Mandantenbrief Dezember 2025
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10.12. Umsatzsteuer Lohnsteuer Kirchensteuer zur Lohnsteuer Einkommensteuer Kirchensteuer Körperschaftsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 15.12. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Vorschau auf die Steuertermine Januar 2026:
12.01. Umsatzsteuer Lohnsteuer Kirchensteuer zur Lohnsteuer | Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 15.01. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
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Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge Dezember 2025
Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für Dezember ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 29.12.2025.
Inhalt:
- Für alle Steuerpflichtigen: Zahlungen in die Erhaltungsrücklage
- Für Immobilien-Gesellschaften: Keine erweiterte Grundbesitzkürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes
- Für grundbesitzende Personengesellschaften: Neue Gesellschafter bei einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands
- Für Gesellschafter von »Spardosen-GmbHs«: Teilabzugsverbot für Verwaltungskosten
- Für Unternehmer: Zur Änderung der Gewinnermittlungsart
- Für Beschenkte: Behandlung von im Bau befindlichen Gebäuden bei der Schenkungsteuer
- Für GmbH-Gesellschafter: Forderungsverzicht gegen Besserungsschein
- Für GmbH-Gesellschafter: Ableitung des Anteilswerts aus Verkäufen zwischen fremden Dritten
- Für Kapitalgesellschaften im Verbund: Berücksichtigung eines Holdingabschlags
1. Für alle Steuerpflichtigen: Zahlungen in die Erhaltungsrücklage
Wer Eigentumswohnungen vermietet, zahlt regelmäßig Hausgeld, aus dem die Gemeinschaft eine Erhaltungsrücklage bildet. Viele fragen sich, ob diese Einzahlungen sofort die Steuer mindern. Die obersten Finanzrichter stellen nun klar: Die reine Zuführung in die Erhaltungsrücklage gehört nicht zu den sofort abziehbaren Werbungskosten.
Erst wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft das Geld tatsächlich für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum ausgibt, entsteht der steuerliche Abzug. Das entscheidet der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 14.1.2025 unter dem Aktenzeichen IX R 19/24.
Der Hintergrund: Seit 1.12.2020 ist die Wohnungseigentümergemeinschaft voll rechtsfähig. Die Erhaltungsrücklage ist zivilrechtlich Vermögen der Gemeinschaft, über das der einzelne Eigentümer nicht verfügen kann. Gleichwohl kommt es im Steuerrecht auf den wirtschaftlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit den Vermietungseinkünften an. Nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Entscheidend ist, wofür die Mittel verwendet werden – nicht allein, dass sie streng zweckgebunden angespart werden. Diese Linie führt das oberste Finanzgericht mit seiner aktuellen Entscheidung fort.
Im entschiedenen Fall vermieten Eheleute mehrere Wohnungen und zahlen 2021 insgesamt 1.326 € in die Erhaltungsrücklagen der jeweiligen Gemeinschaften ein. Das Finanzamt erkennt diesen Anteil des Hausgeldes nicht als Werbungskosten an. Das Finanzgericht Nürnberg weist die Klage ab. Es handelt sich dabei um das Urteil vom 12.3.2024 unter dem Aktenzeichen 1 K 866/23. In der Revision argumentieren die Vermieter, die Rücklage sei streng zweckgebunden, der Abfluss nach § 11 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) liege vor, und durch die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft (§ 9a Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)) habe sich die Lage geändert. Das Finanzamt hält dem entgegen, maßgeblich ist der wirtschaftliche Zusammenhang, der erst bei tatsächlicher Verwendung der Mittel besteht.
Die obersten Finanzrichter bestätigen nun leider die Sicht der Verwaltung und weisen die Revision zurück. Die Zuführung zur Erhaltungsrücklage rechtfertigt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG keinen Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der notwendige Veranlassungszusammenhang zur Vermietungstätigkeit entsteht erst, wenn die Gemeinschaft die angesparten Mittel verausgabt. Die Pflicht des einzelnen Eigentümers, nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG und § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG eine angemessene Rücklage mitzufinanzieren, ist der Auslöser der Zahlung, nicht die Erzielung von Vermietungseinnahmen. Erst der Einsatz der Gelder am vermieteten Objekt fördert die Einnahmenerzielung.
Hinzu kommt ein weiterer, für die Praxis wichtiger Punkt: Erst bei Durchführung der Maßnahme lässt sich steuerlich sauber einordnen, ob sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand oder Herstellungskosten vorliegen, die nur über die Absetzung für Abnutzung zu berücksichtigen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Diese Einordnung ist bei bloßer Einzahlung in die Rücklage noch offen. Das Gericht betont, dass dadurch das objektive Nettoprinzip nicht verletzt ist: Der Abzug verschiebt sich lediglich in das Jahr der Verausgabung.
Die seit 1.12.2020 bestehende volle Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft (§ 9a Abs. 1 WEG) ändert an dieser Beurteilung nichts. Zwar ist die Rücklage zivilrechtlich Gemeinschaftsvermögen, wirtschaftlich bleibt der einzelne Eigentümer über seine Mitgliedschaft am Bestand der Rücklage beteiligt und profitiert später von daraus bezahlten Erhaltungsarbeiten am Objekt. Für den Werbungskostenabzug ist daher nicht die zivilrechtliche Verselbständigung des Vermögens entscheidend, sondern der tatsächliche Einsatz für Erhaltungsmaßnahmen. Diese Sicht führt die ständige Linie der Rechtsprechung fort, unter anderem geprägt durch die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 26.1.1988 unter dem Aktenzeichen IX R 119/83 und vom 9.12.2008 unter dem Aktenzeichen IX B 124/08.
