Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief November 2021

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

10.11. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

15.11. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 18.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Dezem­ber 2021:

10.12. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.12. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Novem­ber 2021

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Novem­ber ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 26.11.2021.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Ort der Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren in Pandemiezeiten

Ent­spre­chend der Rege­lung in der Finanz­ge­richts­ord­nung (FGO) kön­nen die Betei­lig­ten die Gerichts­ak­ten und die dem Gericht vor­ge­leg­ten Akten ein­se­hen und sich durch die Geschäfts­stel­le auf ihre Kos­ten Kopien ertei­len las­sen. Die Akten­ein­sicht wird, wenn die Pro­zess­ak­ten in Papier­form geführt wer­den, durch Ein­sicht­nah­me in die Akten in den Dienst­räu­men gewährt. So die aus­drück­li­che Rege­lung in § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO.

Dienst­räu­me in die­sem Sin­ne sind nicht nur die Dienst­räu­me des Gerichts, son­dern Räum­lich­kei­ten, die vor­über­ge­hend oder dau­ernd dem öffent­li­chen Dienst zur Aus­übung dienst­li­cher Tätig­kei­ten die­nen und über die ein Trä­ger öffent­li­cher Gewalt das Haus­recht aus­übt. Die Kanz­lei­räu­me von Rechts­an­wäl­ten oder Steu­er­be­ra­tern sind hin­ge­gen kei­ne Dienst­räu­me. Im Hin­blick dar­auf, dass ande­re Pro­zess­ord­nun­gen die grund­sätz­li­che Mög­lich­keit eröff­nen, neben einer Ein­sicht­nah­me in Dienst­räu­men auch die Akten zur Ein­sicht in die Woh­nung oder Geschäfts­räu­me des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten zu über­sen­den, ist es als bewuss­te Ent­schei­dung des Gesetz­ge­bers zu wer­ten, die­se Wei­te­rung für das finanz­ge­richt­li­che Ver­fah­ren gera­de nicht zu übernehmen.

Inso­weit kann man mit Hin­blick auf die Pan­de­mie auch nicht von einem Aus­nah­me­fall spre­chen, in dem die Akten­ein­sicht in Kanz­lei­räu­men von Rechts­an­wäl­ten oder Steu­er­be­ra­tern zu gewäh­ren wäre.

Tat­säch­lich schließt jedoch die Neu­fas­sung der FGO nicht jed­we­de Akten­ein­sicht außer­halb von Dienst­räu­men aus. Viel­mehr bleibt die Über­sen­dung von Akten in die Geschäfts­räu­me eines Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten zum Zwe­cke der dor­ti­gen Ein­sicht­nah­me nach wie vor mög­lich. Sie ist aller­dings nicht der Regel­fall, son­dern bleibt auf eng begrenz­te Aus­nah­me­fäl­le beschränkt.

Die Ent­schei­dung, Akten­ein­sicht aus­nahms­wei­se auch außer­halb von Dienst­räu­men zu gewäh­ren, ist eine nach den Umstän­den des Ein­zel­falls zu beur­tei­len­de Ermes­sens­ent­schei­dung. Dabei sind die für und gegen eine Akten­ver­sen­dung spre­chen­den Inter­es­sen gegen­ein­an­der abzu­wä­gen, d.h. das dienst­li­che Inter­es­se an einem geord­ne­ten Geschäfts­gang einer­seits (bei­spiels­wei­se Gefahr von Akten­ver­lus­ten bzw. ‑beschä­di­gun­gen oder gar ‑mani­pu­la­tio­nen, Schutz von poten­zi­el­len Beweis­mit­teln [wie z.B. Steu­er­erklä­run­gen mit Ori­gi­nal­be­le­gen], jeder­zei­ti­ge Ver­füg­bar­keit der Akten sowie Wah­rung des Steu­er­ge­heim­nis­ses gegen­über Drit­ten) mit dem Inter­es­se an der Erspar­nis von Zeit und Kos­ten im Fal­le der Gewäh­rung der Akten­ein­sicht außer­halb von Dienst­räu­men ande­rer­seits. Im Rah­men die­ses Abwä­gungs­pro­zes­ses ist der vom Gesetz­ge­ber gesteck­te Ermes­sens­rah­men und hier­bei ins­be­son­de­re das Regel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis zwi­schen einer Akten­ein­sicht in und außer­halb von Dienst­räu­men zu beachten.

Vor die­sem Hin­ter­grund kommt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Beschluss vom 18.3.2021 unter dem Akten­zei­chen V B 25/2 20 zu dem Schluss, dass, wenn das Finanz­ge­richt bei sei­ner Ent­schei­dung die für die gegen eine Akten­ein­sicht in den Kanz­lei­räu­men eines Steu­er­be­ra­ters oder Rechts­an­walt spre­chen­den Grün­de hin­rei­chend berück­sich­tigt und gegen­ein­an­der abge­wo­gen hat, sich die Ver­sa­gung der Akten­ein­sicht in Kanz­lei­räu­me auch unter Berück­sich­ti­gung der beson­de­ren Pan­de­miela­ge als ermes­sens­feh­ler­frei erwei­sen kann und dem­entspre­chend nicht zu bean­stan­den ist.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Pokerspielen als Gewerbebetrieb

Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter kommt in sei­ner Ent­schei­dung vom 10.3.2021 unter dem Akten­zei­chen 11 K 3030/15 E, G zu dem Schluss, dass der dort kla­gen­de Steu­er­pflich­ti­ge mit dem Online-Poker­spie­len Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb erzielt und eben­so einen ste­hen­den Gewer­be­be­trieb unter­hält, wes­halb auch Gewer­be­steu­er auf die Gewin­ne anfallen.

Da das Gericht schon in sei­nen Leit­sät­zen aus­führt, dass die Gren­zen zwi­schen der Aus­übung eines Hob­bys und einem berufs­mä­ßi­gen Spiel flie­ßend sind, lohnt es sich, einen genaue­ren Blick in die Urteils­be­grün­dung und die Sub­sum­ti­on der Ent­schei­dung zu wer­fen. Immer­hin bedeu­tet dies auch bei einer nega­ti­ven Ent­schei­dung des Gerichts nichts ande­res, als dass auch eine posi­ti­ve Ent­schei­dung mög­lich ist.

Zunächst ist daher ein­mal fest­zu­hal­ten, dass ein Gewer­be­be­trieb eine selbst­stän­di­ge nach­hal­ti­ge Betä­ti­gung ist, die mit der Absicht, Gewinn zu erzie­len, unter­nom­men wird und sich als Betei­li­gung am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr dar­stellt, wenn sie weder als Aus­übung von Land- und Forst­wirt­schaft noch als Aus­übung eines frei­en Berufs noch als eine ande­re selbst­stän­di­ge Tätig­keit anzu­se­hen ist. Vor­lie­gend kann für den Poker­spie­ler schon ein­mal abge­grenzt wer­den, dass eine der ande­ren Ein­kunfts­ar­ten nicht gege­ben ist. Ein Tat­be­stands­merk­mal ist also schon mal erfüllt.

Aus Sicht der Gewer­be­steu­er unter­liegt jeder ste­hen­der Gewer­be­be­trieb auch der Besteue­rung. Betrof­fen sind inso­weit gewerb­li­che Unter­neh­men. Sowohl im Ein­kom­men­steu­er­recht als auch im Gewer­be­steu­er­recht ist ein unge­schrie­be­nes Tat­be­stands­merk­mal, dass die Betä­ti­gung (deut­lich) über den Rah­men einer pri­va­ten Ver­mö­gens­ver­wal­tung hin­aus­ge­hen muss, wie bereits der Gro­ße Senat des Bun­des­fi­nanz­hofs in sei­nem Beschluss vom 25.6.1984 unter dem Akten­zei­chen GrS 4/82 klar­ge­stellt hat. Ob dies auch hier erfüllt ist, sei an die­ser Stel­le noch nicht ver­ra­ten. Als ers­tes soll ein Blick auf die vor­ran­gi­gen und tat­säch­lich geschrie­be­nen Tat­be­stands­merk­ma­le gewor­fen werden.

Zunächst ein­mal ist zu klä­ren, ob die Teil­nah­me an Online-Poker­spie­len eine Teil­nah­me am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr ist. Die­ses Tat­be­stands­merk­mal ver­langt, dass eine Tätig­keit am Markt gegen Ent­gelt und für Drit­te äußer­lich erkenn­bar ange­bo­ten wird. Die Tätig­keit des Steu­er­pflich­ti­gen muss nach außen hin in Erschei­nung tre­ten und sich an eine All­ge­mein­heit wen­den. Aus dem Gewer­be­be­trieb sol­len sol­che Tätig­kei­ten aus­ge­klam­mert wer­den, die zwar in Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht aus­ge­übt wer­den, aber nicht auf einen Leis­tungs­aus­tausch gerich­tet sind, wobei neben Sach- und Dienst­leis­tun­gen auch geis­ti­ge und ande­re imma­te­ri­el­le Leis­tun­gen Gegen­stand einer gewerb­li­chen Tätig­keit sein können.

Die Teil­nah­me am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr setzt dabei kei­nen Leis­tungs- oder Güter­aus­tausch gegen fes­tes Ent­gelt vor­aus. Viel­mehr kann das Ent­gelt auch erfolgs­ab­hän­gig bestimmt wer­den, wie der Bun­des­fi­nanz­hof bereits in einer Ent­schei­dung vom 7.11.2018 unter dem Akten­zei­chen X R 34/16 her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

Wei­ter­hin frag­lich ist in die­sem Zusam­men­hang, ob es sich bei dem Poker­spiel in der vom Klä­ger gespiel­ten Vari­an­te „Texas hol­d’em“ um ein Geschick­lich­keits­spiel oder um ein Glücks­spiel han­delt. Für die steu­er­recht­li­che Beur­tei­lung von Spiel­ge­win­nen bzw. Preis­gel­dern ist es näm­lich höchst­rich­ter­lich voll­kom­men unstrit­tig aner­kannt, dass bei einem Glücks­spiel kei­ne Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb vor­lie­gen, da es man­gels Ver­knüp­fung von Leis­tung und Gegen­leis­tung schon an einer Betei­li­gung am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr fehlt. So hat bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 16.9.2015 unter dem Akten­zei­chen X R 43/12 klar­ge­stellt, dass bei einem Glücks­spiel weder die Spiel­tä­tig­keit noch der Spiel­ein­satz Leis­tun­gen dar­stel­len, die durch den Spiel­ge­winn ver­gü­tet werden.

