Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Dezember 2025

Word-DateiVor­he­ri­ger Mandantenbrief

Steuertermine

10.12.

Umsatz­steu­er

Lohn­steu­er

Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Ein­kom­men­steu­er

Kir­chen­steu­er

Kör­per­schaft­steu­er 

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.12. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck. Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Janu­ar 2026:

12.01.

Umsatz­steu­er

Lohn­steu­er

Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer 

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.01. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck. Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Dezem­ber 2025

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Dezem­ber ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 29.12.2025.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Zahlungen in die Erhaltungsrücklage

Wer Eigen­tums­woh­nun­gen ver­mie­tet, zahlt regel­mä­ßig Haus­geld, aus dem die Gemein­schaft eine Erhal­tungs­rück­la­ge bil­det. Vie­le fra­gen sich, ob die­se Ein­zah­lun­gen sofort die Steu­er min­dern. Die obers­ten Finanz­rich­ter stel­len nun klar: Die rei­ne Zufüh­rung in die Erhal­tungs­rück­la­ge gehört nicht zu den sofort abzieh­ba­ren Werbungskosten. 

Erst wenn die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft das Geld tat­säch­lich für Erhal­tungs­maß­nah­men am Gemein­schafts­ei­gen­tum aus­gibt, ent­steht der steu­er­li­che Abzug. Das ent­schei­det der Bun­des­fi­nanz­hof mit Urteil vom 14.1.2025 unter dem Akten­zei­chen IX R 19/24.

Der Hin­ter­grund: Seit 1.12.2020 ist die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft voll rechts­fä­hig. Die Erhal­tungs­rück­la­ge ist zivil­recht­lich Ver­mö­gen der Gemein­schaft, über das der ein­zel­ne Eigen­tü­mer nicht ver­fü­gen kann. Gleich­wohl kommt es im Steu­er­recht auf den wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hang der Auf­wen­dun­gen mit den Ver­mie­tungs­ein­künf­ten an. Nach dem Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) sind Wer­bungs­kos­ten Auf­wen­dun­gen zur Erwer­bung, Siche­rung und Erhal­tung von Ein­nah­men. Ent­schei­dend ist, wofür die Mit­tel ver­wen­det wer­den – nicht allein, dass sie streng zweck­ge­bun­den ange­spart wer­den. Die­se Linie führt das obers­te Finanz­ge­richt mit sei­ner aktu­el­len Ent­schei­dung fort. 

Im ent­schie­de­nen Fall ver­mie­ten Ehe­leu­te meh­re­re Woh­nun­gen und zah­len 2021 ins­ge­samt 1.326 € in die Erhal­tungs­rück­la­gen der jewei­li­gen Gemein­schaf­ten ein. Das Finanz­amt erkennt die­sen Anteil des Haus­gel­des nicht als Wer­bungs­kos­ten an. Das Finanz­ge­richt Nürn­berg weist die Kla­ge ab. Es han­delt sich dabei um das Urteil vom 12.3.2024 unter dem Akten­zei­chen 1 K 866/23. In der Revi­si­on argu­men­tie­ren die Ver­mie­ter, die Rück­la­ge sei streng zweck­ge­bun­den, der Abfluss nach § 11 Abs. 2 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) lie­ge vor, und durch die Rechts­fä­hig­keit der Gemein­schaft (§ 9a Abs. 1 des Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­set­zes (WEG)) habe sich die Lage geän­dert. Das Finanz­amt hält dem ent­ge­gen, maß­geb­lich ist der wirt­schaft­li­che Zusam­men­hang, der erst bei tat­säch­li­cher Ver­wen­dung der Mit­tel besteht. 

Die obers­ten Finanz­rich­ter bestä­ti­gen nun lei­der die Sicht der Ver­wal­tung und wei­sen die Revi­si­on zurück. Die Zufüh­rung zur Erhal­tungs­rück­la­ge recht­fer­tigt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG kei­nen Wer­bungs­kos­ten­ab­zug bei den Ein­künf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der not­wen­di­ge Ver­an­las­sungs­zu­sam­men­hang zur Ver­mie­tungs­tä­tig­keit ent­steht erst, wenn die Gemein­schaft die ange­spar­ten Mit­tel ver­aus­gabt. Die Pflicht des ein­zel­nen Eigen­tü­mers, nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG und § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG eine ange­mes­se­ne Rück­la­ge mit­zu­fi­nan­zie­ren, ist der Aus­lö­ser der Zah­lung, nicht die Erzie­lung von Ver­mie­tungs­ein­nah­men. Erst der Ein­satz der Gel­der am ver­mie­te­ten Objekt för­dert die Einnahmenerzielung. 

Hin­zu kommt ein wei­te­rer, für die Pra­xis wich­ti­ger Punkt: Erst bei Durch­füh­rung der Maß­nah­me lässt sich steu­er­lich sau­ber ein­ord­nen, ob sofort abzieh­ba­rer Erhal­tungs­auf­wand oder Her­stel­lungs­kos­ten vor­lie­gen, die nur über die Abset­zung für Abnut­zung zu berück­sich­ti­gen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Die­se Ein­ord­nung ist bei blo­ßer Ein­zah­lung in die Rück­la­ge noch offen. Das Gericht betont, dass dadurch das objek­ti­ve Net­to­prin­zip nicht ver­letzt ist: Der Abzug ver­schiebt sich ledig­lich in das Jahr der Verausgabung. 

Die seit 1.12.2020 bestehen­de vol­le Rechts­fä­hig­keit der Gemein­schaft (§ 9a Abs. 1 WEG) ändert an die­ser Beur­tei­lung nichts. Zwar ist die Rück­la­ge zivil­recht­lich Gemein­schafts­ver­mö­gen, wirt­schaft­lich bleibt der ein­zel­ne Eigen­tü­mer über sei­ne Mit­glied­schaft am Bestand der Rück­la­ge betei­ligt und pro­fi­tiert spä­ter von dar­aus bezahl­ten Erhal­tungs­ar­bei­ten am Objekt. Für den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug ist daher nicht die zivil­recht­li­che Ver­selb­stän­di­gung des Ver­mö­gens ent­schei­dend, son­dern der tat­säch­li­che Ein­satz für Erhal­tungs­maß­nah­men. Die­se Sicht führt die stän­di­ge Linie der Recht­spre­chung fort, unter ande­rem geprägt durch die Ent­schei­dun­gen des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 26.1.1988 unter dem Akten­zei­chen IX R 119/83 und vom 9.12.2008 unter dem Akten­zei­chen IX B 124/08.

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2. Für Immobilien-Gesellschaften: Keine erweiterte Grundbesitzkürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes

Die Gewer­be­steu­er ist für vie­le Immo­bi­li­en­ge­sell­schaf­ten ein ent­schei­den­der Kos­ten­fak­tor. Das Gesetz sieht jedoch Erleich­te­run­gen vor, um die rei­ne Grund­stücks­ver­wal­tung nicht durch die­se Steu­er zu belas­ten. Beson­ders bedeut­sam ist dabei die soge­nann­te erwei­ter­te Kür­zung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes (GewStG). Sie sorgt dafür, dass die Ein­künf­te aus der Ver­wal­tung und Nut­zung eige­nen Grund­be­sit­zes von der Gewer­be­steu­er frei­ge­stellt wer­den. Vor­aus­set­zung ist aller­dings, dass das Unter­neh­men wäh­rend des gesam­ten Erhe­bungs­zeit­raums aus­schließ­lich grund­stücks­ver­wal­tend tätig ist. Ob die­se Bedin­gung erfüllt ist, wenn ein Unter­neh­men sein letz­tes Grund­stück kurz vor Jah­res­en­de ver­äu­ßert, war Gegen­stand einer Ent­schei­dung des obers­ten Finanzgerichts.

