Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Juni 2020

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

10.06. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.06. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Juli 2020:

10.07. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.07. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

31.07. Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung
Umsatz­steu­er­erklä­rung
Gewerbesteuererklärung

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Juni 2020

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Mai ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 26.06.2020.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Stundungswürdigkeit trotz Verletzung der Mitwirkungspflicht?

In der Pra­xis kommt die fol­gen­de Kon­stel­la­ti­on recht häu­fig vor: Der Steu­er­pflich­ti­ge bean­tragt die Stun­dung einer Zah­lung, wel­che sei­tens des Finanz­am­tes abge­lehnt wird, weil der Steu­er­pflich­ti­ge sei­nen Mit­wir­kungs­pflich­ten nicht nach­ge­kom­men ist. Da die Ableh­nungs­ent­schei­dung der Stun­dung im Ermes­sen des betrof­fe­nen Finanz­be­am­ten steht, kommt damit auch immer wie­der die Fra­ge auf, ob inso­weit eine ermes­sens­ge­rech­te oder ermes­sens­feh­ler­haf­te Ent­schei­dung vorliegt.

Aktu­ell lie­fert hier das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg mit Urteil vom 04.06.2019 unter dem Akten­zei­chen 5 K 3830/16 eine posi­ti­ve Ent­schei­dung, die auf­zeigt, dass eine vor­schnel­le Ableh­nung der Stun­dung auch bei einer Ver­let­zung der Mit­wir­kungs­pflicht des Steu­er­pflich­ti­gen ermes­sens­feh­ler­haft sein kann.

Da sich die Argu­men­ta­ti­on und Urteils­be­grün­dung durch­aus auch für ande­re Fäl­le als Begrün­dung eines Stun­dungs­an­trags eig­net, soll die­se im Wei­te­ren etwas genau­er dar­ge­stellt wer­den. So führt das Gericht aus: Bei der Ent­schei­dung über die Gewäh­rung einer Stun­dung han­delt es sich um eine Ermes­sens­ent­schei­dung, die vom Gericht ledig­lich dar­auf­hin über­prüft wer­den kann, ob die gesetz­li­chen Gren­zen des Ermes­sens über­schrit­ten sind oder ob von dem Ermes­sen in einer dem Zweck der Ermäch­ti­gung nicht ent­spre­chen­den Wei­se Gebrauch gemacht wor­den ist. Das bedeu­tet, dass das Gericht auch die Tat­sa­chen­fest­stel­lung und die Beweis­wür­di­gung der Beklag­ten über­prü­fen darf bzw. muss. Tat­säch­lich kann näm­lich die Rechts­ver­let­zung auch in einer unzu­rei­chen­den Fest­stel­lung oder Wür­di­gung der bedeut­sa­men Tat­sa­chen liegen.

Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die gericht­li­che Über­prü­fung einer Ermes­sens­ent­schei­dung durch das Gericht ist grund­sätz­lich der Zeit­punkt der letz­ten Behör­den­ent­schei­dung, wie der stän­di­gen höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung, zuletzt durch das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 11.10.2017 unter dem Akten­zei­chen IX R 2/17, zu ent­neh­men ist. Spä­ter ein­tre­ten­de Umstän­de sind nicht in die Recht­mä­ßig­keits­prü­fung der Behör­den­ent­schei­dung einzustellen.

Eine feh­ler­freie Ermes­sens­aus­übung setzt inso­weit vor­aus, dass die Behör­de den ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Sach­ver­halt ein­wand­frei und erschöp­fend ermit­telt hat. Dies hat bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer frü­hen Ent­schei­dung vom 15.06.1983 unter dem Akten­zei­chen I R 76/82 unum­stöß­lich dar­ge­legt. Bei der voll­stän­di­gen Sach­ver­halts­er­mitt­lung hat die Finanz­be­hör­de die Gesichts­punk­te tat­säch­li­cher und recht­li­cher Art zu berück­sich­ti­gen, die nach Sinn und Zweck der Norm, die das Ermes­sen ein­räumt, maß­geb­lich sind.

Deut­lich füh­ren in die­sem Zusam­men­hang die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter des Finanz­ge­rich­tes Baden-Würt­tem­bergs aus: Zu einer dies­be­züg­li­chen erfor­der­li­chen voll­stän­di­gen Ermitt­lung des Sach­ver­halts gehört zumin­dest die Aus­wer­tung des gesam­ten Akten­in­halts, gege­be­nen­falls sogar ein­schließ­lich bei­gezo­ge­ner oder bei­zu­zie­hen­der Akten, jeweils nach dem Stand zum Zeit­punkt des Erlas­ses der Einspruchsentscheidung.

Aus­ge­hend von die­sen Grund­sät­zen kommt das Finanz­ge­richt zu dem Schluss, dass die Ableh­nung des Antrags auf Stun­dung einer Kin­der­geld­rück­for­de­rung ermes­sens­feh­ler­haft ist, wenn die beklag­te Behör­de die Akten der für die Kin­der­geld­fest­set­zung zustän­di­gen Fami­li­en­kas­se erst im Kla­ge­ver­fah­ren ange­for­dert hat, sie also zum Zeit­punkt der Ein­spruchs­ent­schei­dung den ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Sach­ver­halt nur par­ti­ell gekannt hat und sie sich also nicht vor ihrer Ent­schei­dung anhand der voll­stän­di­gen Kin­der­geld­ak­te aus dem Fest­set­zungs­ver­fah­ren selbst ein Bild über den genau­en Ablauf des Ver­fah­rens gemacht hat.

Dies gilt aus­weis­lich der Ent­schei­dung ins­be­son­de­re auch dann, wenn es unter Berück­sich­ti­gung des gesam­ten Akten­in­halts nach Auf­fas­sung des Gerichts zwei­fel­haft ist, ob in dem Ver­hal­ten der Klä­ge­rin tat­säch­lich, wie von der Behör­de ange­nom­men, eine gro­be Pflicht­ver­let­zung gese­hen wer­den kann, die zu einer Ableh­nung ihrer Stun­dungs­wür­dig­keit berech­ti­gen würde.

Dies führt unwei­ger­lich zu der Fra­ge, wann denn eine Stun­dungs­mög­lich­keit gege­ben ist. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass die Finanz­ver­wal­tung hier die Stun­dungs­mög­lich­keit eher ver­neint. Erfreu­li­cher­wei­se benennt das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg unter sei­ner oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung jedoch auch, wann eine Stun­dungs­mög­lich­keit gege­ben ist.

Danach ist die Stun­dungs­mög­lich­keit gege­ben, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge bzw. Kin­der­geld­be­rech­tig­te sei­ne man­geln­de Leis­tungs­fä­hig­keit weder selbst her­bei­führt noch durch sein Ver­hal­ten in ein­deu­ti­ger Wei­se gegen die Inter­es­sen der All­ge­mein­heit ver­sto­ßen hat. Letz­te­res ist ins­be­son­de­re anzu­neh­men, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge sei­ne steu­er­li­chen Ver­pflich­tun­gen vor­sätz­lich oder grob fahr­läs­sig ver­nach­läs­sigt hat. Nicht jede unter­las­se­ne Mit­tei­lung ist jedoch auto­ma­tisch vor­sätz­lich oder grob fahr­läs­sig. Eine Mit­wir­kungs­pflicht­ver­let­zung schließt eine Stun­dung im All­ge­mei­nen zudem nur dann aus, wenn sie wesent­lich und vor­werf­bar Ursa­che für die unpünkt­li­che Rück­zah­lung des Kin­der­gel­des ist.

Die erfreu­li­che Ent­schei­dung aus dem Länd­le wird zudem von einem wei­te­ren Urteil (wel­ches eben­so erfreu­lich ist) des Finanz­ge­rich­tes Baden-Würt­tem­berg vom 18.09.2019 unter dem Akten­zei­chen 12 K 234/19 flankiert.

Dar­in ent­schie­den die Rich­ter: Bean­tragt die Steu­er­pflich­ti­ge die Stun­dung einer Kin­der­geld­rück­for­de­rung bis zu einem bestimm­ten Zeit­punkt, ab dem sich Raten­zah­lun­gen an ande­re Gläu­bi­ger redu­zie­ren und des­we­gen Raten auf die Kin­der­geld­rück­for­de­rung geleis­tet wer­den kön­nen, so ist die Ableh­nung des Stun­dungs­an­trags durch die Fami­li­en­kas­se ermes­sens­feh­ler­haft, wenn die Fami­li­en­kas­se von der feh­ler­haf­ten Tat­sa­che aus­ge­gan­gen ist, dass die Steu­er­pflich­ti­ge Leis­tun­gen zur Grund­si­che­rung bezieht und wenn die Fami­li­en­kas­se des­we­gen nicht berück­sich­tigt hat, dass eine Ein­zie­hung der For­de­rung mög­lich ist und die Ein­zie­hung eine erheb­li­che Här­te für die Schuld­ne­rin unter dem Gesichts­punkt bedeu­ten kann, dass die Schuld­ne­rin des­we­gen die mit ande­ren Gläu­bi­gern ver­ein­bar­ten Raten­zah­lun­gen nicht mehr erfül­len kann.

