Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Februar 2024

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

12.02. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.02. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

15.02. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 19.02. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne März 2024:

11.03. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 14.03. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Febru­ar 2024

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Febru­ar ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 27.02.2024.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Deutschlandticket beim Minijobber

Die Mini­job-Zen­tra­le hat in einer kur­zen Mel­dung auf ihrer Inter­net­sei­te über die steu­er­li­che und sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­che Behand­lung des Deutsch­land­ti­ckets im Zusam­men­hang mit einem Mini­job informiert.

Im Wesent­lich gilt folgendes:

Finan­zie­ren Arbeit­ge­ber das 49-Euro-Ticket zusätz­lich zum lau­fen­den Lohn, ist die­ses bei der Ermitt­lung des regel­mä­ßi­gen Ver­diens­tes im Mini­job nicht zu berück­sich­ti­gen. Ver­dient eine Mini­job­be­rin zum Bei­spiel 520 Euro im Monat, kann sie zusätz­lich noch das Deutsch­land-Ticket erhal­ten, ohne dass sich für den Mini­job etwas ändert. (Seit dem 1.1.2024 liegt die Ver­dienst­gren­ze für Mini­job­ber bei 538 Euro pro Monat – die Mini­job­be­rin im Bei­spiel könn­te jetzt also bis zu 538 Euro monat­lich ver­die­nen und das Deutsch­land-Ticket ohne Anrech­nung dar­auf erhalten.)

Als Job­ti­cket ist das 49-Euro-Ticket oder der Zuschuss zu die­sem Ticket steu­er­frei. Steu­er­freie Ent­gelt­be­stand­tei­le zäh­len auch in der Sozi­al­ver­si­che­rung nicht zum bei­trags­pflich­ti­gen Ver­dienst. Bei der Berech­nung der Bei­trä­ge haben Arbeit­ge­be­rin­nen und Arbeit­ge­ber den Wert des Zuschus­ses oder des Tickets also nicht zu berück­sich­ti­gen. Es fal­len kei­ne Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge an. Auch Umla­ge U1, U2 oder die Insol­venz­geld­um­la­ge sind hier­auf nicht zu entrichten.

In Ent­gelt­mel­dun­gen wie bei­spiels­wei­se Jah­res- oder Abmel­dun­gen darf der Zuschuss zum Job- bzw. Deutsch­land­ti­cket eben­falls nicht berück­sich­tigt werden.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen fin­den sich auf https://magazin.minijob-zentrale.de/49-euro-ticket-minijob/ oder im Fra­gen-und-Ant­wor­ten-Kata­log der Bun­des­re­gie­rung unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/deutschlandticket-2134074.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Außergewöhnliche Belastung bei einer Fettabsaugung

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung in § 33 Abs. 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) wird die Ein­kom­men­steu­er auf Antrag ermä­ßigt, wenn einem Steu­er­pflich­ti­gen zwangs­läu­fig grö­ße­re Auf­wen­dun­gen als der über­wie­gen­den Mehr­zahl der Steu­er­pflich­ti­gen glei­cher Ein­kom­mens­ver­hält­nis­se, glei­cher Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se und glei­chen Fami­li­en­stan­des erwach­sen. Man spricht in die­sem Zusam­men­hang von den soge­nann­ten außer­ge­wöhn­li­chen Belastungen.

Zwangs­läu­fig erwach­se­nen einem Steu­er­pflich­ti­gen Auf­wen­dun­gen dann, wenn er sich ihnen aus recht­li­chen, tat­säch­li­chen oder sitt­li­chen Grün­den nicht ent­zie­hen kann und soweit die Auf­wen­dun­gen den Umstän­den nach not­wen­dig sind und einen ange­mes­se­nen Betrag nicht übersteigen.

In stän­di­ger Recht­spre­chung geht der Bun­des­fi­nanz­hof dabei davon aus, dass Krank­heits­kos­ten ohne Rück­sicht auf die Art und die Ursa­che der Erkran­kung dem Steu­er­pflich­ti­gen aus tat­säch­li­chen Grün­den zwangs­läu­fig erwach­sen. Aller­dings wer­den nur sol­che Auf­wen­dun­gen als Krank­heits­kos­ten berück­sich­tigt, die zum Zweck der Hei­lung einer Krank­heit oder mit dem Ziel getä­tigt wer­den, die Krank­heit erträg­li­cher zu machen.

Auf­wen­dun­gen für die eigent­li­che Heil­be­hand­lung wer­den typi­sie­rend als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung berück­sich­tigt, ohne dass es im Ein­zel­fall zu einer Prü­fung der Zwangs­läu­fig­keit dem Grun­de und der Höhe nach bedarf. Eine der­art typi­sie­ren­de Behand­lung von Krank­heits­kos­ten ist zur Ver­mei­dung eines unzu­mut­ba­ren Ein­drin­gens in die Pri­vat­sphä­re gebo­ten. Dies gilt aber nur dann, wenn die Auf­wen­dun­gen nach den Erkennt­nis­sen und Erfah­run­gen der Heil­kun­de und nach den Grund­sät­zen eines gewis­sen­haf­ten Arz­tes zur Hei­lung oder Lin­de­rung der Krank­heit ange­zeigt sind und vor­ge­nom­men wer­den, also inso­weit medi­zi­nisch indi­ziert sind.

Den Nach­weis der Zwangs­läu­fig­keit von Auf­wen­dun­gen im Krank­heits­fall hat der Steu­er­pflich­ti­ge in den abschlie­ßend gere­gel­ten Kata­log­fäl­len der Ein­kom­men­steu­er-Durch­füh­rungs­ver­ord­nung durch ein vor Beginn der Heil­maß­nah­me oder dem Erwerb des medi­zi­ni­schen Hilfs­mit­tels aus­ge­stell­tes amts­ärzt­li­ches Gut­ach­tens oder eine vor­he­ri­ge ärzt­li­che Beschei­ni­gung eines medi­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung zu führen.

Ein sol­cher qua­li­fi­zier­ter Nach­weis ist auch bei Krank­heits­auf­wen­dun­gen für wis­sen­schaft­lich nicht aner­kann­te Behand­lungs­me­tho­den erforderlich.

Wis­sen­schaft­lich nicht aner­kannt ist eine Behand­lungs­me­tho­de, wenn Qua­li­tät und Wirk­sam­keit dem all­ge­mein aner­kann­ten Stand der medi­zi­ni­schen Erkennt­nis­se nicht ent­spre­chen. Hier­un­ter fal­len Behand­lungs­me­tho­den, die die gro­ße Mehr­heit der ein­schlä­gi­gen Fach­leu­te nicht befür­wor­tet, weil sich die Metho­den in der medi­zi­ni­schen Pra­xis nicht bewährt haben und über ihre gene­rel­le Wirk­sam­keit und/oder Zweck­mä­ßig­keit nen­nens­wert Streit besteht.

Dem­ge­gen­über ist von einem Kon­sens schon dann aus­zu­ge­hen, wenn die vor­ge­se­he­nen Behand­lun­gen den Hand­lungs­emp­feh­lun­gen eines insti­tu­tio­na­li­sier­ten Exper­ten­gre­mi­ums ent­spre­chen. Dazu zäh­len etwa die Stel­lung­nah­men des wis­sen­schaft­li­chen Bei­rats der Bun­des­ärz­te­kam­mer und eben­so die von füh­ren­den medi­zi­ni­schen Gesell­schaf­ten erstell­ten Leit­li­ni­en, wel­che den Kon­sens zu bestimm­ten ärzt­li­chen Vor­ge­hens­wei­sen wie­der­ge­ben und denen des­halb die Bedeu­tung wis­sen­schaft­lich begrün­de­te Hand­lungs­emp­feh­lun­gen zukommt.