2. Für Immobilien-Gesellschaften: Keine erweiterte Grundbesitzkürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes
Die Gewerbesteuer ist für viele Immobiliengesellschaften ein entscheidender Kostenfaktor. Das Gesetz sieht jedoch Erleichterungen vor, um die reine Grundstücksverwaltung nicht durch diese Steuer zu belasten. Besonders bedeutsam ist dabei die sogenannte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Sie sorgt dafür, dass die Einkünfte aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer freigestellt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass das Unternehmen während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich grundstücksverwaltend tätig ist. Ob diese Bedingung erfüllt ist, wenn ein Unternehmen sein letztes Grundstück kurz vor Jahresende veräußert, war Gegenstand einer Entscheidung des obersten Finanzgerichts.
Im entschiedenen Fall handelte es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die seit 2013 bestand und deren Unternehmensgegenstand der Erwerb, die Verwaltung und auch die Veräußerung von Grundstücken war. Die Gesellschaft hatte im Jahr 2015 ein größeres Objekt mit mehreren Eigentumswohnungen gekauft. Mit Kaufvertrag vom November 2016 veräußerte sie dieses Objekt wieder. Der Kaufpreis floss Mitte Dezember, während Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren bereits mit Beginn des 31.12.2016 auf den Erwerber übergingen. Damit verfügte die Gesellschaft am letzten Tag des Jahres über keinen Grundbesitz mehr. In ihrer Gewerbesteuererklärung beantragte sie gleichwohl die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Finanzamt lehnte dies ab und begründete, dass die Gesellschaft nicht ausschließlich verwaltend tätig gewesen sei. Es sah den Schwerpunkt im Erwerb und Verkauf von Grundstücken. Das Finanzgericht Münster entschied jedoch am 27.10.2022 unter dem Aktenzeichen 10 K 3572/18 G zugunsten der Gesellschaft und setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf null fest. Hiergegen legte die Finanzverwaltung Revision ein.
Die obersten Finanzrichter entschieden am 17.10.2024 unter dem Aktenzeichen III R 1/23, dass die Revision begründet ist. Sie hoben das Urteil der Vorinstanz auf und verwehrten der Gesellschaft die erweiterte Kürzung. Zur Begründung führten sie aus, dass die Voraussetzung der Ausschließlichkeit nicht erfüllt ist. Nach der Rechtsprechung muss ein Unternehmen während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich Grundbesitz verwalten und nutzen. Schon eine zeitweise andere Tätigkeit innerhalb des Jahres reicht aus, um den Anspruch auf die erweiterte Kürzung zu verlieren. Da die Gesellschaft ihr letztes Grundstück mit Beginn des 31.12.2016 übertragen hatte, war sie an diesem Tag nicht mehr grundstücksverwaltend tätig. Eine Ausnahme für kurzfristige technische Übergänge, wie sie nur für Veräußerungen am 31.12. um 23:59 Uhr anerkannt wird, lag nicht vor. Auch geringfügige Abweichungen können nach der gefestigten Rechtsprechung nicht akzeptiert werden. Damit war die erweiterte Kürzung insgesamt zu versagen.
Das Urteil verdeutlicht, wie streng die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung ausgelegt werden. Wer als Immobiliengesellschaft auf diese Steuererleichterung setzt, muss sicherstellen, dass während des gesamten Jahres Grundbesitz im Bestand ist und ausschließlich verwaltend genutzt wird. Bereits der Verkauf des letzten Objekts einen Tag vor Jahresende führt dazu, dass die Begünstigung vollständig entfällt. Für betroffene Unternehmen bleibt dann nur die einfache Kürzung als Ausweg.
3. Für grundbesitzende Personengesellschaften: Neue Gesellschafter bei einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands
Beim Übergang von Anteilen an einer grundbesitzenden Personengesellschaft stellt sich häufig die Frage, ob dadurch Grunderwerbsteuer ausgelöst wird. Hintergrund ist § 1 Absatz 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), der regelt, dass auch ohne eine direkte Übertragung von Grundstücken ein steuerbarer Erwerbsvorgang vorliegt, wenn sich innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter übertragen.
In der Praxis führt das oft zu Streit, wenn Beteiligungen über mehrere Gesellschaftsebenen hinweg verändert werden und unklar ist, ob dadurch tatsächlich neue Gesellschafter hinzukommen.
Im nun entschiedenen Fall vor dem Bundesfinanzhof ging es um eine GmbH & Co. KG, die Grundbesitz hielt. An ihr war eine weitere Kommanditgesellschaft, die X KG, mittelbar vollständig beteiligt. Die Gesellschafter der X KG waren mehrere Personen. Im Dezember 2015 kam es zu umfangreichen Umstrukturierungen: Eine Gesellschafterin schenkte ihre Anteile an ihre beiden Söhne. Diese brachten ihre neuen Beteiligungen wiederum in italienische Kapitalgesellschaften ein. Zudem übertrugen zwei andere Gesellschafter ihre Anteile an eine neu gegründete W KG, an der sie selbst jeweils zur Hälfte beteiligt waren. Nach Ansicht des Finanzamts führte diese Umstrukturierung dazu, dass die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2a GrEStG erfüllt waren, da die Anteile der X KG, die mittelbar 100 Prozent an der grundbesitzenden Gesellschaft hielt, innerhalb von fünf Jahren auf neue Rechtsträger übergegangen seien. Deshalb erließ die Behörde einen Feststellungsbescheid zur Grunderwerbsteuer. Zwar gewährte das Finanzamt eine teilweise Steuerbefreiung nach § 6 Absatz 3 GrEStG, dennoch blieb eine erhebliche Steuerbelastung bestehen. Die Gesellschaft legte Einspruch ein, blieb aber vor dem Finanzgericht München erfolglos. Dieses entschied am 23.6.2021 unter dem Aktenzeichen 4 K 1105/18, dass durch die Einbringung der Anteile in die neuen Gesellschaften sehr wohl ein Übergang auf neue Gesellschafter stattgefunden habe.