Klar und deut­lich wird auch in der wei­te­ren Ent­schei­dung des Finanz­ge­rich­tes Baden-Würt­tem­berg sub­su­miert, dass per­sön­li­che Stun­dungs­grün­de vor­lie­gen kön­nen, wenn eine Stun­dung die wirt­schaft­li­che Exis­tenz des Antrag­stel­lers ermög­li­chen kann. Dies bedeu­tet kon­kret: Der Umstand, dass der Antrag­stel­ler im Kin­der­geld­ver­fah­ren sei­ne Mit­wir­kungs­pflich­ten ver­letzt hat, reicht für sich genom­men nicht aus, um die Stun­dungs­mög­lich­keit des Antrag­stel­lers zu ver­nei­nen und auf eine Prü­fung der Stun­dungs­be­dürf­tig­keit zu verzichten.

Alles in allem bie­ten die bei­den erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dun­gen eine her­vor­ra­gen­de Argu­men­ta­ti­ons­ba­sis für zukünf­ti­ge Stun­dungs­an­trä­ge, wes­halb man sich nicht scheu­en soll­te, auf die bei­den Ent­schei­dun­gen zu verweisen.

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2. Für Erben: Wegfall der Steuerbefreiung für ein Familienheim bei Aufgabe des Eigentums

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 13 Abs. 1 Num­mer 4b des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) bleibt unter ande­rem der Erwerb von Todes wegen des Eigen­tums oder Mit­ei­gen­tums an einem im Inland bele­ge­nen bebau­ten Grund­stück durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten oder Lebens­part­ner steu­er­frei, soweit der Erb­las­ser dar­in bis zum Erb­fall eine Woh­nung zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt hat oder bei der er aus zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken gehin­dert war. Zusätz­lich muss die Immo­bi­lie beim Erwer­ber unver­züg­lich zur Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken bestimmt sein. Man spricht dabei von der soge­nann­ten Steu­er­be­frei­ung für das Familienheim.

Eben­so gesetz­lich geklärt ist jedoch auch, dass die Steu­er­be­frei­ung mit Wir­kung für die Ver­gan­gen­heit weg­fällt, wenn der Erwer­ber das Fami­li­en­heim inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohn­zwe­cken selbst nutzt. Ist dies der Fall, fällt die Steu­er­be­frei­ung nur dann nicht weg, wenn der Erwer­ber aus zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken gehin­dert ist. Hier­bei spricht man vom soge­nann­ten Nach­ver­steue­rungs­tat­be­stand im Rah­men der Steu­er­be­frei­ung für das Familienheim.

Der zuvor beschrie­be­ne Nach­ver­steue­rungs­tat­be­stand greift auch in Sach­ver­hal­ten, in denen der Erwer­ber das Fami­li­en­heim zwar wei­ter­hin bewohnt, das Eigen­tum dar­an aber inner­halb der genann­ten Frist auf einen Drit­ten über­tra­gen hat. So die Aus­le­gung des Bun­des­fi­nanz­hofs in einer aktu­el­len Ent­schei­dung vom 11.07.2019 unter dem Akten­zei­chen II R 38/16.

Zwar lässt sich dem Wort­laut der gesetz­li­chen Rege­lung bei iso­lier­ter Betrach­tung nicht aus­drück­lich ent­neh­men, ob durch die Auf­ga­be des Eigen­tums oder des Mit­ei­gen­tums an dem Fami­li­en­heim inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Erwerb durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten oder Lebens­part­ner die Steu­er­be­frei­ung rück­wir­kend ent­fällt, wenn jener das Fami­li­en­heim wei­ter zu Wohn­zwe­cken selbst nutzt.

Tat­säch­lich hat aber bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 29.11.2017 unter dem Akten­zei­chen II R 14/16 klar­ge­stellt, dass die Steu­er­be­frei­ung für das Fami­li­en­heim vor­aus­setzt, dass der ver­stor­be­ne Ehe­gat­te zivil­recht­li­cher Eigen­tü­mer oder Mit­ei­gen­tü­mer des Fami­li­en­heims war und der über­le­ben­de Ehe­gat­te das zivil­recht­li­che Eigen­tum oder Mit­ei­gen­tum an dem Fami­li­en­heim von Todes wegen erwirbt.

Die Rich­ter argu­men­tie­ren daher im Ein­klang mit der Finanz­ver­wal­tung, dass nach dem kla­ren Wort­laut des Geset­zes die Gewäh­rung der Steu­er­be­frei­ung den Erwerb des Eigen­tums oder Mit­ei­gen­tums an dem Fami­li­en­heim vor­aus­setzt. Der Erwerb eines ande­ren Anspruchs oder Rechts in Bezug auf die Immo­bi­lie, so zum Bei­spiel eines durch eine Auf­las­sungs­vor­mer­kung gesi­cher­ten Eigen­tums­ver­schaf­fungs­an­spruchs oder eines ding­li­chen Wohn­rechts, genügt danach nicht den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen für die Steuerbefreiung.

Der Wort­laut des Nach­ver­steue­rungs­tat­be­stands greift mit der For­mu­lie­rung „nach dem Erwerb“ zudem die oben genann­te Anfor­de­rung an die Gewäh­rung der Steu­er­be­frei­ung auf. „Nach dem Erwerb“ hat in die­sem Zusam­men­hang nach Auf­fas­sung des erken­nen­den Senats nicht nur zeit­li­che Bedeu­tung. Die Bezug­nah­me auf den „Erwerb“ bringt viel­mehr auch zum Aus­druck, dass ein (Fort-)Bestehen des durch den Erwerb geschaf­fe­nen Rechts­zu­stan­des und damit von Eigen­tum oder Mit­ei­gen­tum des über­le­ben­den Ehe­gat­ten oder Lebens­part­ners am Fami­li­en­heim für den Erhalt der Steu­er­be­frei­ung vor­aus­ge­setzt wird.

Dar­über hin­aus lässt die For­mu­lie­rung „Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken“ den Schluss zu, dass die Steu­er­be­frei­ung für das erwor­be­ne Fami­li­en­heim weg­fal­len soll, wenn der über­le­ben­de Ehe­gat­te oder Lebens­part­ner inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Erwerb das Eigen­tum an dem Fami­li­en­heim ver­liert. Hät­ten in dem Nach­ver­steue­rungs­tat­be­stand ledig­lich Aus­sa­gen zur wei­te­ren Nut­zung des Fami­li­en­heims inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Erwerb getrof­fen wer­den sol­len, hät­te die kür­ze­re For­mu­lie­rung „Selbst­nut­zung zu Wohn­zwe­cken“ oder „Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken“ aus­ge­reicht. Wenn die in der Wen­dung „Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken“ ent­hal­te­ne Dopp­lung eine Bedeu­tung haben soll, bezieht sie sich auf die Nut­zung und die Eigentümerstellung.

Ins­ge­samt ver­tre­ten die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik auch die Auf­fas­sung, dass es dem Sinn und Zweck der gesetz­li­chen Rege­lung ent­spricht, die Steu­er­be­frei­ung rück­wir­kend ent­fal­len zu las­sen, wenn der über­le­ben­de Ehe­gat­te oder Lebens­part­ner das Eigen­tum oder Mit­ei­gen­tum an dem Fami­li­en­heim inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Erwerb aufgibt.

Dem­entspre­chend lau­tet die Ent­schei­dung: Die Steu­er­be­frei­ung für den Erwerb eines Fami­li­en­heims durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten oder Lebens­part­ner ent­fällt rück­wir­kend, wenn der Erwer­ber das Eigen­tum an dem Fami­li­en­heim inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Erwerb auf einen Drit­ten über­trägt. Dies gilt selbst dann, wenn die Selbst­nut­zung zu Wohn­zwe­cken auf­grund eines lebens­lan­gen Nieß­brauchs fort­ge­setzt wird. Ent­schei­dend ist inso­weit, dass das Eigen­tums­recht abge­ge­ben wurde.

Für die Pra­xis bedeu­tet dies auch: Wur­de die Steu­er­be­frei­ung für Fami­li­en­hei­me in Anspruch genom­men, dür­fen inner­halb von zehn Jah­ren kei­ne wei­te­ren vor­weg­ge­nom­me­nen Erb­fol­gen der Immo­bi­lie statt­fin­den, da inso­weit der Eigen­tums­ver­lust beim über­le­ben­den Ehe­gat­ten oder Lebens­part­ner zur Nach­ver­steue­rung in der Erb­schaft­steu­er füh­ren wür­de. In der Pra­xis soll­te daher schon bei Anfer­ti­gung der Erb­schaft­steu­er­erklä­rung geprüft wer­den, wel­che wei­te­ren Pla­nun­gen gege­be­nen­falls ange­gan­gen wer­den sollten.

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3. Für GmbH Gesellschafter: Zum Fälligkeitszufluss bei der Betriebsaufspaltung

Häu­fig wer­den Antei­le an einer GmbH im Rah­men einer Betriebs­auf­spal­tung gehal­ten. Ist dies der Fall, müs­sen ver­ein­facht gesagt sämt­li­che Zah­lun­gen der GmbH an den Gesell­schaf­ter im Rah­men der Betriebs­auf­spal­tung im Besitz­un­ter­neh­men auch ver­steu­ert wer­den. Dabei ist es durch­aus mög­lich, dass das Besitz­un­ter­neh­men der Betriebs­auf­spal­tung kei­ne Bilanz auf­stellt, son­dern zuläs­si­ger­wei­se eine Ein­nah­men­über­schuss­rech­nung nach § 4 Abs. 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) durch­führt. Ist dies der Fall, gilt auch grund­sätz­lich das Zufluss- Abfluss­prin­zip des § 11 EStG.

