Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief August 2025

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

11.08. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 14.08. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

15.08. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 18.08. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

In Bun­des­län­dern, in denen der 15.08.2025 (Mariä Him­mel­fahrt) ein Fei­er­tag ist, ver­schiebt sich der Abga­be-/Zah­lungs­ter­min auf den 18.08.2025. Die Frist endet dann am 21.08.2025.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Sep­tem­ber 2025:

10.09. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 15.09. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge August 2025

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für August ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 27.8.2025.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Steuerliche Förderung von energetischen Maßnahmen und Ratenzahlung

Die steu­er­li­che För­de­rung ener­ge­ti­scher Maß­nah­men an selbst genutz­ten Wohn­ge­bäu­den ist ein zen­tra­les Instru­ment der Bun­des­re­gie­rung zur Errei­chung kli­ma­po­li­ti­scher Zie­le. Beson­ders § 35c des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) wur­de geschaf­fen, um Eigen­tü­mer von Wohn­im­mo­bi­li­en zu moti­vie­ren, ihre Gebäu­de ener­ge­tisch zu sanie­ren. Dabei kön­nen bestimm­te Maß­nah­men wie der Aus­tausch alter Hei­zungs­an­la­gen oder die Wär­me­däm­mung steu­er­lich begüns­tigt wer­den, sofern die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind.

In der Pra­xis wirft dies jedoch häu­fig Fra­gen auf, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf den Zeit­punkt, zu dem eine Maß­nah­me als »abge­schlos­sen« gilt und damit erst­mals för­der­fä­hig ist. Dies betrifft etwa Fäl­le, in denen die Arbei­ten tech­nisch abge­schlos­sen, die Zah­lun­gen aber noch nicht voll­stän­dig geleis­tet wurden.

Im zugrun­de lie­gen­den Streit­fall bean­trag­te ein Ehe­paar, das gemein­sam zur Ein­kom­men­steu­er ver­an­lagt wird, in sei­ner Steu­er­erklä­rung für das Jahr 2021 die Steu­er­ermä­ßi­gung nach § 35c EStG für den Aus­tausch eines alten Heiz­kes­sels gegen einen moder­nen Gas­brenn­wert­kes­sel. Die Maß­nah­me wur­de im Febru­ar 2021 bau­lich fer­tig­ge­stellt, die Gesamt­kos­ten betru­gen 8.118,10 Euro. Aller­dings leis­te­ten die Klä­ger kei­ne Ein­mal­zah­lung, son­dern ver­ein­bar­ten mit dem Instal­la­ti­ons­un­ter­neh­men eine monat­li­che Raten­zah­lung in Höhe von 200 Euro. Im Streit­jahr hat­ten sie somit ledig­lich 2.000 Euro bezahlt. Das Finanz­amt lehn­te die Aner­ken­nung der Steu­er­ermä­ßi­gung ab. Zur Begrün­dung ver­wies es auf das Schrei­ben des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Finan­zen vom 14.1.2021, wonach eine ener­ge­ti­sche Maß­nah­me erst dann als abge­schlos­sen gel­te, wenn neben der tat­säch­li­chen Durch­füh­rung auch der voll­stän­di­ge Rech­nungs­be­trag auf das Kon­to des Leis­tungs­er­brin­gers über­wie­sen wor­den ist. Da die­se Vor­aus­set­zung im Jahr 2021 nicht erfüllt war, erkann­te das Finanz­amt die Steu­er­ermä­ßi­gung nicht an. Es wur­de schlicht auf den Geld­fluss abgestellt.