Die Klägerin argumentierte in der Revision, dass man bei Personengesellschaften transparent auf die Gesellschafter durchschauen müsse. Entscheidend sei nicht, dass eine neue Gesellschaft zwischengeschaltet wurde, sondern ob tatsächlich andere Personen wirtschaftlich neu beteiligt sind. Da zwei der ursprünglichen Gesellschafter über die neu gegründete W KG weiterhin mit demselben Anteil mittelbar beteiligt waren, seien keine neuen Gesellschafter hinzugekommen. Die Finanzverwaltung hielt dagegen, dass durch die zwischengeschalteten Gesellschaften neue Beteiligte in die Struktur eingetreten seien und damit der Tatbestand des Gesetzes erfüllt sei.
Die obersten Finanzrichter gaben am 21.8.2024 unter dem Aktenzeichen II R 16/22 der Klägerin Recht. Sie hoben die Entscheidung des Finanzgerichts und die Bescheide des Finanzamts auf. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass durch die Umstrukturierung nicht mindestens 95 Prozent der Anteile auf neue Gesellschafter übergegangen sind. Entscheidend ist die wirtschaftliche Betrachtung. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften ist durch alle Ebenen hindurchzuschauen. Wenn eine Personengesellschaft lediglich in die Beteiligungskette eingefügt wird, ohne dass sich die dahinterstehenden natürlichen oder juristischen Personen ändern, entsteht kein neuer Gesellschafter. Im Streitfall waren AB und CB sowohl vor als auch nach der Einbringung über die W KG mit 40 Prozent mittelbar an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt. Damit ist kein neuer Gesellschafter hinzugekommen. Die bloße Verlängerung der Beteiligungskette erfüllt nicht den Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG.
4. Für Gesellschafter von »Spardosen-GmbHs«: Teilabzugsverbot für Verwaltungskosten
Viele Unternehmen, die ihre Einkünfte vor allem aus Beteiligungen an anderen Gesellschaften erzielen, stehen vor der Frage, ob sie ihre Verwaltungskosten in vollem Umfang steuerlich geltend machen können.
Das Einkommensteuergesetz sieht in § 3 Nummer 40 (EStG) vor, dass bestimmte Dividendenerträge teilweise steuerfrei sind. Damit soll eine Doppelbesteuerung vermieden werden. Gleichzeitig enthält § 3c Absatz 2 EStG eine Einschränkung: Aufwendungen, die mit diesen teilweise steuerfreien Einnahmen wirtschaftlich zusammenhängen, dürfen nur teilweise als Betriebsausgaben abgezogen werden. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 27.11.2024 unter dem Aktenzeichen IV R 25/22 entschieden, wie weit dieser Zusammenhang reicht und welche Kosten dadurch betroffen sind.
Im konkreten Fall ging es um eine GmbH & Co. KG, die ausschließlich 100 Prozent der Anteile an einer weiteren GmbH hielt. Sie erzielte im Streitjahr nur Dividendenerträge aus dieser Beteiligung. Um ihren Betrieb zu führen, hatte sie verschiedene Ausgaben wie Prüfungs- und Abschlusskosten, Rechtsberatung, Beiträge an die Industrie- und Handelskammer und Gebühren für den Zahlungsverkehr. In ihrer Steuererklärung machte sie diese Kosten als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt berücksichtigte sie jedoch nur anteilig, und zwar zu 60 Prozent. Begründet wurde dies mit dem Verweis auf § 3c Absatz 2 EStG, da die Dividendenerträge nach § 3 Nummer 40 EStG im Umfang von 40 Prozent steuerfrei sind.
Die Gesellschaft war anderer Meinung und vertrat die Auffassung, dass ihre Kosten unabhängig von den Erträgen angefallen sind und deshalb vollständig abgezogen werden müssten. Sie verwies darauf, dass es sich bei vielen Kosten um gesetzliche Pflichten handelte, wie etwa die Erstellung eines Konzernabschlusses oder die Mitgliedschaft in der IHK, die nicht direkt mit den Erträgen zusammenhängen.
Das Finanzgericht Köln gab dem Finanzamt recht und sah die Ausgaben nur anteilig als abziehbar an. Ebenso stellte der Bundesfinanzhof klar, dass die Aufwendungen zwar grundsätzlich Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Absatz 4 EStG sind, sie aber in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den teilweise steuerfreien Dividendenerträgen stehen. Entscheidend ist, dass die Gesellschaft ausschließlich solche Einnahmen erzielte, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen. Das bedeutet, dass sämtliche Aufwendungen zur Verwaltung und für den Konzernabschluss unmittelbar auf die Tätigkeit zurückzuführen sind, die gerade auf das Erzielen dieser teilweise steuerfreien Erträge gerichtet war. Auch wenn bestimmte Kosten wie Prüfungsarbeiten oder IHK-Beiträge auf gesetzlichen Verpflichtungen beruhen, ändert das nichts am Zusammenhang. Denn die Ursache für diese Verpflichtungen liegt in der Entscheidung der Gesellschaft, in der Rechtsform einer gewerblich geprägten Personengesellschaft Anteile zu halten und dadurch Einkünfte zu erzielen.
Das Gericht verwies dabei auch auf die Zielsetzung der gesetzlichen Regelung. Der Gesetzgeber wollte vermeiden, dass ein doppelter Vorteil entsteht: einmal durch teilweise steuerfreie Einnahmen und zusätzlich durch den vollen Abzug der dazugehörigen Aufwendungen. Deshalb ist es ausreichend, wenn ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Im Streitfall war kein Raum für eine Aufteilung, weil die Gesellschaft keinerlei andere Einkünfte hatte, die voll steuerpflichtig gewesen wären. Die Betriebsausgaben konnten daher nur zu 60 Prozent berücksichtigt werden.