Das Poker­spiel in der Vari­an­te Texas hol­d’em gehört dabei zu den soge­nann­ten gemisch­ten Spie­len. Anders als bei­spiels­wei­se bei Lot­te­rien hängt der Aus­gang des Poker­spiels nicht allein vom Zufall (also der Kar­ten­aus­ga­be), son­dern auch von der Geschick­lich­keit, also ins­be­son­de­re den Fähig­kei­ten und Fer­tig­kei­ten, der Spie­ler ab. Zufalls- und Geschick­lich­keits­fak­to­ren bedin­gen sich beim Poker­spiel inso­weit gegen­sei­tig. Folg­lich kom­men die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter zu dem Schluss, dass das Poker­spiel in der Vari­an­te Texas hol­d’em steu­er­lich nicht als Glücks­spiel ein­zu­ord­nen ist.

Sum­ma sum­ma­rum gelan­gen die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter inso­weit mit Blick auf das Tat­be­stands­merk­mal der Betei­li­gung am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr zu dem Ergeb­nis, dass eine sol­che Teil­nah­me durch das Online-Poker­spie­len tat­säch­lich gege­ben ist. Argu­men­ta­tiv hat das erst­in­stanz­li­che Gericht inso­weit noch eine gan­ze Rei­he wei­te­rer Argu­men­te und Ver­wei­se vor­ge­bracht, auf wel­che an die­ser Stel­le ledig­lich ver­wie­sen wer­den soll.

Viel ent­schei­den­der scheint jedoch, ob auch die sons­ti­gen Tat­be­stands­merk­ma­le tat­säch­lich gege­ben sind. So stellt sich schon die Fra­ge nach der selbst­stän­di­gen Tätig­keit, wel­che in der Regel dadurch gekenn­zeich­net ist, dass sie auf eige­ne Rech­nung (Unter­neh­mer­ri­si­ko) und in eige­ner Ver­ant­wor­tung (Unter­neh­mer­initia­ti­ve) aus­ge­übt wird. Auch dies sieht das erken­nen­de Gericht im vor­lie­gen­den Fall als gege­ben an, denn der Klä­ger hat sei­ne Teil­nah­me an den Poker­spie­len auto­nom bestimmt. Er unter­lag auch hin­sicht­lich des Orts, der Zeit und dem Inhalt sei­ner Betä­ti­gung kei­ner Wei­sungs­ab­hän­gig­keit und konn­te die Orga­ni­sa­ti­on und Durch­füh­rung sei­ner Spie­le frei bestim­men. Eine selbst­stän­di­ge Tätig­keit wird daher sei­tens des Gerichts eben­falls bejaht.

Auch die Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht sehen die Rich­ter vor­lie­gend als gege­ben an. Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht ist das Stre­ben nach Betriebs­ver­mö­gens­meh­rung in Gestalt eines Total­ge­winns. Ange­strebt wer­den muss ein posi­ti­ves Ergeb­nis zwi­schen Betriebs­grün­dung und Betriebs­be­en­di­gung. Defi­ni­tiv folgt die Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht jedoch nicht schon dar­aus, dass bei einem Poker­spiel grund­sätz­lich jeder gewin­nen möch­te, son­dern viel­mehr dar­aus, dass der Klä­ger über eine gewis­se Dau­er hin­weg die Tätig­keit aus­führt, dadurch Gewin­ne erzielt und zumin­dest mit dem aus­rei­chen­den Neben­zweck der durch­weg vor­teil­haf­ten wei­te­ren Gewinn­erzie­lung fort­ge­führt hat.

Beson­de­rer Hin­weis an die­ser Stel­le für den streit­ge­gen­ständ­li­chen Sach­ver­halt: Anhalts­punk­te, die das Indiz der tat­säch­li­chen Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht wider­le­gen, waren dem Senat schon des­halb nicht erkenn­bar, weil im ers­ten Streit­jahr bereits Gewin­ne von über 80.000 Euro erzielt wur­den und in den vier wei­te­ren Jah­ren sogar Gewin­ne von nahe­zu 2 Mil­lio­nen ein­ge­stri­chen wurden.

Last but not least hat der erken­nen­de Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter auch noch das unge­schrie­be­ne Tat­be­stands­merk­mal, wonach die Betä­ti­gung den Rah­men der pri­va­ten Ver­mö­gens­ver­wal­tung über­schrit­ten haben muss, aus­führ­lich geprüft. Inso­weit erken­nen die Rich­ter bereits in der Art und Wei­se, wie der Klä­ger bei den Online-Poker­spie­len agiert hat, eine plan­mä­ßi­ge Tätig­keit, die struk­tu­rell gewerb­li­che Aspek­te aufweist.

Im Ergeb­nis kom­men die Rich­ter zu dem Schluss, dass vor­lie­gend Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb erzielt werden.

Hin­weis:

Der Steu­er­pflich­ti­ge „pokert“ an die­ser Stel­le jedoch wei­ter und hat die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein­ge­legt. Wegen der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung der Sache war das erst­in­stanz­li­che Gericht näm­lich gezwun­gen, auch die­se zuzulassen.

Unter dem Akten­zei­chen X R 8/21 müs­sen dabei die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik die fol­gen­den Rechts­fra­gen „aus­wür­feln“:

  • Han­delt es sich bei dem Online-Poker­spiel in der vom Klä­ger –neben dem Stu­di­um– gespiel­ten Vari­an­te „Texas Hold’em“ um ein das Tat­be­stands­merk­mal „Betei­li­gung am all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ver­kehr“ aus­schlie­ßen­des Glücks­spiel oder um ein Geschicklichkeitsspiel?

  • Ob und ggf. ab wann wird das –bei den Spie­lern regel­mä­ßig zum Bereich der Hob­by­aus­übung gehö­ren­de– Online-Poker­spie­len „berufs­mä­ßig“ ausgeübt?

  • Sind die Online-Poker­ge­win­ne, soweit sie kei­ne Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb dar­stel­len, als sons­ti­ge Ein­künf­te gemäß § 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren?

Tipp:

Ob jedoch auch nach Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richts tat­säch­lich sämt­li­che Poker­ge­win­ne im Rah­men eines Gewer­be­be­triebs rea­li­siert wer­den, muss unse­res Erach­tens ver­neint wer­den. Inso­weit kommt es sicher­lich immer auf den Ein­zel­fall an und es müs­sen eben­so immer sämt­li­che Tat­be­stands­merk­ma­le durch­ge­prüft wer­den. Die Urteils­be­grün­dung des Finanz­ge­richts Müns­ter kann inso­weit auch wert­vol­le Anhalts­punk­te dafür geben, eine gewerb­li­che Tätig­keit zu verneinen.

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3. Für Vermieter: Vorsteuerabzug aus Heizungserneuerung trotz steuerfreier Wohnungsvermietung?

Die Fra­ge des Vor­steu­er­ab­zugs rich­tet sich regel­mä­ßig danach, ob der Unter­neh­mer auch steu­er­pflich­ti­ge Aus­gangs­leis­tun­gen erbringt. Inso­weit kön­nen Ver­mie­ter, die aus­schließ­lich Woh­nun­gen ver­mie­ten, regel­mä­ßig kei­ne Vor­steu­er in Anspruch neh­men. Frag­lich ist jedoch, ob die­se Rege­lung auch auf die Ener­gie­lie­fe­run­gen, die ein Woh­nungs­ver­mie­ter an sei­ne Woh­nungs­mie­ter erbringt, zutref­fen. Inso­weit muss im Wesent­li­chen geklärt wer­den, ob die Ener­gie­lie­fe­rung eine eigen­stän­di­ge Lie­fe­rung ist, die dann auch man­gels Steu­er­be­frei­ung der Umsatz­steu­er unter­lie­gen wür­de und somit auf der Ein­gangs­sei­te beim Ver­mie­ter zum Vor­steu­er­ab­zug berech­tigt. Sofern es sich hin­ge­gen um eine unselbst­stän­di­ge Neben­leis­tung zur Ver­mie­tungs­leis­tung han­delt, wäre auch die­se Ener­gie­lie­fe­rung steu­er­frei und ein Vor­steu­er­ab­zug, etwa aus dem Neu­bau, der War­tung oder Repa­ra­tu­ren der Hei­zung oder der Warm­was­ser­an­la­ge wären nicht abzugsfähig.

Vor die­sem Hin­ter­grund hat das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­ner Ent­schei­dung vom 6.4.2021 unter dem Akten­zei­chen 5 K 3866/18 U klar­ge­stellt, dass der Vor­steu­er­ab­zug durch­aus infra­ge kommt, da der Ver­mie­ter im Hin­blick auf die Ener­gie­lie­fe­run­gen kei­ne steu­er­frei­en Umsät­ze erbringt. Die Ener­gie­lie­fe­run­gen unter­lie­gen kei­ner Umsatz­steu­er­be­frei­ung und sind daher zumin­dest in dem ent­schie­de­nen Streit­fall von der steu­er­frei­en Ver­mie­tungs­leis­tung zu trennen.

Tat­säch­lich hat bereits der Euro­päi­sche Gerichts­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 16.4.2015 unter dem Akten­zei­chen C‑42/14 klar­ge­stellt, dass im Hin­blick auf die Mehr­wert­steu­er in der Regel jede Leis­tung als eige­ne und selbst­stän­di­ge Leis­tung zu betrach­ten ist. Natür­lich gibt es davon auch Aus­nah­men. So sind nach der Recht­spre­chung meh­re­re for­mal eigen­stän­di­ge Leis­tun­gen, die getrennt erbracht wer­den und damit jede für sich zu einer Besteue­rung oder Befrei­ung füh­ren könn­ten, unter bestimm­ten Umstän­den als ein­heit­li­cher Umsatz anzu­se­hen, wenn sie nicht von­ein­an­der unab­hän­gig sind. Ein ein­heit­li­cher Umsatz liegt inso­weit näm­lich vor, wenn die Leis­tung des Steu­er­pflich­ti­gen aus zwei oder meh­re­ren Ele­men­ten oder Hand­lun­gen besteht, die so eng mit­ein­an­der ver­bun­den sind, dass sie objek­tiv eine ein­zi­ge untrenn­ba­re wirt­schaft­li­che Leis­tung bil­den, deren Auf­spal­tung wirk­lich­keits­fremd wäre. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine oder meh­re­re Leis­tun­gen die Haupt­leis­tung und die ande­ren Leis­tun­gen Neben­leis­tun­gen dar­stel­len, die steu­er­lich eben­so zu behan­deln sind wie die Haupt­leis­tung. So auch bereits der Euro­päi­sche Gerichts­hof in einer Ent­schei­dung vom 17.1.2013 unter dem Akten­zei­chen C‑224/11.