Ob eine Behand­lungs­me­tho­de als wis­sen­schaft­lich nicht aner­kannt anzu­se­hen ist, hat das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt auf­grund der ihm oblie­gen­den Wür­di­gung der Umstän­de des Ein­zel­fal­les fest­zu­stel­len. Hier­bei kann es sich unter ande­rem auf all­ge­mein zugäng­li­che Fach­gut­ach­ten stützen.

Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die feh­len­de wis­sen­schaft­li­che Aner­ken­nung ist der Zeit­punkt der Vor­nah­me der Behand­lung. Denn das Nach­wei­s­er­for­der­nis soll Auf­schluss dar­über geben, ob eine Behand­lungs­me­tho­de im Zeit­punkt der Behand­lung medi­zi­nisch indi­ziert ist und die ange­fal­le­nen Auf­wen­dun­gen daher zwangs­läu­fig zum Zweck der Hei­lung oder Lin­de­rung einer Krank­heit ent­stan­den sind. Nach Maß­ga­be die­ser Rechts­grund­sät­ze kam vor­lie­gend das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt in einer revi­si­ons­recht­lich nicht zu bean­stan­den­den Wei­se zu dem Ergeb­nis, dass es sich bei der durch­ge­führ­ten Fett­ab­sau­gung jeden­falls seit dem Jahr 2016 und damit auch im hier vor­lie­gen­den Streit­jahr unab­hän­gig vom Sta­di­um der Erkran­kung nicht mehr um eine wis­sen­schaft­lich nicht aner­kann­te Behand­lungs­me­tho­de han­delt. Mit ande­ren Wor­ten: Es ist eine aner­kann­te Behand­lungs­me­tho­de. Der Urteils­be­grün­dung der Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 23.3.2023 unter dem Akten­zei­chen VI R 9/20 sind inso­weit noch wei­te­re für den Ein­zel­fall maß­geb­li­che Argu­men­te zu entnehmen.

Vor­lie­gend kom­men jedoch die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik zu dem Schluss, dass ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Finanz­am­tes das Feh­len eines vor der Ope­ra­ti­on erstell­ten amts­ärzt­li­chen Gut­ach­tens oder einer ärzt­li­chen Beschei­ni­gung eines medi­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung der Aner­ken­nung der Kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung nicht ent­ge­gen­steht. Die Tat­sa­che, dass vor­lie­gend die Fett­ab­sau­gung nicht kos­me­ti­schen Zwe­cken gedient hat, son­dern medi­zi­nisch indi­ziert war, wird nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs bereits durch das pri­vat­ärzt­li­che Schrei­ben hin­rei­chend nachgewiesen.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Änderung eines Steuerbescheids bei irrtümlich doppelter Erklärung von Einnahmen

Aus­weis­lich der ver­fah­rens­recht­li­chen Vor­schrift in § 173 Abs. 1 Num­mer 2 der Abga­ben­ord­nung (AO) sind Steu­er­be­schei­de auf­zu­he­ben oder zu ändern, soweit Tat­sa­chen oder Beweis­mit­tel nach­träg­lich bekannt wer­den, die zu einer nied­ri­ge­ren Steu­er füh­ren und den Steu­er­pflich­ti­gen kein gro­bes Ver­schul­den dar­an trifft, dass die Tat­sa­chen oder Beweis­mit­tel erst nach­träg­lich bekannt werden.

Als gro­bes Ver­schul­den im Sin­ne die­ser Vor­schrift hat der Steu­er­pflich­ti­ge Vor­satz und gro­be Fahr­läs­sig­keit zu ver­tre­ten. Eine im Streit­fall allein in Betracht kom­men­de gro­be Fahr­läs­sig­keit liegt nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs vor, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge die ihm nach sei­nen per­sön­li­chen Fähig­kei­ten und Ver­hält­nis­sen zumut­ba­re Sorg­falt in unge­wöhn­li­chem Maße und in nicht ent­schuld­ba­rer Wei­se ver­letzt. Dies hat bereits so der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 15.7.2010 unter dem Akten­zei­chen III R 32/08 defi­niert. Allein der Man­gel an Kennt­nis­sen eines steu­er­recht­lich nicht vor­ge­bil­de­ten Steu­er­pflich­ti­gen ist grund­sätz­lich nicht geeig­net, den Vor­wurf der gro­ben Fahr­läs­sig­keit zu begrün­den, es sei denn, der Steu­er­pflich­ti­ge geht Zwei­fels­fra­gen nicht nach, die sich ihm hät­te auf­drän­gen müs­sen. Ob ein Betei­lig­ter in die­sem Sin­ne grob fahr­läs­sig gehan­delt hat, ist in der wesent­li­chen Tat­fra­ge und in ers­ter Linie vom Finanz­ge­richt zu beur­tei­len. Des­sen Wür­di­gung kann aber im Revi­si­ons­ver­fah­ren ins­be­son­de­re dar­auf­hin über­prüft wer­den, ob sie auf einer rechts­feh­ler­haf­ten Aus­le­gung des Begriffs des „gro­ben Ver­schul­dens“ beruht.

In einer Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 18.4.2023 kommt die­ser unter dem Akten­zei­chen VIII R 9/20 zu dem Schluss, dass das Finanz­ge­richt den Begriff des „gro­ben Ver­schul­dens“ im Sin­ne der Vor­schrift des § 173 Abs. 1 Num­mer 2 AO unzu­tref­fend aus­ge­legt hat, weil es an die Vor­aus­set­zun­gen zu hohe Anfor­de­run­gen gestellt hat.

Inso­weit hebt der Bun­des­fi­nanz­hof das Urteil des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richts auf und hat ent­schie­den: Wer­den Ein­nah­men eines ange­stell­ten Chef­arz­tes aus der Erbrin­gung wahl­ärzt­li­cher Leis­tun­gen im Rah­men der Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung irr­tüm­lich sowohl bei den Ein­künf­ten aus selbst­stän­di­ger Arbeit als auch bei den Ein­künf­ten aus nicht­selbst­stän­di­ger Arbeit erklärt, weil weder der Chef­arzt noch sein Steu­er­be­ra­ter erkannt haben und nach den Umstän­den des Streit­falls auch nicht erken­nen muss­ten, dass die­se Ein­nah­men bereits dem Lohn­steu­er­ab­zug unter­le­gen haben, liegt kein gro­bes Ver­schul­den im Sin­ne der Vor­schrift des § 173 Abs. 1 Num­mer 2 AO vor. Eine Ände­rung des Beschei­des zuguns­ten des Steu­er­pflich­ti­gen ist damit möglich.

Die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs zeigt, dass die Finanz­ver­wal­tung die Vor­aus­set­zun­gen häu­fig zu streng sieht. Selbst die erst­in­stanz­li­chen Finanz­rich­ter machen offen­sicht­lich die­sen Feh­ler. Für ähn­lich gela­ger­te Fäl­le kann die Urteils­be­grün­dung der aktu­el­len Ent­schei­dung her­an­ge­zo­gen wer­den, da hier der Bun­des­fi­nanz­hof deut­lich abge­grenzt, was grob fahr­läs­sig ist und was nicht grob fahr­läs­sig ist. Im Zwei­fel zeigt die Ent­schei­dung jedoch auch, dass man den Streit mit dem Finanz­amt hier nicht scheu­en sollte.