Für Unternehmen, die wie reine Holdinggesellschaften lediglich Beteiligungserträge erzielen, bedeutet dies, dass ihre Verwaltungskosten und Abschlusskosten zwingend anteilig gekürzt werden müssen. Die Tatsache, dass diese Kosten auf gesetzlichen Pflichten beruhen, ändert nichts an ihrer steuerlichen Behandlung.
5. Für Unternehmer: Zur Änderung der Gewinnermittlungsart
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer stehen vor der Frage, wie sie ihren Gewinn ermitteln: Entweder durch den Betriebsvermögensvergleich mit Bilanz oder durch die einfachere Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
Der Gesetzgeber hat hierfür klare Vorgaben gemacht. Nach § 4 Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist der Betriebsvermögensvergleich der Regelfall. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Absatz 3 EStG ist nur möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere wenn keine Buchführungspflicht besteht und tatsächlich auch keine Bücher geführt werden. Wer sich einmal für eine Methode entschieden hat, kann diese nicht beliebig wechseln. Genau um diese Frage ging es in einem Fall, über den die obersten Finanzrichter am 27.11.2024 unter dem Aktenzeichen X R 1/23 entschieden haben.
Ein selbstständiger Händler hatte bis 2011 seinen Gewinn mit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt. Ab 2012 wechselte er freiwillig zur aufwendigeren Gewinnermittlung durch Bilanz und Buchführung. Für das Jahr 2016 reichte er beim Finanzamt eine Bilanz ein, die einen Gewinn von gut 20.800 Euro auswies. Das Finanzamt übernahm die Angaben und erließ bestandskräftige Bescheide. Erst Jahre später kam es zu einer Außenprüfung, die den Gewinn höher ansetzte. Daraufhin wollte der Unternehmer rückwirkend wieder zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung wechseln, um den höheren Gewinn auszugleichen. Er legte dazu eine neue Gewinnermittlung vor, die zu einem niedrigeren Ergebnis führte. Das Finanzamt akzeptierte diesen Schritt jedoch nicht und verwies darauf, dass das Wahlrecht mit Einrichtung der Buchführung und Abgabe der Bilanz verbraucht war.
Das Finanzgericht Thüringen hatte den Unternehmer zunächst gestützt. Es vertrat die Ansicht, dass er wegen der nachträglichen Änderung durch das Finanzamt ein Recht haben müsse, ebenfalls eine Änderung vorzunehmen. Zur Begründung verwies das Gericht auf den Rechtsgedanken des § 177 der Abgabenordnung (AO), der Fehlerkorrekturen im Zusammenhang mit Änderungsbescheiden zulässt. Dies diene nach Auffassung des Finanzgerichts der Gleichbehandlung und der Waffengleichheit zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung.
Das oberste Finanzgericht hob dieses Urteil jedoch auf und stellte sich klar auf die Seite des Finanzamts. Die Richter erklärten, dass der Kläger mit der Einrichtung der Buchführung und der Erstellung des Jahresabschlusses sein Wahlrecht ausgeübt hatte. Wer freiwillig Bücher führt, erfüllt nicht mehr die Voraussetzungen des § 4 Absatz 3 EStG, auch wenn keine gesetzliche Pflicht zur Buchführung besteht. Maßgeblich ist die tatsächliche Handhabung. Durch die Abgabe der Bilanz an das Finanzamt hat der Kläger seine Entscheidung nach außen erkennbar getroffen. Damit war er an diese Wahl gebunden. Ein Wechsel zurück zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung war für das Streitjahr nicht mehr möglich.
Mit dieser Entscheidung haben die Richter betont, dass die Wahl der Gewinnermittlungsart bindend ist. Ein Wechsel ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse ändern und ein vernünftiger Grund für den Wechsel vorliegt. Der bloße Wunsch, das Ergebnis einer Außenprüfung abzumildern, reicht nicht.
6. Für Beschenkte: Behandlung von im Bau befindlichen Gebäuden bei der Schenkungsteuer
Die Frage, ob Grundstücke, die sich am Bewertungsstichtag noch im Bau befinden, für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als begünstigtes Betriebsvermögen oder als schädliches Verwaltungsvermögen gelten, beschäftigt seit Jahren Steuerpflichtige wie auch die Finanzgerichte.
Hintergrund ist, dass § 13b Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) die Übertragung von Betriebsvermögen grundsätzlich steuerlich begünstigt, bestimmte Vermögensarten aber ausdrücklich ausnimmt. Zu diesen zählt auch Grundbesitz, der an Dritte zur Nutzung überlassen wird. Ob ein noch nicht fertiggestelltes Gebäude schon als Verwaltungsvermögen einzustufen ist, war bisher umstritten.
Im entschiedenen Fall vor dem Finanzgericht Münster vom 14.11.2024 unter dem Aktenzeichen 3 K 906/23 F ging es um die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an einer GmbH & Co. KG, die im Immobilienbereich tätig ist. Der Vater hatte seinem Sohn und dessen Bruder zum 31.12.2019 je hälftige Anteile geschenkt. Zum Vermögen der Gesellschaft gehörten zwei Grundstücke, die zu diesem Zeitpunkt bebaut wurden. Eine Vermietung fand erst Monate später statt. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die Grundstücke schon am Stichtag als Verwaltungsvermögen anzusehen seien. Begründet wurde dies damit, dass die künftige Vermietung an Dritte beabsichtigt war und deshalb kein begünstigtes Betriebsvermögen vorliege. Außerdem wurde der Vergleich mit einer sogenannten Cash-GmbH gezogen, bei der nur Geldwerte übertragen werden, ohne dass Arbeitsplätze oder originär unternehmerische Tätigkeiten entstehen. Daher änderte das Finanzamt die Feststellungsbescheide und qualifizierte den Grundbesitz als Verwaltungsvermögen.