Eine Leis­tung ist ins­be­son­de­re dann als Neben­leis­tung zu einer Haupt­leis­tung anzu­se­hen, wenn sie für den Kun­den kei­nen eige­nen Zweck, son­dern das Mit­tel dar­stellt, um die Haupt­leis­tung des Leis­tungs­er­brin­gers unter opti­ma­len Bedin­gun­gen in Anspruch zu neh­men. So auch wie­der­um bereits der Euro­päi­sche Gerichts­hof mit Urteil vom 27.9.2012 unter dem Akten­zei­chen C‑392/11.

Auf Basis die­ser grund­sätz­li­chen Ein­ord­nung kommt nun das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter in der oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung zu dem Schluss, dass im Streit­fall getrenn­te Leis­tun­gen gege­ben sind. Inso­weit erkennt das Gericht einer­seits steu­er­freie Ver­mie­tungs­leis­tun­gen und ande­rer­seits steu­er­pflich­ti­ge Ener­gie­lie­fe­run­gen des Ver­mie­ters an den Mieter.

Zum kon­kre­ten Ein­zel­fall füh­ren die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter wei­ter­hin aus, dass allein der Umstand, dass getrenn­te, von­ein­an­der unab­hän­gi­ge Leis­tung vor­lie­gen, obwohl die Ener­gie­lie­fe­run­gen zunächst erst die Ver­mie­tung der Räum­lich­kei­ten vor­aus­set­zen, auch dadurch deut­lich wird, dass der Ver­mie­ter im Hin­blick auf einen vor­han­de­nen Bun­ga­low aus­schließ­lich eine Ver­mie­tungs­leis­tung erbringt, ohne gleich­zei­tig auch Ener­gie­leis­tun­gen durch­zu­füh­ren. Schon dar­in mani­fes­tiert sich, dass zwei unter­schied­li­che, getrennt von­ein­an­der zu behan­deln­den Leis­tun­gen gege­ben sind.

Der Umstand, dass regel­mä­ßig der Ver­mie­ter den Ener­gie­ver­sor­ger aus­wählt und die Mie­ter an die­se Aus­wahl gebun­den sind, macht die Leis­tung eben­falls nicht unselbst­stän­dig, so das Gericht.

Vor die­sem Hin­ter­grund erlaubt daher das erst­in­stanz­li­che Gericht den Vor­steu­er­ab­zug aus dem Neu­bau einer Hei­zungs- und Warm­was­ser­an­la­ge, da die­se in den Aus­gangs­leis­tun­gen dafür genutzt wird, steu­er­pflich­ti­ge Ener­gie­lie­fe­run­gen an die Mie­ter zu erbringen.

Hin­weis:

Abschlie­ßend geklärt ist die Streit­fra­ge damit jedoch noch nicht. Die Finanz­ver­wal­tung hat gegen die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen ein­ge­legt. Die­ser wird folg­lich unter dem Akten­zei­chen V R 15/21 noch zu klä­ren haben, ob die Ener­gie­lie­fe­run­gen tat­säch­lich als selbst­stän­dig zu betrach­ten sind und dem­entspre­chend der Umsatz­steu­er unter­wor­fen wer­den müs­sen. Wird dies sei­tens der obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik bejaht, kön­nen auch auf der Ein­gangs­sei­te inso­weit hin­sicht­lich des Neu­baus einer Hei­zungs­an­la­ge oder Ähn­li­chem Vor­steu­ern gezo­gen werden.

Betrof­fe­nen sei gera­ten, sich an das Ver­fah­ren anzu­hän­gen und den eige­nen Steu­er­fall offen zu hal­ten, damit die Vor­steu­er dann noch vom Finanz­amt erstat­tet wer­den kann.

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4. Für Unternehmer: (Keine) Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 37 b Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) kön­nen alle inner­halb eines Wirt­schafts­jah­res gewähr­ten betrieb­lich ver­an­lass­ten Zuwen­dun­gen, die zusätz­lich zur ohne­hin ver­ein­bar­ten Leis­tung oder Gegen­leis­tung erbracht wer­den und nicht in Geld bestehen, ein­heit­lich mit einem Pau­schal­steu­er­satz von 30 % ver­steu­ert werden.

Wie nun jedoch das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg in sei­ner Ent­schei­dung vom 19.4.2021 unter dem Akten­zei­chen 10 K 577/21 klar­stellt, erfasst die Pau­scha­lie­rung aber nicht alle Zuwen­dun­gen schlecht­hin. Es kann also nach dem Wil­len der Finanz­ver­wal­tung nicht alles der Pau­sch­las­teu­er unter­wor­fen wer­den. Inso­weit beschränkt sich die Rege­lung des § 37 b EStG nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs viel­mehr auf Zuwen­dun­gen, die bei den Zuwen­dungs­emp­fän­gern zu ein­kom­men­steu­er­pflich­ti­gen Ein­künf­ten füh­ren. Defi­ni­tiv begrün­det die Rege­lung kei­ne wei­te­re eigen­stän­di­ge Ein­kunfts­art und kei­nen sons­ti­gen ori­gi­nä­ren Ein­kom­men­steu­er­tat­be­stand, son­dern stellt ledig­lich eine beson­de­re pau­scha­lie­ren­de Erhe­bungs­form der Ein­kom­men­steu­er zur Wahl. Dies folgt aus dem Wort­laut der Rege­lung sowie aus rechts­sys­te­ma­ti­schen Grün­den und aus der Ein­ord­nung des § 37 b EStG in das Gesamt­ge­fü­ge des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes. Etwas Gegen­tei­li­ges ergibt sich zudem weder aus der Ent­ste­hungs­ge­schich­te noch aus den Geset­zes­ma­te­ria­li­en zur Regelung.

Dar­über hin­aus setzt die Rege­lung aus­drück­lich die betrieb­li­che Ver­an­las­sung der Zuwen­dun­gen vor­aus und for­dert wei­ter­hin, dass die­se Zuwen­dun­gen zusätz­lich zur ohne­hin ver­ein­bar­ten Leis­tung oder Gegen­leis­tung des Steu­er­pflich­ti­gen erbracht wer­den. Die­se Vor­aus­set­zun­gen schrän­ken den Anwen­dungs­be­reich der Pau­scha­lie­rungs­norm wei­ter ein. Der Tat­be­stand erfasst im Ergeb­nis nicht sämt­li­che unab­hän­gig von einem bestehen­den Leis­tungs­aus­tausch erbrach­ten Zuwen­dun­gen, son­dern nur sol­che, die ergän­zend zu einem Leis­tungs­aus­tausch zwi­schen Steu­er­pflich­ti­gem und Zuwen­dungs­emp­fän­ger hin­zu­tre­ten, in dem die Zuwen­dun­gen zwar nicht geschul­det, aber durch den Leis­tungs­aus­tausch ver­an­lasst sind.

Dass die Zuwen­dung des Steu­er­pflich­ti­gen zu einer Leis­tung eines Drit­ten an den Zuwen­dungs­emp­fän­ger hin­zu­tritt, reicht des­halb nicht aus. Erfor­der­lich ist viel­mehr, dass zwi­schen dem Zuwen­den­den und dem Leis­tungs­emp­fän­ger eine Leis­tung oder Gegen­leis­tung (qua­si ein Grund­ge­schäft) ver­ein­bart ist und die Zuwen­dung zusätz­lich, dass heißt frei­wil­lig zur geschul­de­ten Leis­tung oder Gegen­leis­tung, hinzukommt.

Zuwen­dun­gen, die etwa zur Anbah­nung eines Ver­trags­ver­hält­nis­ses erbracht wer­den, sind man­gels einer zu die­sem Zeit­punkt ohne­hin schon ver­ein­bar­ten Leis­tung oder Gegen­leis­tung nicht in den Anwen­dungs­be­reich des § 37 b Abs. 1 Satz 1 Num­mer 1 EStG ein­be­zo­gen. So auch bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 12.12.2013 unter dem Akten­zei­chen VI R 47/12.

Ins­be­son­de­re mit Blick auf die vor­ge­nann­te Ein­ord­nung der Rechts­la­ge kommt das erken­nen­de Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg mit Blick auf die streit­ge­gen­ständ­li­chen Sach­zu­wen­dun­gen eines Kre­dit­in­sti­tuts an Pri­vat­kun­den zur Ermög­li­chung einer bes­se­ren Anla­ge­be­ra­tung bzw. künf­ti­gen Ver­mitt­lung von Kapi­tal­an­la­gen zu dem Schluss, dass eine Pau­scha­lie­rung hier nicht greift.

Kon­kret äußert sich das Finanz­ge­richt in sei­nem Leit­satz wie folgt: Lädt ein Kre­dit­in­sti­tut zu Wer­be­zwe­cken geho­be­ne Pri­vat­kun­den zu Ver­an­stal­tun­gen ein (z. B. Schiff­fahrt mit Menü und Wein­pro­be; Golf­tur­nier) und hän­gen die­se Wer­be­maß­nah­men nach dem Gesamt­bild der Umstän­de nicht mit einer kon­kre­ten Kapi­tal­an­la­ge zusam­men (z. B. mit Fest­gel­dern und Spar­bü­chern der Pri­vat­kun­den bei dem Kre­dit­in­sti­tut), son­dern sol­len sie ledig­lich die Mög­lich­keit schaf­fen, die­se Pri­vat­kun­den per­sön­lich näher ken­nen­zu­ler­nen und dadurch spä­ter bes­ser in eine Anla­ge­be­ra­tung ein­zu­tre­ten und Kapi­tal­an­la­gen (z. B. Wert­pa­pier- und Akti­en­de­pots, Bau­spar- und Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge) ver­mit­teln zu kön­nen, so füh­ren die Sach­zu­wen­dun­gen bei den Pri­vat­kun­den nicht zu steu­er­pflich­ti­gen Kapi­tal­erträ­gen und unter­lie­gen bei dem Kre­dit­in­sti­tut nicht der Pau­scha­lie­rung nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG.