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4. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Minderung des geldwerten Vorteils beim Firmenwagen durch Parkplatzmiete

Es ist kein Geheim­nis, dass die Über­las­sung eines betrieb­li­chen Fahr­zeugs durch den Arbeit­ge­ber an den Arbeit­neh­mer für des­sen Pri­vat­nut­zung zu einer Berei­che­rung des Arbeit­neh­mers und damit zum Zufluss von zu besteu­ern­dem Arbeits­lohn im Arbeits­ver­hält­nis führt. Steht die­ser Fakt dem Grun­de nach fest, stellt sich noch die Fra­ge nach der Bewer­tung des geld­wer­ten Vor­teils. Dies geschieht ent­we­der nach der Ein-Pro­zent-Rege­lung oder nach der Fahrtenbuchmethode.

Zahlt der Arbeit­neh­mer an den Arbeit­ge­ber für die außer­dienst­li­chen Nut­zung eines betrieb­li­chen Fahr­zeugs, das heißt bei­spiels­wei­se für die Nut­zung zu pri­va­ten Fahr­ten und zu Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und ers­ter Tätig­keits­stät­te, ein Nut­zungs­ent­gelt, min­dert dies den Wert des geld­wer­ten Vor­teils aus der Nut­zungs­über­las­sung. Der Grund dafür ist denk­bar ein­fach: Denn inso­weit fehlt es an einer Berei­che­rung des Arbeit­neh­mers und damit an einer Grund­vor­aus­set­zung für das Vor­lie­gen von Arbeits­lohn! In Höhe des Nut­zungs­ent­gel­tes wen­det der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer kei­nen Vor­teil zu. Der Arbeit­neh­mer wird in Höhe der Zah­lung des Nut­zungs­ent­gel­tes nicht berei­chert, son­dern viel­mehr end­gül­tig belastet.

Das Nut­zungs­ent­gelt min­dert folg­lich bereits auf der Ein­nah­men­sei­te den Vor­teil aus der Über­las­sung des Fir­men­wa­gens zu pri­va­ten Fahr­ten sowie für Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und ers­ter Tätig­keits­stät­te. Der geld­wer­te Vor­teil des Arbeit­neh­mers, den der Arbeit­ge­ber mit der Über­las­sung des Fir­men­wa­gens ein­räumt, besteht ledig­lich in der Dif­fe­renz zwi­schen dem Wert der Nut­zungs­über­las­sung und dem vom Arbeit­neh­mer zu zah­len­den Nutzungsentgelt.

Nichts ande­res gilt, wenn der Arbeit­neh­mer im Rah­men der pri­va­ten Nut­zung ein­zel­ne (indi­vi­du­el­le) Kos­ten des betrieb­li­chen Fahr­zeugs trägt. Denn auch soweit der Arbeit­neh­mer ein­zel­ne nut­zungs­ab­hän­gi­ge Fahr­zeug­kos­ten über­nimmt, fehlt es schon im Grun­de nach an einem lohn­steu­er­ba­ren Vorteil.

Der Gesetz­ge­ber ist sowohl bei der Bewer­tung des Nut­zungs­vor­teils nach der Fahr­ten­buch­me­tho­de als auch bei des­sen Bemes­sung nach der Ein-Pro­zent-Rege­lung davon aus­ge­gan­gen, dass der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer einen Vor­teil als Arbeits­lohn dadurch zuwen­det, dass er ihm ein Fahr­zeug zur Pri­vat­nut­zung zur Ver­fü­gung stellt und alle mit dem Fahr­zeug ver­bun­de­nen Kos­ten trägt. Trifft die­se Grund­an­nah­me nicht zu, wen­det der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer jeden­falls kei­nen Arbeits­lohn in dem Umfang zu, den der Gesetz­ge­ber mit der Ein-Pro­zent-Rege­lung typi­sie­ren wollte.

Viel­mehr ist der Arbeit­neh­mer inso­weit nicht berei­chert, als er selbst Kos­ten auf­wen­det, die durch die pri­va­te Nut­zung des über­las­se­nen Fahr­zeugs ver­an­lasst sind. Auch soweit der Arbeit­neh­mer ein­zel­ne Kos­ten des betrieb­li­chen Fahr­zeugs selbst trägt, fehlt es an einer Vor­teil begrün­den­den und damit lohn­steu­er­ba­ren Einnahme.

Ins­ge­samt ist dies alles kei­ne Neu­heit, denn der Bun­des­fi­nanz­hof hat schon in sei­ner Ent­schei­dung vom 30.11.2016 unter dem Akten­zei­chen VI R 2/15 mit Blick auf die steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung von selbst getra­ge­nen Kraft­stoff­kos­ten ent­spre­chend entschieden.

Berück­sich­tigt wer­den dabei Zah­lung des Arbeit­neh­mers, die Bestand­teil der durch das Fahr­zeug ins­ge­samt ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen sind. Zu die­sen Auf­wen­dun­gen zäh­len nur sol­che Kos­ten, die unmit­tel­bar dem Hal­ten und dem Betrieb des Fahr­zeugs zu die­nen bestimmt sind und im Zusam­men­hang mit sei­ner Nut­zung zwangs­läu­fig anfal­len. Erfasst wer­den daher neben den von der Fahr­leis­tung abhän­gi­gen Auf­wen­dun­gen für Treib­stof­fe auch die regel­mä­ßig wie­der­keh­ren­den fes­ten Kos­ten, etwa für Haft­pflicht­ver­si­che­rung, Kraft­fahr­zeug­steu­er, Abschrei­bung oder Gara­gen­mie­te. In Abgren­zung dazu hat näm­lich schon der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 14.9.2005 unter dem Akten­zei­chen VI R 37/03 ent­schie­den, dass die Über­nah­me von Stra­ßen­nut­zungs­ge­büh­ren durch den Arbeit­ge­ber für die mit dem Fir­men­wa­gen unter­nom­me­nen Pri­vat­fahr­ten sei­tens des Arbeit­neh­mers zu einer zusätz­li­chen Zuwen­dung eines geld­wer­ten Vor­teils führt, der nicht von der Abgel­tungs­wir­kung der Ein-Pro­zent-Rege­lung erfasst wird.

Nach die­sen Grund­sät­zen sind die von den Arbeit­neh­mern auf Grund­la­ge der mit dem Arbeit­ge­ber getrof­fe­nen Ver­ein­ba­rung gezahl­ten Kos­ten für den Park­platz am Arbeits­ort unmit­tel­bar dem Hal­ten und dem Betrieb des Fir­men­wa­gens bestimmt und fal­len im Zusam­men­hang mit sei­ner Nut­zung zwangs­läu­fig an. Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln ist in sei­ner Ent­schei­dung vom 20.4.2023 unter dem Akten­zei­chen 1 K 1234/22 der Mei­nung, dass der Betrieb eines Fir­men­wa­gens essen­zi­ell eine Park­mög­lich­keit vor­aus­setzt. Das Par­ken des Fahr­zeugs als sol­ches ist not­wen­dig, um ein Fahr­zeug über­haupt für Fahr­ten nut­zen zu kön­nen. Weil näm­lich ein Kraft­fahr­zeug in aller Regel genutzt wird, um Per­so­nen von einem Ort zu einem ande­ren Ort zu beför­dern, ist das Abstel­len an die­sem Ort not­wen­di­ger Bestand­teil der Nut­zung. Dies gilt ins­be­son­de­re dann, wenn ander­wei­ti­ge Park­mög­lich­kei­ten nicht oder nur in gerin­gem Umfang zur Ver­fü­gung ste­hen. Die strei­ti­gen Park­platz­kos­ten die­nen zudem der Auf­be­wah­rung des Kraft­fahr­zeugs, dem Erhalt der Fahr­zeug­sub­stanz, näm­lich zum Schutz vor Dieb­stahl und Beschä­di­gung. Es han­delt sich damit im Haupt­zweck um Auf­wen­dun­gen, die final für das Fahr­zeug in Bezug auf die Nut­zung zu Fahr­ten erfolgen.