Der Sohn wandte sich dagegen und argumentierte, dass am Stichtag noch keine Nutzungsüberlassung erfolgt sei und die Objekte daher nicht unter die Ausschlusstatbestände des § 13b Abs. 4 ErbStG fallen. Zudem sei das Unternehmen originär gewerblich tätig, da es ein umfangreiches Bündel an Leistungen im Bereich Vermietung und Betreuung von Ferienobjekten erbringe. Auch die Wahl des Übertragungsstichtags am Jahresende sei üblich und stelle keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 Abgabenordnung (AO) dar.
Das Finanzgericht Münster entschied zugunsten des Klägers. Die Richter stellten klar, dass für die Einordnung als Verwaltungsvermögen allein die tatsächlichen Verhältnisse am Bewertungsstichtag maßgeblich sind. Am 31.12.2019 waren die Grundstücke noch im Zustand der Bebauung und damit nicht an Dritte zur Nutzung überlassen. Eine zukünftige beabsichtigte Vermietung darf nicht berücksichtigt werden. Das Gericht verwies hierzu auf die klare Gesetzessystematik und das strenge Stichtagsprinzip des Erbschaftsteuergesetzes. Eine Erweiterung der Vorschrift zulasten der Steuerpflichtigen durch analoge Anwendung sei unzulässig. Auch der Vergleich des Finanzamts mit einer Cash-GmbH überzeugte die Richter nicht. Ebenso liege kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn Schenker und Beschenkte den Übertragungszeitpunkt bewusst zum 31.12. eines Jahres wählen. Dies sei vielmehr ein übliches Vorgehen, um steuerliche und organisatorische Abläufe zu vereinfachen. Die Schenkung an einem solchen Stichtag ist nicht unangemessen, sondern praktisch und effizient.
Das Gericht hob den angefochtenen Bescheid auf und stellte fest, dass die Grundstücke nicht als Verwaltungsvermögen gelten. Damit war der Kläger mit seiner Klage erfolgreich. Die Richter ließen wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zu. Das Verfahren ist inzwischen beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 37/24 anhängig. Eine endgültige, höchstrichterliche Klärung bleibt daher noch abzuwarten.
7. Für GmbH-Gesellschafter: Forderungsverzicht gegen Besserungsschein
Wer als Gesellschafter seiner GmbH in der Krise mit einem Darlehen aushilft und später unter einem »Besserungsschein« auf die Rückzahlung verzichtet, steht vor der Frage, wann und wo der daraus entstehende Verlust steuerlich wirkt. Das oberste Finanzgericht hat dazu nun klare Leitplanken gesetzt: Der Verlust aus einem auflösend bedingten Forderungsverzicht zählt bereits im Zeitpunkt des Verzichts und nicht erst dann, wenn endgültig feststeht, dass der Besserungsfall nicht mehr eintritt. Außerdem gehört der Verlust grundsätzlich zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und die Anschaffungskosten des Darlehens wandern nicht in eine Besserungsanwartschaft. So entschieden die obersten Finanzrichter am 19.11.2024 unter dem Aktenzeichen VIII R 8/22.
Zum Hintergrund: Ein Gesellschafter hatte seiner zunächst als GmbH & Co. KG geführten, später in eine GmbH umgewandelten Gesellschaft Anfang 2009 entsprechend seiner Beteiligungsquote ein nachrangiges Darlehen über 128.000 € gewährt. Wegen anhaltender Verluste verzichteten die Gesellschafter noch im Jahr 2009 auf die Rückzahlung ihrer Darlehen, allerdings unter einem Besserungsvorbehalt: Sollte die GmbH künftig wirtschaftlich wieder in der Lage sein, sollte der Anspruch wieder aufleben und Rückzahlungen unmittelbar als Einlage in die freie Rücklage zurückfließen. Gleichzeitig kam es zu einer Kapitalerhöhung, die Beteiligungsquote des Gesellschafters sank leicht; die Gesellschaft schrieb weiter Verluste und wurde 2013 insolvent. Für 2009 machte das Ehepaar den Darlehensverlust zunächst bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte ab und behandelte den Verzicht als vollumfängliche verdeckte Einlage. Vor dem Finanzgericht kam es zu einer tatsächlichen Verständigung, dass die Forderung im Verzichtszeitpunkt zu 34 % (43.520 €) noch werthaltig war.
Im Kern stritten die Parteien über zwei Punkte:
Erstens, ob ein Verzicht »gegen Besserungsschein« steuerlich sofort wirkt oder erst, wenn klar ist, dass der Besserungsfall nicht mehr eintritt.
Zweitens, ob der Verlust beim Gesellschafter lohnsteuerlich, als verdeckte Einlage oder bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu verorten ist.
Das Finanzamt vertrat, der Verlust ist zeitlich erst später zu berücksichtigen und der Verzicht stellt insgesamt eine verdeckte Einlage dar. Der Steuerpflichtige hielt dem entgegen, der nicht mehr werthaltige Teil führt schon 2009 zu negativen Einkünften aus Kapitalvermögen.