Tipp:

Auch wenn vor­lie­gend der Sach­ver­halt etwas spe­zi­ell ist, weil es sich um ein Kre­dit­in­sti­tut han­delt, wel­ches mit sehr teu­ren Wer­be­maß­nah­men Sach­zu­wen­dun­gen erbracht hat, soll­te dies nicht davon abhal­ten, den Sach­ver­halt und ins­be­son­de­re auch den Tenor der Ent­schei­dung auch auf ande­re Steu­er­strei­tig­kei­ten zu über­tra­gen. Wer daher mit der Finanz­ver­wal­tung ein ähn­li­ches Pro­blem hat, soll­te sich die Argu­men­ta­ti­on des Finanz­ge­richts Baden-Würt­tem­berg zu eigen machen. Der Urteils­be­grün­dung kön­nen zahl­rei­che gute Argu­men­te ent­nom­men werden.

Hin­weis:

Lei­der ist mit der vor­ge­nann­ten Ent­schei­dung jedoch noch kei­ne abschlie­ßen­de Klä­rung erfolgt. Wegen der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung der Sache und natür­lich zur Fort­bil­dung des Rechts hat das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zugelassen.

Mitt­ler­wei­le ist die Revi­si­on der Finanz­ver­wal­tung auch unter dem Akten­zei­chen VI R 10/21 in Mün­chen anhän­gig. Inso­weit wer­den Betrof­fe­ne gezwun­gen sein, sich nicht nur die Argu­men­ta­ti­on des erst­in­stanz­li­chen Gerich­tes zu eigen zu machen, son­dern müs­sen sich wohl im Wei­te­ren auch auf das anhän­gi­ge Mus­ter­ver­fah­ren beru­fen und dem­entspre­chend die eige­ne Ver­fah­rens­ru­he bean­tra­gen. Aus unse­rer Sicht ste­hen die Chan­cen jedoch nicht schlecht, dass mit einem posi­ti­ven Urteil gerech­net wer­den kann.

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5. Für Eltern: Zum Abzug von Kinderbetreuungskosten im Zusammenhang mit steuerfrei gezahlten Arbeitgeberzuschüssen

Der im Fol­gen­den behan­del­te Beschluss des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 14.4.2021 unter dem Akten­zei­chen III R 30/20 betrifft ins­be­son­de­re alle Eltern, die Kin­der­gar­ten­bei­trä­ge zah­len und dazu steu­er­freie Arbeit­ge­ber­zu­schüs­se erhal­ten. Inso­weit stellt sich näm­lich die streit­ge­gen­ständ­li­che Fra­ge, ob die als Son­der­aus­ga­ben abzieh­ba­ren Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten um die steu­er­frei­en Arbeit­ge­ber­zu­schüs­se zu kür­zen sind.

Zunächst ein­mal eine gene­rel­le Ein­ord­nung: Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 10 Abs. 1 Num­mer 5 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) sind als Son­der­aus­ga­ben zwei Drit­tel der Auf­wen­dun­gen, höchs­tens aller­dings 4.000 Euro je Kind, für Dienst­leis­tun­gen zur Betreu­ung eines zum Haus­halt des Steu­er­pflich­ti­gen gehö­ren­den Kin­des im Sin­ne des § 32 Abs. 1 EStG, wel­ches das 14. Lebens­jahr noch nicht voll­endet hat, abzieh­bar. So im Wesent­li­chen die Rege­lung im Gesetz.

Der Bun­des­fi­nanz­hof ver­tritt dabei im vor­lie­gen­den Beschluss die Auf­fas­sung, dass aus der Ver­wen­dung des Begriffs „Auf­wen­dun­gen“ und dem Zweck der gesetz­li­chen Vor­schrift schon bestimmt wird, dass nur sol­che Aus­ga­ben als Son­der­aus­ga­ben berück­sich­tigt wer­den dür­fen, durch die der Steu­er­pflich­ti­ge tat­säch­lich und end­gül­tig wirt­schaft­lich belas­tet ist.

Grund­sätz­lich ist es zwar ohne Bedeu­tung, woher der Steu­er­pflich­ti­ge das Geld für die Bei­trä­ge für die Leis­tung von Son­der­aus­ga­ben genom­men hat, ob aus dem Stamm sei­nes Ver­mö­gens, ob aus lau­fen­den Bezü­gen oder aus ande­ren Mit­teln. Das gilt aber nicht, wenn ihm Zuwen­dun­gen von sei­nem Arbeit­ge­ber gewährt wor­den sind, die den geziel­ten Zweck haben, um von dem Arbeit­neh­mer zur Erbrin­gung der dem Grun­de nach als Son­der­aus­ga­ben abzugs­fä­hi­gen Leis­tung ver­wen­det zu wer­den. In einer sehr alten Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 13.8.1971 unter dem Akten­zei­chen VI R 171/68 hat die Recht­spre­chung schon ein­mal die­se The­se ent­wi­ckelt. Folg­lich betre­ten die Rich­ter kein wirk­li­ches Neu­land und es macht inso­weit für sie wirt­schaft­lich kei­nen Unter­schied, ob der Arbeit­ge­ber die Beträ­ge für den Arbeit­neh­mer bei­spiels­wei­se an die Betreu­ungs­ein­rich­tun­gen ent­rich­tet, ob er ihm die Bei­trä­ge ersetzt oder ob er ihm vor der Leis­tung zweck­ge­bun­de­ne steu­er­freie Leis­tun­gen gewährt. In allen drei Fäl­len ist das wirt­schaft­li­che Ergeb­nis das Glei­che: Der Steu­er­pflich­ti­ge wird durch die Bei­trä­ge in dem Umfang nicht belas­tet, die der Arbeit­ge­ber hier­für durch einen zweck­ge­bun­de­nen Zuschuss gewährt. Im vor­lie­gen­den Fall dien­ten die steu­er­frei­en Leis­tun­gen nach § 3 Num­mer 33 EStG genau dem Zweck, die wirt­schaft­li­che Belas­tung durch die Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten zu mindern.

Die Anrech­nung der steu­er­frei­en Leis­tun­gen auf die Son­der­aus­ga­ben ent­spricht daher auch dem Geset­zes­zweck. Dar­über hin­aus geht es bei denen nach § 3 Num­mer 33 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes zusätz­lich zum Arbeits­lohn erbrach­ten Leis­tun­gen nicht um Leis­tun­gen, die der frei­en Dis­po­si­ti­on des Emp­fän­gers über­las­sen wer­den. Viel­mehr han­delt es sich um eine zweck­ge­bun­de­ne steu­er­ba­re Leis­tung, die nur dann steu­er­frei belas­sen wird, wenn sie für den im Gesetz benann­ten Zweck „Unter­brin­gung und Betreu­ung von nicht schul­pflich­ti­gen Kin­dern der Arbeit­neh­mer in Kin­der­gär­ten oder ver­gleich­ba­ren Ein­rich­tun­gen“ ver­wen­det wird. Soweit eine steu­er­freie Leis­tung durch den Arbeit­ge­ber erfolgt, stellt die Zah­lung nach ihrem wirt­schaft­li­chen Gehalt eine den Son­der­aus­ga­ben­ab­zug min­dern­de Erstat­tung der nach § 10 Abs. 1 Num­mer 5 EStG genann­ten Auf­wen­dun­gen dar, weil die­se nur bei tat­säch­lich geleis­te­ten Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten erfol­gen kann und im Ergeb­nis den Auf­wand des Steu­er­pflich­ti­gen und damit des­sen wirt­schaft­li­che Belas­tung redu­ziert. Damit wer­den nach Auf­fas­sung der obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik auch unbe­rech­tig­te Dop­pel­be­güns­ti­gung ausgeschlossen.

Gera­de weil der Son­der­aus­ga­ben­ab­zug schon nach sei­nem Geset­zes­wort­laut „Auf­wen­dun­gen“ und damit eine wirt­schaft­li­che Belas­tung vor­aus­setzt, bedarf es auch kei­ner beson­de­ren Rege­lung. Der Gesetz­ge­ber hat bewusst dar­auf ver­zich­tet, ein Abzugs­ver­bot gene­rell auch auf Son­der­aus­ga­ben zu erstre­cken, obwohl der zugrun­de lie­gen­de Rechts­ge­dan­ke, näm­lich einen dop­pel­ten Steu­er­vor­teil zu ver­mei­den, auch bei Son­der­aus­ga­ben gel­ten soll. Er hat viel­mehr über den Begriff der „Auf­wen­dun­gen“ und der damit ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Belas­tung die Beschrän­kung des Son­der­aus­ga­ben­ab­zugs selbst gere­gelt, um so letzt­lich auch Dop­pel­be­güns­ti­gun­gen zu ver­mei­den. Soweit daher aus dem Feh­len ver­gleich­ba­rer Vor­schrif­ten der Schluss gezo­gen wird, dass die Ver­wen­dung steu­er­frei­er Ein­nah­men dem Son­der­aus­ga­ben­ab­zug nicht ent­ge­gen­steht, gilt dies jeden­falls dann nicht, wenn die steu­er­frei­en Ein­nah­men gera­de für die den gel­tend gemach­ten Son­der­aus­ga­ben zugrun­de lie­gen­den Aus­ga­ben bestimmt waren.

Ent­ge­gen der Ansicht der Klä­ger führt die Kür­zung der Son­der­aus­ga­ben um die steu­er­frei­en Arbeit­ge­ber­leis­tun­gen auch nicht zu einer Ver­let­zung des Art. 6 des Grund­ge­set­zes (GG). Die­se lei­ten die Klä­ger argu­men­ta­tiv dar­aus ab, dass es für nicht ver­hei­ra­te­te Eltern ein­fach sei, durch eine wirt­schaft­li­che Zuord­nung der geleis­te­ten Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten die Kür­zung der Son­der­aus­ga­ben zu ver­mei­den, da es bei den steu­er­frei­en Zuschüs­sen des Arbeit­ge­bers (§ 3 Nr. 33 EStG) nach R 3.33 Abs. 1 Satz 2 der Lohn­steu­er-Richt­li­ni­en (LStR) nicht dar­auf ankom­me, wel­cher Eltern­teil die Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten gezahlt habe.