Die Klä­ger hiel­ten dem ent­ge­gen, dass der Geset­zes­wort­laut ledig­lich den »Abschluss« der Maß­nah­me ver­lan­ge, aber kei­ne voll­stän­di­ge Bezah­lung for­de­re. Der Begriff sei offen aus­zu­le­gen, vor allem unter Berück­sich­ti­gung der kli­ma­po­li­ti­schen Ziel­set­zung des Gesetz­ge­bers. Zudem wer­de der Steu­er­pflich­ti­ge auch durch eine Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung wirt­schaft­lich belas­tet, sodass der Sinn und Zweck der Vor­schrift auch mit einer Teil­zah­lung erfüllt ist. Hilfs­wei­se bean­trag­ten die Klä­ger, die Arbeits­kos­ten im Wege des § 35a EStG als Hand­wer­kerleis­tun­gen anzu­er­ken­nen, da zumin­dest ein Teil­be­trag in Höhe von 2.000 Euro im Jahr 2021 gezahlt wor­den sei.

Das Finanz­ge­richt Mün­chen folg­te jedoch der Auf­fas­sung des Finanz­amts. Es stell­te klar, dass nach dem Wort­laut und der sys­te­ma­ti­schen Aus­le­gung des § 35c EStG eine Maß­nah­me erst dann abge­schlos­sen ist, wenn eine Rech­nung über die voll­stän­di­ge Leis­tung vor­liegt und der Gesamt­be­trag unbar auf das Kon­to des aus­füh­ren­den Unter­neh­mens gezahlt wur­de. Eine blo­ße Ver­ein­ba­rung über Raten­zah­lun­gen kön­ne die Zah­lung nicht erset­zen. Auch eine soge­nann­te Nova­ti­on – also eine recht­li­che Erset­zung des ursprüng­li­chen Zah­lungs­an­spruchs durch die Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung – wur­de vom Gericht aus­drück­lich ver­neint. Der tat­säch­li­che Abfluss des gesam­ten Betrags sei für die För­de­rung zwin­gend erfor­der­lich. Dem­entspre­chend erkann­te das Finanz­ge­richt die Steu­er­ermä­ßi­gung eben­falls nicht an.

Der Steu­er­streit ging jedoch noch wei­ter: In der anschlie­ßen­den Revi­si­on ent­schied näm­lich der Bun­des­fi­nanz­hof am 13.8.2024 unter dem Akten­zei­chen IX R 31/23 zuguns­ten des Finanz­amts. Die obers­ten Finanz­rich­ter stell­ten unmiss­ver­ständ­lich klar, dass eine ener­ge­ti­sche Maß­nah­me im Sin­ne des § 35c EStG nicht allein mit ihrer bau­li­chen Fer­tig­stel­lung als abge­schlos­sen gilt. Viel­mehr ist erfor­der­lich, dass dem Steu­er­pflich­ti­gen eine Schluss­rech­nung vor­liegt und der dar­in aus­ge­wie­se­ne Betrag voll­stän­dig und unbar auf das Kon­to des Leis­tungs­er­brin­gers gezahlt wur­de. Die­ses Ver­ständ­nis ergibt sich aus der sys­te­ma­ti­schen, his­to­ri­schen und teleo­lo­gi­schen Aus­le­gung der Norm. Ziel der gesetz­li­chen Rege­lung sei neben dem Kli­ma­schutz ins­be­son­de­re auch die Ver­mei­dung von Schwarz­ar­beit, wes­halb gera­de die unba­re Zah­lung von zen­tra­ler Bedeu­tung sei. Dass bei Teil­zah­lun­gen kei­ne antei­li­ge Steu­er­ermä­ßi­gung vor­ge­se­hen ist, ist somit gesetz­lich aus­drück­lich gewollt und kein Ver­se­hen des Gesetzgebers.