Der Bundesfinanzhof folgt im Ergebnis erfreulicherweise dem Steuerpflichtigen und weist die Revision des Finanzamts zurück. Nach Auffassung des Gerichts liegt beim Verzicht die maßgebliche Rechtsfolge punktuell im Zeitpunkt der Disposition: Der auflösend bedingte Verzicht lässt die Forderung zivilrechtlich sofort entfallen; lebt sie später bei Besserung wieder auf, geschieht das ohne Rückwirkung. Deshalb entsteht der Verlust aus dem nicht mehr werthaltigen Teil bereits im Verzichtsjahr. Zur Stützung verweist das Gericht auf seine frühere Linie zum Besserungsvorbehalt und zum sofortigen Wegfall der Forderung, etwa beim Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.10.2017 unter dem Aktenzeichen VIII R 19/16 sowie beim Urteil vom 12.7.2012 unter dem Aktenzeichen I R 23/11.
Steuerlich ordnet das Gericht den Vorgang wie folgt zu: Der Verzicht ist in zwei Teile zu zerlegen. Soweit die Forderung noch werthaltig ist, liegt eine verdeckte Einlage vor; Anschaffungskosten und gemeiner Wert entsprechen sich, ein Einlagegewinn entsteht nicht. Soweit die Forderung nicht mehr werthaltig ist, fällt ein Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an, denn der Verzicht steht wirtschaftlich einer Abtretung gleich. Maßstab für Gewinn oder Verlust ist § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG. Im Streitfall ergibt sich damit ein sofort zu berücksichtigender Verlust von 84.480 € (128.000 € minus 43.520 €). Die Anschaffungskosten sind anteilig den beiden Teilen der Forderung zuzuordnen. Den Erwerb einer separaten Besserungsanwartschaft erkennt das Gericht zwar an, aber ohne Anschaffungskosten: Die Anwartschaft ist ein eigenständiges, verkehrsfähiges Wirtschaftsgut, jedoch kein Surrogat des wertlos gewordenen Forderungsteils; ihr Wert beträgt null. Für die Abgrenzung nimmt das Gericht Bezug auf § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und grenzt die Konstellation von echten Substanzabspaltungen ab; einschlägig sind unter anderem die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 6.8.2019 unter dem Aktenzeichen VIII R 18/16 und vom 30.11.2022 unter dem Aktenzeichen VIII R 30/20.
Wichtig für die Praxis ist auch die Frage der Einkünfteerzielungsabsicht: Im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer gilt eine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen der Absicht. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt. Entscheidend ist eine Gesamtbetrachtung von Gesellschafterdarlehen und Beteiligung; positive Zins- oder Beteiligungserträge waren nicht ausgeschlossen. Dazu knüpfen die Richter an die Linie des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 20.6.2023 unter dem Aktenzeichen IX R 2/22 an. Dass der besondere Steuersatz nach § 32d EStG im Einzelfall ausgeschlossen sein kann, ändert an der Ermittlungsebene nichts.
Schließlich grenzt das Gericht § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG gegenüber § 17 EStG ab: Die Sperrwirkung greift nur »soweit« sich der Verlust im zu beurteilenden Zeitraum bei den Einkünften aus § 17 EStG auswirkt. Das setzt insbesondere voraus, dass die Tatbestände des § 20 Abs. 2 EStG und des § 17 Abs. 4 EStG im selben Veranlagungszeitraum verwirklicht sind. Weil im Streitjahr weder eine Veräußerung noch eine Auflösung vorlag, verdrängt § 17 EStG die Anwendung des § 20 EStG nicht. Zugleich behalten die Richter im Blick, dass eine spätere Berücksichtigung nach § 17 EStG im Auflösungs- oder Veräußerungsjahr verfahrensrechtlich vor einer doppelten Verlustnutzung zu schützen ist. Bezug nimmt das Gericht dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 18.7.2023 unter dem Aktenzeichen IX R 21/21 und vom 14.11.2023 unter dem Aktenzeichen IX R 3/23.
Für die steuerliche Einordnung ergeben sich damit klare Tatbestandsmerkmale und Voraussetzungen: Erstens liegt beim Verzicht gegen Besserungsschein eine Aufspaltung in werthaltigen (verdeckte Einlage) und nicht mehr werthaltigen Forderungsteil (Verlust nach § 20 Abs. 2 EStG) vor. Zweitens fließen die Anschaffungskosten anteilig in diese beiden Teile, nicht aber in eine Besserungsanwartschaft. Drittens entsteht der Verlust im Zeitpunkt der Verzichtserklärung. Viertens wird die Einkünfteerzielungsabsicht im Bereich der Abgeltungsteuer vermutet und ist anhand einer Gesamtbetrachtung von Darlehen und Beteiligung zu prüfen. Fünftens sperrt § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG die Anwendung des § 20 EStG nur, wenn sich der Verlust zeitgleich bei § 17 EStG auswirkt; fehlt es daran, bleibt § 20 EStG anwendbar. So die Quintessenz des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 19.11.2024 unter dem Aktenzeichen VIII R 8/22.
8. Für GmbH-Gesellschafter: Ableitung des Anteilswerts aus Verkäufen zwischen fremden Dritten
Wenn in einer Erbschaft nicht börsennotierte GmbH-Anteile zu bewerten sind, prallen in der Praxis zwei Leitideen aufeinander: Der »gemeine Wert« orientiert sich am Markt, während der Substanzwert die Vermögenssubstanz der Gesellschaft abbildet.
Das Bewertungsgesetz (BewG) verlangt grundsätzlich den gemeinen Wert; er lässt sich bevorzugt aus zeitnahen Verkäufen zwischen fremden Dritten ableiten. Lange war strittig, ob trotzdem stets der Substanzwert als Untergrenze gilt. Die obersten Finanzrichter stellen nun klar: Wenn echte, zeitnahe Marktdaten vorliegen, begrenzt der Substanzwert die Bewertung nicht. Genau daran scheitert aber ein Fall, in dem Gesellschafter über Jahre immer wieder zum gleichen, pauschalen Kurs miteinander handeln. Das hat der Bundesfinanzhof am 25.9.2024 unter dem Aktenzeichen II R 15/21 entschieden.