Danach sind Ein­nah­men inner­halb des Kalen­der­jah­res bezo­gen (und zu ver­steu­ern), in dem sie dem Steu­er­pflich­ti­gen zuge­flos­sen sind. Geld­be­trä­ge flie­ßen dem Steu­er­pflich­ti­gen grund­sätz­lich dadurch zu, dass sie bar aus­ge­zahlt oder einem Kon­to des Emp­fän­gers beim Kre­dit­in­sti­tut gut­ge­schrie­ben wer­den. Da sich die Erlan­gung der wirt­schaft­li­chen Ver­fü­gungs­macht nach den tat­säch­li­chen Ver­hält­nis­sen rich­tet, kann das Zuflie­ßen grund­sätz­lich nicht fin­giert wer­den. Wohl­ge­merkt „grund­sätz­lich“!

Eine Aus­nah­me macht die Recht­spre­chung hier­bei näm­lich ins­be­son­de­re bei beherr­schen­den Gesell­schaf­tern einer Kapi­tal­ge­sell­schaft. Bei die­sen wird regel­mä­ßig ange­nom­men, dass sie über eine von der Gesell­schaft geschul­de­te Ver­gü­tung bereits im Zeit­punkt der Fäl­lig­keit ver­fü­gen kön­nen und ihnen damit ent­spre­chen­de Ein­nah­men zuge­flos­sen sind. Gerecht­fer­tigt wird dies damit, dass der beherr­schen­de Gesell­schaf­ter es in der Hand habe, sol­che Beträ­ge ste­hen oder sich aus­zah­len zu las­sen, wie der Bun­des­fi­nanz­hof ins­be­son­de­re in sei­ner Ent­schei­dung vom 14.02.1984 unter dem Akten­zei­chen VIII R 221/80 erläu­ternd dar­ge­stellt hat. Ins­ge­samt spricht man dabei von dem soge­nann­ten Fälligkeitszufluss.

Die­ser Fäl­lig­keits­zu­fluss liegt regel­mä­ßig vor, wenn der beherr­schen­de Gesell­schaf­ter ent­spre­chen­de Ver­gü­tun­gen zum Fäl­lig­keits­zeit­punkt nicht bezahlt. Trotz Nicht­zah­lung sind die­se dann als beim Gesell­schaf­ter zuge­flos­sen zu behandeln.

Die Recht­spre­chung hat aller­dings auch Aus­nah­men von dem Grund­satz des Fäl­lig­keits­zu­flus­ses aner­kannt. So hat der Bun­des­fi­nanz­hof bereits in ver­schie­de­nen Ent­schei­dun­gen und Beschlüs­sen, bei­spiels­wei­se mit Beschluss vom 20.12.2011 unter dem Akten­zei­chen VIII B 46/11, klar­ge­stellt, dass kein Zufluss anzu­neh­men ist, wenn die GmbH zah­lungs­un­fä­hig ist.

Das prak­ti­sche Pro­blem dabei ist nun jedoch, was der Maß­stab für die Zah­lungs­un­fä­hig­keit ist. Die­se kann (in ver­schie­de­nen Rechts­ge­bie­ten) näm­lich durch­aus unter­schied­lich defi­niert werden.

So ist der Begriff der Zah­lungs­un­fä­hig­keit in ers­ter Linie im Insol­venz­recht behei­ma­tet. In die­sem Bereich ist ein Schuld­ner zah­lungs­un­fä­hig, wenn er nicht in der Lage ist, die fäl­li­gen Zah­lungs­pflich­ten zu erfül­len. Rele­vant ist die­ser Begriff ins­be­son­de­re für das Insol­venz­an­trags­recht und vor allem bei Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten für die Insol­venz­an­trags­pflicht der Geschäfts­füh­rer. Auf­grund der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs ist in die­sem Zusam­men­hang zudem die Zah­lungs­un­fä­hig­keit von der blo­ßen Zah­lungs­sto­ckung abzu­gren­zen. Letz­te­re ist wie­der­um anzu­neh­men, wenn sich das Unver­mö­gen zur Til­gung der fäl­li­gen Ver­bind­lich­kei­ten inner­halb einer kur­zen Zeit behe­ben lässt. Die Fra­ge, ob noch von einer vor­über­ge­hen­den Zah­lungs­sto­ckung oder schon von einer (end­gül­ti­gen bzw. dau­er­haf­ten) Zah­lungs­un­fä­hig­keit aus­zu­ge­hen ist, muss allein auf­grund objek­ti­ver Umstän­de beur­teilt wer­den. Hier­zu bedarf es einer Gesamt­be­wer­tung der Höhe der Liqui­di­täts­lü­cke, der kurz­fris­tig zu erwar­ten­den Ein­nah­men sowie der Fähig­keit des Unter­neh­mens, sich am Kre­dit­markt Finanz­mit­tel zu besor­gen. Die im maß­geb­li­chen Zeit­punkt ver­füg­ba­ren und inner­halb von drei Wochen in Liqui­di­tät umsetz­ba­ren Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de sind in Bezie­hung zu set­zen zu den am sel­ben Stich­tag fäl­li­gen und in den nächs­ten drei Wochen fäl­lig wer­den­den Ver­bind­lich­kei­ten. Ergibt sich eine inner­halb von drei Wochen nicht zu besei­ti­gen­de Unter­de­ckung von 10% oder mehr, ist regel­mä­ßig von Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Schuld­ners auszugehen.

Vor­ste­hen­des gilt nur dann nicht, wenn aus­nahms­wei­se mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit zu erwar­ten ist, dass die Liqui­di­täts­lü­cke zwar erst mehr als drei Wochen spä­ter, aber in abseh­ba­rer Zeit voll­stän­dig oder fast voll­stän­dig besei­tigt wer­den wird und den Gläu­bi­gern ein Zuwar­ten nach den beson­de­ren Umstän­den des Ein­zel­falls zuzu­mu­ten ist.

Das schon erwähn­te Pra­xis­pro­blem besteht jetzt ins­be­son­de­re dar­in, dass die­se Defi­ni­ti­on zwar für das Insol­venz­an­trags­recht maß­ge­bend ist, jedoch nicht unbe­dingt auf oder in das Steu­er­recht über­trag­bar ist. Der Bun­des­fi­nanz­hof geht näm­lich viel­mehr von einem enge­ren, mit der vor­ge­nann­ten Defi­ni­ti­on nicht iden­ti­schen Begriff der Zah­lungs­un­fä­hig­keit aus. So for­mu­liert der Bun­des­fi­nanz­hof zur Zah­lungs­un­fä­hig­keit bei­spiels­wei­se­schon in sei­nem Urteil vom 22.05.1973 unter dem Akten­zei­chen VIII R 97/70, dass die GmbH die für fäl­li­ge Ver­bind­lich­kei­ten not­wen­di­gen Zah­lungs­mit­tel schlech­ter­dings nicht auf­brin­gen kann. Vor­ge­nann­te Defi­ni­ti­on ist wohl im Sin­ne der fak­ti­schen Unmög­lich­keit der Zah­lung zu ver­ste­hen. Dies bedeu­tet: Es dür­fen also gar kei­ne liqui­den Mit­tel mehr vor­han­den gewe­sen sein. Für die­se Deu­tung spricht auch, dass der Bun­des­fi­nanz­hof mehr­fach dar­auf hin­ge­wie­sen hat, dass er von einer in Illi­qui­di­tät im Zusam­men­hang von § 11 EStG in der Regel erst dann aus­geht, wenn ein Insol­venz­ver­fah­ren bereits ein­ge­lei­tet ist.

Im Ergeb­nis bedeu­tet dies: Damit der Fäl­lig­keits­zu­fluss nicht greift, muss tat­säch­lich dar­ge­legt wer­den kön­nen, dass die GmbH defi­ni­tiv kei­ne Mit­tel zur Beglei­chung zur Ver­fü­gung hat.

Aktu­ell streit­be­fan­gen ist hin­ge­gen, ob ein recht­li­ches Zugriffs­hin­der­nis zu einem ande­ren Ergeb­nis führt und so ins­be­son­de­re eine abso­lu­te Zah­lungs­un­fä­hig­keit qua­si fin­giert wird. Ein sol­ches recht­li­ches Zugriffs­hin­der­nis könn­te § 64 Satz 1 GmbH-Gesetz (GmbHG) sein. Danach sind die Geschäfts­füh­rer der Gesell­schaft zum Ersatz von Zah­lun­gen ver­pflich­tet, die nach Ein­tritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit der Gesell­schaft oder nach Fest­stel­lung ihrer Über­schul­dung geleis­tet werden.

In einem aktu­el­len Urteil des Finanz­ge­rich­tes Müns­ter vom 04.09.2019 unter dem Akten­zei­chen 4 K 2538/2 16 E, G hat jedoch der dort erken­nen­de Senat grund­sätz­li­che Zwei­fel dar­an, ob eine Norm wie § 64 Satz 1 GmbHG den Fäl­lig­keits­zu­fluss tat­säch­lich hin­dern kann. Unter dem Strich bleibt die Fra­ge damit (zumin­dest zunächst) unbeantwortet.

Abschlie­ßend wird sich nun der Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen unter dem Akten­zei­chen III R 58/19 mit der Ange­le­gen­heit zu beschäf­ti­gen haben. Betrof­fe­ne Gesell­schaf­ter soll­ten sich daher an das Mus­ter­ver­fah­ren anhän­gen, wenn dies für sie vor­teil­haft sein soll­te, könn­te oder defi­ni­tiv sogar ist.