Im ent­schie­de­nen Fall han­del­te es sich um eine Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung, die seit 2013 bestand und deren Unter­neh­mens­ge­gen­stand der Erwerb, die Ver­wal­tung und auch die Ver­äu­ße­rung von Grund­stü­cken war. Die Gesell­schaft hat­te im Jahr 2015 ein grö­ße­res Objekt mit meh­re­ren Eigen­tums­woh­nun­gen gekauft. Mit Kauf­ver­trag vom Novem­ber 2016 ver­äu­ßer­te sie die­ses Objekt wie­der. Der Kauf­preis floss Mit­te Dezem­ber, wäh­rend Besitz, Nut­zun­gen, Las­ten und Gefah­ren bereits mit Beginn des 31.12.2016 auf den Erwer­ber über­gin­gen. Damit ver­füg­te die Gesell­schaft am letz­ten Tag des Jah­res über kei­nen Grund­be­sitz mehr. In ihrer Gewer­be­steu­er­erklä­rung bean­trag­te sie gleich­wohl die erwei­ter­te Kür­zung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Finanz­amt lehn­te dies ab und begrün­de­te, dass die Gesell­schaft nicht aus­schließ­lich ver­wal­tend tätig gewe­sen sei. Es sah den Schwer­punkt im Erwerb und Ver­kauf von Grund­stü­cken. Das Finanz­ge­richt Müns­ter ent­schied jedoch am 27.10.2022 unter dem Akten­zei­chen 10 K 3572/18 G zuguns­ten der Gesell­schaft und setz­te den Gewer­be­steu­er­mess­be­trag auf null fest. Hier­ge­gen leg­te die Finanz­ver­wal­tung Revi­si­on ein.

Die obers­ten Finanz­rich­ter ent­schie­den am 17.10.2024 unter dem Akten­zei­chen III R 1/23, dass die Revi­si­on begrün­det ist. Sie hoben das Urteil der Vor­in­stanz auf und ver­wehr­ten der Gesell­schaft die erwei­ter­te Kür­zung. Zur Begrün­dung führ­ten sie aus, dass die Vor­aus­set­zung der Aus­schließ­lich­keit nicht erfüllt ist. Nach der Recht­spre­chung muss ein Unter­neh­men wäh­rend des gesam­ten Erhe­bungs­zeit­raums aus­schließ­lich Grund­be­sitz ver­wal­ten und nut­zen. Schon eine zeit­wei­se ande­re Tätig­keit inner­halb des Jah­res reicht aus, um den Anspruch auf die erwei­ter­te Kür­zung zu ver­lie­ren. Da die Gesell­schaft ihr letz­tes Grund­stück mit Beginn des 31.12.2016 über­tra­gen hat­te, war sie an die­sem Tag nicht mehr grund­stücks­ver­wal­tend tätig. Eine Aus­nah­me für kurz­fris­ti­ge tech­ni­sche Über­gän­ge, wie sie nur für Ver­äu­ße­run­gen am 31.12. um 23:59 Uhr aner­kannt wird, lag nicht vor. Auch gering­fü­gi­ge Abwei­chun­gen kön­nen nach der gefes­tig­ten Recht­spre­chung nicht akzep­tiert wer­den. Damit war die erwei­ter­te Kür­zung ins­ge­samt zu versagen.

Das Urteil ver­deut­licht, wie streng die Vor­aus­set­zun­gen für die erwei­ter­te Kür­zung aus­ge­legt wer­den. Wer als Immo­bi­li­en­ge­sell­schaft auf die­se Steu­er­erleich­te­rung setzt, muss sicher­stel­len, dass wäh­rend des gesam­ten Jah­res Grund­be­sitz im Bestand ist und aus­schließ­lich ver­wal­tend genutzt wird. Bereits der Ver­kauf des letz­ten Objekts einen Tag vor Jah­res­en­de führt dazu, dass die Begüns­ti­gung voll­stän­dig ent­fällt. Für betrof­fe­ne Unter­neh­men bleibt dann nur die ein­fa­che Kür­zung als Ausweg.

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3. Für grundbesitzende Personengesellschaften: Neue Gesellschafter bei einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands

Beim Über­gang von Antei­len an einer grund­be­sit­zen­den Per­so­nen­ge­sell­schaft stellt sich häu­fig die Fra­ge, ob dadurch Grund­er­werb­steu­er aus­ge­löst wird. Hin­ter­grund ist § 1 Absatz 2a des Grund­er­werb­steu­er­ge­set­zes (GrEStG), der regelt, dass auch ohne eine direk­te Über­tra­gung von Grund­stü­cken ein steu­er­ba­rer Erwerbs­vor­gang vor­liegt, wenn sich inner­halb von fünf Jah­ren min­des­tens 95 Pro­zent der Antei­le am Gesell­schafts­ver­mö­gen einer grund­be­sit­zen­den Per­so­nen­ge­sell­schaft auf neue Gesell­schaf­ter übertragen. 

In der Pra­xis führt das oft zu Streit, wenn Betei­li­gun­gen über meh­re­re Gesell­schafts­ebe­nen hin­weg ver­än­dert wer­den und unklar ist, ob dadurch tat­säch­lich neue Gesell­schaf­ter hinzukommen.

Im nun ent­schie­de­nen Fall vor dem Bun­des­fi­nanz­hof ging es um eine GmbH & Co. KG, die Grund­be­sitz hielt. An ihr war eine wei­te­re Kom­man­dit­ge­sell­schaft, die X KG, mit­tel­bar voll­stän­dig betei­ligt. Die Gesell­schaf­ter der X KG waren meh­re­re Per­so­nen. Im Dezem­ber 2015 kam es zu umfang­rei­chen Umstruk­tu­rie­run­gen: Eine Gesell­schaf­te­rin schenk­te ihre Antei­le an ihre bei­den Söh­ne. Die­se brach­ten ihre neu­en Betei­li­gun­gen wie­der­um in ita­lie­ni­sche Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten ein. Zudem über­tru­gen zwei ande­re Gesell­schaf­ter ihre Antei­le an eine neu gegrün­de­te W KG, an der sie selbst jeweils zur Hälf­te betei­ligt waren. Nach Ansicht des Finanz­amts führ­te die­se Umstruk­tu­rie­rung dazu, dass die Vor­aus­set­zun­gen des § 1 Absatz 2a GrEStG erfüllt waren, da die Antei­le der X KG, die mit­tel­bar 100 Pro­zent an der grund­be­sit­zen­den Gesell­schaft hielt, inner­halb von fünf Jah­ren auf neue Rechts­trä­ger über­ge­gan­gen sei­en. Des­halb erließ die Behör­de einen Fest­stel­lungs­be­scheid zur Grund­er­werb­steu­er. Zwar gewähr­te das Finanz­amt eine teil­wei­se Steu­er­be­frei­ung nach § 6 Absatz 3 GrEStG, den­noch blieb eine erheb­li­che Steu­er­be­las­tung bestehen. Die Gesell­schaft leg­te Ein­spruch ein, blieb aber vor dem Finanz­ge­richt Mün­chen erfolg­los. Die­ses ent­schied am 23.6.2021 unter dem Akten­zei­chen 4 K 1105/18, dass durch die Ein­brin­gung der Antei­le in die neu­en Gesell­schaf­ten sehr wohl ein Über­gang auf neue Gesell­schaf­ter statt­ge­fun­den habe.