Danach ist es nach Mei­nung des Finanz­ge­rich­tes Köln uner­heb­lich, dass auch im Umfeld der Büro­räu­me der Klä­ge­rin gebüh­ren­freie Park­plät­ze grund­sätz­lich zur Ver­fü­gung ste­hen. Denn sol­che Park­plät­ze sind dort nur in gerin­ger Zahl vor­han­den. Die von der Klä­ge­rin geschil­der­te pro­ble­ma­ti­sche Park­si­tua­ti­on vor Ort ist dem Gericht aus eige­ner Anschau­ung bekannt gewe­sen und wur­de daher auch nicht in Abre­de gestellt.

Die Ein­ord­nung der Stell­platz­kos­ten in die durch das Fahr­zeug ins­ge­samt ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen ent­spricht auch der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs. Die­ser zählt die Kos­ten einer Gara­ge näm­lich in sei­nen Urtei­len vom 7.6.2002 unter dem Akten­zei­chen VI R 145/99 und in der Ent­schei­dung vom 14.9.2005 unter dem Akten­zei­chen VI R 37/03 aus­drück­lich zu die­sen ins­ge­samt ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen, ohne dabei in sei­ner Begrün­dung zwi­schen einer Gara­ge bzw. einem Park­platz am Wohn­ort oder an der Tätig­keits­stät­te zu unter­schei­den. Für die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter in Köln ist inso­weit auch kein Umstand erkenn­bar, der eine sol­che Unter­schei­dung recht­fer­ti­gen könnte.

Obwohl das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln kei­nen Zwei­fel an sei­ner Mei­nung lässt, war die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof wegen grund­sätz­li­cher Bedeu­tung der Rechts­sa­che zuzu­las­sen. In der Recht­spre­chung ist es näm­lich bis­her nicht geklärt, ob und unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Kos­ten für die Anmie­tung eines Park­plat­zes an der ers­ten Tätig­keits­stät­te durch den Arbeit­neh­mer den geld­wer­ten Vor­teil aus der Über­las­sung eines Fir­men­wa­gens mindern.

Wie nicht anders zu erwar­ten war, hat die Finanz­ver­wal­tung auch den Revi­si­ons­zug bestie­gen. Unter dem Akten­zei­chen VI R 7/23 müs­sen die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik daher nun klä­ren, ob die vom Arbeit­neh­mer gezahl­ten Ent­gel­te für einen vom Arbeit­ge­ber an der ers­ten Tätig­keits­stät­te ange­mie­te­ten Park­platz den geld­wer­ten Vor­teil aus der Nut­zungs­über­las­sung eines betrieb­li­chen Fahr­zeugs für Pri­vat­fahr­ten mindern.

Tat­säch­lich gehen wir davon aus, dass die Chan­cen auf ein posi­ti­ves Urteil durch den Bun­des­fi­nanz­hof sehr hoch sind. Dabei gilt wei­ter­hin zu beden­ken, dass von einer posi­ti­ven Ent­schei­dung nicht nur Arbeit­neh­mer, son­dern auch Arbeit­ge­ber pro­fi­tie­ren wür­den. Soweit näm­lich der geld­wer­te Vor­teil und damit die Besteue­rung für den Arbeit­neh­mer gemin­dert wird, fällt auch kei­ne Sozi­al­ver­si­che­rung mehr an, sodass sich auch die Arbeit­ge­ber den Arbeit­ge­ber-Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trag spa­ren kön­nen. Betrof­fe­ne soll­ten sich daher an das Mus­ter­ver­fah­ren anhän­gen und die Ange­le­gen­heit offenhalten.

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5. Für Unternehmer: Billigkeitserlass von Nachforderungszinsen bei unzutreffender zeitlicher Zuordnung von Umsätzen

Gemäß der gesetz­li­chen Rege­lung in § 227 der Abga­ben­ord­nung (AO) kön­nen die Finanz­be­hör­den Ansprü­che aus dem Steu­er­schuld­ver­hält­nis, zu denen auch Zins­an­sprü­che gehö­ren, ganz oder zum Teil erlas­sen, wenn deren Ein­zie­hung nach Lage des ein­zel­nen Fal­les aus per­sön­li­chen oder sach­li­chen Grün­den unbil­lig wäre.

Die Ent­schei­dung über eine Bil­lig­keits­maß­nah­me ist dabei eine Ermes­sens­ent­schei­dung nach § 5 AO, die im finanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren nur dar­auf­hin über­prüft wer­den kann, ob die gesetz­li­chen Gren­zen des Ermes­sens über­schrit­ten sind oder von dem Ermes­sen in einer dem Zweck der Ermäch­ti­gung nicht ent­spre­chen­den Wei­se Gebrauch gemacht wor­den ist.

Sach­lich unbil­lig ist die Fest­set­zung einer Steu­er oder eines Zins­an­spruchs, wenn Sie zwar äußer­lich dem Gesetz ent­spricht, aber der Wer­tung des Gesetz­ge­bers im kon­kre­ten Fall der­art zuwi­der­läuft, dass ihre Erhe­bung unbil­lig erscheint. Dies ist bei­spiels­wei­se der Fall, wenn nach dem erklär­ten mut­maß­li­chen Wil­len des Gesetz­ge­bers ange­nom­men wer­den kann, dass er die im Bil­lig­keits­we­ge zu ent­schei­den­de Fra­ge im Sin­ne der begehr­ten Bil­lig­keits­maß­nah­me ent­schie­den hät­te. So bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 20.9.2012 unter dem Akten­zei­chen IV R 29/10. Dies wie­der­um kann sei­nen Grund ent­we­der in Gerech­tig­keits­ge­sichts­punk­ten oder in einem Wider­spruch zu dem der gesetz­li­chen Rege­lung zugrun­de lie­gen­den Zweck haben. Aller­dings dür­fen Bil­lig­keits­maß­nah­me nicht die einem gesetz­li­chen Steu­er­tat­be­stand inne­woh­nen­de Wer­tung des Gesetz­ge­bers gene­rell durch­bre­chen oder kor­ri­gie­ren, son­dern nur einen sich ledig­lich in einem Ein­zel­fall zei­gen­den, unge­woll­ten Über­hang der gesetz­li­chen Steu­er­tat­be­stand abhelfen.

Die Fest­set­zung von Zin­sen nach § 233a AO ist daher grund­sätz­lich recht­mä­ßig, wenn der Schuld­ner der Steu­er­nach­for­de­run­gen Liqui­di­täts­vor­tei­le gehabt hat.

Bei einer von den ursprüng­li­chen Steu­er­fest­set­zun­gen abwei­chen­den zeit­li­chen Zuord­nung eines Umsat­zes durch die Finanz­be­hör­de, die gleich­zei­tig zu einer Steu­er­nach­for­de­rung und zu einer Steu­er­erstat­tung führt, sol­len aber kei­ne Zins­vor­tei­le abge­schöpft wer­den, die in Wirk­lich­keit nicht vor­han­den sind.