Hier­aus ergibt sich jedoch weder eine Ungleich­be­hand­lung noch eine Ver­let­zung des Art. 6 GG, da Unver­hei­ra­te­te nicht bes­ser­ge­stellt wer­den als Ver­hei­ra­te­te. Soweit in R 3.33 Abs. 1 Satz 2 LStR die Arbeit­ge­ber­leis­tun­gen nach § 3 Nr. 33 EStG auch dann als steu­er­frei ange­se­hen wer­den, wenn der nicht beim Arbeit­ge­ber beschäf­tig­te Eltern­teil die Auf­wen­dun­gen trägt, gilt dies sowohl für ver­hei­ra­te­te als auch für unver­hei­ra­te­te Eltern­tei­le. Aller­dings setzt die Steu­er­frei­heit in bei­den Kon­stel­la­tio­nen vor­aus, dass der Arbeit­ge­ber­zu­schuss zweck­ent­spre­chend ver­wen­det wird (so auch R 3.33 Abs. 4 Satz 2 LStR). Dies ist nur dann der Fall, wenn der Arbeit­ge­ber­zu­schuss tat­säch­lich für die Betreu­ungs­kos­ten ver­wen­det wird. Das setzt auch bei Unver­hei­ra­te­ten vor­aus, dass zwi­schen den Eltern­tei­len ein wie auch immer gear­te­ter Aus­gleich statt­fin­det, damit die zweck­ent­spre­chen­de Ver­wen­dung gewähr­leis­tet ist und die Steu­er­frei­heit in Anspruch genom­men wer­den kann. Steht fest, dass der Arbeit­ge­ber­zu­schuss für die Betreu­ungs­kos­ten zweck­ent­spre­chend ver­wen­det wur­de, dann schließt dies zwangs­läu­fig „Auf­wen­dun­gen“ i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG des zah­len­den (unver­hei­ra­te­ten) Eltern­teils in Höhe des steu­er­frei­en Zuschus­ses und damit den Son­der­aus­ga­ben­ab­zug aus. Eine Dop­pel­be­güns­ti­gung wird somit sowohl bei unver­hei­ra­te­ten als auch bei ver­hei­ra­te­ten Eltern­tei­len ausgeschlossen.

Im Ergeb­nis bleibt daher fest­zu­hal­ten, dass als Son­der­aus­ga­ben abzieh­ba­re Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten um steu­er­freie Arbeit­ge­ber­schüs­se zu kür­zen sind. Der Abzug von Son­der­aus­ga­ben setzt inso­weit vor­aus, dass Auf­wen­dun­gen vor­han­den sind, durch die der Steu­er­pflich­ti­ge tat­säch­lich und end­gül­tig wirt­schaft­lich belas­tet wird. Durch Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten wird der Steu­er­pflich­ti­ge in dem Umfang nicht belas­tet, in dem der Arbeit­ge­ber hier­für durch eine zweck­ge­bun­den Zuschuss Leis­tun­gen gewährt.

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6. Für Immobilieneigentümer: Geschäftsveräußerung bei Erwerb eines vom Veräußerer zunächst gepachteten und teilweise untervermieteten Grundstücks

Mit Urteil vom 3.7.2014 hat der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen V R 12/13 ent­schie­den, dass eine Geschäfts­ver­äu­ße­rung im Gan­zen ent­spre­chend der Rege­lung des § 1 Absatz 1a Umsatz­steu­er­ge­setz (UStG) nicht vor­liegt, wenn der Ver­äu­ße­rer eines ver­mie­te­ten Grund­stücks sei­ne Ver­mie­tungs­tä­tig­keit nach der Grund­stücks­über­tra­gung unver­än­dert fort­setzt, indem er nicht mehr als Eigen­tü­mer, son­dern als Zwi­schen­mie­ter ver­mie­tet. In die­sem Fall fehlt es schlicht­weg an der Über­tra­gung des Ver­mie­tungs­un­ter­neh­mens, wes­halb eine nicht steu­er­ba­re Geschäfts­ver­äu­ße­rung im Gan­zen nicht gege­ben sein kann.

Davon zu unter­schei­den ist nun der aktu­el­le Fall hin­ter dem Urteil des BFH vom 24.2.2021 unter dem Akten­zei­chen XI R 8/19. Im hier vor­lie­gen­den Sach­ver­halt hat­te der Eigen­tü­mer das Grund­stück an den Klä­ger ver­mie­tet. Die­ser hat wie­der­um an Drit­te (als Zwi­schen­ver­mie­ter) das Grund­stück ver­mie­tet. Schließ­lich wur­de das Grund­stück an den Klä­ger ver­kauft. Dabei ging natür­lich das bis­he­ri­ge Miet­ver­hält­nis zwi­schen dem Ver­äu­ße­rer und dem Klä­ger unter. Das Ver­mie­tungs­un­ter­neh­men hin­ge­gen war auf den Klä­ger über­ge­gan­gen, wes­halb inso­weit auch eine Geschäfts­ver­äu­ße­rung im Gan­zen infra­ge kam. Der Fall ist umge­kehrt zu dem älte­ren Sachverhalt.

Zum Hin­ter­grund: Nach § 1 Abs. 1a Satz UStG unter­lie­gen die Umsät­ze im Rah­men einer Geschäfts­ver­äu­ße­rung an einen ande­ren Unter­neh­mer für des­sen Unter­neh­men nicht der Umsatz­steu­er. In die­sem Fall tritt der erwer­ben­de Unter­neh­mer an die Stel­le des Veräußerers.

Vor­aus­set­zung für die Geschäfts­ver­äu­ße­rung ist, dass ein Unter­neh­mer oder ein in der Glie­de­rung eines Unter­neh­mens geson­dert geführ­ter Betrieb im Gan­zen ent­gelt­lich oder unent­gelt­lich über­eig­net oder in eine Gesell­schaft ein­ge­bracht wird. Der Tat­be­stand der Geschäfts­ver­äu­ße­rung erfasst dabei auch die Über­tra­gung von Geschäfts­be­trie­ben und von selbst­stän­di­gen Unter­neh­mens­tei­len, die als Zusam­men­fas­sung mate­ri­el­ler und imma­te­ri­el­ler Bestand­tei­le eines Unter­neh­mens oder einen Unter­neh­mens­teil bil­den, mit dem eine selbst­stän­di­ge wirt­schaft­li­che Tätig­keit fort­ge­führt wer­den kann. Inso­weit kann eine Geschäfts­ver­äu­ße­rung im Gan­zen auch bei Über­tra­gung eines Gegen­stan­des erfüllt sein, wenn die­ser Gegen­stand eben die unter­neh­me­ri­sche Tätig­keit aus­macht. So bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 4.9.2008 unter dem Akten­zei­chen V R 23/06.

Der Erwer­ber muss außer­dem beab­sich­ti­gen, den über­tra­ge­nen Geschäfts­be­trieb oder Unter­neh­mens­teil zu betrei­ben. Nicht begüns­tigt ist die sofor­ti­ge Abwick­lung der über­nom­me­nen Geschäfts­tä­tig­keit. Der Erwer­ber darf aber den von ihm erwor­be­nen Geschäfts­be­trieb bei­spiels­wei­se aus betriebs­wirt­schaft­li­chen oder kauf­män­ni­schen Grün­den in sei­nem Zuschnitt ändern und modernisieren.

Ob das über­tra­ge­ne Unter­neh­mens­ver­mö­gen als hin­rei­chen­des Gan­zes die Aus­übung einer wirt­schaft­li­chen Tätig­keit ermög­licht und ob die vor und nach der Über­tra­gung aus­ge­üb­ten Tätig­kei­ten über­ein­stim­men oder sich hin­rei­chend ähneln, ist von den natio­na­len Gerich­ten im Rah­men einer Gesamt­wür­di­gung zu ent­schei­den. Dabei ist der Art der wirt­schaft­li­chen Tätig­keit, deren Fort­füh­rung geplant ist, beson­de­re Bedeu­tung zuzumessen.

Nach die­sen Grund­sät­zen kommt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 24.2.2021 zu dem Schluss, dass eine (par­ti­el­le) Geschäfts­ver­äu­ße­rung im Gan­zen auch dann vor­liegt, soweit der Erwer­ber das zunächst vom Ver­äu­ße­rer gepach­te­te (teil­wei­se eigen­be­trieb­lich genutz­te und teil­wei­se unter­ver­mie­te­ten) Grund­stück nach dem Erwerb wei­ter­hin teil­wei­se ver­mie­tet. Inso­weit ist das Ver­mie­tungs­un­ter­neh­men auf ihn über­ge­gan­gen und mit Blick auf den ver­mie­te­ten Teil liegt auch eine Geschäfts­ver­äu­ße­rung im Gan­zen vor.

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7. Für Immobilien-Veräußerer: Berechnung der 10-Jahres-Frist beim privaten Veräußerungsgeschäft

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung in § 22 Num­mer 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) zäh­len zu den sons­ti­gen Ein­künf­ten auch Ein­künf­te aus pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­ten, wel­che wie­der­um selbst in § 23 EStG gere­gelt sind. Dazu gehö­ren unter ande­rem Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­te bei Grund­stü­cken, bei denen der Zeit­raum zwi­schen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung nicht mehr als zehn Jah­re beträgt. Dem Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 25.3.2021 unter dem Akten­zei­chen IX R 10/20 lag nun die Streit­fra­ge zugrun­de, auf wel­ches Ereig­nis für die Berech­nung der 10-Jah­res-Frist beim pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft abzu­stel­len ist.

Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung sind für die Berech­nung des Zeit­raums zwi­schen Anschaf­fung und Ver­äu­ße­rung grund­sätz­lich die Zeit­punk­te maß­ge­bend, in denen die obli­ga­to­ri­schen Ver­trä­ge abge­schlos­sen wur­den. So ins­be­son­de­re auch zu ent­neh­men der Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 10.12.2015 unter dem Akten­zei­chen IX R 23/13.