Die Klä­ge­rin argu­men­tier­te in der Revi­si­on, dass man bei Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten trans­pa­rent auf die Gesell­schaf­ter durch­schau­en müs­se. Ent­schei­dend sei nicht, dass eine neue Gesell­schaft zwi­schen­ge­schal­tet wur­de, son­dern ob tat­säch­lich ande­re Per­so­nen wirt­schaft­lich neu betei­ligt sind. Da zwei der ursprüng­li­chen Gesell­schaf­ter über die neu gegrün­de­te W KG wei­ter­hin mit dem­sel­ben Anteil mit­tel­bar betei­ligt waren, sei­en kei­ne neu­en Gesell­schaf­ter hin­zu­ge­kom­men. Die Finanz­ver­wal­tung hielt dage­gen, dass durch die zwi­schen­ge­schal­te­ten Gesell­schaf­ten neue Betei­lig­te in die Struk­tur ein­ge­tre­ten sei­en und damit der Tat­be­stand des Geset­zes erfüllt sei.

Die obers­ten Finanz­rich­ter gaben am 21.8.2024 unter dem Akten­zei­chen II R 16/22 der Klä­ge­rin Recht. Sie hoben die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts und die Beschei­de des Finanz­amts auf. Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te klar, dass durch die Umstruk­tu­rie­rung nicht min­des­tens 95 Pro­zent der Antei­le auf neue Gesell­schaf­ter über­ge­gan­gen sind. Ent­schei­dend ist die wirt­schaft­li­che Betrach­tung. Bei mehr­stö­cki­gen Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten ist durch alle Ebe­nen hin­durch­zu­schau­en. Wenn eine Per­so­nen­ge­sell­schaft ledig­lich in die Betei­li­gungs­ket­te ein­ge­fügt wird, ohne dass sich die dahin­ter­ste­hen­den natür­li­chen oder juris­ti­schen Per­so­nen ändern, ent­steht kein neu­er Gesell­schaf­ter. Im Streit­fall waren AB und CB sowohl vor als auch nach der Ein­brin­gung über die W KG mit 40 Pro­zent mit­tel­bar an der grund­be­sit­zen­den Gesell­schaft betei­ligt. Damit ist kein neu­er Gesell­schaf­ter hin­zu­ge­kom­men. Die blo­ße Ver­län­ge­rung der Betei­li­gungs­ket­te erfüllt nicht den Tat­be­stand des § 1 Absatz 2a GrEStG.

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4. Für Gesellschafter von »Spardosen-GmbHs«: Teilabzugsverbot für Verwaltungskosten

Vie­le Unter­neh­men, die ihre Ein­künf­te vor allem aus Betei­li­gun­gen an ande­ren Gesell­schaf­ten erzie­len, ste­hen vor der Fra­ge, ob sie ihre Ver­wal­tungs­kos­ten in vol­lem Umfang steu­er­lich gel­tend machen können. 

Das Ein­kom­men­steu­er­ge­setz sieht in § 3 Num­mer 40 (EStG) vor, dass bestimm­te Divi­den­den­er­trä­ge teil­wei­se steu­er­frei sind. Damit soll eine Dop­pel­be­steue­rung ver­mie­den wer­den. Gleich­zei­tig ent­hält § 3c Absatz 2 EStG eine Ein­schrän­kung: Auf­wen­dun­gen, die mit die­sen teil­wei­se steu­er­frei­en Ein­nah­men wirt­schaft­lich zusam­men­hän­gen, dür­fen nur teil­wei­se als Betriebs­aus­ga­ben abge­zo­gen wer­den. Der Bun­des­fi­nanz­hof hat mit Urteil vom 27.11.2024 unter dem Akten­zei­chen IV R 25/22 ent­schie­den, wie weit die­ser Zusam­men­hang reicht und wel­che Kos­ten dadurch betrof­fen sind.

Im kon­kre­ten Fall ging es um eine GmbH & Co. KG, die aus­schließ­lich 100 Pro­zent der Antei­le an einer wei­te­ren GmbH hielt. Sie erziel­te im Streit­jahr nur Divi­den­den­er­trä­ge aus die­ser Betei­li­gung. Um ihren Betrieb zu füh­ren, hat­te sie ver­schie­de­ne Aus­ga­ben wie Prü­fungs- und Abschluss­kos­ten, Rechts­be­ra­tung, Bei­trä­ge an die Indus­trie- und Han­dels­kam­mer und Gebüh­ren für den Zah­lungs­ver­kehr. In ihrer Steu­er­erklä­rung mach­te sie die­se Kos­ten als Betriebs­aus­ga­ben gel­tend. Das Finanz­amt berück­sich­tig­te sie jedoch nur antei­lig, und zwar zu 60 Pro­zent. Begrün­det wur­de dies mit dem Ver­weis auf § 3c Absatz 2 EStG, da die Divi­den­den­er­trä­ge nach § 3 Num­mer 40 EStG im Umfang von 40 Pro­zent steu­er­frei sind. 

Die Gesell­schaft war ande­rer Mei­nung und ver­trat die Auf­fas­sung, dass ihre Kos­ten unab­hän­gig von den Erträ­gen ange­fal­len sind und des­halb voll­stän­dig abge­zo­gen wer­den müss­ten. Sie ver­wies dar­auf, dass es sich bei vie­len Kos­ten um gesetz­li­che Pflich­ten han­del­te, wie etwa die Erstel­lung eines Kon­zern­ab­schlus­ses oder die Mit­glied­schaft in der IHK, die nicht direkt mit den Erträ­gen zusammenhängen.

Das Finanz­ge­richt Köln gab dem Finanz­amt recht und sah die Aus­ga­ben nur antei­lig als abzieh­bar an. Eben­so stell­te der Bun­des­fi­nanz­hof klar, dass die Auf­wen­dun­gen zwar grund­sätz­lich Betriebs­aus­ga­ben im Sin­ne des § 4 Absatz 4 EStG sind, sie aber in einem wirt­schaft­li­chen Zusam­men­hang mit den teil­wei­se steu­er­frei­en Divi­den­den­er­trä­gen ste­hen. Ent­schei­dend ist, dass die Gesell­schaft aus­schließ­lich sol­che Ein­nah­men erziel­te, die dem Teil­ein­künf­te­ver­fah­ren unter­lie­gen. Das bedeu­tet, dass sämt­li­che Auf­wen­dun­gen zur Ver­wal­tung und für den Kon­zern­ab­schluss unmit­tel­bar auf die Tätig­keit zurück­zu­füh­ren sind, die gera­de auf das Erzie­len die­ser teil­wei­se steu­er­frei­en Erträ­ge gerich­tet war. Auch wenn bestimm­te Kos­ten wie Prü­fungs­ar­bei­ten oder IHK-Bei­trä­ge auf gesetz­li­chen Ver­pflich­tun­gen beru­hen, ändert das nichts am Zusam­men­hang. Denn die Ursa­che für die­se Ver­pflich­tun­gen liegt in der Ent­schei­dung der Gesell­schaft, in der Rechts­form einer gewerb­lich gepräg­ten Per­so­nen­ge­sell­schaft Antei­le zu hal­ten und dadurch Ein­künf­te zu erzielen.

Das Gericht ver­wies dabei auch auf die Ziel­set­zung der gesetz­li­chen Rege­lung. Der Gesetz­ge­ber woll­te ver­mei­den, dass ein dop­pel­ter Vor­teil ent­steht: ein­mal durch teil­wei­se steu­er­freie Ein­nah­men und zusätz­lich durch den vol­len Abzug der dazu­ge­hö­ri­gen Auf­wen­dun­gen. Des­halb ist es aus­rei­chend, wenn ein mit­tel­ba­rer wirt­schaft­li­cher Zusam­men­hang besteht. Im Streit­fall war kein Raum für eine Auf­tei­lung, weil die Gesell­schaft kei­ner­lei ande­re Ein­künf­te hat­te, die voll steu­er­pflich­tig gewe­sen wären. Die Betriebs­aus­ga­ben konn­ten daher nur zu 60 Pro­zent berück­sich­tigt werden.