Vor die­sem Hin­ter­grund hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 23.2.2023 unter dem Akten­zei­chen V R 30/20 ent­schie­den, dass ein Bil­lig­keits­er­lass von Nach­zah­lungs­zin­sen bei unzu­tref­fen­der zeit­li­cher Zuord­nung von Umsät­zen durch­aus gerecht­fer­tigt ist. Unter­jäh­ri­gen Zins­vor­tei­le sind bei der Prü­fung eines Liqui­di­täts­vor­teils im Rah­men des Bil­lig­keits­er­las­ses von Nach­zah­lungs­zin­sen zur Umsatz­steu­er gemäß § 233a AO inso­weit unbe­acht­lich. Dem Erlass von Nach­zah­lungs­zin­sen zur Umsatz­steu­er steht nicht ent­ge­gen, dass es zu meh­re­ren auf­ein­an­der­fol­gen­den jah­res­über­grei­fen­den Umsatz­ver­la­ge­run­gen kommt.

Inso­weit schließt sich das obers­te Finanz­ge­richt der Repu­blik sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung an und wider­spricht damit der Finanz­ver­wal­tung. Denn bereits in einer Ent­schei­dung vom 11.7.1996 hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen V R 18/95 klar­ge­stellt, dass es der Rege­lung des § 233a AO nicht ent­nom­men wer­den kann, dass bei einer von den ursprüng­li­chen Steu­er­fest­set­zun­gen abwei­chen­den zeit­li­chen Zuord­nung eines Umsat­zes durch das Finanz­amt, die gleich­zei­tig zu einer Steu­er­nach­for­de­rung und zu einer Steu­er­erstat­tung führt, in Wirk­lich­keit nicht vor­han­de­ne Zins­vor­tei­le abge­schöpft wer­den sollen.

Inso­weit soll­ten sich betrof­fe­ne mit Antrag auf einen ent­spre­chen­den Bil­lig­keits­er­lass gegen sol­che Zin­sen wehren.

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6. Für GmbH-Geschäftsführer: Anscheinsbeweis für die private Kfz-Nutzung

Mit Urteil vom 8.12.2022 hat das Finanz­ge­richt Köln unter dem Akten­zei­chen 13 K 1001/19 ent­schie­den, dass für Zwe­cke einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung auf Gesell­schafts­ebe­ne der Anscheins­be­weis für die pri­va­te Kfz-Nut­zung eines an den Allein­ge­sell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer über­las­se­nen betrieb­li­chen PKWs auch bei Ver­ein­ba­rung eines Pri­vat­nut­zungs­ver­bo­tes besteht.

Zum Hin­ter­grund der Ent­schei­dung, wel­che mitt­ler­wei­le rechts­kräf­tig gewor­den ist: Unter einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung ist bei einer Kapi­tal­ge­sell­schaft eine Ver­mö­gens­min­de­rung oder ver­hin­der­te Ver­mö­gens­meh­rung zu ver­ste­hen, die durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lasst oder mit­ver­an­lasst ist, sich auf die Höhe des Gewinns aus­wirkt und in kei­nem Zusam­men­hang zu einer offe­nen Aus­schüt­tung steht. Für den größ­ten Teil der ent­schie­de­nen Fäl­le hat der Bun­des­fi­nanz­hof die Ver­an­las­sung durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ange­nom­men, wenn die Kapi­tal­ge­sell­schaft ihrem Gesell­schaf­ter einen Ver­mö­gens­vor­teil zuwen­det, den sie bei Anwen­dung der Sorg­falt eines ordent­li­chen und gewis­sen­haf­ten Geschäfts­lei­ters einem Nicht­ge­sell­schaf­ter nicht gewährt hät­te. Zudem muss der Vor­gang geeig­net sein, bei dem begüns­tig­ten Gesell­schaf­ter einen sons­ti­gen Bezug im Sin­ne des § 20 Abs. 1 Num­mer 1 Satz 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) aus­zu­lö­sen. Die­se Grund­sät­ze ent­spre­chend der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs, so bei­spiels­wei­se in der Ent­schei­dung vom 18.5.2021 unter dem Akten­zei­chen I R 4/17 sowie im Beschluss des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 13.7.2021 unter dem Akten­zei­chen I R 16/18.

Ist der begüns­tig­te Gesell­schaf­ter ein beherr­schen­der Gesell­schaf­ter, so kann eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung auch dann anzu­neh­men sein, wenn die Kapi­tal­ge­sell­schaft eine Leis­tung an ihn oder an eine ihm nahe­ste­hen­de Per­son erbringt, für die es an einer kla­ren, im Vor­aus getrof­fe­nen, zivil­recht­lich wirk­sa­men und tat­säch­li­chen durch­ge­führ­ten Ver­ein­ba­rung fehlt. Man spricht in die­sem Fall auch vom for­mel­len Fremd­ver­gleich. Von einer beherr­schen­den Stel­lung in die­sem Sin­ne ist nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs im Regel­fall aus­zu­ge­hen, wenn der Gesell­schaf­ter die Mehr­heit der Stimm­rech­te besitzt und er des­halb bei der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung ent­schei­den­den Ein­fluss aus­üben kann. Dies ist im All­ge­mei­nen der Fall, wenn er über mehr als 50 % der Stimm­rech­te ver­fügt. Ver­fügt ein Gesell­schaf­ter ledig­lich über genau 50 % oder weni­ger der Gesell­schafts­an­tei­le, wird er nur dann einem beherr­schen­den Gesell­schaf­ter gleich­ge­stellt, wenn er mit ande­ren, gleich­ge­rich­te­te Inter­es­sen ver­fol­gen­den Gesell­schaf­tern zusam­men­wirkt, um eine ihren Gesell­schaf­ter­sin­ter­es­sen ent­spre­chen­de Wil­lens­bil­dung der Kapi­tal­ge­sell­schaft herbeizuführen.

Nach die­sen all­ge­mei­nen Grund­sät­zen geht der Bun­des­fi­nanz­hof in Bezug auf die von einer Kapi­tal­ge­sell­schaft getra­ge­nen Kos­ten für einen ihren Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer zur Ver­fü­gung gestell­ten betrieb­li­chen Pkw nur dann von einer aus­schließ­li­chen betrieb­li­chen Ver­an­las­sung der Kfz-Kos­ten aus, wenn die pri­va­te Nut­zung des Fahr­zeugs durch den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer durch eine fremd­üb­li­che Über­las­sungs- und Nut­zungs­ver­ein­ba­rung gedeckt ist. In die­sem Fall liegt in der unent­gelt­li­chen oder ver­bil­lig­ten Nut­zungs­über­las­sung ein lohn­steu­er­lich rele­van­ter geld­wer­ter Vor­teil und kei­ne ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung vor. Der Vor­teil aus der Nut­zungs­über­las­sung umfasst dabei unab­hän­gig von den tat­säch­li­chen Nut­zungs­ver­hält­nis­sen die Zur­ver­fü­gung­stel­lung des Fahr­zeugs selbst sowie die Über­nah­me sämt­li­cher damit ver­bun­de­ner Kos­ten wie Steu­ern, Ver­si­che­rungs­prä­mi­en, Reparatur‑, War­tungs- und Treib­stoff­kos­ten, folg­lich nut­zungs­ab­hän­gi­ge wie nut­zungs­un­ab­hän­gi­ge Kos­ten. Auch wenn der Arbeit­neh­mer den über­las­se­nen Pkw tat­säch­lich nicht pri­vat nut­zen soll­te, erspart er sich zumin­dest die nut­zungs­ab­hän­gi­gen Kos­ten, die er sonst für das Vor­hal­ten eines betriebs­be­rei­ten Fahr­zeugs aus­ge­ben müsste.