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4. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Zahlungen für Werbung können Arbeitslohn sein

In der Pra­xis wird immer wie­der dis­ku­tiert, wie man vom vor­han­de­nen Brut­to­ge­halt ein höhe­res Net­to­ge­halt bekommt. Neben den übli­chen Gestal­tun­gen zu die­ser The­ma­tik kom­men dabei regel­mä­ßig Sach­ver­hal­te her­aus, bei denen Leis­tun­gen des Arbeit­ge­bers an sei­ne Mit­ar­bei­ter schlicht nicht im Bereich des Arbeits­loh­nes ein­ge­ord­net werden.

Han­delt es sich näm­lich aus Sicht des Arbeit­neh­mers um ande­re Ein­künf­te als sol­che aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit, ent­fällt die Lohn­steu­er und dem fol­gend auch die Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht. Was die Lohn­steu­er angeht ist dann zwar zu prü­fen, ob die Leis­tung nicht im Rah­men einer ande­ren Ein­kunfts­art beim Arbeit­neh­mer ein­kom­men­steu­er­pflich­tig ist, jedoch ist dies meist eher nach­ran­gig. Ein deut­li­cher Vor­teil wird viel­mehr dadurch erzielt, dass die Zah­lung der Sozi­al­ver­si­che­rung ent­zo­gen wur­den und somit mit Blick auf Arbeit­neh­mer- und Arbeit­ge­ber­an­teil ein deut­li­cher Vor­teil sowohl beim Mit­ar­bei­ter als auch beim Chef gege­ben ist.

Eine sol­che Vor­ge­hens­wei­se wur­de auch in einem Sach­ver­halt ange­gan­gen, der Gegen­stand eines Ver­fah­rens beim Finanz­ge­richt Müns­ter war. Im Streit­fall hat­te der Arbeit­ge­ber sei­nen Arbeit­neh­mern Ent­gel­te für die Anbrin­gung von Wer­bung auf deren pri­va­ten Fahr­zeu­gen gezahlt. Dabei schloss der Arbeit­ge­ber mit einer Viel­zahl von Mit­ar­bei­tern Miet­ver­trä­ge über Wer­be­flä­chen an ihren pri­va­ten Fahr­zeu­gen ab, die ent­we­der Auf­kle­ber oder Kenn­zei­chen­hal­ter mit Schrift­zü­gen des Unter­neh­mens betra­fen. Ein Teil der Mit­ar­bei­ter ver­pflich­te­te sich, auf dem pri­va­ten Pkw Auf­kle­ber auf dem Kof­fer­raum­de­ckel anzu­brin­gen. Der ande­re Teil der Mit­ar­bei­ter ver­pflich­te­te sich zur Anbrin­gung von Kenn­zei­chen­hal­tern mit Wer­be­auf­druck der Fir­ma. In bei­den Ver­trags­va­ri­an­ten erhiel­ten die Mit­ar­bei­ter ein Ent­gelt in Höhe von 255 Euro im Jahr. Der Ver­trag war dabei auf die Dau­er des Arbeits­ver­hält­nis­ses befristet.

Der beson­de­re Clou an der Vor­ge­hens­wei­se: Aus Sicht der Arbeit­neh­mer wur­de argu­men­tiert, dass es sich bei der Zah­lung um sons­ti­ge Ein­künf­te im Sin­ne des § 22 Num­mer 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) han­delt. Damit war die Zah­lung nicht nur der Sozi­al­ver­si­che­rung ent­zo­gen, viel­mehr sind sol­che sons­ti­gen Ein­künf­te auch für die Arbeit­neh­mer nicht ein­kom­men­steu­er­pflich­tig, wenn sie im Kalen­der­jahr weni­ger als 256 Euro betra­gen. Im Ergeb­nis hat so der Arbeit­ge­ber den Betriebs­aus­ga­ben­ab­zug der Zah­lung, wäh­rend der Arbeit­neh­mer die­se weder ein­kom­men­steu­er­lich noch sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­lich zu erfas­sen hat.

Im Rah­men der Lohn­steu­er­au­ßen­prü­fung wur­de die­se Vor­ge­hens­wei­se jedoch bemän­gelt und die Zah­lung als Arbeits­lohn ein­ge­ord­net. Dies ist auch der Grund, war­um der Sach­ver­halt gerichts­an­hän­gig wur­de. Für die Pra­xis ist es daher von enor­mer Bedeu­tung zu wis­sen, wann Zah­lun­gen an den Mit­ar­bei­ter defi­ni­tiv zum Arbeits­lohn gehö­ren und inso­weit auch der Lohn­steu­er und der Sozi­al­ver­si­che­rung zu unter­wer­fen sind oder wann auch ande­re Leis­tun­gen gege­ben sein können.

Inso­weit gilt grund­sätz­lich: Ein­künf­te aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehäl­ter, Löh­ne, Gra­ti­fi­ka­tio­nen, Tan­tie­men und ande­re Bezü­ge und Vor­tei­le, die für eine Beschäf­ti­gung im öffent­li­chen oder pri­va­ten Dienst gewährt wer­den, unab­hän­gig davon, ob ein Rechts­an­spruch auf sie besteht. Die­se Bezü­ge oder Vor­tei­le gel­ten dann als für eine Beschäf­ti­gung gewährt, wenn sie durch das indi­vi­du­el­le Dienst­ver­hält­nis ver­an­lasst sind, ohne dass ihnen eine Gegen­leis­tung für eine kon­kre­te (ein­zel­ne) Dienst­leis­tung des Arbeit­neh­mers zugrun­de lie­gen muss. Eine Ver­an­las­sung durch das indi­vi­du­el­le Dienst­ver­hält­nis ist zu beja­hen, wenn die Ein­nah­men dem Emp­fän­ger mit Rück­sicht auf das Dienst­ver­hält­nis zuflie­ßen und sich als Ertrag der nicht­selb­stän­di­gen Arbeit dar­stel­len, wenn sich die Leis­tung des Arbeit­ge­bers also im wei­tes­ten Sin­ne als Gegen­leis­tung für die Zur­ver­fü­gung­stel­lung der indi­vi­du­el­len Arbeits­kraft des Arbeit­neh­mers erweist. Die­se Auf­fas­sung ent­spricht dabei der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs, wie bei­spiels­wei­se im Urteil vom 07.05.2014 unter dem Akten­zei­chen VI R 73/12 geäußert.

Für die Pra­xis bedeu­tet dies aber kei­nes­wegs, dass grund­sätz­lich immer Arbeits­lohn bzw. Ein­künf­te aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit gege­ben sind. Vor­tei­le, die sich bei objek­ti­ver Wür­di­gung aller Umstän­de nicht als Ent­loh­nung, son­dern ledig­lich als not­wen­di­ge Begleit­erschei­nung betriebs­funk­tio­na­ler Ziel­set­zun­gen erwei­sen, sind nicht als Arbeits­lohn anzu­se­hen. Vor­tei­le besit­zen danach kei­nen Arbeits­lohn­cha­rak­ter, wenn sie im ganz über­wie­gend eigen­be­trieb­li­chen Inter­es­se des Arbeit­ge­bers gewährt wer­den. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleit­um­stän­den wie Anlass, Art und Höhe des Vor­teils, Aus­wahl der Begüns­tig­ten, freie oder nur gebun­de­ne Ver­füg­bar­keit, Frei­wil­lig­keit oder Zwang zur Annah­me des Vor­teils und sei­ner beson­de­ren Geeig­net­heit für den jeweils ver­folg­ten betrieb­li­chen Zweck ergibt, dass die­se Ziel­set­zung ganz im Vor­der­grund steht und ein damit ein­her­ge­hen­des eige­nes Inter­es­se des Arbeit­neh­mers, den betref­fen­den Vor­teil zu erlan­gen, ver­nach­läs­sigt wer­den kann. Auch dies ent­spricht mitt­ler­wei­le der gefes­tig­ten Recht­spre­chung, wie bei­spiels­wei­se einem Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 14.11.2013 unter dem Akten­zei­chen VI R 36/12 zu ent­neh­men ist.

Damit aber noch nicht genug. Arbeits­lohn liegt auch dann nicht vor, wenn die Zuwen­dung wegen ande­rer Rechts­ver­hält­nis­se oder auf­grund sons­ti­ger, nicht auf dem Dienst­ver­hält­nis beru­hen­der Bezie­hun­gen zwi­schen Arbeit­neh­mer und Arbeit­ge­ber gewährt wird. In die­sem Zusam­men­hang hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 05.11.2013 unter dem Akten­zei­chen VIII R 22/11 klar­ge­stellt: Kann der Arbeit­neh­mer die von sei­nem Arbeit­ge­ber erwor­be­nen Genuss­rech­te nur dadurch ver­wer­ten, dass er sie nach Ablauf der Lauf­zeit an die­sen ver­äu­ßert und hängt die Höhe des Rück­kaufs­werts der Genuss­rech­te davon ab, wie das Anstel­lungs­ver­hält­nis endet, han­delt es sich bei dem Über­schuss aus dem Rück­ver­kauf der Genuss­rech­te um Ein­künf­te aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit.

Die Beant­wor­tung der Fra­ge, ob ein Leis­tungs­aus­tausch zwi­schen Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer auf­grund einer Son­der­rechts­be­zie­hung einer ande­ren Ein­kunfts­art oder dem nicht ein­kom­men­steu­er­ba­ren Bereich zuzu­rech­nen ist oder der Leis­tungs­aus­tausch durch das Dienst­ver­hält­nis ver­an­lasst wur­de und damit den Ein­künf­ten aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit zuzu­rech­nen ist, kann nur auf­grund einer wer­ten­den Betrach­tung aller wesent­li­chen Umstän­de des Ein­zel­fal­les unter Berück­sich­ti­gung wirt­schaft­li­cher Gesichts­punk­te erfol­gen. So schon die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik in ihrer Ent­schei­dung vom 01.02.2007 unter dem Akten­zei­chen VI R 72/05.