Für Unter­neh­men, die wie rei­ne Hol­ding­ge­sell­schaf­ten ledig­lich Betei­li­gungs­er­trä­ge erzie­len, bedeu­tet dies, dass ihre Ver­wal­tungs­kos­ten und Abschluss­kos­ten zwin­gend antei­lig gekürzt wer­den müs­sen. Die Tat­sa­che, dass die­se Kos­ten auf gesetz­li­chen Pflich­ten beru­hen, ändert nichts an ihrer steu­er­li­chen Behandlung.

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5. Für Unternehmer: Zur Änderung der Gewinnermittlungsart

Vie­le Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer ste­hen vor der Fra­ge, wie sie ihren Gewinn ermit­teln: Ent­we­der durch den Betriebs­ver­mö­gens­ver­gleich mit Bilanz oder durch die ein­fa­che­re Einnahmen-Überschuss-Rechnung. 

Der Gesetz­ge­ber hat hier­für kla­re Vor­ga­ben gemacht. Nach § 4 Absatz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) ist der Betriebs­ver­mö­gens­ver­gleich der Regel­fall. Die Ein­nah­men-Über­schuss-Rech­nung nach § 4 Absatz 3 EStG ist nur mög­lich, wenn bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind, ins­be­son­de­re wenn kei­ne Buch­füh­rungs­pflicht besteht und tat­säch­lich auch kei­ne Bücher geführt wer­den. Wer sich ein­mal für eine Metho­de ent­schie­den hat, kann die­se nicht belie­big wech­seln. Genau um die­se Fra­ge ging es in einem Fall, über den die obers­ten Finanz­rich­ter am 27.11.2024 unter dem Akten­zei­chen X R 1/23 ent­schie­den haben.

Ein selbst­stän­di­ger Händ­ler hat­te bis 2011 sei­nen Gewinn mit der Ein­nah­men-Über­schuss-Rech­nung ermit­telt. Ab 2012 wech­sel­te er frei­wil­lig zur auf­wen­di­ge­ren Gewinn­ermitt­lung durch Bilanz und Buch­füh­rung. Für das Jahr 2016 reich­te er beim Finanz­amt eine Bilanz ein, die einen Gewinn von gut 20.800 Euro aus­wies. Das Finanz­amt über­nahm die Anga­ben und erließ bestands­kräf­ti­ge Beschei­de. Erst Jah­re spä­ter kam es zu einer Außen­prü­fung, die den Gewinn höher ansetz­te. Dar­auf­hin woll­te der Unter­neh­mer rück­wir­kend wie­der zur Ein­nah­men-Über­schuss-Rech­nung wech­seln, um den höhe­ren Gewinn aus­zu­glei­chen. Er leg­te dazu eine neue Gewinn­ermitt­lung vor, die zu einem nied­ri­ge­ren Ergeb­nis führ­te. Das Finanz­amt akzep­tier­te die­sen Schritt jedoch nicht und ver­wies dar­auf, dass das Wahl­recht mit Ein­rich­tung der Buch­füh­rung und Abga­be der Bilanz ver­braucht war.

Das Finanz­ge­richt Thü­rin­gen hat­te den Unter­neh­mer zunächst gestützt. Es ver­trat die Ansicht, dass er wegen der nach­träg­li­chen Ände­rung durch das Finanz­amt ein Recht haben müs­se, eben­falls eine Ände­rung vor­zu­neh­men. Zur Begrün­dung ver­wies das Gericht auf den Rechts­ge­dan­ken des § 177 der Abga­ben­ord­nung (AO), der Feh­ler­kor­rek­tu­ren im Zusam­men­hang mit Ände­rungs­be­schei­den zulässt. Dies die­ne nach Auf­fas­sung des Finanz­ge­richts der Gleich­be­hand­lung und der Waf­fen­gleich­heit zwi­schen Steu­er­pflich­ti­gen und Finanzverwaltung.

Das obers­te Finanz­ge­richt hob die­ses Urteil jedoch auf und stell­te sich klar auf die Sei­te des Finanz­amts. Die Rich­ter erklär­ten, dass der Klä­ger mit der Ein­rich­tung der Buch­füh­rung und der Erstel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses sein Wahl­recht aus­ge­übt hat­te. Wer frei­wil­lig Bücher führt, erfüllt nicht mehr die Vor­aus­set­zun­gen des § 4 Absatz 3 EStG, auch wenn kei­ne gesetz­li­che Pflicht zur Buch­füh­rung besteht. Maß­geb­lich ist die tat­säch­li­che Hand­ha­bung. Durch die Abga­be der Bilanz an das Finanz­amt hat der Klä­ger sei­ne Ent­schei­dung nach außen erkenn­bar getrof­fen. Damit war er an die­se Wahl gebun­den. Ein Wech­sel zurück zur Ein­nah­men-Über­schuss-Rech­nung war für das Streit­jahr nicht mehr möglich.

Mit die­ser Ent­schei­dung haben die Rich­ter betont, dass die Wahl der Gewinn­ermitt­lungs­art bin­dend ist. Ein Wech­sel ist nur in Aus­nah­me­fäl­len mög­lich, etwa wenn sich die wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se ändern und ein ver­nünf­ti­ger Grund für den Wech­sel vor­liegt. Der blo­ße Wunsch, das Ergeb­nis einer Außen­prü­fung abzu­mil­dern, reicht nicht. 

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6. Für Beschenkte: Behandlung von im Bau befindlichen Gebäuden bei der Schenkungsteuer

Die Fra­ge, ob Grund­stü­cke, die sich am Bewer­tungs­stich­tag noch im Bau befin­den, für die Erb­schaft- und Schen­kung­steu­er als begüns­tig­tes Betriebs­ver­mö­gen oder als schäd­li­ches Ver­wal­tungs­ver­mö­gen gel­ten, beschäf­tigt seit Jah­ren Steu­er­pflich­ti­ge wie auch die Finanzgerichte. 

Hin­ter­grund ist, dass § 13b Erb­schaft­steu­er­ge­setz (ErbStG) die Über­tra­gung von Betriebs­ver­mö­gen grund­sätz­lich steu­er­lich begüns­tigt, bestimm­te Ver­mö­gens­ar­ten aber aus­drück­lich aus­nimmt. Zu die­sen zählt auch Grund­be­sitz, der an Drit­te zur Nut­zung über­las­sen wird. Ob ein noch nicht fer­tig­ge­stell­tes Gebäu­de schon als Ver­wal­tungs­ver­mö­gen ein­zu­stu­fen ist, war bis­her umstritten.

Im ent­schie­de­nen Fall vor dem Finanz­ge­richt Müns­ter vom 14.11.2024 unter dem Akten­zei­chen 3 K 906/23 F ging es um die Über­tra­gung von Gesell­schafts­an­tei­len an einer GmbH & Co. KG, die im Immo­bi­li­en­be­reich tätig ist. Der Vater hat­te sei­nem Sohn und des­sen Bru­der zum 31.12.2019 je hälf­ti­ge Antei­le geschenkt. Zum Ver­mö­gen der Gesell­schaft gehör­ten zwei Grund­stü­cke, die zu die­sem Zeit­punkt bebaut wur­den. Eine Ver­mie­tung fand erst Mona­te spä­ter statt. Das Finanz­amt ver­trat die Ansicht, dass die Grund­stü­cke schon am Stich­tag als Ver­wal­tungs­ver­mö­gen anzu­se­hen sei­en. Begrün­det wur­de dies damit, dass die künf­ti­ge Ver­mie­tung an Drit­te beab­sich­tigt war und des­halb kein begüns­tig­tes Betriebs­ver­mö­gen vor­lie­ge. Außer­dem wur­de der Ver­gleich mit einer soge­nann­ten Cash-GmbH gezo­gen, bei der nur Geld­wer­te über­tra­gen wer­den, ohne dass Arbeits­plät­ze oder ori­gi­när unter­neh­me­ri­sche Tätig­kei­ten ent­ste­hen. Daher änder­te das Finanz­amt die Fest­stel­lungs­be­schei­de und qua­li­fi­zier­te den Grund­be­sitz als Verwaltungsvermögen. 