Die ohne eine fremd­üb­li­che Über­las­sungs- und Nut­zungs­ver­ein­ba­rung erfol­gen­de, über eine sol­che Ver­ein­ba­rung hin­aus­ge­hen­de oder einem aus­drück­li­chen Ver­bot wider­spre­chen­de Nut­zung eines Betriebs­fahr­zeugs zu pri­va­ten Zwe­cken hat dage­gen kei­nen Lohn­cha­rak­ter, da ein Vor­teil, den der Arbeit­neh­mer gegen den Wil­len des Arbeit­ge­bers erlangt, nicht für eine Beschäf­ti­gung gewährt wird. Viel­mehr ist die unbe­fug­te Pri­vat­nut­zung in die­sem Sin­ne durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis zumin­dest mit­ver­an­lasst und führt nach der Recht­spre­chung auf Gesell­schafts­ebe­ne stets zu einer ver­deck­ten Gewinnausschüttung.

Ob tat­säch­lich eine unbe­fug­te pri­va­te Pkw-Nut­zung vor­liegt, ist nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen fest­zu­stel­len. Da es sich inso­weit um eine steu­er­be­grün­den­de Tat­sa­che han­delt, trägt grund­sätz­lich das Finanz­amt die objek­ti­ve Beweis­last dafür, dass der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer den betrieb­li­chen Pkw tat­säch­lich zu pri­va­ten Zwe­cken genutzt hat. Die Regeln der Fest­stel­lungs­last kom­men jedoch erst dann zum Zuge, wenn das zu bewei­sen­de Tat­be­stands­merk­mal nicht erweis­lich ist. Zuvor ist im Rah­men der Beweis­wür­di­gung zu prü­fen, ob sich das Gericht bei­spiels­wei­se unter Anwen­dung der Regeln des Anscheins­be­wei­ses eine Über­zeu­gung von den tat­säch­li­chen Lebens­um­stän­den bil­den kann.

Der in der Recht­spre­chung als Form der mit­tel­ba­ren Beweis­füh­rung gewohn­heits­recht­lich aner­kann­te Anscheins­be­weis beruht auf der Erfah­rung, dass bestimm­te Sach­ver­hal­te typi­scher­wei­se bestimm­te Fol­gen aus­lö­sen oder umge­kehrt, dass bestimm­te Fol­gen auf einen typi­schen Gesche­hens­ab­lauf hin­deu­ten. Dem Anscheins­be­weis liegt damit ein typi­scher, aber nicht unbe­dingt der tat­säch­li­che Gesche­hens­ab­lauf zugrun­de. Die Anwen­dung des Erfah­rungs­grund­sat­zes auf den Anscheins­tat­be­stand bewirkt jedoch, dass das Ergeb­nis der Beweis­wür­di­gung zur vol­len Über­zeu­gung des Gerichts vor­ge­ge­ben ist, es sei denn, der Anscheins­be­weis wird erschüttert.

Der Bun­des­fi­nanz­hof geht in sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung von einem Anscheins­be­weis für die pri­va­te Nut­zung eines dem Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer zur Ver­fü­gung ste­hen­den betrieb­li­chen Fahr­zeugs aus. Über­lässt eine Kapi­tal­ge­sell­schaft ihrem Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer ein betrieb­li­ches Fahr­zeug zur Nut­zung, spricht danach auf­grund der all­ge­mei­nen Lebens­er­fah­rung der Beweis des ers­ten Anscheins dafür, dass das Fahr­zeug von dem Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer tat­säch­lich auch für pri­va­te Fahr­ten genutzt wird. Dies gilt unab­hän­gig davon, ob der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer die Kapi­tal­ge­sell­schaft beherrscht und sowohl im Fal­le einer feh­len­den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung bei der Pri­vat­nut­zung als auch bei einem im Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag aus­drück­lich ver­ein­bar­ten pri­va­ten Nut­zungs­ver­bot und ins­be­son­de­re dann, wenn der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer kein Fahr­ten­buch führt, kei­ne orga­ni­sa­to­ri­schen Maß­nah­men getrof­fen wer­den, die eine Pri­vat­nut­zung des Fahr­zeugs aus­schlie­ßen und eine unbe­schränk­te Zugriffs­mög­lich­keit des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers auf den Pkw besteht.

Dem­ge­gen­über ver­nein­te der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner jün­ge­ren Recht­spre­chung jedoch auch den Anscheins­be­weis. Dabei ging er von der Prä­mis­se aus, dass für steu­er­li­che Zwe­cke bereits die blo­ße Gestat­tung der Pri­vat­nut­zung unab­hän­gig von den tat­säch­li­chen Nut­zungs­ver­hält­nis­sen den Zufluss eines geld­wer­ten Vor­teils begrün­det. Danach strei­tet der Anscheins­be­weis nur dafür, dass ein dem Arbeit­neh­mer vom Arbeit­ge­ber zur pri­va­ten Nut­zung über­las­se­ner Pkw auch tat­säch­lich pri­vat genutzt wird, nicht aber dafür, dass dem Arbeit­neh­mer über­haupt ein Fahr­zeug aus dem vom Arbeit­ge­ber vor­ge­hal­te­nen Fuhr­park zur Ver­fü­gung steht oder dass er ein sol­ches unbe­fug­te auch pri­vat nutzt.

Dies gel­te auch für den ange­stell­ten Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer einer GmbH, dem die Nut­zung eines ihm vom Arbeit­ge­ber über­las­se­nen Pkw zu pri­va­ten Zwe­cken unter­sagt sei. Es gebe kei­nen auf der all­ge­mei­nen Lebens­er­fah­rung grün­den­den Erfah­rungs­satz, nach dem ein ange­stell­ter Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer gene­rell arbeits­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Nut­zungs­ver­bo­te nicht ach­ten wer­de. Selbst wenn er in Erman­ge­lung einer „Kon­troll­in­stanz” bei einer Zuwi­der­hand­lung kei­ne arbeits­recht­li­chen oder gar straf­recht­li­chen Kon­se­quen­zen zu gewär­ti­gen habe, recht­fer­ti­ge dies kei­nen ent­spre­chen­den steu­er­straf­recht­lich erheb­li­chen Gene­ral­ver­dacht. Dass der Arbeit­ge­ber ein arbeits­ver­trag­lich ver­ein­bar­tes Pri­vat­nut­zungs­ver­bot nicht über­wa­che, ände­re hier­an nichts. So bei­spiels­wei­se der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Urteil vom einen 20.4.2010 unter dem Akten­zei­chen VI R 46/08.

An die­sen Grund­sät­zen hat der VI. Senat nicht nur für den Fall eines nicht als Gesell­schaf­ter betei­lig­ten Allein­ge­schäfts­füh­rers und eines zu 50 % (und damit nicht beherr­schend) am Stamm­ka­pi­tal einer GmbH betei­lig­ten Geschäfts­füh­rers fest­ge­hal­ten, son­dern auch für den eines allei­ni­gen Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers einer GmbH.