Mit Blick auf den Zweck der Rege­lung des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes für Grund­stü­cke, inner­halb der Ver­äu­ße­rungs­frist rea­li­sier­te Wert­erhö­hun­gen eines bestimm­ten Wirt­schafts­guts im Pri­vat­ver­mö­gen der Ein­kom­men­steu­er zu unter­wer­fen, kann von einer rechts­ge­schäft­li­chen „Anschaf­fung“ oder „Ver­äu­ße­rung“ nur gespro­chen wer­den, wenn die Ver­trags­er­klä­run­gen bei­der Ver­trags­part­ner inner­halb der Ver­äu­ße­rungs­frist bin­dend abge­ge­ben wor­den sind.

Eine „Ver­äu­ße­rung“ in die­sem Sin­ne liegt daher vor, wenn die rechts­ge­schäft­li­chen Erklä­run­gen bei­der Ver­trags­part­ner inner­halb der Ver­äu­ße­rungs­frist über­ein­stim­mend abge­ge­ben wer­den. Denn mit der bei­der­sei­ti­gen über­ein­stim­men­den Wil­lens­er­klä­rung wird der Ver­trags­schluss für die Ver­trags­part­ner zivil­recht­lich bin­dend. Damit sind, ent­spre­chend dem Zweck des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes, die Vor­aus­set­zun­gen für die Rea­li­sie­rung der Wert­stei­ge­rung ver­bind­lich ein­ge­tre­ten, wie auch bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einem Urteil vom 2.2.1982 unter dem Akten­zei­chen VIII R 59/81 in ande­rer Sache her­aus­ge­ar­bei­tet hat.

Vor­ge­nann­te Grund­sät­ze gel­ten dabei auch für Immo­bi­li­en in Sanie­rungs­ge­bie­ten. Ent­spre­chend der Vor­schrift des § 144 Abs. 2 Num­mer 1 des Bau­ge­setz­bu­ches bedarf die rechts­ge­schäft­li­che Ver­äu­ße­rung eines Grund­stücks in einem förm­lich fest­ge­leg­ten Sanie­rungs­ge­biet der schrift­li­chen Geneh­mi­gung der Gemein­de. Glei­ches gilt für einen schuld­recht­li­chen Ver­trag, durch den eine Ver­pflich­tung zur Ver­äu­ße­rung eines Grund­stücks begrün­det wird. Ist der schuld­recht­li­che Ver­trag geneh­migt wor­den, gilt auch das in Aus­füh­rung die­ses Ver­trags vor­ge­nom­me­ne ding­li­che Rechts­ge­schäft als geneh­migt. § 144 des Bau­ge­setz­bu­ches nor­miert damit einen umfas­sen­den Geneh­mi­gungs­vor­be­halt für rechts­ge­schäft­li­che Grund­stücks­über­tra­gungs­ge­schäf­te in Sanierungsgebieten.

Das Feh­len einer ent­spre­chend erfor­der­li­chen Geneh­mi­gung macht daher sowohl das schuld­recht­li­che Ver­pflich­tungs­ge­schäft als auch das ding­li­che Ver­fü­gungs­ge­schäft schwe­bend unwirk­sam. Die Ver­trags­par­tei­en sind zwar mit Abschluss des rechts­ge­schäft­li­chen Grund­stücks­ver­äu­ße­rungs­ver­tra­ges an ihre Wil­lens­er­klä­rung gebun­den, es bestehen aber noch kei­ne Erfül­lungs­an­sprü­che. Mit der Ertei­lung der Geneh­mi­gung wird das Rechts­ge­schäft schließ­lich rück­wir­kend wirk­sam, mit der rechts­kräf­ti­gen Ver­wei­ge­rung der Geneh­mi­gung end­gül­tig unwirksam.

Die Bin­dungs­wir­kung eines inner­halb der Hal­te­frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG abge­schlos­se­nen, wegen des Feh­lens einer öffent­lich-recht­li­chen Geneh­mi­gung (noch) schwe­bend unwirk­sa­men Ver­trags kann jedoch aus­rei­chen, um die Rechts­fol­gen eines pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäfts ein­tre­ten zu las­sen. Haben sich die Par­tei­en bereits vor Ertei­lung der öffent­lich-recht­li­chen Geneh­mi­gung auf die Ver­trags­in­hal­te geei­nigt und sich mit­hin der­ge­stalt gebun­den, dass sich kei­ne Par­tei mehr ein­sei­tig vom Ver­trag lösen kann, sind die Vor­aus­set­zun­gen für die Annah­me eines Anschaf­fungs- oder Ver­äu­ße­rungs­ge­schäfts inner­halb der Zehn-Jah­res-Frist erfüllt.

Denn die in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ver­wen­de­ten Begrif­fe „Anschaf­fung“ und „Ver­äu­ße­rung“ ver­deut­li­chen, dass die Wirk­sam­keit des Ver­trags nicht zwin­gend schon bei des­sen Abschluss gege­ben sein muss. Bezieht sich die Geneh­mi­gung Drit­ter nicht auf die inhalt­li­che Aus­ge­stal­tung des Ver­trags oder die Wirk­sam­keit der Wil­lens­er­klä­run­gen, ver­folgt sie viel­mehr Zwe­cke, die außer­halb des Ver­trags lie­gen, und auf die die Ver­trags­be­tei­lig­ten kei­nen Ein­fluss haben, hat sie auf die zivil­recht­lich ent­stan­de­ne – und von den Ver­trags­be­tei­lig­ten auch gewoll­te – Bin­dungs­wir­kung kei­nen Ein­fluss. So ver­hält es sich bei der Geneh­mi­gung nach § 144 Bau­GB. Die­se Rege­lung bezweckt mit dem behörd­li­chen Geneh­mi­gungs­vor­be­halt, Rechts­ge­schäf­te, die sich erschwe­rend auf den Ablauf der Sanie­rung aus­wir­ken kön­nen, zu verhindern.

Erfor­der­lich ist danach eine bei­der­sei­ti­ge Bin­dung der Ver­trags­be­tei­lig­ten. Eine bloß ein­sei­ti­ge Bin­dung durch ein ein­sei­ti­ges Ange­bot, einen Kauf auf Pro­be oder die Mög­lich­keit einer Par­tei, sich durch Ver­sa­gung der Geneh­mi­gung nach Abschluss des Ver­tra­ges durch einen Ver­tre­ter ohne Ver­tre­tungs­macht jeder­zeit wie­der vom Ver­trag lösen zu kön­nen, reicht inso­weit nicht aus. Denn in den genann­ten Fäl­len der ein­sei­ti­gen Bin­dung kön­nen die Betei­lig­ten nicht sicher von der Rea­li­sie­rung des Grund­stücks­werts aus­ge­hen, solan­ge es einer Par­tei frei­steht, ob sie das Geschäft zustan­de kom­men las­sen will oder nicht. In die­sen Fäl­len ist der Ver­trag bin­dend erst dann geschlos­sen, wenn das Ange­bot ange­nom­men wird, der Kauf­ge­gen­stand die Bil­li­gung des Pro­ben­käu­fers fin­det oder vom Ver­tre­te­nen geneh­migt wird.

Anders ist dies hin­ge­gen, wenn das Erstar­ken eines schwe­bend unwirk­sa­men Rechts­ge­schäfts zur vol­len Wirk­sam­keit nicht mehr vom Ver­hal­ten der Ver­trags­par­tei­en abhän­gig ist. Denn im Fall des Ver­trags­ab­schlus­ses bei noch aus­ste­hen­der sanie­rungs­recht­li­cher Geneh­mi­gung kön­nen sich die Ver­trags­par­tei­en nicht ein­sei­tig von ihren Wil­lens­er­klä­run­gen lösen. Sie unter­lie­gen wäh­rend der schwe­ben­den Unwirk­sam­keit dem Gebot der gegen­sei­ti­gen Rück­sicht­nah­me und sind ver­pflich­tet, alles zu unter­neh­men, um die Geneh­mi­gung und damit die vol­le Wirk­sam­keit des Ver­tra­ges her­bei­zu­füh­ren. Daher ent­fal­tet auch ein wegen des Feh­lens einer öffent­lich-recht­li­chen Geneh­mi­gung schwe­bend unwirk­sa­mes Rechts­ge­schäft bei­der­sei­ti­ge Bin­dungs­wir­kung, obschon die Betei­lig­ten zu die­sem Zeit­punkt die Rechts­macht besit­zen, die­se Bin­dungs­wir­kung bis zur Ertei­lung der Geneh­mi­gung gemein­sam durch einen ein­ver­nehm­li­chen Auf­he­bungs­ver­trag zu beseitigen.

Folg­lich lau­tet die Kern­aus­sa­ge des Bun­des­fi­nanz­hofs in sei­ner Ent­schei­dung vom 25.3.2021 unter dem Akten­zei­chen IX R 14/20, dass eine Anschaf­fung bzw. eine Ver­äu­ße­rung im Sin­ne des pri­va­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­schäf­tes vor­liegt, wenn die über­ein­stim­men­den rechts­ge­schäft­li­chen Ver­pflich­tungs­er­klä­run­gen bei­der Ver­trags­part­ner inner­halb der 10-Jah­res-Frist bin­dend abge­ge­ben wor­den sind.

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8. Für Erben: Zum Begriff des Grundstücks beim Erwerb eines Familienheims

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 13 Abs. 1 Num­mer 4c des Erb­schaft­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) ist der Erwerb von Todes wegen des Eigen­tums oder Mit­ei­gen­tums an einem im Inland oder in der Euro­päi­schen Uni­on bzw. einem Staat des Euro­päi­schen Wirt­schafts­rau­mes bele­ge­nen bebau­ten Grund­stücks durch Kin­der im Sin­ne der Steu­er­klas­se I Num­mer 2 und Kin­der ver­stor­be­ner Kin­der im Sin­ne der Steu­er­klas­se I Num­mer 2 von der Erb­schaft­steu­er befreit.

Die Steu­er­be­frei­ung gilt, falls der Erb­las­ser in der Immo­bi­lie bis zum Erb­fall eine Woh­nung zu eige­nen Wohn­zwe­cken genutzt hat oder bei der er aus zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken gehin­dert war und die Woh­nung beim Erwer­ber unver­züg­lich zur Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken bestimmt ist. Es muss sich also um das soge­nann­te Fami­li­en­heim han­deln. Eben­so gilt die Steu­er­be­frei­ung nur, soweit die Wohn­flä­che der Woh­nung 200 Qua­drat­me­ter nicht übersteigt.

