur­gi­sche Steu­er­recht einen Son­der­aus­ga­ben­ab­zug für Bei­trä­ge zur luxem­bur­gi­schen Pfle­ge­ver­si­che­rung hin­ge­gen nicht vor.

In der Fol­ge sah die ers­te Instanz die Tat­be­stands­merk­ma­le für den Abzug der luxem­bur­gi­schen Pfle­ge­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge als Son­der­aus­ga­ben im Inland als erfüllt an.

Wie ein­gangs schon erwähnt, ist die Finanz­ver­wal­tung hier jedoch ande­rer Auf­fas­sung und hat daher die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen ein­ge­legt. Die­se war wegen grund­sätz­li­cher Bedeu­tung zuge­las­sen worden.

Inso­weit müs­sen nun die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik unter dem Akten­zei­chen X R 13/20 klä­ren, ob eine etwai­ge Nicht­be­rück­sich­ti­gung der Ver­sor­gungs­auf­wen­dun­gen in Gestalt der Pfle­ge­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge gegen Uni­ons­recht ver­stößt. Betrof­fe­nen Steu­er­pflich­ti­gen sei daher grund­sätz­lich gera­ten, sich an das anhän­gi­ge Ver­fah­ren anzuhängen.

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8. Für Unternehmer: Wiederkehrende Besteuerung auch bei Betriebsaufgabe?

Zu den Ein­künf­ten aus Gewer­be­be­trieb gehö­ren auch die Gewin­ne bei der Ver­äu­ße­rung des Gewer­be­be­triebs. Als Ver­äu­ße­rung gilt dabei aus­weis­lich der Rege­lung im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) auch die Auf­ga­be des Gewerbebetriebs.

Den­noch muss die Betriebs­ver­äu­ße­rung im Gan­zen von der Betriebs­auf­ga­be im Gan­zen unter­schie­den wer­den. Eine Betriebs­ver­äu­ße­rung im Gan­zen liegt inso­weit ledig­lich dann vor, wenn der Betrieb mit sei­nen wesent­li­chen Grund­la­gen gegen Ent­gelt in der Wei­se auf einen Erwer­ber über­tra­gen wird, dass der Betrieb als geschäft­li­cher Orga­nis­mus fort­ge­führt wer­den kann. Nicht erfor­der­lich ist dabei, dass der Erwer­ber den Betrieb auch tat­säch­lich fortführt.

Eine Betriebs­auf­ga­be hin­ge­gen erfor­dert eine Wil­lens­ent­schei­dung oder Hand­lung des Steu­er­pflich­ti­gen, die dar­auf gerich­tet ist, den Betrieb als selbst­stän­di­gen Orga­nis­mus nicht mehr in sei­ner bis­he­ri­gen Form bestehen zu las­sen. Eine Auf­ga­be des Gewer­be­be­trie­bes liegt daher vor, wenn auf­grund eines Ent­schlus­ses des Steu­er­pflich­ti­gen, den Betrieb auf­zu­ge­ben, die bis­her von die­sem Betrieb ent­fal­te­te Tätig­keit end­gül­tig ein­ge­stellt wird, alle wesent­li­chen Betriebs­grund­la­gen in einem ein­heit­li­chen Vor­gang ent­we­der in das Pri­vat­ver­mö­gen über­führt bzw. ande­ren Betriebs­ver­mö­gen­zwe­cken zuge­führt oder ins­ge­samt an ver­schie­de­ne Erwer­ber ver­äu­ßert oder teil­wei­se ver­äu­ßert und teil­wei­se in das Pri­vat­ver­mö­gen über­führt wer­den und dadurch der Betrieb zu bestehen aufhört.

Für die Unter­schei­dung zwi­schen einer Betriebs­ver­äu­ße­rung im Gan­zen und einer Betriebs­auf­ga­be im Gan­zen ist daher die Ant­wort auf die Fra­ge ent­schei­dend, was mit den wesent­li­chen Betriebs­grund­la­gen geschieht. Inso­weit muss auch zunächst defi­niert wer­den, was denn über­haupt zu den wesent­li­chen Betriebs­grund­la­gen gehört.

Wesent­li­che Betriebs­grund­la­gen eines Betrie­bes im vor­lie­gen­den Sin­ne sind zunächst die Wirt­schafts­gü­ter, die zur Errei­chung des Betriebs­zwecks erfor­der­lich sind und ein beson­de­res wirt­schaft­li­ches Gewicht für die Betriebs­füh­rung besit­zen. Bei die­ser Defi­ni­ti­on spricht man von der soge­nann­ten funk­tio­na­len Betrach­tungs­wei­se. Gera­de im Rah­men einer Betriebs­ver­äu­ße­rung im Gan­zen oder einer Betriebs­auf­ga­be im Gan­zen gehö­ren jedoch zu den wesent­li­chen Betriebs­grund­la­gen dane­ben auch sol­che Wirt­schafts­gü­ter, in denen erheb­li­che stil­le Reser­ven ruhen. Dabei spricht man von der soge­nann­ten funk­tio­nal-quan­ti­ta­ti­ven Betrachtungsweise.