Der Bun­des­fi­nanz­hof beton­te, dass der Gesetz­ge­ber sich bewusst gegen eine gestreck­te För­de­rung bei Raten­zah­lun­gen ent­schie­den habe, um eine kla­re, ver­wal­tungs­tech­nisch prak­ti­ka­ble Abwick­lung zu ermög­li­chen. Eine För­de­rung kann des­halb in dem Jahr, in dem ledig­lich Teil­be­trä­ge gezahlt wer­den, selbst dann nicht erfol­gen, wenn die Maß­nah­me tech­nisch abge­schlos­sen ist. Der Ver­weis der Klä­ger auf eine wirt­schaft­li­che Belas­tung durch die Raten­zah­lung ist somit nicht aus­rei­chend, da allein die tat­säch­li­che, voll­stän­di­ge Zah­lung ent­schei­dend ist.

Weil die Klä­ger im Revi­si­ons­ver­fah­ren hilfs­wei­se die Anwen­dung des § 35a EStG gel­tend mach­ten, ver­wies der Bun­des­fi­nanz­hof den Fall zur wei­te­ren Auf­klä­rung an das Finanz­ge­richt zurück. Die­ses wird nun noch klä­ren müs­sen, ob die gel­tend gemach­ten Arbeits­kos­ten tat­säch­lich in der im Jahr 2021 gezahl­ten Rate ent­hal­ten waren und in wel­cher Höhe sie steu­er­lich berück­sich­tigt wer­den kön­nen. Denn im Rah­men des § 35a Ein­kom­men­steu­er­ge­setz kön­nen Hand­wer­kerleis­tun­gen auch dann geför­dert wer­den, wenn nur ein Teil­be­trag gezahlt wur­de, vor­aus­ge­setzt, die Zah­lung erfolg­te unbar und bezog sich auf kon­kret aus­ge­wie­se­ne Arbeitskosten.

Die Ent­schei­dung zeigt im Ergeb­nis, dass die Anfor­de­run­gen an die steu­er­li­che För­de­rung ener­ge­ti­scher Maß­nah­men streng sind und Steu­er­pflich­ti­ge gut bera­ten sind, auf eine voll­stän­di­ge unba­re Zah­lung inner­halb des gewünsch­ten Ver­an­la­gungs­zeit­raums zu ach­ten, wenn sie die Steu­er­ermä­ßi­gung nach § 35c EStG in Anspruch neh­men wol­len. Die Zah­lung in Raten kann zur Ver­schie­bung oder sogar zum voll­stän­di­gen Ver­lust des För­der­an­spruchs führen.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Jastrowsche Klausel im Berliner Testament beim Bundesverfassungsgericht

In der erb­schaft­steu­er­li­chen Pra­xis stel­len Tes­ta­ments­ge­stal­tun­gen wie das Ber­li­ner Tes­ta­ment, ins­be­son­de­re in Kom­bi­na­ti­on mit der soge­nann­ten Jas­trow­schen Klau­seln, eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung dar. Die steu­er­li­che Pro­ble­ma­tik liegt in der zeit­li­chen Ver­schie­bung der Ver­mö­gens­zu­wen­dung, etwa durch betag­te Ver­mächt­nis­se, und der dar­aus resul­tie­ren­den Fra­ge, wann und von wem die­se Ver­mö­gens­vor­tei­le zu ver­steu­ern sind sowie ob und wann ent­spre­chen­de Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten steu­er­lich abzugs­fä­hig sind.

Erklä­rung:

  • Die Jas­trow­sche Klau­sel ist eine zusätz­li­che Bestim­mung in einem gemein­schaft­li­chen Tes­ta­ment, oft einem Ber­li­ner Tes­ta­ment, die dazu dient, die Wir­kung einer Pflicht­teils­straf­klau­sel zu ver­stär­ken. Sie regelt, dass Kin­der, die im ers­ten Erb­fall ihren Pflicht­teil gel­tend machen, im zwei­ten Erb­fall nur noch den Pflicht­teil erhal­ten sol­len. Kin­der, die dar­auf ver­zich­ten, erhal­ten ein Ver­mächt­nis, das erst mit dem Tod des län­ger­le­ben­den Ehe­gat­ten fäl­lig wird und ihren Pflicht­teil aus dem Nach­lass des Erst­ver­stor­be­nen ersetzt.