Dar­auf auf­bau­end wur­de im vor­lie­gen­den Fall beim Finanz­ge­richt Müns­ter auch das Kri­te­ri­um des über­wie­gen­den eigen­be­trieb­li­chen Inter­es­ses bzw. der im Vor­der­grund ste­hen­den betriebs­funk­tio­na­len Ziel­set­zun­gen her­an­ge­zo­gen. Danach reicht es nicht aus, dass nach der äußer­li­chen Gestal­tung getrenn­te Ver­trä­ge vor­lie­gen. Viel­mehr muss nach objek­ti­ver Betrach­tung dem geson­der­ten Rechts­ver­hält­nis eine wirt­schaft­li­che Eigen­stän­dig­keit zukom­men, bei der die betriebs­funk­tio­na­le Ziel­set­zung des Arbeit­ge­bers im Vor­der­grund steht. Hier­an fehlt es, wenn die Rechts­be­zie­hung nicht auch los­ge­löst vom Dienst­ver­hält­nis als markt­ge­rech­tes ent­gelt­li­ches Geschäft bestehen könnte

Die recht­li­che Ein­ord­nung einer Zuwen­dung des Arbeit­ge­bers an den Arbeit­neh­mer nach den genann­ten Kri­te­ri­en muss für den Rechts­an­wen­der nach den objek­tiv erkenn­ba­ren Umstän­den nach­voll­zieh­bar sein. Auf die sub­jek­ti­ve Ein­schät­zung der an der Zuwen­dung Betei­lig­ten oder die Bezeich­nung durch die Betei­lig­ten kommt es nicht an. Es gel­ten die Regeln der objek­ti­ven Beweis­last. Dabei spricht die Lebens­er­fah­rung dafür, dass im Ver­hält­nis zwi­schen einem Arbeit­ge­ber und einem von ihm beschäf­tig­ten Arbeit­neh­mer alle Zuwen­dun­gen im Zwei­fel unter dem Gesichts­punkt des Aus­tauschs von Dienst­leis­tung und Gegen­leis­tung erfolgen.

Unter Berück­sich­ti­gung die­ser Grund­sät­ze und der Wür­di­gung des Gesamt­um­stan­des kommt daher im vor­lie­gen­den Fall das Finanz­ge­richt Müns­ter mit sei­nem Urteil vom 03.12.2019 unter dem Akten­zei­chen 1 K 3320/18 L zu fol­gen­dem Schluss: Das vom Arbeit­ge­ber an sei­nen Arbeit­neh­mer gezahl­te Ent­gelt für die Anbrin­gung von Wer­bung auf dem pri­va­ten Fahr­zeug des Arbeit­neh­mers, ohne Ver­ein­ba­rung einer min­des­tens zu erbrin­gen­den jähr­li­chen oder monat­li­chen Fahr­leis­tung, ohne Ver­ein­ba­rung eines zeit­li­chen Umfangs der Nut­zung des Pkw, ohne Ver­ein­ba­rung, ob und wo der Pkw im öffent­li­chen Park­raum sicht­bar abge­stellt wer­den muss und ohne Ver­pflich­tung des Arbeit­neh­mers, den Pkw in einem bestimm­ten Zustand zu hal­ten, ist Arbeitslohn.

Trotz die­ser reso­lu­ten Ent­schei­dung der Müns­te­ra­ner war die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof wegen einer grund­sätz­li­chen Bedeu­tung der Streit­fra­ge zuzu­las­sen. Erfreu­li­cher­wei­se haben die Steu­er­pflich­ti­gen im vor­lie­gen­den Fall auch die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein­ge­legt. Unter dem Akten­zei­chen VI R 20/20 muss daher der Bun­des­fi­nanz­hof klä­ren, ob ein Ent­gelt, dass der Arbeit­ge­ber sei­nen Arbeit­neh­mern für die Anbrin­gung eines mit der Wer­bung des Arbeit­ge­bers ver­se­he­nen Kenn­zei­chen­al­ters an deren pri­va­ten Fahr­zeu­gen zahlt, Arbeits­lohn ist oder nicht. Sicher­lich wer­den wir auch über die Ent­schei­dung und Begrün­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs berichten.

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5. Für Unternehmer: Kfz-Kosten-Deckelung beim Einnahme-Überschuss-Rechner

Nach wie vor ist die Ent­nah­me­be­steue­rung rund um den betrieb­li­chen Pkw immer wie­der Streit­ge­gen­stand in zahl­rei­chen finanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren. Hier daher zunächst noch ein­mal die Basics. Grund­sätz­lich ist inso­weit wie folgt vorzugehen:

Für die pri­va­te Nut­zung eines betrieb­li­chen Kraft­fahr­zeugs, das zu mehr als 50% betrieb­lich genutzt wird, erfolgt die Ent­nah­me­be­steue­rung nach den gesetz­li­chen Rege­lun­gen in § 6 Abs. 1 Num­mer 4 Satz 2 und Satz 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG). Satz 2 der Vor­schrift beinhal­tet dabei die soge­nann­te Ein-Pro­zent-Rege­lung, wäh­rend Satz 3 der Geset­zes­norm die soge­nann­te Fahr­ten­buch­re­ge­lung beheimatet.

Im Gesamt­zu­sam­men­hang muss die Bemes­sung der Nut­zungs­ent­nah­me für ein betrieb­li­ches Kraft­fahr­zeug nach der Ein-Pro­zent-Rege­lung als eine spe­zi­al­ge­setz­li­che Bewer­tungs­re­gel gese­hen wer­den. Dies bedeu­tet: Nur wenn die Ein-Pro­zent-Rege­lung auf­grund der Geset­zes­aus­füh­rung im Satz 3 wegen eines ord­nungs­ge­mä­ßen Fahr­ten­buchs nicht ein­greift, ist die Nut­zungs­ent­nah­me nach den all­ge­mei­nen Regeln mit dem dar­auf ent­fal­len­den Auf­wand zu bewerten.

Hin­sicht­lich des Nut­zungs­wert­an­sat­zes für die pri­va­te Nut­zung eines über­wie­gend betrieb­lich genutz­ten Kraft­fahr­zeugs ist für jeden Kalen­der­mo­nat ein Pro­zent des inlän­di­schen Lis­ten­prei­ses im Zeit­punkt der Erst­zu­las­sung zuzüg­lich der Kos­ten für Son­der­aus­stat­tung ein­schließ­lich Umsatz­steu­er anzu­set­zen. Soweit der Grund­satz. Wie schon gesagt, kann die pri­va­te Nut­zung eines betrieb­li­chen Kraft­fahr­zeugs auch abwei­chend von der soge­nann­ten Ein-Pro­zent-Rege­lung mit den auf die Pri­vat­fahr­ten ent­fal­len­den Auf­wen­dun­gen nach der Fahr­ten­buch­me­tho­de ange­setzt wer­den. Vor­aus­set­zung dafür ist, dass die für das betrieb­li­che Kraft­fahr­zeug ins­ge­samt ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen durch Bele­ge nach­ge­wie­sen wer­den und das Ver­hält­nis der pri­va­ten zu den übri­gen Fahr­ten durch ein tat­säch­lich ord­nungs­ge­mä­ßes Fahr­ten­buch ermit­telt wer­den kann. Ins­ge­samt eine genaue, aber auch sehr auf­wän­di­ge Methode.

Die Anknüp­fung der sog. Ein-Pro­zent-Rege­lung an den Lis­ten­preis stellt eine typi­sie­rend-pau­scha­lie­ren­de Rege­lung dar, die sich im Rah­men des gesetz­ge­be­ri­schen Gestal­tungs­spiel­raums bewegt. Es han­delt sich um einen sach­ge­rech­ten Maß­stab, wie die Recht­spre­chung bereits mehr­fach erläu­tert hat. Der Ansatz des Gesetz­ge­bers in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, die Bewer­tung der pri­va­ten Nut­zungs­ent­nah­me anhand der Ein-Pro­zent-Rege­lung aus­ge­hend vom Lis­ten­preis vor­zu­neh­men, ent­spricht dem Erfor­der­nis, die Ent­nah­men des Steu­er­pflich­ti­gen für die pri­va­te Lebens­füh­rung nach dem Nut­zungs­vor­teil zu bemes­sen, der dem Steu­er­pflich­ti­gen zukommt. Soweit die Ein-Pro­zent-Rege­lung zum Tra­gen kommt, will (gera­de) der Bezug zum inlän­di­schen Lis­ten­preis sicher­stel­len, dass alle Vor­tei­le, die mit der Zur­ver­fü­gung­stel­lung des Fahr­zeugs für den Steu­er­pflich­ti­gen ver­bun­den sind, umfasst wer­den (folg­lich auch Steu­ern, Ver­si­che­rungs­prä­mi­en, Repa­ra­tur- und War­tungs­kos­ten, Treib­stoff­kos­ten). Die so vom Gesetz­ge­ber zu Grun­de geleg­te Bemes­sungs­grund­la­ge des Brut­to­lis­ten­prei­ses bezweckt also nicht, die tat­säch­li­chen Neu­an­schaf­fungs­kos­ten des Fahr­zeugs – und erst recht nicht des­sen gegen­wär­ti­gen Wert im Zeit­punkt der Über­las­sung – mög­lichst rea­li­täts­ge­recht abzu­bil­den. Die Bewer­tung des Nut­zungs­vor­teils ist mit dem Ansatz in Höhe von 1% des Brut­to­lis­ten­prei­ses je Monat eine grob typi­sie­ren­de Rege­lung, da sie stark diver­gie­ren­de Sach­ver­hal­te zusam­men­fasst. Hier­zu zäh­len die Nut­zung neu­er oder gebrauch­ter bzw. teu­rer oder preis­wer­ter Kfz, der unter­schied­li­che Umfang der betrieb­li­chen bzw. pri­va­ten Nut­zung, die unter­schied­li­che Nut­zungs­dau­er von betrieb­li­chen Kraft­fahr­zeu­gen, die diver­gie­ren­den Mög­lich­kei­ten der AfA und die unter­schied­li­che Höhe von Umsatzsteuersätzen.