Im Streitfall ging es um eine Familienholding in der Rechtsform der GmbH. Die Erben einer im November 2014 verstorbenen Gesellschafterin übernahmen rund 9,95 Prozent der Anteile. In dieser Gesellschaft waren seit 2009 mehrfach Teilgeschäftsanteile eingezogen und zwischen Gesellschaftern übertragen worden – fast immer zum Preis von »400 % des Nennkapitals«, im Jahr 2018 einmal zu »380 %«. Das Finanzamt stellte den Anteil zunächst entsprechend den gemeldeten Werten fest, änderte dann nach einer Konzernbetriebsprüfung auf den deutlich höheren Substanzwert.
Das Finanzgericht Münster bestätigte diese Sicht am 15.4.2021 unter dem Aktenzeichen 3 K 3724/19 F. Die Erben hielten entgegen, der Kurs aus den Einziehungen bilde den gemeinen Wert im Sinne des Gesetzes ab und der Substanzwert dürfe ihn nicht »unterfüttern«. Die Finanzverwaltung verwies auf die Richtlinien und argumentierte, echte Verkäufe zwischen fremden Dritten innerhalb eines Jahres vor dem Stichtag lägen nicht vor; das extreme Missverhältnis zum Substanzwert spreche zusätzlich gegen einen marktüblich gebildeten Preis.
Der Bundesfinanzhof ordnet die Rechtslage in zwei Schritten:
Erstens stellt das oberste Finanzgericht klar: § 11 Abs. 2 Satz 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) setzt den Substanzwert nicht als Mindestwert fest, wenn sich der gemeine Wert nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus zeitnahen Verkäufen unter fremden Dritten ableiten lässt. Das Ziel des Gesetzes – die Bewertung zum gemeinen Wert – hat Vorrang. Diese Lesart entspricht der Systematik des Gesetzes und dem Gleichheitsgrundsatz aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.2006 unter dem Aktenzeichen 1 BvL 10/02.
Zweitens prüft der Senat die konkreten Transaktionen: Die wiederholten Einziehungen und Verkäufe »zum immer gleichen Vielfachen des Nominalwerts« bilden keinen Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsteht. Maßgeblich ist ein frei gebildeter Marktpreis unter Berücksichtigung von Vermögenslage und Ertragsaussichten; ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bleiben außer Betracht. Daran fehlt es, wenn über Jahre schematisch der gleiche Multiplikator verwendet wird und sich der festgelegte Kurs nicht an den deutlich höheren Vermögensverhältnissen der Gesellschaft orientiert. Im Fall betrug die Abweichung mehr als das Sechsfache des Substanzwerts, was die fehlende Marktorientierung zusätzlich belegt. Deshalb lässt sich der gemeine Wert nicht aus diesen Transaktionen ableiten. Es greift die Regelbewertung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Beachtung, dass der dabei ermittelte Wert den Substanzwert gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht unterschreiten darf.
Im Ergebnis bleibt die – vom Finanzamt nach der Prüfung vorgenommene – Bewertung mit dem Substanzwert rechtmäßig. Zur Einordnung stützt sich der Senat auf seine ständige Rechtsprechung, unter anderem auf Entscheidungen vom 22.1.2009 unter dem Aktenzeichen II R 43/07, vom 14.10.2020 unter dem Aktenzeichen II R 7/18 und vom 15.7.1998 unter dem Aktenzeichen II R 23/97.
Für die Praxis bedeutet das: Wer den gemeinen Wert nicht börsennotierter Anteile im Erbfall nachweisen will, braucht echte Vergleichspreise aus Verkäufen zwischen fremden Dritten, die weniger als ein Jahr vor dem Stichtag liegen, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande kommen und eine nachvollziehbare Preisbildung anhand Vermögen und Ertragsaussichten erkennen lassen. Innergesellschaftliche Einziehungen oder Gesellschaftergeschäfte zu einem pauschal über Jahre festgehaltenen Prozentsatz erfüllen diese Voraussetzungen regelmäßig nicht. Liegen hingegen belastbare Marktdaten vor, setzt sich deren Preis als gemeiner Wert durch; der Substanzwert begrenzt ihn dann nicht. Fehlen solche Verkäufe, erfolgt die Bewertung nach einer anerkannten Methode im Sinne des § 11 Abs. 2 BewG – wobei der Substanzwert als Untergrenze wirkt.
9. Für Kapitalgesellschaften im Verbund: Berücksichtigung eines Holdingabschlags
Bei der Bewertung von GmbH-Anteilen entscheidet oft die Frage, ob sich der gemeine Wert aus zeitnahen Verkäufen ableiten lässt oder ob stattdessen eine andere Methode – typischerweise der Substanz- bzw. »Net Asset Value« – maßgeblich ist.
Ein aktuelles Urteil der obersten Finanzrichter klärt, unter welchen Voraussetzungen Verkäufe tatsächlich den »gewöhnlichen Geschäftsverkehr« abbilden und ob ein pauschaler Holdingabschlag den so ermittelten Wert mindern darf. Der Bundesfinanzhof hat am 25.9.2024 unter dem Aktenzeichen II R 49/22 entschieden: Eine Ableitung aus Verkäufen gelingt nur, wenn der Preis im marktwirtschaftlichen Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage frei gebildet ist. Ein über Jahre gleichbleibender pauschaler Holdingabschlag bleibt dabei außer Ansatz.