Der erken­nen­de Senat des Finanz­ge­richts Köln schließt sich inso­weit der Recht­spre­chung an und geht für Zwe­cke der Prü­fung des Vor­lie­gens einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung auf Ebe­ne der Gesell­schaft von einem für eine Pri­vat­nut­zung eines dem Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer zur Ver­fü­gung ste­hen­den Fahr­zeugs spre­chen­den Anscheins­be­weis aus.

Die Urteils­be­grün­dung des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richts Köln lie­fert ins­ge­samt zu der The­ma­tik einen sehr guten Über­blick und beinhal­tet zahl­rei­che Fund­stel­len der bis­he­ri­gen Rechtsprechung.

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7. Für Erben: Gewährung einer Steuerbegünstigung für selbst genutzten Wohnraum

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 13 Abs. 1 Num­mer 4 c Satz 1 des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) ist unter ande­rem der Erwerb von Todes wegen des Eigen­tums oder Mit­ei­gen­tums an einem im Inland bele­ge­nen bebau­ten Grund­stück im Sin­ne des Bewer­tungs­ge­set­zes durch Kin­der im Sin­ne der Steu­er­klas­se I Num­mer 2 steu­er­frei, soweit der Erb­las­ser dar­in bis zum Erb­fall eine Woh­nung zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt hat oder bei der er aus zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken gehin­dert war, die beim Erwer­ber unver­züg­lich zur Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken bestimmt ist. Man spricht dabei von der Steu­er­be­güns­ti­gung für das soge­nann­te Fami­li­en­heim. In Bezug auf die Kin­der ist die Steu­er­be­frei­ung nur soweit gege­ben; wie die Wohn­flä­che der Woh­nung 200 Qua­drat­me­ter nicht übersteigt.

In der Pra­xis bestehen tat­säch­lich immer wie­der Strei­tig­kei­ten zu die­ser Steu­er­be­frei­ung. So auch vor dem Finanz­ge­richt Müns­ter. Die­ses hat in der Ent­schei­dung vom 30.6.2022 unter dem Akten­zei­chen 3 K 3184/17 Erb die fol­gen­den Grund­sät­ze her­vor­ge­ho­ben, wel­che auch in allen ande­ren Streit­fäl­len zur Steu­er­be­frei­ung des Fami­li­en­heims greifen:

Zunächst ein­mal defi­niert das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt, dass eine Woh­nung zur Selbst­nut­zung bestimmt ist, wenn der Erwer­ber die Absicht hat, die Woh­nung selbst zu eige­nen Wohn­zwe­cken zu nut­zen und die­se Absicht auch tat­säch­lich umsetzt.

Inso­weit grenzt die Recht­spre­chung die blo­ße Wid­mung zur Selbst­nut­zung ab, wel­che etwa durch eine Anga­be in der Erb­schaft­steu­er­erklä­rung statt­fin­det. Dies reicht aller­dings für die Steu­er­be­frei­ung nicht aus, wenn kein tat­säch­li­cher Ein­zug in die gegen­ständ­li­che Woh­nung erfolgt.

In die­sem Punkt führt das Finanz­ge­richt wei­ter aus, dass der Erwer­ber nicht tat­säch­lich in die Woh­nung ein­zieht, wenn er sie nur als Lager­raum nutzt oder sich gele­gent­lich im Gar­ten, auf dem Bal­kon, im Kel­ler oder auf dem Dach­bo­den auf­hält. Viel­mehr muss der Erwer­ber in der Woh­nung tat­säch­lich sei­nen Lebens­mit­tel­punkt haben.

Eben­so geht das Finanz­ge­richt Müns­ter auch auf den zeit­li­chen Aspekt ein. So bestimmt der Erwer­ber die Woh­nung unver­züg­lich zur Selbst­nut­zung für eige­ne Wohn­zwe­cke, wenn er ohne schuld­haf­tes Zögern in der Regel inner­halb von sechs Mona­ten nach dem Erb­fall prüft, ob er ein­zie­hen will, ent­spre­chen­de Reno­vie­rungs­ar­bei­ten vor­nimmt und den Umzug auch tat­säch­lich durchgeführt.

Beson­ders wich­tig dabei: Der Erwer­ber trägt die objek­ti­ve Beweis­last und damit die Fest­stel­lungs­last für die Merk­ma­le der Steuerbefreiungsvorschriften.

Wer daher nicht inner­halb von sechs Mona­ten ein­zie­hen kann, soll­te tun­lichst doku­men­tie­ren, dass dies nicht durch ihn zu ver­tre­ten ist, son­dern allen­falls auf über­lan­ge Reno­vie­rungs­ar­bei­ten zurück­zu­füh­ren ist, deren Ver­zö­ge­rung der Steu­er­pflich­ti­ge selbst nicht zu ver­tre­ten hat. Dann (und nur dann) funk­tio­niert es auch mit der Steuerbefreiung.

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8. Für GmbH-Gesellschafter: Vorzeitige Ablösung einer Pensionszusage als verdeckte Gewinnausschüttung?

Vor dem Bun­des­fi­nanz­hof muss die­ser unter dem Akten­zei­chen VIII R 17/23 klä­ren, ob die vor­zei­ti­ge Ablö­sung einer rück­ge­deck­ten Pen­si­ons­zu­sa­ge gegen­über einem beherr­schen­den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer zu einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung führt, wenn die Ablö­sung auf­grund einer Kri­se der GmbH ver­ein­bart wird und inso­weit eine betrieb­li­che Ver­an­las­sung besteht.

Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 26.5.2023 unter dem Akten­zei­chen 4 K 3618/18 E inso­weit eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung verneint.

Gemäß § 20 Abs. 1 Num­mer 1 Satz 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) gehö­ren zu den Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen als sons­ti­ge Bezü­ge aus Antei­len an einer GmbH auch ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tun­gen. Eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung im Sin­ne die­ser Vor­schrift liegt vor, wenn eine Kapi­tal­ge­sell­schaft ihren Gesell­schaf­tern außer­halb der gesell­schafts­recht­li­chen Gewinn­ver­tei­lung einen Vor­teil zuwen­det und die Zuwen­dung ihren Anlass im Gesell­schafts­ver­hält­nis hat. Eine gesell­schaft­li­che Ver­an­las­sung ist gege­ben, wenn ein ordent­li­cher und gewis­sen­haf­ter Geschäfts­füh­rer die­sen Vor­teil unter sonst glei­chen Umstän­den einem Nicht­ge­sell­schaf­ter nicht zuge­wen­det hätte.

Der Maß­stab der Sorg­falt des ordent­li­chen und gewis­sen­haf­ten Geschäfts­füh­rers ist nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs nicht für alle Fäl­le als Beur­tei­lungs­maß­stab geeig­net. Er ist dadurch gekenn­zeich­net, dass der gebo­te­ne Fremd­ver­gleich nur aus der Sicht der Kapi­tal­ge­sell­schaft gese­hen wird. Der ordent­li­che und gewis­sen­haf­te Geschäfts­füh­rer wird grund­sätz­lich jeder Ver­ein­ba­rung zustim­men, die für die Kapi­tal­ge­sell­schaft vor­teil­haft ist. Der Fremd­ver­gleich erfor­dert jedoch auch die Ein­be­zie­hung des Ver­trags­part­ners. Auch wenn ein Drit­ter einer für die Gesell­schaft vor­teil­haf­ten Ver­ein­ba­rung nicht zuge­stimmt hät­te, kann deren Ver­an­las­sung im Gesell­schafts­ver­hält­nis lie­gen. So gese­hen ist der Maß­stab des Han­dels eines ordent­li­chen und gewis­sen­haf­ten Geschäfts­füh­rers nur ein Teil­aspekt des Fremdvergleichs.