Vor die­sem Hin­ter­grund der geset­zes­sys­te­ma­ti­schen Ein­ord­nung hat der Bun­des­fi­nanz­hof auch bereits in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.05.2018 unter dem Akten­zei­chen X R 28/15 klar­ge­stellt, dass, auch wenn die Anwen­dung der Ein-Pro­zent-Rege­lung seit 2006 vor­aus­setzt, dass das betrieb­li­che Kraft­fahr­zeug zu mehr als 50 % auch betrieb­lich genutzt wird, es ver­fas­sungs­recht­lich nicht gebo­ten ist, die nach der Ein-Pro­zent-Rege­lung ermit­tel­te Nut­zungs­ent­nah­me auf 50% der Gesamt­auf­wen­dun­gen für das Kraft­fahr­zeug zu begrenzen.

Nach die­sen Maß­stä­ben erfolgt die Besteue­rung der Nut­zungs­ent­nah­me für pri­va­te PKW-Nut­zun­gen nach dem Rege­lungs­sys­tem des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes also nur ent­we­der durch den Ansatz der Ein-Pro­zent-Rege­lung ohne wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen oder durch den Ansatz der tat­säch­li­chen Auf­wen­dun­gen der pri­va­ten Nut­zung unter der Vor­aus­set­zung, dass der Steu­er­pflich­ti­ge ein ord­nungs­ge­mä­ßes Fahr­ten­buch führt. Eine soge­nann­te Kos­ten­de­cke­lung ist hin­ge­gen im gesetz­li­chen Rege­lungs­sys­tem über­haupt nicht vorgesehen.

Die Kos­ten­de­cke­lung ent­stammt inso­weit ledig­lich einer Bil­lig­keits­re­gel in der Ver­wal­tungs­an­wei­sung des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums vom 18.11.2009 unter dem Akten­zei­chen IV C 6 – S 2177/07/10004. Dort heißt es in Rand­zif­fer 18: Der pau­scha­le Nut­zungs­wert nach der Ein-Pro­zent-Rege­lung sowie die nicht abzieh­ba­ren Betriebs­aus­ga­ben für Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Betriebs­stät­te und Fami­li­en­heim­fahr­ten kön­nen die für das genutz­te Kraft­fahr­zeug ins­ge­samt tat­säch­lich ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen über­stei­gen. Wird das im Ein­zel­fall nach­ge­wie­sen, so sind die­se Beträ­ge höchs­tens mit den Gesamt­kos­ten des Kraft­fahr­zeugs anzusetzen.

Vor die­sem Hin­ter­grund räumt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz zwar in sei­ner Ent­schei­dung vom 10.12.2019 unter dem Akten­zei­chen 3 K 2681/19 ein, dass Steu­ern grund­sätz­lich auch im Bil­lig­keits­we­ge auf­grund der Vor­schrift des § 163 der Abga­ben­ord­nung (AO) nied­ri­ger fest­ge­setzt wer­den kön­nen, wenn die Erhe­bung der Steu­er nach Lage des ein­zel­nen Falls unbil­lig wäre. Einen Anspruch auf die Anwen­dung der Bil­lig­keits­re­ge­lung im vor­ge­nann­ten Ver­wal­tungs­er­lass des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums sehen die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter aus Rhein­land-Pfalz jedoch nicht. Dies gilt umso mehr, wenn bei einem geleas­ten Fahr­zeug die monat­li­chen Fahr­zeug­kos­ten unter Ein­be­zie­hung der über die Lauf­zeit des Lea­sing­ver­tra­ges ver­teil­ten Son­der­zah­lung höher sind als die Ein-Pro­zent-Rege­lung des Listenpreises.

Im End­ef­fekt urtei­len die Rich­ter des Finanz­ge­rich­tes Rhein­land-Pfalz daher, dass für die Decke­lung des Ent­nah­me­werts bei pri­va­ter Nut­zung eines über­wie­gend betrieb­lich genutz­ten Kraft­fahr­zeugs auf die Höhe der in die­sem Ver­an­la­gungs­zeit­raum tat­säch­lich ange­fal­le­nen Betriebs­aus­ga­ben kei­ne gesetz­li­che Grund­la­ge besteht, und die­se daher nicht unbe­dingt durch­ge­führt wer­den muss.

Erfreu­li­cher­wei­se waren die Rich­ter der ers­ten Instanz jedoch gezwun­gen, die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zuzu­las­sen, weil die Ent­schei­dung grund­sätz­li­che Bedeu­tung hat, ins­be­son­de­re da die Ver­wal­tungs­an­wei­sung des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums eine ent­spre­chen­de Bil­lig­keits­re­ge­lung vorsieht.

Unter dem Akten­zei­chen VIII R 11/20 ist die Rechts­fra­ge nun auch beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen anhän­gig. Kon­kret wer­den daher die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik zu klä­ren haben: Ist der Ent­nah­me­wert für die pri­va­te Fahr­zeug­nut­zung bei einem Über­schuss­rech­ner auf die im Streit­jahr tat­säch­lich abge­flos­se­nen Fahr­zeug­kos­ten zu deckeln, oder ist der nach der Ein-Pro­zent-Rege­lung ermit­tel­te (höhe­re) Wert im Hin­blick dar­auf anzu­set­zen, dass die im Vor­jahr für das Fahr­zeug geleis­te­te Lea­sing­son­der­zah­lung antei­lig dem Streit­jahr zuzu­rech­nen ist? Mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit wird uns daher die­se The­ma­tik aber­mals beschäftigen.

Hin­weis: Wie schon ein­gangs gesagt, sind Streit­fra­gen rund um die Nut­zungs­ent­nah­me und auch ins­be­son­de­re rund um die Bewer­tung der pri­va­ten Nut­zung eines betrieb­li­chen Fahr­zeugs nach der Ein-Pro­zent-Rege­lung Dau­er­gast bei der Finanz­recht­spre­chung. Daher sei an die­ser Stel­le noch auf zwei wei­te­re Ver­fah­ren der jüngs­ten Ver­gan­gen­heit ver­wie­sen, die bereits vor dem Bun­des­fi­nanz­hof abge­ur­teilt wurden.

So hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 09.11.2017 unter dem Akten­zei­chen III R 20/16 ent­schie­den: Ist die pri­va­te Nut­zung eines betrieb­li­chen Fahr­zeugs nach der Ein-Pro­zent-Rege­lung zu bewer­ten, ist der inlän­di­sche Brut­to­lis­ten­preis zu schät­zen, wenn das Fahr­zeug ein Import­fahr­zeug ist und weder ein inlän­di­scher Brut­to­lis­ten­preis vor­han­den ist noch eine Ver­gleich­bar­keit mit einem bau- und typen­glei­chen inlän­di­schen Fahr­zeug besteht.

Inso­weit ist der inlän­di­sche Brut­to­lis­ten­preis jeden­falls dann nicht zu hoch geschätzt, wenn die Schät­zung sich an den typi­schen Brut­to­ab­ga­be­prei­sen ori­en­tiert, die Import­fahr­zeug­händ­ler, wel­che das betref­fen­de Fahr­zeug selbst impor­tie­ren, von ihren End­kun­den verlangen.

In einer wei­te­ren Ent­schei­dung rund um die Ein-Pro­zent-Rege­lung haben die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik am 08.11.2018 unter dem Akten­zei­chen III R 13/16 klar­ge­stellt, dass auch die Pri­vat­nut­zung von Taxen dem Anwen­dungs­be­reich der Ein-Pro­zent-Rege­lung unter­fällt. Lis­ten­preis ist inso­weit nur der Preis, zu dem der Steu­er­pflich­ti­ge das Fahr­zeug als Pri­vat­kun­de erwer­ben könnte.

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6. Für Geschiedene: Prozesskosten als Werbungskosten beim Realsplitting

Geht eine Ehe in die Brü­che und wird geschie­den, steht lei­der im Nach­gang auch regel­mä­ßig der Streit um das Geld im Raum. Nicht sel­ten kommt es an die­ser Stel­le zu Pro­zes­sen mit rechts­an­walt­li­cher Ver­tre­tung zwi­schen den frü­he­ren Ehe­gat­ten. Der eine Ehe­gat­te möch­te schlicht nach­ehe­li­chen Unter­halt erhal­ten, wäh­rend der ande­re ihn nicht zah­len möchte.

In einem Ver­fah­ren vor dem Finanz­ge­richt Müns­ter war nun unter dem Akten­zei­chen 1 K 494/18 umstrit­ten, wie die Pro­zess­kos­ten des Emp­fän­gers des nach­ehe­li­chen Unter­halts berück­sich­tigt wer­den können.