Schon im Gesetz wird zur Defi­ni­ti­on des bebau­ten Grund­stücks auf § 181 Abs. 1 Num­mer 1 bis 5 des Bewer­tungs­ge­set­zes (BewG) ver­wie­sen. Danach wer­den von der Steu­er­be­frei­ung Ein- und Zwei­fa­mi­li­en­häu­ser, Miet­wohn­grund­stü­cke, Woh­nungs- und Teil­ei­gen­tum, Geschäfts­grund­stü­cke und gemischt genutz­te Grund­stü­cke erfasst. Eine dar­über­hin­aus­ge­hen­de nähe­re Bestim­mung, in wel­chem Umfang der zu der Woh­nung gehö­ren­de Grund und Boden an der Begüns­ti­gung teil­hat, erhält die Vor­schrift nicht. In Betracht kommt daher einer­seits das Grund­stück im zivil­recht­li­chen Sin­ne, d. h. ein ver­mes­se­ner, im Lie­gen­schafts­ka­tas­ter bezeich­ne­ter Teil der Erd­ober­flä­che, oder alter­na­tiv ande­rer­seits die wirt­schaft­li­che Ein­heit im Sin­ne des Bewertungsgesetzes.

Für die Bestim­mung des Grund­stücks­be­griffs im Sin­ne der Steu­er­be­frei­ung des Fami­li­en­heims nach zivil­recht­li­chen Grund­sät­zen spricht die bür­ger­lich-recht­li­che Prä­gung des Erb­schaft­steu­er­rechts, wie sie bereits durch den Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 26.11.1986 unter dem Akten­zei­chen II R 190/81 her­aus­ge­ar­bei­tet wur­de. Als Ver­kehrs­steu­er knüpft die Erb­schaft­steu­er grund­sätz­lich an bür­ger­lich-recht­li­che Vor­gän­ge an. Ande­rer­seits ver­weist die Rege­lung im Geset­zes­text bereits auf bebau­te Grund­stü­cke im Sin­ne des Bewer­tungs­ge­set­zes und gera­de nicht im Sin­ne des Bür­ger­li­chen Gesetz­bu­ches (BGB).

Ganz ent­schei­dend war die Fra­ge in einem Fall, der spä­ter durch Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 23.2.2021 unter dem Akten­zei­chen II R 29/19 ende­te. Hier­bei strit­ten die Steu­er­pflich­ti­gen mit dem Finanz­amt dar­über, ob neben dem eigent­li­chen Fami­li­en­heim auch ein an das Wohn­grund­stück angren­zen­des unbe­bau­tes Grund­stück unter die Steu­er­be­frei­ung fal­len kann. Das Finanz­amt stellt inso­weit nur auf das grund­buch­recht­lich erfass­te Grund­stück ab und woll­te auch nur für die­ses Objekt die Steu­er­be­frei­ung für das Fami­li­en­heim gel­ten las­sen. Nicht begüns­tigt sind dem­entspre­chend angren­zen­de (unbe­bau­te, grund­buch­recht­lich eigen­stän­di­ge) Grund­stü­cke, selbst wenn eine wirt­schaft­li­che Ein­heit zwi­schen dem mit einem Fami­li­en­heim bebau­ten Grund­stück und dem unbe­bau­ten Nach­bar­grund­stück vor­lie­gen wür­de. Im Streit­fall ging es dabei um ein Fami­li­en­heim­grund­stück, wel­ches 1.200 Qua­drat­me­ter groß war, und ein wei­te­res angren­zen­des 800 Qua­drat­me­ter gro­ßes unbe­bau­tes Nach­bar­grund­stück, wel­ches als Gar­ten genutzt wurde.

Um nun her­aus­zu­fin­den, ob auch das benach­bar­te unbe­bau­te Gar­ten­grund­stück unter die Steu­er­be­frei­ung des Fami­li­en­heims fal­len kann, führt der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung aus Febru­ar 2021 wie folgt aus: Für Zwe­cke der Erb­schaft­steu­er sind die wirt­schaft­li­chen Ein­hei­ten des Grund­ver­mö­gens als Grund­be­sitz­wer­te geson­dert fest­zu­stel­len. Die­se Fest­stel­lun­gen sind von den zustän­di­gen Bele­gen­heits­fi­nanz­äm­tern zu tref­fen. Das Bele­gen­heits­fi­nanz­amt ist zwar nicht zur Ent­schei­dung dar­über befugt, ob eine Steu­er­be­frei­ung, wie bei­spiels­wei­se die für das Fami­li­en­heim, zu gewäh­ren ist. Ihm obliegt aller­dings neben der Wert­fest­stel­lung auch die ver­bind­li­che Fest­stel­lung über die wirt­schaft­li­chen Ein­hei­ten des Grundvermögens.

Inso­fern erkann­te der Bun­des­fi­nanz­hof, dass die Streit­fra­ge, ob die Steu­er­be­frei­ung für das Fami­li­en­heim auch für das benach­bar­te Gar­ten­grund­stück gel­ten kann, nicht im Rechts­be­helfs­ver­fah­ren gegen den Erb­schaft­steu­er­be­scheid geklärt wer­den kann. Viel­mehr muss inso­weit der Wert­fest­stel­lungs­be­scheid des Bele­gen­heits­fi­nanz­amts ange­grif­fen und hier argu­men­tiert wer­den, dass die wirt­schaft­li­che Ein­heit des Grund­ver­mö­gens nicht voll­stän­dig fest­ge­stellt wur­de, son­dern auch noch das benach­bar­te Gar­ten­grund­stück hät­te berück­sich­tigt wer­den müs­sen. Im vor­lie­gen­den Fall ist der Fest­stel­lungs­be­scheid nun bin­dend und kann im Ver­fah­ren gegen den Erb­schaft­steu­er­be­scheid nicht mehr erfolg­reich ange­grif­fen wer­den. Die Steu­er­be­frei­ung für das Fami­li­en­heim darf daher nur noch für das eigent­li­che Fami­li­en­heim­grund­stück in Anspruch genom­men werden.

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9. Für Personengesellschaften: Gesellschafterwechsel in doppelt- und mehrstöckigen Gesellschaftsstrukturen und deren Auswirkungen auf Fehlbeträge nach § 10a GewStG

Der Bun­des­fi­nanz­hof hat mit Urteil vom 24.4.2014 unter dem Akten­zei­chen IV R 34/10 ent­schie­den, dass im Fall der Ein­brin­gung des Betriebs einer Kom­man­dit­ge­sell­schaft (Ober­ge­sell­schaft) in eine aty­pisch stil­le Gesell­schaft (Unter­ge­sell­schaft) eine dop­pel­stö­cki­ge Mit­un­ter­neh­mer­schaft ent­steht, ohne hier­bei aus­drück­lich zur Fra­ge des mög­li­chen Vor­lie­gens zwei­er – getrennt von­ein­an­der bestehen­der – Gewer­be­be­trie­be Stel­lung zu neh­men. Im Nach­gang dazu hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 8.12.2016 unter dem Akten­zei­chen IV R 8/14 zwei Gewer­be­be­trie­be mit fol­gen­dem Leit­satz bejaht: Betreibt eine Per­so­nen­ge­sell­schaft als Inha­ber eines Han­dels­ge­wer­bes, an dem sich ein ande­rer aty­pisch still betei­ligt, ein gewerb­li­ches Unter­neh­men i.S. des § 15 EStG, unter­hält sowohl die aty­pisch stil­le Gesell­schaft, der die­ses Unter­neh­men für die Dau­er ihres Bestehens zuge­ord­net wird, als auch die Per­so­nen­ge­sell­schaft jeweils einen selb­stän­di­gen Gewer­be­be­trieb. Die Fol­ge: Der Inha­ber des Han­dels­ge­wer­bes hat für jeden die­ser Gewer­be­be­trie­be jeweils eine eigen­stän­di­ge Gewer­be­steu­er­erklä­rung abzugeben.

Dar­über hin­aus hat der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­nem Urteil vom 24.4.2014 auch zur Unter­neh­mer­iden­ti­tät Stel­lung genom­men. Er hat in die­sem Zusam­men­hang zur Fra­ge, ob und inwie­weit gewer­be­steu­er­li­che Fehl­be­trä­ge nach § 10a GewStG, die bis zur Begrün­dung der aty­pisch stil­len Betei­li­gung am Betrieb der Ober­ge­sell­schaft ent­stan­den sind, auf Ebe­ne der Unter­ge­sell­schaft für eine Ver­rech­nung zur Ver­fü­gung ste­hen, auf eine mit­tel­ba­re Gesell­schaf­ter­stel­lung der Gesell­schaf­ter der Ober­ge­sell­schaft an der Unter­ge­sell­schaft abgestellt.

Nach dem Ergeb­nis der Erör­te­rung der obers­ten Finanz­be­hör­den der Län­der sind die Grund­sät­ze des Urteils zur mit­tel­ba­ren Gesell­schaf­ter­stel­lung über den ent­schie­de­nen Ein­zel­fall hin­aus nicht anzu­wen­den. Die­ser soge­nann­ten Nicht­an­wen­dungs­er­lass ergibt sich aus gleich­lau­ten­den Erlas­sen der obers­ten Finanz­be­hör­den der Län­der vom 11.8.2021.

Folgt man daher der Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung (und auch nur dann) gilt fol­gen­des: An der bis­he­ri­gen Ver­wal­tungs­auf­fas­sung, nach der es zur Fra­ge des Vor­lie­gens der Unter­neh­mer­iden­ti­tät stets und aus­schließ­lich auf eine unmit­tel­ba­re Gesell­schaf­ter­stel­lung ankommt, wird unein­ge­schränkt festgehalten.