Für den hier zu ent­schei­den­den Rechts­streit sind nach Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Gerichts im Wesent­li­chen zwei Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs zu beach­ten, die vor dem Hin­ter­grund der abs­trak­ten Rechts­grund­sät­ze zu der Fra­ge ergan­gen sind, ob ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tun­gen im Zusam­men­hang mit Pen­si­ons­zu­sa­gen vorliegen.

Ein­mal geht es inso­weit um die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 11.9.2013 unter dem Akten­zei­chen I R 28/13. Das Urteil betraf einen Sach­ver­halt, in dem einem beherr­schen­den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer eine Pen­si­ons­zu­sa­ge gewährt wor­den war. Die­se ursprüng­li­che Pen­si­ons­zu­sa­ge ent­hielt kei­ne Abma­chung über eine Kapi­tal­ab­fin­dung. Viel­mehr war die ver­spro­che­ne Pen­si­on erst bei bzw. nach Ein­tritt auf­schie­ben­der und auf­lö­sen­der Bedin­gun­gen nach Maß­ga­be ent­spre­chen­der Pro-Rata-Zah­lun­gen fäl­lig. Im wei­te­ren Ver­lauf beab­sich­tig­te der beherr­schen­de Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer, sei­ne Antei­le an sei­nen Sohn zu über­tra­gen. Um sei­nem Sohn eine von den Pen­si­ons­an­sprü­chen unbe­las­te­te Gesell­schaft über­ge­ben zu kön­nen, ver­zich­te­te er auf sei­nen Pen­si­ons­an­spruch gegen­über der Gesell­schaft. Im Gegen­zug erhielt er eine Abfindung.

Der I. Senat des Bun­des­fi­nanz­ho­fes ent­schied, dass die ver­ein­bar­te und gezahl­te Abfin­dung eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung ist. Nach den Ent­schei­dungs­grün­den fehl­te es – unter den Gege­ben­hei­ten des Streit­falls – jeden­falls an einer erfor­der­li­chen kla­ren und ein­deu­ti­gen Abma­chung über die Kapi­tal­ab­fin­dung. Aus­schlag­ge­bend war, dass auch der Anspruch auf den bereits erdien­ten Anteil der Pen­si­ons­zu­sa­ge dem beherr­schen­den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer auf­grund der ursprüng­li­chen Pen­si­ons­zu­sa­ge nicht zustand, son­dern aus­weis­lich der Bedin­gun­gen der Zusa­ge von wei­te­ren unab­ding­ba­ren Umstän­den abhing, deren (Nicht-)Eintritt in die­sem Zeit­punkt weder abseh­bar noch ver­läss­lich pro­gnos­ti­zier­bar war.

Jeden­falls in Anbe­tracht der Beson­der­hei­ten des dor­ti­gen Streit­fal­les reich­te es für den I. Senat des Bun­des­fi­nanz­ho­fes nicht aus, dass sich die Betei­lig­ten „ad hoc” kurz vor der beab­sich­tig­ten Abfin­dung der Pen­si­ons­zu­sa­ge auf einen Nach­trag ver­stän­digt haben, durch die die auf­schie­ben­den und auf­lö­sen­den Bedin­gun­gen aus der ursprüng­li­chen Pen­si­ons­zu­sa­ge – gegen eine „Gene­ral­quit­tung” – auf­ge­ho­ben wurden.

Mit dem Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 2.3.2013 unter dem Akten­zei­chen I R 60/12 wur­de wei­ter­hin ent­schie­den, dass es aus steu­er­recht­li­cher Sicht nicht zu bean­stan­den ist, wenn eine Pen­si­ons­zu­sa­ge nicht von dem Aus­schei­den des Begüns­tig­ten aus dem Dienst­ver­hält­nis als Geschäfts­füh­rer mit Ein­tritt des Ver­sor­gungs­falls abhän­gig gemacht wird. In einem sol­chen Fall wür­de ein ordent­li­cher und gewis­sen­haf­ter Geschäfts­füh­rer zur Ver­mei­dung einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung aller­dings ver­lan­gen, dass das Ein­kom­men aus der fort­be­stehen­den Tätig­keit als Geschäfts­füh­rer auf die Ver­sor­gungs­leis­tung ange­rech­net wird, oder aber den ver­ein­bar­ten Ein­tritt der Ver­sor­gungs­fäl­lig­keit auf­schie­ben, bis der Begüns­tig­te ent­gelt­lich sei­ne Geschäfts­füh­rer­funk­ti­on been­det hat.

In die­sem Zusam­men­hang hebt der Bun­des­fi­nanz her­vor, dass der eigent­li­che Zweck der betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung für die Zeit der Wei­ter­ar­beit ver­fehlt wird, wenn eine lau­fen­de Alters­ren­te geleis­tet wird und zugleich das Arbeits­ver­hält­nis in der bis­he­ri­gen Wei­se gegen lau­fen­des Gehalt fort­ge­setzt wird.

In der Lite­ra­tur wird zur Ablö­sung einer Pen­si­ons­ver­pflich­tung durch eine Abfin­dung die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Ver­ein­ba­rung einer Abfin­dung kurz vor dem Abrech­nungs­zeit­raum mög­lich sein soll, wenn es einen wirt­schaft­li­chen Grund für die Not­wen­dig­keit einer Abfin­dung gibt. Danach ist das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 11.9.2013 unter dem Akten­zei­chen I R 28/13 nicht so zu ver­ste­hen, dass der Bun­des­fi­nanz­hof eine betrieb­li­che Ver­an­las­sung von Abfin­dungs­zah­lun­gen gene­rell verneint.

Wei­ter ist zu beach­ten, dass die Zusa­ge einer Pen­si­ons­ver­pflich­tung nach der Recht­spre­chung des BFH eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung dar­stel­len kann, wenn die Pen­si­ons­zu­sa­ge im Zeit­punkt der Zusa­ge nicht finan­zier­bar ist, da die Pas­si­vie­rung des Bar­werts der Pen­si­ons­ver­pflich­tung zu einer Über­schul­dung der Gesell­schaft im insol­venz­recht­li­chen Sin­ne füh­ren würde.

Hier­aus wird in der steu­er­recht­li­chen Lite­ra­tur gefol­gert, dass ein Ver­zicht eines Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers gegen­über sei­ner Kapi­tal­ge­sell­schaft auf einen Pen­si­ons­an­spruch nicht aus im Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lass­ten Grün­den erfolgt ist und mit­hin kei­ne ver­deck­te Ein­la­ge vor­liegt, wenn der Ver­zicht auf die Pen­si­ons­zu­sa­ge zur Abwen­dung der Insol­venz der Kapi­tal­ge­sell­schaft erfolgt ist.

Nach die­sem Maß­stab ist vor­lie­gend das Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­ner oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung auf­grund der Beson­der­heit des hier zu ent­schei­den­den Streit­falls der Über­zeu­gung, dass die von der GmbH an den Klä­ger erfolg­te Zah­lung zur Abfin­dung der zuguns­ten des Klä­gers bestehen­den Pen­si­ons­zu­sa­ge nicht gesell­schaft­lich, son­dern betrieb­lich ver­an­lasst war. Inso­weit kom­men die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter zu dem Schluss, dass eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung nicht gege­ben ist. Wie ein­gangs bereits gesagt, wird jedoch das letz­te Wort der Bun­des­fi­nanz­hof unter oben genann­ten Akten­zei­chen haben.

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