Im Urteils­fall begehr­te der Emp­fän­ger des nach­ehe­li­chen Unter­halts, die antei­li­gen Pro­zess­kos­ten ent­we­der als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen oder als Wer­bungs­kos­ten zu berücksichtigen.

Dem Abzug als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung steht dabei die Rege­lung des § 33 Absatz 2 Satz 4 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) im Wege. Danach ist näm­lich der Abzug als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen von Auf­wen­dun­gen für die Füh­rung eines Rechts­streits aus­ge­schlos­sen. Ein­zi­ge Aus­nah­me: Es han­delt sich um Auf­wen­dun­gen, ohne die der Steu­er­pflich­ti­ge Gefahr lie­fe, sei­ne Exis­tenz­grund­la­ge zu ver­lie­ren und sei­ne lebens­not­wen­di­gen Bedürf­nis­se in dem übli­chen Rah­men nicht mehr befrie­di­gen könn­te. Da die Aus­nah­me vom Abzugs­ver­bot tat­säch­lich auch eher eine Aus­nah­me in der Rea­li­tät sein dürf­te, sind die meis­ten Auf­wen­dun­gen für die Füh­rung eines Rechts­strei­tes, ins­be­son­de­re also die Pro­zess­kos­ten, nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung abzugs­fä­hig. So war es auch im vor­lie­gen­den Fall hin­sicht­lich der Pro­zess­kos­ten zur Erstrei­tung des nach­ehe­li­chen Unterhaltes.

Offen ist an die­ser Stel­le jedoch wei­ter­hin die Fra­ge, ob ent­spre­chen­de Auf­wen­dun­gen nun noch als Wer­bungs­kos­ten abge­zo­gen wer­den kön­nen. Immer­hin wur­den durch die Unter­halts­emp­fän­ge­rin im vor­lie­gen­den Fall sons­ti­ge Ein­künf­te rea­li­siert, da der Unter­halts­zah­len­de einen ent­spre­chen­den Antrag auf Real­split­ting nach § 10 Absatz 1a Num­mer 1 EStG gestellt hatte.

Aus­weis­lich die­ser Rege­lung kön­nen Unter­halts­leis­tung an den geschie­de­nen oder dau­ernd getrennt leben­den unbe­schränkt ein­kom­men­steu­er­pflich­ti­gen Ehe­gat­ten bis zu 13.805 Euro im Kalen­der­jahr als Son­der­aus­ga­be abge­zo­gen wer­den, wenn der Geber dies mit Zustim­mung des Emp­fän­gers beantragt.

Da der Emp­fän­ger inso­weit sons­ti­ge Ein­künf­te rea­li­siert, stellt sich zunächst ganz all­ge­mein die Fra­ge des Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs, wel­che das bereits erwähn­te Finanz­ge­richt Müns­ter mit Urteil vom 03.12.2019 für den Steu­er­pflich­ti­gen posi­tiv beantwortet.

Wer­bungs­kos­ten sind näm­lich Auf­wen­dun­gen zur Erwer­bung, Siche­rung und Erhal­tung der Ein­nah­men. Dabei hat die Recht­spre­chung immer wie­der unter Rück­griff auf das Ver­an­las­sungs­prin­zip den Wer­bungs­kos­ten­be­griff aus­ge­legt. Hier­nach sind Wer­bungs­kos­ten die Auf­wen­dun­gen, die durch die jewei­li­ge Erwerbs­tä­tig­keit ver­an­lasst sind. Eine sol­che Ver­an­las­sung liegt vor, wenn ein objek­ti­ver Zusam­men­hang mit der Erwerbs­tä­tig­keit besteht und wenn die Auf­wen­dun­gen sub­jek­tiv zur För­de­rung der Erwerbs­tä­tig­keit getä­tigt werden.

Ob also Auf­wen­dun­gen der Erwerb­sphä­re oder der pri­va­ten Lebens­füh­rung zuzu­ord­nen sind oder nicht, ent­schei­det sich unter Wür­di­gung aller Umstän­de des Ein­zel­fal­les. Auf­wen­dun­gen sind nur dann als durch die Ein­kunfts­art ver­an­lasst anzu­se­hen, wenn sie hier­zu in einem steu­er­recht­lich anzu­er­ken­nen­den wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hang ste­hen. Maß­ge­bend dafür, ob ein sol­cher Zusam­men­hang besteht, ist zum einen die wer­ten­de Beur­tei­lung des die betref­fen­den Auf­wen­dun­gen aus­lö­sen­den Moments, zum ande­ren die Zuwei­sung die­ses maß­ge­ben­den Besteue­rungs­grund­sat­zes zur ein­kom­men­steu­er­recht­lich rele­van­ten Erwerbs­sphä­re. Was sich sehr theo­re­tisch anhört, bedeu­tet im vor­lie­gen­den Sach­ver­halt nichts ande­res, als dass die Kos­ten einer Rechts­ver­fol­gung, also die Beratungs‑, Ver­tre­tungs- und Pro­zess­kos­ten, defi­ni­tiv Wer­bungs­kos­ten sein kön­nen, wenn der Gegen­stand des Pro­zes­ses mit der Ein­kunfts­art zusam­men­hängt, in deren Rah­men die Auf­wen­dun­gen gel­tend gemacht wer­den. Auch Pro­zess­kos­ten tei­len daher grund­sätz­lich die ein­kom­men­steu­er­recht­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on der Auf­wen­dun­gen, die Gegen­stand des Pro­zes­ses waren. Aus­schlag­ge­bend ist inso­weit, wor­in der Anknüp­fungs­punkt für die Bestim­mung des Gegen­stands des Ver­fah­rens gese­hen wird.

Dabei muss her­aus­ge­stellt wer­den, dass der Zusam­men­hang mit der Ein­kunfts­art sich nach objek­ti­ven Gesichts­punk­ten rich­tet und nicht nach den Vor­stel­lun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen. Auch soweit es sich bei der betref­fen­den Ein­kunfts­art um sons­ti­ge Ein­künf­te han­delt (wie die, die beim Real­split­ting erzielt wer­den), kön­nen die hier­mit zusam­men­hän­gen­den Kos­ten der Rechts­ver­fol­gung Wer­bungs­kos­ten sein.

Hin­ter­grund ist hier die gesetz­ge­be­ri­sche Ent­schei­dung, wonach Unter­halts­zah­lun­gen gemäß der gesetz­li­chen Norm in § 22 Num­mer 1a EStG als steu­er­ba­re Ein­künf­te zu behan­deln sind, soweit für die­se beim Zah­lungs­ver­pflich­te­ten der Son­der­aus­ga­ben­ab­zug mög­lich ist. Ist dies der Fall, sind der­ar­ti­ge Unter­halts­zah­lun­gen den übri­gen Ein­künf­ten inso­weit voll­stän­dig gleich­ge­stellt. Dar­aus folgt nicht zuletzt, dass auch ein Wer­bungs­kos­ten­ab­zug bei Vor­lie­gen der ent­spre­chen­den Vor­aus­set­zun­gen voll­um­fäng­lich mög­lich sein muss und auch tat­säch­lich ist. So die kla­re Aus­sa­ge der Müns­te­ra­ner Richter.

Unter Ein­be­zie­hung und Berück­sich­ti­gung die­ser Recht­spre­chungs­grund­sät­ze besteht im vor­lie­gen­den Streit­fall der für den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug erfor­der­li­che Zusam­men­hang der Pro­zess­kos­ten mit der Erwerbs­sphä­re, soweit Gegen­stand des Ver­fah­rens vor dem Gericht die als sons­ti­ge Ein­künf­te zu ver­steu­ern­den Unter­halts­zah­lun­gen waren.

Aus­lö­sen­des Moment für die Ver­aus­ga­bung die­ser Pro­zess­kos­ten war im vor­lie­gen­den Fall das Ziel der Klä­ge­rin, von ihrem geschie­de­nen Ehe­mann die Zah­lung nach­ehe­li­chen Unter­halts zu erlan­gen. Indem die Klä­ge­rin das Ver­fah­ren vor Gericht betrieb, woll­te sie errei­chen, dass ihr zukünf­tig Ein­künf­te in Form von Unter­halts­leis­tun­gen zuflie­ßen. Durch die spä­te­ren, von der Klä­ge­rin als steu­er­ba­re Ein­künf­te dekla­rier­ten Unter­halts­zah­lun­gen hat sich sodann die mit der Pro­zess­füh­rung bereits begrün­de­te Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht rea­li­siert. Das aus­lö­sen­de Moment ist daher der Erwerbs­sphä­re und nicht der Pri­vat­sphä­re der Klä­ge­rin zuzu­rech­nen. Ganz klar gesagt: Gegen­stand des Ver­fah­rens war gera­de die zukünf­ti­ge Erzie­lung der steu­er­ba­ren Einkünfte.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung steht dem Wer­bungs­kos­ten­ab­zug dabei nicht ent­ge­gen, dass bei Anstren­gung der zivil­recht­li­chen Ver­fah­ren noch nicht fest­stand, ob durch eine ent­spre­chen­de Wahl­rechts­aus­übung die Steu­er­pflicht der Unter­halts­zah­lung begrün­det wer­den wür­de. Die Steu­er­bar­keit der Unter­halts­zah­lung bei der Klä­ge­rin hing näm­lich von einem ent­spre­chen­den, mit ihrer Zustim­mung gestell­ten Antrags ihres geschie­de­nen Ehe­manns ab.