In einem Streit­fall vor dem Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Finanz­ge­richt hat­te der Ver­käu­fer sei­nen hand­werk­li­chen Betrieb gegen Zah­lung einer lebens­lan­gen Ren­te an einen Erwer­ber ver­äu­ßert. Das Pro­blem: Zudem hat­te er ein an das pri­va­te Ein­fa­mi­li­en­haus angren­zen­des Betriebs­grund­stück in das Pri­vat­ver­mö­gen über­führt. Da inso­weit unstrit­tig wesent­li­che Betriebs­grund­la­gen sowohl ver­äu­ßert als auch in das Pri­vat­ver­mö­gen über­führt wur­den, kommt das Gericht mit Urteil vom 24.01.2020 unter dem Akten­zei­chen 4 K 28/18 zu dem Schluss, dass im vor­lie­gen­den Fall eine Betriebs­auf­ga­be im Gan­zen gege­ben ist.

Strit­tig ist dabei kon­kret die Fra­ge, ob den­noch auch in die­sem Fall der Betriebs­auf­ga­be im Gan­zen anstel­le der sofor­ti­gen Besteue­rung auch eine Besteue­rung der Leib­ren­te mög­lich ist.

Zum Hin­ter­grund an die­ser Stel­le: Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs hat der Steu­er­pflich­ti­ge in den Fäl­len der Betriebs­ver­äu­ße­rung im Gan­zen gegen wie­der­keh­ren­de Bezü­ge ein Wahl­recht, anstel­le der sofor­ti­gen Besteue­rung der Ren­te durch Ansatz des Kapi­tal­werts zum Zeit­punkt der Betriebs­ver­äu­ße­rung die ein­zel­nen Ren­ten­zah­lun­gen erst bei Zufluss als nach­träg­li­che Betriebs­ein­nah­men zu versteuern.

Die Besteue­rung bei Zufluss gilt dabei nur für Bezü­ge, die lebens­lang zu zah­len sind oder eine fes­te Lauf­zeit von mehr als zehn Jah­ren haben und pri­mär der Ver­sor­gung oder bei beson­ders lan­ger Lauf­zeit min­des­tens auch der Ver­sor­gung des bis­he­ri­gen Betriebs­in­ha­bers oder Mit­un­ter­neh­mers die­nen. Der Steu­er­pflich­ti­ge muss das Wahl­recht für die Besteue­rung bei Zufluss dabei aus­drück­lich im Rah­men sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung ausüben.

Nach die­sen Grund­sät­zen steht jedoch im vor­lie­gen­den Fall dem Steu­er­pflich­ti­gen für die voll­zo­ge­ne Betriebs­auf­ga­be kein Wahl­recht zur nach­ge­la­ger­ten Besteue­rung der Ren­ten­zah­lung zu. Die­ses Wahl­recht gilt wie gesagt nur für die Betriebs­ver­äu­ße­rung Ganzen.

Inso­weit urteilt auch das Schles­wig-Hol­stei­ni­sche Finanz­ge­richt in der oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung, dass das für den Fall einer Betriebs­ver­äu­ße­rung gegen wie­der­keh­ren­de Bezü­ge gel­ten­de Wahl­recht zwi­schen der sofor­ti­gen Ver­steue­rung und der nach­ge­la­ger­ten Besteue­rung bei Zufluss der Ren­ten­zah­lung in den Fäl­len der Betriebs­auf­ga­be kei­ne Anwen­dung findet.

Der Tenor die­ser Ent­schei­dung ent­spricht auch einem erst­in­stanz­li­chen Urteil des Finanz­ge­rich­tes Köln vom 18.11.2003 unter dem Akten­zei­chen 1 K 4035/00. Auch hier hat­ten die Finanz­rich­ter bereits fest­ge­stellt, dass es bei einer Betriebs­auf­ga­be nicht mög­lich ist, eine nicht tarif­be­güns­tig­te Besteue­rung nach­träg­li­cher Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb im jewei­li­gen Jahr des Zuflus­ses des Ver­äu­ße­rungs­er­lö­ses zu wählen.

Wäh­rend die dama­li­ge Ent­schei­dung aus Köln rechts­kräf­tig gewor­den ist, wur­de gegen die aktu­el­le Ent­schei­dung aus Schles­wig-Hol­stein Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein­ge­legt. Die­se war wegen grund­sätz­li­cher Bedeu­tung der Rechts­sa­che zuge­las­sen worden.

Abschlie­ßend wird daher der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen X R 6/20 zu klä­ren haben, ob das Recht auf nach­ge­la­ger­te Besteue­rung der wie­der­keh­ren­den Bezü­ge auch im Fall einer Betriebs­auf­ga­be im Gan­zen gege­ben sein muss.

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