Der Sohn wand­te sich dage­gen und argu­men­tier­te, dass am Stich­tag noch kei­ne Nut­zungs­über­las­sung erfolgt sei und die Objek­te daher nicht unter die Aus­schluss­tat­be­stän­de des § 13b Abs. 4 ErbStG fal­len. Zudem sei das Unter­neh­men ori­gi­när gewerb­lich tätig, da es ein umfang­rei­ches Bün­del an Leis­tun­gen im Bereich Ver­mie­tung und Betreu­ung von Feri­en­ob­jek­ten erbrin­ge. Auch die Wahl des Über­tra­gungs­stich­tags am Jah­res­en­de sei üblich und stel­le kei­nen Gestal­tungs­miss­brauch im Sin­ne von § 42 Abga­ben­ord­nung (AO) dar.

Das Finanz­ge­richt Müns­ter ent­schied zuguns­ten des Klä­gers. Die Rich­ter stell­ten klar, dass für die Ein­ord­nung als Ver­wal­tungs­ver­mö­gen allein die tat­säch­li­chen Ver­hält­nis­se am Bewer­tungs­stich­tag maß­geb­lich sind. Am 31.12.2019 waren die Grund­stü­cke noch im Zustand der Bebau­ung und damit nicht an Drit­te zur Nut­zung über­las­sen. Eine zukünf­ti­ge beab­sich­tig­te Ver­mie­tung darf nicht berück­sich­tigt wer­den. Das Gericht ver­wies hier­zu auf die kla­re Geset­zes­sys­te­ma­tik und das stren­ge Stich­tags­prin­zip des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes. Eine Erwei­te­rung der Vor­schrift zulas­ten der Steu­er­pflich­ti­gen durch ana­lo­ge Anwen­dung sei unzu­läs­sig. Auch der Ver­gleich des Finanz­amts mit einer Cash-GmbH über­zeug­te die Rich­ter nicht. Eben­so lie­ge kein Gestal­tungs­miss­brauch vor, wenn Schen­ker und Beschenk­te den Über­tra­gungs­zeit­punkt bewusst zum 31.12. eines Jah­res wäh­len. Dies sei viel­mehr ein übli­ches Vor­ge­hen, um steu­er­li­che und orga­ni­sa­to­ri­sche Abläu­fe zu ver­ein­fa­chen. Die Schen­kung an einem sol­chen Stich­tag ist nicht unan­ge­mes­sen, son­dern prak­tisch und effizient.

Das Gericht hob den ange­foch­te­nen Bescheid auf und stell­te fest, dass die Grund­stü­cke nicht als Ver­wal­tungs­ver­mö­gen gel­ten. Damit war der Klä­ger mit sei­ner Kla­ge erfolg­reich. Die Rich­ter lie­ßen wegen der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung die Revi­si­on zu. Das Ver­fah­ren ist inzwi­schen beim Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen II R 37/24 anhän­gig. Eine end­gül­ti­ge, höchst­rich­ter­li­che Klä­rung bleibt daher noch abzuwarten.

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7. Für GmbH-Gesellschafter: Forderungsverzicht gegen Besserungsschein

Wer als Gesell­schaf­ter sei­ner GmbH in der Kri­se mit einem Dar­le­hen aus­hilft und spä­ter unter einem »Bes­se­rungs­schein« auf die Rück­zah­lung ver­zich­tet, steht vor der Fra­ge, wann und wo der dar­aus ent­ste­hen­de Ver­lust steu­er­lich wirkt. Das obers­te Finanz­ge­richt hat dazu nun kla­re Leit­plan­ken gesetzt: Der Ver­lust aus einem auf­lö­send beding­ten For­de­rungs­ver­zicht zählt bereits im Zeit­punkt des Ver­zichts und nicht erst dann, wenn end­gül­tig fest­steht, dass der Bes­se­rungs­fall nicht mehr ein­tritt. Außer­dem gehört der Ver­lust grund­sätz­lich zu den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen und die Anschaf­fungs­kos­ten des Dar­le­hens wan­dern nicht in eine Bes­se­rungs­an­wart­schaft. So ent­schie­den die obers­ten Finanz­rich­ter am 19.11.2024 unter dem Akten­zei­chen VIII R 8/22.

Zum Hin­ter­grund: Ein Gesell­schaf­ter hat­te sei­ner zunächst als GmbH & Co. KG geführ­ten, spä­ter in eine GmbH umge­wan­del­ten Gesell­schaft Anfang 2009 ent­spre­chend sei­ner Betei­li­gungs­quo­te ein nach­ran­gi­ges Dar­le­hen über 128.000 € gewährt. Wegen anhal­ten­der Ver­lus­te ver­zich­te­ten die Gesell­schaf­ter noch im Jahr 2009 auf die Rück­zah­lung ihrer Dar­le­hen, aller­dings unter einem Bes­se­rungs­vor­be­halt: Soll­te die GmbH künf­tig wirt­schaft­lich wie­der in der Lage sein, soll­te der Anspruch wie­der auf­le­ben und Rück­zah­lun­gen unmit­tel­bar als Ein­la­ge in die freie Rück­la­ge zurück­flie­ßen. Gleich­zei­tig kam es zu einer Kapi­tal­erhö­hung, die Betei­li­gungs­quo­te des Gesell­schaf­ters sank leicht; die Gesell­schaft schrieb wei­ter Ver­lus­te und wur­de 2013 insol­vent. Für 2009 mach­te das Ehe­paar den Dar­le­hens­ver­lust zunächst bei den Ein­künf­ten aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit als Wer­bungs­kos­ten gel­tend. Das Finanz­amt lehn­te ab und behan­del­te den Ver­zicht als voll­um­fäng­li­che ver­deck­te Ein­la­ge. Vor dem Finanz­ge­richt kam es zu einer tat­säch­li­chen Ver­stän­di­gung, dass die For­de­rung im Ver­zichts­zeit­punkt zu 34 % (43.520 €) noch wert­hal­tig war. 

Im Kern strit­ten die Par­tei­en über zwei Punkte: 

Ers­tens, ob ein Ver­zicht »gegen Bes­se­rungs­schein« steu­er­lich sofort wirkt oder erst, wenn klar ist, dass der Bes­se­rungs­fall nicht mehr eintritt. 

Zwei­tens, ob der Ver­lust beim Gesell­schaf­ter lohn­steu­er­lich, als ver­deck­te Ein­la­ge oder bei den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen zu ver­or­ten ist. 

Das Finanz­amt ver­trat, der Ver­lust ist zeit­lich erst spä­ter zu berück­sich­ti­gen und der Ver­zicht stellt ins­ge­samt eine ver­deck­te Ein­la­ge dar. Der Steu­er­pflich­ti­ge hielt dem ent­ge­gen, der nicht mehr wert­hal­ti­ge Teil führt schon 2009 zu nega­ti­ven Ein­künf­ten aus Kapitalvermögen. 