Hier­zu ent­schei­det jedoch das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter, dass die­ses Antrags­er­for­der­nis den wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hang zwi­schen der Auf­wen­dung der Pro­zess­kos­ten und der Erzie­lung der Unter­halts­leis­tun­gen nicht unter­bricht. Inso­weit sind der Antrag des Gebers und die Zustim­mung des Unter­halts­emp­fän­gers ledig­lich rechts­ge­stal­tend, indem sie den Rechts­cha­rak­ter des Auf­wands beim Geber ändern und gleich­zei­tig die Steu­er­pflicht beim Emp­fän­ger bewirken.

Im Ergeb­nis kön­nen daher Pro­zess­kos­ten für der Bestrei­tung des nach­ehe­li­chen Unter­halts als steu­er­min­dern­de Wer­bungs­kos­ten bei den sons­ti­gen Ein­künf­ten abge­zo­gen wer­den, wenn und soweit die Unter­halts­zah­lun­gen zu steu­er­pflich­ti­gen Ein­künf­ten führen.

Wegen grund­sätz­li­cher Bedeu­tung der Rechts­sa­che muss­te jedoch das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt in sei­ner zu begrü­ßen­den Ent­schei­dung die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zulas­sen. Da sich die Finanz­ver­wal­tung nicht damit abfin­den möch­te, dass Wer­bungs­kos­ten auch dann gege­ben sind, obwohl der kau­sa­le Zusam­men­hang zwi­schen Pro­zess­kos­ten und Unter­halts­leis­tung erst dann durch­schlägt, wenn der Leis­ten­de auch tat­säch­lich einen Antrag auf Real­split­ting stellt, wur­de die Revi­si­on ein­ge­legt. Das letz­te Wort wird daher der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen X RZ 7/20 haben.

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7. Für Arbeitnehmer: Mit dem Taxi (nur) zur Arbeit (und nicht nach Paris)

Auf­wen­dun­gen des Arbeit­neh­mers für die Wege zwi­schen Woh­nung und ers­ter Tätig­keits­stät­te sind regel­mä­ßig Wer­bungs­kos­ten bei den Ein­künf­ten aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit. Auf­grund der Rege­lun­gen rund um die Ent­fer­nungs­pau­scha­le ist jedoch lei­der inso­weit regel­mä­ßig kein unbe­grenz­ter Abzug möglich.

Zur Abgel­tung die­ser Auf­wen­dun­gen ist für jeden Arbeits­tag, an dem der Arbeit­neh­mer die ers­te Tätig­keits­stät­te auf­sucht, eine Ent­fer­nungs­pau­scha­le für jeden vol­len Kilo­me­ter der Ent­fer­nung zwi­schen Woh­nung und ers­ter Tätig­keits­stät­te von 30 Cent anzu­set­zen, höchs­tens jedoch 4.500 Euro im Kalen­der­jahr. Ein höhe­rer Betrag als 4.500 Euro ist erst anzu­set­zen, soweit der Arbeit­neh­mer einen eige­nen oder ihm zur Nut­zung über­las­se­nen Kraft­wa­gen benutzt.

Beson­ders her­vor­zu­he­ben ist in die­sem Zusam­men­hang, dass Auf­wen­dun­gen für die Benut­zung öffent­li­cher Ver­kehrs­mit­tel auch dann ange­setzt wer­den kön­nen, soweit sie den im Kalen­der­jahr ins­ge­samt als Ent­fer­nungs­pau­scha­le abzieh­ba­ren Betrag über­stei­gen. Dies ist so expres­sis ver­bis gere­gelt in § 9 Abs. 2 Satz 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG).

Streit­be­fan­gen ist nun, ob denn Auf­wen­dun­gen für ein Taxi tat­säch­lich auch Auf­wen­dun­gen für die Benut­zung öffent­li­cher Ver­kehrs­mit­tel sind. Ver­ein­facht gesagt: Ist ein Taxi ein öffent­li­ches Verkehrsmittel?

Zumin­dest das Thü­rin­ger Finanz­ge­richt hat die­se Fra­ge in einer Ent­schei­dung vom 25.09.2018 unter dem Akten­zei­chen 3 K 233/18 sei­ner­zeit mit einem kla­ren Ja beant­wor­tet: Ein Taxi ist ein „öffent­li­ches Ver­kehrs­mit­tel” im Sin­ne des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG. Der Steu­er­pflich­ti­ge kann daher die per Taxi durch­ge­führ­ten Fahr­ten von der Woh­nung zur ers­ten Tätig­keits­stät­te nicht nur in Höhe der Ent­fer­nungs­pau­scha­le, son­dern in Höhe der tat­säch­lich ange­fal­le­nen, die Ent­fer­nungs­pau­scha­le über­stei­gen­den Kos­ten als Wer­bungs­kos­ten abziehen.

Trotz die­ses Urteils ist die Fra­ge, ob Taxis öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel sind oder – kon­kre­ter gesagt – zumin­dest öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel im Sin­ne der Rege­lung des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG, wei­ter­hin umstrit­ten. So auch sei­ner­zeit bereits die Thü­rin­ger Finanz­rich­ter in der vor­ge­nann­ten mitt­ler­wei­le rechts­kräf­ti­gen Entscheidung.

Zwar hat das Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf in sei­nem Urteil vom 08.04.2014 unter dem Akten­zei­chen 13 K 339/12 E Taxis den öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln zumin­dest gleich­ge­stellt, jedoch wur­de dies sei­ner­zeit nicht näher begrün­det, noch in irgend­ei­ner Wei­se dif­fe­ren­ziert. Der Bun­des­fi­nanz­hof hin­ge­gen hat jeden­falls in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.11.2016 unter dem Akten­zei­chen VI R 4/15 aus­drück­lich offen gelas­sen, ob es sich beim Taxi um ein öffent­li­ches Ver­kehrs­mit­tel im Sin­ne der vor­ge­nann­ten ein­kom­men­steu­er­li­chen Vor­schrift in § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG han­delt. Allein der Umstand, dass die Beför­de­rung von Per­so­nen mit Kfz im Gele­gen­heits­ver­kehr etwa einem Taxi geneh­mi­gungs­pflich­tig ist und zum öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr zählt, zwingt nach Auf­fas­sung der obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik nicht dazu, dass es sich auch um öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel im Sin­ne der ein­kom­men­steu­er­li­chen Vor­schrift han­delt. Ins­be­son­de­re soll wohl Sinn und Zweck der Vor­schrift sein, dass ledig­lich Auf­wen­dun­gen für regel­mä­ßig ver­keh­ren­de öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel, wie bei­spiels­wei­se dem Lini­en­ver­kehr, nicht unter die Abgel­tungs­wir­kung der Ent­fer­nungs­pau­scha­le fal­len sollen.

Trotz die­ser höchst­rich­ter­li­chen Unklar­hei­ten hat das Thü­rin­ger Finanz­ge­richt im Sep­tem­ber 2018 das Taxi als öffent­li­ches Ver­kehrs­mit­tel ein­ge­ord­net. Die Revi­si­on gegen die­se Ein­ord­nung wur­de sei­ner­zeit wegen grund­sätz­li­cher Bedeu­tung der Rechts­sa­che auch zuge­las­sen, ins­be­son­de­re da höchst­rich­ter­lich nicht abschlie­ßend geklärt ist, ob ein Taxi ein öffent­li­ches Ver­kehrs­mit­tel im Sin­ne der ein­kom­men­steu­er­li­chen Vor­schrift ist. Tat­säch­lich ist die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung jedoch sei­ner­zeit rechts­kräf­tig gewor­den. Sei­tens des Finanz­am­tes ist kei­ne Revi­si­on ein­ge­legt worden.

In einem neu­en Urteil vom 22.10.2019 hat das Thü­rin­ger Finanz­ge­richt sei­ne obi­ge Auf­fas­sung nun offen­sicht­lich unter dem Akten­zei­chen 3 K 490/19 wie­der­holt. Da es bis­her immer noch kei­ne höchst­rich­ter­li­che Klä­rung die­ser Streit­fra­ge gibt, wur­de wie gehabt wie­der­um die Revi­si­on zuge­las­sen. Dies­mal war jedoch nicht Schluss im Ver­fah­rens­weg. Dies­mal hat die Finanz­ver­wal­tung auch die Revi­si­on eingelegt.

Dem­entspre­chend wer­den die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik beim Bun­des­fi­nanz­hof nun kon­kre­ter wer­den müs­sen und unter dem Akten­zei­chen VI R 26/20 zu klä­ren haben, ob ein Taxi ein öffent­li­ches Ver­kehrs­mit­tel im Sin­ne des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG ist und ob dann die Taxi­kos­ten für die Wege zwi­schen Woh­nung und ers­ter Tätig­keits­stät­te in tat­säch­lich ent­stan­de­ner Höhe über die Ent­fer­nungs­pau­scha­le hin­aus als Wer­bungs­kos­ten gel­tend gemacht wer­den können.

Tipp: Betrof­fe­nen sei daher emp­foh­len, sich an das Mus­ter­ver­fah­ren mit­tels Ein­spruch anzu­hän­gen und den eige­nen Steu­er­fall offen zu hal­ten, damit ent­spre­chen­de Taxi­kos­ten gege­be­nen­falls auch jen­seits der Ent­fer­nungs­pau­scha­le noch ein­kom­men­steu­er­min­dernd bei den Ein­künf­ten aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit als Wer­bungs­kos­ten abge­zo­gen wer­den können.

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