Der entschiedene Fall betraf eine große, familiär geprägte Holding-GmbH, deren Gesellschafterkreis aus zahlreichen Abkömmlingen der Gründer bestand. Die Satzung und interne Richtlinien sahen vor, dass Verkäufe der Anteile einem Zustimmungsverfahren unterliegen und das Verwaltungsbüro Anteile innerhalb eines festgelegten Verwandtschaftskreises nach einer Reihenfolge anbietet. Für die Kaufpreise stellte die Zentralabteilung Steuern der Gesellschaft monatlich einen Wert nach dem »Net Asset Value« zusammen und zog davon regelmäßig einen »Holding Discount« von 20 % ab. Im Bewertungsstichtag 2009 wurden 63 Verkäufe innerhalb von weniger als einem Jahr herangezogen; die Gesellschaft leitete daraus einen Wert von 408 % des Nennwerts ab. Das Finanzamt setzte demgegenüber 510 % ohne Abschlag fest. Das Finanzgericht Düsseldorf gab der Klage am 2.11.2022 statt. Auf Revision hob das oberste Finanzgericht dieses Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gesellschaft argumentierte, die Vielzahl der Verkäufe belege einen funktionsfähigen Markt innerhalb des Gesellschafterkreises. Käufer und Verkäufer hätten die von der Zentralabteilung ermittelten Werte freiwillig akzeptiert oder abgelehnt, in 27 Fällen seien Abweichungen dokumentiert. Der pauschale Holdingabschlag von 20 % sei betriebswirtschaftlich begründet und an Kapitalmärkten üblich. Als Beleg verwies sie unter anderem auf Beobachtungen bei börsennotierten Holdinggesellschaften.
Das Finanzamt hielt dem entgegen, die Verkäufe fänden nicht unter fremden Dritten statt, weil der Markt faktisch auf den Familienkreis beschränkt ist. Die Preisbildung folge nicht frei dem Markt, sondern vorgegebenen internen Werten, und ein pauschaler Holdingabschlag sei weder unternehmensbezogen ermittelt noch zulässig. Außerdem dürfe der Substanzwert jedenfalls nicht unterschritten werden.
Die Richter des Bundesfinanzhofs stellen klar: Maßstab des § 11 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) ist ein Preis aus Verkäufen im Sinn des § 9 BewG, also im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, gebildet ohne Zwang und nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen. Ein solcher Markt liegt nicht vor, wenn die Richtlinie eine feste Angebotsreihenfolge innerhalb der Familie vorgibt und damit verhindert, dass sich Preise bei konkurrierender Nachfrage frei bilden. Ebenso spricht gegen freie Preisbildung, dass die tatsächlich vereinbarten Preise innerhalb eines Zeitraums »stets dieselben« waren und die dokumentierten Abweichungen regelmäßig lediglich den Vor- oder Folgemonatswerten entsprachen, also keine echte Verhandlung widerspiegelten. Damit scheidet die Ableitung eines gemeinen Werts aus diesen Verkäufen aus. Zur inhaltlichen Auslegung verweist das Gericht auf seine ständige Linie: Gewöhnlicher Geschäftsverkehr verlangt eine Preisbildung nach objektiven Wertmaßstäben wie Gesamtvermögen und Ertragsaussichten. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bleiben außer Betracht. Das hat der Bundesfinanzhof schon am 22.1.2009 unter dem Aktenzeichen II R 43/07 bekräftigt und am 14.10.2020 unter dem Aktenzeichen II R 7/18 verdeutlicht. Zur Bindung an die Tatsachenwürdigung des Finanzgerichts vgl. auch das Urteil vom 16.9.2015 unter dem Aktenzeichen X R 43/12.
Zentral ist zudem der Umgang mit dem Holdingabschlag: Ein pauschaler, über Jahre gleichbleibender Abschlag von 20 % ist kein preisbildender Faktor, der aus der konkreten Beschaffenheit der Anteile folgt. Abschläge müssen objektivierbar und wirtschaftsgutbezogen begründet sein – nicht nur dem Grunde nach, sondern auch der Höhe nach. Das haben die Richter bereits zur Grundstücksbewertung am 15.3.2017 unter dem Aktenzeichen II R 10/15 hervorgehoben. Im Streitfall diente der Abschlag erkennbar auch dazu, persönliche Verfügungsbeschränkungen und die eingeschränkte Handelbarkeit der Anteile zu berücksichtigen Solche persönlichen Verhältnisse sind nach § 9 Abs. 2 und 3 BewG auszublenden, wie die Rechtsprechung vom 19.12.2007 unter dem Aktenzeichen II R 22/06 und vom 12.7.2005 unter dem Aktenzeichen II R 8/04 bestätigt. Ein »Marktwertabschlag« als bloßes Kapitalmarktphänomen bildet nicht per se den gemeinen Wert ab.
Für die Rechtsfolge bedeutet das: Weil die Ableitung aus Verkäufen ausscheidet, ist der Wert nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 BewG bzw. mindestens der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG maßgeblich. Der von der Gesellschaft ermittelte »Net Asset Value« ohne Abschlag erfüllt diese Anforderungen und deckt sich dem Grunde nach mit dem Substanzwert. Daher ist der vom Finanzamt festgestellte Ansatz von 510 % rechtmäßig. Zugleich bekräftigt das oberste Finanzgericht seine Linie, dass der Substanzwert nicht die Untergrenze bildet, wenn der gemeine Wert als Marktwert aus echten Verkäufen feststellbar ist. Vergleiche insoweit die Entscheidung vom 25.9.2024 unter dem Aktenzeichen II R 15/21.
Praktisch gilt damit: Zeitnahe Verkäufe taugen nur, wenn sie einen freien, marktnahen Preis zeigen. Interne Preislisten, Angebotsreihenfolgen und pauschale Holdingabschläge führen aus der Ableitung heraus. Wer auf den Substanzwert abstellt, darf ihn nicht durch pauschale, nicht objektspezifische Abzüge mindern.