Der Bun­des­fi­nanz­hof folgt im Ergeb­nis erfreu­li­cher­wei­se dem Steu­er­pflich­ti­gen und weist die Revi­si­on des Finanz­amts zurück. Nach Auf­fas­sung des Gerichts liegt beim Ver­zicht die maß­geb­li­che Rechts­fol­ge punk­tu­ell im Zeit­punkt der Dis­po­si­ti­on: Der auf­lö­send beding­te Ver­zicht lässt die For­de­rung zivil­recht­lich sofort ent­fal­len; lebt sie spä­ter bei Bes­se­rung wie­der auf, geschieht das ohne Rück­wir­kung. Des­halb ent­steht der Ver­lust aus dem nicht mehr wert­hal­ti­gen Teil bereits im Ver­zichts­jahr. Zur Stüt­zung ver­weist das Gericht auf sei­ne frü­he­re Linie zum Bes­se­rungs­vor­be­halt und zum sofor­ti­gen Weg­fall der For­de­rung, etwa beim Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 24.10.2017 unter dem Akten­zei­chen VIII R 19/16 sowie beim Urteil vom 12.7.2012 unter dem Akten­zei­chen I R 23/11.

Steu­er­lich ord­net das Gericht den Vor­gang wie folgt zu: Der Ver­zicht ist in zwei Tei­le zu zer­le­gen. Soweit die For­de­rung noch wert­hal­tig ist, liegt eine ver­deck­te Ein­la­ge vor; Anschaf­fungs­kos­ten und gemei­ner Wert ent­spre­chen sich, ein Ein­la­ge­ge­winn ent­steht nicht. Soweit die For­de­rung nicht mehr wert­hal­tig ist, fällt ein Ver­lust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) an, denn der Ver­zicht steht wirt­schaft­lich einer Abtre­tung gleich. Maß­stab für Gewinn oder Ver­lust ist § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG. Im Streit­fall ergibt sich damit ein sofort zu berück­sich­ti­gen­der Ver­lust von 84.480 € (128.000 € minus 43.520 €). Die Anschaf­fungs­kos­ten sind antei­lig den bei­den Tei­len der For­de­rung zuzu­ord­nen. Den Erwerb einer sepa­ra­ten Bes­se­rungs­an­wart­schaft erkennt das Gericht zwar an, aber ohne Anschaf­fungs­kos­ten: Die Anwart­schaft ist ein eigen­stän­di­ges, ver­kehrs­fä­hi­ges Wirt­schafts­gut, jedoch kein Sur­ro­gat des wert­los gewor­de­nen For­de­rungs­teils; ihr Wert beträgt null. Für die Abgren­zung nimmt das Gericht Bezug auf § 255 Abs. 1 des Han­dels­ge­setz­buchs (HGB) und grenzt die Kon­stel­la­ti­on von ech­ten Sub­stanz­ab­spal­tun­gen ab; ein­schlä­gig sind unter ande­rem die Ent­schei­dun­gen des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 6.8.2019 unter dem Akten­zei­chen VIII R 18/16 und vom 30.11.2022 unter dem Akten­zei­chen VIII R 30/20.

Wich­tig für die Pra­xis ist auch die Fra­ge der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht: Im Anwen­dungs­be­reich der Abgel­tung­s­teu­er gilt eine wider­leg­ba­re Ver­mu­tung für das Vor­lie­gen der Absicht. Die­se Ver­mu­tung ist hier nicht wider­legt. Ent­schei­dend ist eine Gesamt­be­trach­tung von Gesell­schaf­ter­dar­le­hen und Betei­li­gung; posi­ti­ve Zins- oder Betei­li­gungs­er­trä­ge waren nicht aus­ge­schlos­sen. Dazu knüp­fen die Rich­ter an die Linie des Urteils des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 20.6.2023 unter dem Akten­zei­chen IX R 2/22 an. Dass der beson­de­re Steu­er­satz nach § 32d EStG im Ein­zel­fall aus­ge­schlos­sen sein kann, ändert an der Ermitt­lungs­ebe­ne nichts. 

Schließ­lich grenzt das Gericht § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG gegen­über § 17 EStG ab: Die Sperr­wir­kung greift nur »soweit« sich der Ver­lust im zu beur­tei­len­den Zeit­raum bei den Ein­künf­ten aus § 17 EStG aus­wirkt. Das setzt ins­be­son­de­re vor­aus, dass die Tat­be­stän­de des § 20 Abs. 2 EStG und des § 17 Abs. 4 EStG im sel­ben Ver­an­la­gungs­zeit­raum ver­wirk­licht sind. Weil im Streit­jahr weder eine Ver­äu­ße­rung noch eine Auf­lö­sung vor­lag, ver­drängt § 17 EStG die Anwen­dung des § 20 EStG nicht. Zugleich behal­ten die Rich­ter im Blick, dass eine spä­te­re Berück­sich­ti­gung nach § 17 EStG im Auf­lö­sungs- oder Ver­äu­ße­rungs­jahr ver­fah­rens­recht­lich vor einer dop­pel­ten Ver­lust­nut­zung zu schüt­zen ist. Bezug nimmt das Gericht dabei auch auf die Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 18.7.2023 unter dem Akten­zei­chen IX R 21/21 und vom 14.11.2023 unter dem Akten­zei­chen IX R 3/23.

Für die steu­er­li­che Ein­ord­nung erge­ben sich damit kla­re Tat­be­stands­merk­ma­le und Vor­aus­set­zun­gen: Ers­tens liegt beim Ver­zicht gegen Bes­se­rungs­schein eine Auf­spal­tung in wert­hal­ti­gen (ver­deck­te Ein­la­ge) und nicht mehr wert­hal­ti­gen For­de­rungs­teil (Ver­lust nach § 20 Abs. 2 EStG) vor. Zwei­tens flie­ßen die Anschaf­fungs­kos­ten antei­lig in die­se bei­den Tei­le, nicht aber in eine Bes­se­rungs­an­wart­schaft. Drit­tens ent­steht der Ver­lust im Zeit­punkt der Ver­zichts­er­klä­rung. Vier­tens wird die Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht im Bereich der Abgel­tung­s­teu­er ver­mu­tet und ist anhand einer Gesamt­be­trach­tung von Dar­le­hen und Betei­li­gung zu prü­fen. Fünf­tens sperrt § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG die Anwen­dung des § 20 EStG nur, wenn sich der Ver­lust zeit­gleich bei § 17 EStG aus­wirkt; fehlt es dar­an, bleibt § 20 EStG anwend­bar. So die Quint­essenz des Urteils des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 19.11.2024 unter dem Akten­zei­chen VIII R 8/22.

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8. Für GmbH-Gesellschafter: Ableitung des Anteilswerts aus Verkäufen zwischen fremden Dritten

Wenn in einer Erb­schaft nicht bör­sen­no­tier­te GmbH-Antei­le zu bewer­ten sind, pral­len in der Pra­xis zwei Leit­ideen auf­ein­an­der: Der »gemei­ne Wert« ori­en­tiert sich am Markt, wäh­rend der Sub­stanz­wert die Ver­mö­gens­sub­stanz der Gesell­schaft abbildet. 

Das Bewer­tungs­ge­setz (BewG) ver­langt grund­sätz­lich den gemei­nen Wert; er lässt sich bevor­zugt aus zeit­na­hen Ver­käu­fen zwi­schen frem­den Drit­ten ablei­ten. Lan­ge war strit­tig, ob trotz­dem stets der Sub­stanz­wert als Unter­gren­ze gilt. Die obers­ten Finanz­rich­ter stel­len nun klar: Wenn ech­te, zeit­na­he Markt­da­ten vor­lie­gen, begrenzt der Sub­stanz­wert die Bewer­tung nicht. Genau dar­an schei­tert aber ein Fall, in dem Gesell­schaf­ter über Jah­re immer wie­der zum glei­chen, pau­scha­len Kurs mit­ein­an­der han­deln. Das hat der Bun­des­fi­nanz­hof am 25.9.2024 unter dem Akten­zei­chen II R 15/21 entschieden. 