Im Fall der Begrün­dung einer aty­pisch stil­len Betei­li­gung am Han­dels­ge­wer­be einer Per­so­nen­ge­sell­schaft, sowie auch in ande­ren Fäl­len der Ein­brin­gung des Betriebs einer Per­so­nen­ge­sell­schaft in eine ande­re Per­so­nen­ge­sell­schaft (dop­pelt- und mehr­stö­cki­ge Per­so­nen­ge­sell­schafts­struk­tu­ren) gilt somit Fol­gen­des: Die Kür­zung des Gewer­be­er­trags um gewer­be­steu­er­li­che Fehl­be­trä­ge nach § 10a GewStG setzt sowohl Unter­neh­mens­iden­ti­tät als auch Unter­neh­mer­iden­ti­tät vor­aus. Dies gilt auch bei der Nut­zung von Fehl­be­trä­gen einer Per­so­nen­ge­sell­schaft (Mit­un­ter­neh­mer­schaft). Damit gel­ten die all­ge­mei­nen Grund­sät­ze von R 10a.2 (Unter­neh­mens­iden­ti­tät) und R 10a.3 (Unter­neh­mer­iden­ti­tät) Gew­StR auch bei Mit­un­ter­neh­mer­schaf­ten. Trä­ger des Ver­lust­ab­zugs sind nach R 10a.3 Abs. 3 Satz 1 Gew­StR die jewei­li­gen Gesell­schaf­ter (Mit­un­ter­neh­mer) der Per­so­nen­ge­sell­schaft. Bei der Betei­li­gung einer Ober­ge­sell­schaft an einer Unter­ge­sell­schaft sind nicht die Gesell­schaf­ter der Ober­ge­sell­schaft, son­dern ist die Ober­ge­sell­schaft Gesell­schaf­te­rin und damit Trä­ger des Ver­lust­ab­zugs der Untergesellschaft.

Dies hat zur Fol­ge, dass ein Wech­sel im Gesell­schaf­ter­be­stand der Ober­ge­sell­schaft kei­nen Ein­fluss auf Fehl­be­trä­ge bei der Unter­ge­sell­schaft hat, da die Unter­neh­mer­iden­ti­tät bezüg­lich der Unter­ge­sell­schaft letzt­lich unbe­rührt bleibt (vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Sät­ze 1 und 2 GewStR).

Für Fäl­le, wie sie dem BFH mit Urteil vom 24.4.2014 zugrun­de lagen, folgt dar­aus, dass gewer­be­steu­er­li­che Fehl­be­trä­ge der Ober­ge­sell­schaft, die bis zur Begrün­dung der aty­pisch stil­len Gesell­schaft (Unter­ge­sell­schaft) ent­stan­den sind, auf Ebe­ne der Unter­ge­sell­schaft man­gels Unter­neh­mer­iden­ti­tät nicht zur Ver­rech­nung zur Ver­fü­gung ste­hen. Trä­ger der frag­li­chen Fehl­be­trä­ge sind wei­ter­hin die Mit­un­ter­neh­mer der Ober­ge­sell­schaft (Unter­neh­mer­iden­ti­tät). Die­se sind aber nicht Mit­un­ter­neh­mer der Unter­ge­sell­schaft, denn Mit­un­ter­neh­mer der Unter­ge­sell­schaft ist allein die Ober­ge­sell­schaft selbst.

Hin­weis:

Es bleibt abzu­war­ten, ob inso­weit wei­te­re Strei­tig­kei­ten vor den Gerich­ten zu erwar­ten sind.

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10. Für Immobilieneigentümer: Gemischt genutzte Gebäude sind bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung keine Wohnungsbauten!

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung in § 9 Num­mer 1 Satz 2 des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes (GewStG) kön­nen Unter­neh­men anstel­le der soge­nann­ten ein­fa­chen Kür­zung auch die soge­nann­te erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung auf Antrag in Anspruch neh­men. Mög­lich ist dies für Unter­neh­men, die aus­schließ­lich eige­nen Grund­be­sitz oder neben eige­nem Grund­be­sitz eige­nes Kapi­tal­ver­mö­gen ver­wal­ten und nut­zen oder dane­ben Woh­nungs­bau­ten betreu­en oder Ein­fa­mi­li­en­häu­ser, Zwei­fa­mi­li­en­häu­ser oder Eigen­tums­woh­nun­gen errich­ten und ver­äu­ßern. Ist dies der Fall, erfolgt eine Kür­zung um den Teil des Gewer­be­er­trags, der auf die Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes ent­fällt. Nach Satz 3 der Vor­schrift gilt die erwei­ter­te Kür­zung ent­spre­chend, wenn in Ver­bin­dung mit der Errich­tung und Ver­äu­ße­rung von Eigen­tums­woh­nun­gen Teil­ei­gen­tum errich­tet und ver­äu­ßert wird und das Gebäu­de zu mehr als 66 2/3 % zu Wohn­zwe­cken dient.

Streit­be­fan­gen war aller­dings vor­lie­gend die Fra­ge, ob und gege­be­nen­falls bis zu wel­chem Umfang auch die Betreu­ung gemischt genutz­ter Gebäu­de noch als Betreu­ung von Woh­nungs­bau­ten im Sin­ne der Rege­lung zur erwei­ter­ten Kür­zung anzu­se­hen sind. Nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.4.2021 unter dem Akten­zei­chen IV R 32/18 erfasst der Begriff „Woh­nungs­bau­ten“ nur Gebäu­de, die aus­schließ­lich Wohn­zwe­cken die­nen. Gemischt genutz­te Gebäu­de wer­den dabei nicht erfasst und schlie­ßen daher schon die Mög­lich­keit der erwei­ter­ten Gewer­be­steu­er­kür­zung aus.

Hier­für spricht nach Auf­fas­sung des Senats bereits der Wort­laut der Vor­schrift. So han­delt es sich bei dem Begriff „Wohn­bau­ten“ um den Plu­ral von „Wohn­bau“, wor­un­ter man Wohn­ge­bäu­de bzw. den Woh­nungs­bau ver­steht. Die­ser ein­deu­ti­ge Bezug zur Schaf­fung von Wohn­raum spricht dafür, dass sich auch der Begriff Woh­nungs­bau­ten nur auf Objek­te bezieht, die aus­schließ­lich aus Wohn­ein­hei­ten bestehen. Abge­stellt wird also dar­auf, dass das Objekt Wohn­zwe­cken dient. Das schließt ange­sichts der Bedeu­tung eines Pkw für die Lebens­füh­rung des Nut­zers auch das Vor­han­den­sein eines Stell­plat­zes ein, sofern ein sol­cher einer bestimm­ten Woh­nungs­ein­heit zuge­ord­net ist.

Auch die sys­te­ma­ti­sche Aus­le­gung spricht dafür, dass gemischt genutz­te Gebäu­de nicht unter den Begriff „Woh­nungs­bau­ten“ fal­len. Inso­weit hat der Gesetz­ge­ber den Umstand, dass es in der Pra­xis auch gemischt genutz­te Gebäu­de gibt, gese­hen. Ande­ren­falls hät­te er den oben bereits zitier­ten Satz 3 der Vor­schrift nicht geschaf­fen, wonach die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung ent­spre­chend gilt, wenn in Ver­bin­dung mit der Errich­tung und Ver­äu­ße­rung von Eigen­tums­woh­nun­gen Teil­ei­gen­tum errich­tet und ver­äu­ßert wird und das Gebäu­de zu mehr als 66 2/3 % Wohn­zwe­cken dient.

Eine ver­gleich­ba­re Rege­lung, die auch für Woh­nungs­bau­ten einen gewis­sen Anteil einer gewerb­li­chen Nut­zung als noch unschäd­lich ansieht, hat der Gesetz­ge­ber hin­ge­gen nir­gends getrof­fen. Dies allein spricht aus Sicht des erken­nen­den Senats schon dafür, dass der Gesetz­ge­ber die Betreu­ung von Woh­nungs­bau­ten nur dann als für die Gewäh­rung der erwei­ter­ten kür­zungs­un­schäd­li­chen Tätig­keit ange­se­hen hat, wenn sie sich auf die Betreu­ung von aus­schließ­lich Wohn­zwe­cken die­nen­den Gebäu­den beschränkt.

Auch sieht der erken­nen­de Senat für sei­ne ver­tre­te­ne Aus­le­gung des Begriffs „Woh­nungs­bau­ten“ eine Unter­maue­rung in der Ent­ste­hungs­ge­schich­te der gesetz­li­chen Rege­lung. Im Ergeb­nis kom­men daher die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik zu dem Schluss, dass Woh­nungs­bau­ten im Sin­ne der Vor­schrift für die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung nur Gebäu­de sind, die aus­schließ­lich Wohn­zwe­cken die­nen. Sofern daher ein gemischt genutz­tes Gebäu­de eben­falls noch erfasst wird, schei­det die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung aus.

Hin­weis:

In Nähe zu der vor­ge­nann­ten The­ma­tik hat das Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­ner Ent­schei­dung vom 11.5.2021 unter dem Akten­zei­chen 9 K 2274/19 G eine uner­freu­li­che Ent­schei­dung getrof­fen. Zwar ist die­se The­ma­tik nicht ganz so rele­vant für die All­ge­mein­heit, jedoch soll an die­ser Stel­le auch dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den. Nach vor­ge­nann­ter Ent­schei­dung kann näm­lich eine Kapi­tal­ge­sell­schaft die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung nicht in Anspruch neh­men, wenn sie Woh­nun­gen ver­mie­tet, deren Mie­ter im Rah­men eines ein­heit­li­chen Kon­zep­tes (im vor­lie­gen­den Fall einer Senio­ren­re­si­denz) Dienst­leis­tungs­ver­trä­ge mit einer Schwes­ter­ge­sell­schaft abschließen.

Soll­te der Bun­des­fi­nanz­hof sich die­ser fis­ka­li­schen Mei­nung anschlie­ßen, ist in der Pra­xis aller­dings noch in ganz ande­ren Berei­chen Obacht gebo­ten. Unstrit­tig ist immer­hin auch, dass die Mit­über­las­sung von Betriebs­vor­rich­tun­gen die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung aus­schließt. In der Lite­ra­tur wird daher gera­ten, wenn mög­lich eine zwei­te Gesell­schaft für die Über­las­sung der Betriebs­vor­rich­tun­gen zu grün­den, damit die ers­te Gesell­schaft in den Genuss der erwei­ter­ten Gewer­be­steu­er­kür­zung kom­men kann. Frag­lich ist der­zeit, ob sol­che Kon­stel­la­tio­nen daher auch unter die fis­ka­li­sche Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts Müns­ters fal­len sol­len. Mit Sicher­heit wird uns dies in der Zukunft noch wei­ter beschäftigen.

Erfreu­li­cher­wei­se ist gegen die­se Ent­schei­dung noch die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof anhän­gig, wel­cher unter dem Akten­zei­chen III R 26/21 hier noch abschlie­ßend klä­ren muss, ob nicht doch die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung in Anspruch genom­men wer­den kann.

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