Im Streit­fall ging es um eine Fami­li­en­hol­ding in der Rechts­form der GmbH. Die Erben einer im Novem­ber 2014 ver­stor­be­nen Gesell­schaf­te­rin über­nah­men rund 9,95 Pro­zent der Antei­le. In die­ser Gesell­schaft waren seit 2009 mehr­fach Teil­ge­schäfts­an­tei­le ein­ge­zo­gen und zwi­schen Gesell­schaf­tern über­tra­gen wor­den – fast immer zum Preis von »400 % des Nenn­ka­pi­tals«, im Jahr 2018 ein­mal zu »380 %«. Das Finanz­amt stell­te den Anteil zunächst ent­spre­chend den gemel­de­ten Wer­ten fest, änder­te dann nach einer Kon­zern­be­triebs­prü­fung auf den deut­lich höhe­ren Substanzwert. 

Das Finanz­ge­richt Müns­ter bestä­tig­te die­se Sicht am 15.4.2021 unter dem Akten­zei­chen 3 K 3724/19 F. Die Erben hiel­ten ent­ge­gen, der Kurs aus den Ein­zie­hun­gen bil­de den gemei­nen Wert im Sin­ne des Geset­zes ab und der Sub­stanz­wert dür­fe ihn nicht »unter­füt­tern«. Die Finanz­ver­wal­tung ver­wies auf die Richt­li­ni­en und argu­men­tier­te, ech­te Ver­käu­fe zwi­schen frem­den Drit­ten inner­halb eines Jah­res vor dem Stich­tag lägen nicht vor; das extre­me Miss­ver­hält­nis zum Sub­stanz­wert spre­che zusätz­lich gegen einen markt­üb­lich gebil­de­ten Preis. 

Der Bun­des­fi­nanz­hof ord­net die Rechts­la­ge in zwei Schritten:

Ers­tens stellt das obers­te Finanz­ge­richt klar: § 11 Abs. 2 Satz 3 des Bewer­tungs­ge­set­zes (BewG) setzt den Sub­stanz­wert nicht als Min­dest­wert fest, wenn sich der gemei­ne Wert nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus zeit­na­hen Ver­käu­fen unter frem­den Drit­ten ablei­ten lässt. Das Ziel des Geset­zes – die Bewer­tung zum gemei­nen Wert – hat Vor­rang. Die­se Les­art ent­spricht der Sys­te­ma­tik des Geset­zes und dem Gleich­heits­grund­satz aus der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7.11.2006 unter dem Akten­zei­chen 1 BvL 10/02.

Zwei­tens prüft der Senat die kon­kre­ten Trans­ak­tio­nen: Die wie­der­hol­ten Ein­zie­hun­gen und Ver­käu­fe »zum immer glei­chen Viel­fa­chen des Nomi­nal­werts« bil­den kei­nen Preis, der im gewöhn­li­chen Geschäfts­ver­kehr ent­steht. Maß­geb­lich ist ein frei gebil­de­ter Markt­preis unter Berück­sich­ti­gung von Ver­mö­gens­la­ge und Ertrags­aus­sich­ten; unge­wöhn­li­che oder per­sön­li­che Ver­hält­nis­se blei­ben außer Betracht. Dar­an fehlt es, wenn über Jah­re sche­ma­tisch der glei­che Mul­ti­pli­ka­tor ver­wen­det wird und sich der fest­ge­leg­te Kurs nicht an den deut­lich höhe­ren Ver­mö­gens­ver­hält­nis­sen der Gesell­schaft ori­en­tiert. Im Fall betrug die Abwei­chung mehr als das Sechs­fa­che des Sub­stanz­werts, was die feh­len­de Markt­ori­en­tie­rung zusätz­lich belegt. Des­halb lässt sich der gemei­ne Wert nicht aus die­sen Trans­ak­tio­nen ablei­ten. Es greift die Regel­be­wer­tung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Beach­tung, dass der dabei ermit­tel­te Wert den Sub­stanz­wert gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht unter­schrei­ten darf. 

Im Ergeb­nis bleibt die – vom Finanz­amt nach der Prü­fung vor­ge­nom­me­ne – Bewer­tung mit dem Sub­stanz­wert recht­mä­ßig. Zur Ein­ord­nung stützt sich der Senat auf sei­ne stän­di­ge Recht­spre­chung, unter ande­rem auf Ent­schei­dun­gen vom 22.1.2009 unter dem Akten­zei­chen II R 43/07, vom 14.10.2020 unter dem Akten­zei­chen II R 7/18 und vom 15.7.1998 unter dem Akten­zei­chen II R 23/97.

Für die Pra­xis bedeu­tet das: Wer den gemei­nen Wert nicht bör­sen­no­tier­ter Antei­le im Erb­fall nach­wei­sen will, braucht ech­te Ver­gleichs­prei­se aus Ver­käu­fen zwi­schen frem­den Drit­ten, die weni­ger als ein Jahr vor dem Stich­tag lie­gen, im gewöhn­li­chen Geschäfts­ver­kehr zustan­de kom­men und eine nach­voll­zieh­ba­re Preis­bil­dung anhand Ver­mö­gen und Ertrags­aus­sich­ten erken­nen las­sen. Inner­ge­sell­schaft­li­che Ein­zie­hun­gen oder Gesell­schaf­ter­ge­schäf­te zu einem pau­schal über Jah­re fest­ge­hal­te­nen Pro­zent­satz erfül­len die­se Vor­aus­set­zun­gen regel­mä­ßig nicht. Lie­gen hin­ge­gen belast­ba­re Markt­da­ten vor, setzt sich deren Preis als gemei­ner Wert durch; der Sub­stanz­wert begrenzt ihn dann nicht. Feh­len sol­che Ver­käu­fe, erfolgt die Bewer­tung nach einer aner­kann­ten Metho­de im Sin­ne des § 11 Abs. 2 BewG – wobei der Sub­stanz­wert als Unter­gren­ze wirkt. 

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9. Für Kapitalgesellschaften im Verbund: Berücksichtigung eines Holdingabschlags

Bei der Bewer­tung von GmbH-Antei­len ent­schei­det oft die Fra­ge, ob sich der gemei­ne Wert aus zeit­na­hen Ver­käu­fen ablei­ten lässt oder ob statt­des­sen eine ande­re Metho­de – typi­scher­wei­se der Sub­stanz- bzw. »Net Asset Value« – maß­geb­lich ist. 

Ein aktu­el­les Urteil der obers­ten Finanz­rich­ter klärt, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Ver­käu­fe tat­säch­lich den »gewöhn­li­chen Geschäfts­ver­kehr« abbil­den und ob ein pau­scha­ler Hol­ding­ab­schlag den so ermit­tel­ten Wert min­dern darf. Der Bun­des­fi­nanz­hof hat am 25.9.2024 unter dem Akten­zei­chen II R 49/22 ent­schie­den: Eine Ablei­tung aus Ver­käu­fen gelingt nur, wenn der Preis im markt­wirt­schaft­li­chen Zusam­men­spiel von Ange­bot und Nach­fra­ge frei gebil­det ist. Ein über Jah­re gleich­blei­ben­der pau­scha­ler Hol­ding­ab­schlag bleibt dabei außer Ansatz. 

Der ent­schie­de­ne Fall betraf eine gro­ße, fami­li­är gepräg­te Hol­ding-GmbH, deren Gesell­schaf­ter­kreis aus zahl­rei­chen Abkömm­lin­gen der Grün­der bestand. Die Sat­zung und inter­ne Richt­li­ni­en sahen vor, dass Ver­käu­fe der Antei­le einem Zustim­mungs­ver­fah­ren unter­lie­gen und das Ver­wal­tungs­bü­ro Antei­le inner­halb eines fest­ge­leg­ten Ver­wandt­schafts­krei­ses nach einer Rei­hen­fol­ge anbie­tet. Für die Kauf­prei­se stell­te die Zen­tral­ab­tei­lung Steu­ern der Gesell­schaft monat­lich einen Wert nach dem »Net Asset Value« zusam­men und zog davon regel­mä­ßig einen »Hol­ding Dis­count« von 20 % ab. Im Bewer­tungs­stich­tag 2009 wur­den 63 Ver­käu­fe inner­halb von weni­ger als einem Jahr her­an­ge­zo­gen; die Gesell­schaft lei­te­te dar­aus einen Wert von 408 % des Nenn­werts ab. Das Finanz­amt setz­te dem­ge­gen­über 510 % ohne Abschlag fest. Das Finanz­ge­richt Düs­sel­dorf gab der Kla­ge am 2.11.2022 statt. Auf Revi­si­on hob das obers­te Finanz­ge­richt die­ses Urteil auf und wies die Kla­ge ab. 

Die Gesell­schaft argu­men­tier­te, die Viel­zahl der Ver­käu­fe bele­ge einen funk­ti­ons­fä­hi­gen Markt inner­halb des Gesell­schaf­ter­krei­ses. Käu­fer und Ver­käu­fer hät­ten die von der Zen­tral­ab­tei­lung ermit­tel­ten Wer­te frei­wil­lig akzep­tiert oder abge­lehnt, in 27 Fäl­len sei­en Abwei­chun­gen doku­men­tiert. Der pau­scha­le Hol­ding­ab­schlag von 20 % sei betriebs­wirt­schaft­lich begrün­det und an Kapi­tal­märk­ten üblich. Als Beleg ver­wies sie unter ande­rem auf Beob­ach­tun­gen bei bör­sen­no­tier­ten Holdinggesellschaften. 

Das Finanz­amt hielt dem ent­ge­gen, die Ver­käu­fe fän­den nicht unter frem­den Drit­ten statt, weil der Markt fak­tisch auf den Fami­li­en­kreis beschränkt ist. Die Preis­bil­dung fol­ge nicht frei dem Markt, son­dern vor­ge­ge­be­nen inter­nen Wer­ten, und ein pau­scha­ler Hol­ding­ab­schlag sei weder unter­neh­mens­be­zo­gen ermit­telt noch zuläs­sig. Außer­dem dür­fe der Sub­stanz­wert jeden­falls nicht unter­schrit­ten werden. 

Die Rich­ter des Bun­des­fi­nanz­hofs stel­len klar: Maß­stab des § 11 Abs. 2 Satz 2 des Bewer­tungs­ge­set­zes (BewG) ist ein Preis aus Ver­käu­fen im Sinn des § 9 BewG, also im gewöhn­li­chen Geschäfts­ver­kehr, gebil­det ohne Zwang und nach markt­wirt­schaft­li­chen Grund­sät­zen. Ein sol­cher Markt liegt nicht vor, wenn die Richt­li­nie eine fes­te Ange­bots­rei­hen­fol­ge inner­halb der Fami­lie vor­gibt und damit ver­hin­dert, dass sich Prei­se bei kon­kur­rie­ren­der Nach­fra­ge frei bil­den. Eben­so spricht gegen freie Preis­bil­dung, dass die tat­säch­lich ver­ein­bar­ten Prei­se inner­halb eines Zeit­raums »stets die­sel­ben« waren und die doku­men­tier­ten Abwei­chun­gen regel­mä­ßig ledig­lich den Vor- oder Fol­ge­mo­nats­wer­ten ent­spra­chen, also kei­ne ech­te Ver­hand­lung wider­spie­gel­ten. Damit schei­det die Ablei­tung eines gemei­nen Werts aus die­sen Ver­käu­fen aus. Zur inhalt­li­chen Aus­le­gung ver­weist das Gericht auf sei­ne stän­di­ge Linie: Gewöhn­li­cher Geschäfts­ver­kehr ver­langt eine Preis­bil­dung nach objek­ti­ven Wert­maß­stä­ben wie Gesamt­ver­mö­gen und Ertrags­aus­sich­ten. Unge­wöhn­li­che oder per­sön­li­che Ver­hält­nis­se blei­ben außer Betracht. Das hat der Bun­des­fi­nanz­hof schon am 22.1.2009 unter dem Akten­zei­chen II R 43/07 bekräf­tigt und am 14.10.2020 unter dem Akten­zei­chen II R 7/18 ver­deut­licht. Zur Bin­dung an die Tat­sa­chen­wür­di­gung des Finanz­ge­richts vgl. auch das Urteil vom 16.9.2015 unter dem Akten­zei­chen X R 43/12.

Zen­tral ist zudem der Umgang mit dem Hol­ding­ab­schlag: Ein pau­scha­ler, über Jah­re gleich­blei­ben­der Abschlag von 20 % ist kein preis­bil­den­der Fak­tor, der aus der kon­kre­ten Beschaf­fen­heit der Antei­le folgt. Abschlä­ge müs­sen objek­ti­vier­bar und wirt­schafts­gut­be­zo­gen begrün­det sein – nicht nur dem Grun­de nach, son­dern auch der Höhe nach. Das haben die Rich­ter bereits zur Grund­stücks­be­wer­tung am 15.3.2017 unter dem Akten­zei­chen II R 10/15 her­vor­ge­ho­ben. Im Streit­fall dien­te der Abschlag erkenn­bar auch dazu, per­sön­li­che Ver­fü­gungs­be­schrän­kun­gen und die ein­ge­schränk­te Han­del­bar­keit der Antei­le zu berück­sich­ti­gen Sol­che per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se sind nach § 9 Abs. 2 und 3 BewG aus­zu­blen­den, wie die Recht­spre­chung vom 19.12.2007 unter dem Akten­zei­chen II R 22/06 und vom 12.7.2005 unter dem Akten­zei­chen II R 8/04 bestä­tigt. Ein »Markt­wert­ab­schlag« als blo­ßes Kapi­tal­markt­phä­no­men bil­det nicht per se den gemei­nen Wert ab. 

Für die Rechts­fol­ge bedeu­tet das: Weil die Ablei­tung aus Ver­käu­fen aus­schei­det, ist der Wert nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Alter­na­ti­ve 2 BewG bzw. min­des­tens der Sub­stanz­wert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG maß­geb­lich. Der von der Gesell­schaft ermit­tel­te »Net Asset Value« ohne Abschlag erfüllt die­se Anfor­de­run­gen und deckt sich dem Grun­de nach mit dem Sub­stanz­wert. Daher ist der vom Finanz­amt fest­ge­stell­te Ansatz von 510 % recht­mä­ßig. Zugleich bekräf­tigt das obers­te Finanz­ge­richt sei­ne Linie, dass der Sub­stanz­wert nicht die Unter­gren­ze bil­det, wenn der gemei­ne Wert als Markt­wert aus ech­ten Ver­käu­fen fest­stell­bar ist. Ver­glei­che inso­weit die Ent­schei­dung vom 25.9.2024 unter dem Akten­zei­chen II R 15/21.

Prak­tisch gilt damit: Zeit­na­he Ver­käu­fe tau­gen nur, wenn sie einen frei­en, markt­na­hen Preis zei­gen. Inter­ne Preis­lis­ten, Ange­bots­rei­hen­fol­gen und pau­scha­le Hol­ding­ab­schlä­ge füh­ren aus der Ablei­tung her­aus. Wer auf den Sub­stanz­wert abstellt, darf ihn nicht durch pau­scha­le, nicht objekt­spe­zi­fi­sche Abzü­ge mindern. 

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