  • Ein »betag­tes Ver­mächt­nis« ist ein Ver­mächt­nis, des­sen Fäl­lig­keit durch den Erb­las­ser auf einen spä­te­ren Zeit­punkt, oft nach dem Tod eines ande­ren Erben oder einer bestimm­ten Bedin­gung, ver­scho­ben wur­de. Im Gegen­satz zu einem Ver­mächt­nis, das sofort mit dem Erb­fall ent­steht, wird ein betag­tes Ver­mächt­nis erst zu einem spä­te­ren Zeit­punkt wirksam.

Im vor­lie­gen­den Fall hat­ten die Eltern der Klä­ge­rin ein Ber­li­ner Tes­ta­ment errich­tet. Sie setz­ten sich gegen­sei­tig zu Allein­er­ben ein und bestimm­ten, dass nach dem Tod des über­le­ben­den Ehe­part­ners vier der sechs Kin­der als Schluss­erben ein­ge­setzt wer­den soll­ten. Zwei Kin­der, dar­un­ter der Bru­der D und die Schwes­ter E, wur­den ent­erbt. Zugleich ent­hielt das Tes­ta­ment eine Jas­trow­sche Klau­sel, nach der Kin­der, die beim Tod des erst­ver­ster­ben­den Eltern­teils ihren Pflicht­teil nicht for­dern, ein betag­tes Ver­mächt­nis aus des­sen Nach­lass erhal­ten soll­ten. Die­ses Ver­mächt­nis soll­te aller­dings erst beim Tod des über­le­ben­den Ehe­part­ners fäl­lig wer­den. Als der Vater ver­starb, mach­ten D und E ihre Pflicht­teils­an­sprü­che gel­tend. Jah­re spä­ter ver­starb auch die Mut­ter, die zuvor noch ein wei­te­res Tes­ta­ment errich­tet hat­te, das wie­der­um nur die Klä­ge­rin und zwei ihrer Schwes­tern als Erben ein­setz­te. In der Erb­schaft­steu­er­erklä­rung nach dem Tod der Mut­ter mach­ten die Erbin­nen – dar­un­ter die Klä­ge­rin – betag­te Ver­mächt­nis­se in Höhe von ins­ge­samt über 3,3 Mil­lio­nen Euro als Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten gel­tend. Das Finanz­amt erkann­te die­sen Abzug jedoch nicht an und setz­te die Erb­schaft­steu­er unter Berück­sich­ti­gung ledig­lich der Erb­an­tei­le fest.

Die Klä­ge­rin wand­te sich mit ihrer Kla­ge gegen den Steu­er­be­scheid, mit dem Ziel, die auf sie ent­fal­len­den Ver­mächt­nis­ver­bind­lich­kei­ten antei­lig in Höhe von rund 1,1 Mil­lio­nen Euro steu­er­min­dernd abzu­zie­hen. Ihre Argu­men­ta­ti­on stütz­te sich dar­auf, dass sie andern­falls sowohl das Ver­mächt­nis ver­steu­ern müs­se als auch des­sen Gegen­wert nicht als Ver­bind­lich­keit abzie­hen kön­ne, was einer unzu­läs­si­gen dop­pel­ten Besteue­rung gleichkäme.

Das Finanz­ge­richt Ham­burg wies die Kla­ge ab. Die obers­ten Finanz­rich­ter des Bun­des­fi­nanz­hofs bestä­tig­ten die­ses Urteil mit Ent­schei­dung vom 11.10.2023 unter dem Akten­zei­chen II R 34/20. Sie stell­ten klar, dass eine dop­pel­te Besteue­rung nicht vor­liegt, da das Finanz­amt im Erb­schaft­steu­er­be­scheid das betag­te Ver­mächt­nis bei der Klä­ge­rin weder als Erwerb ange­setzt noch die dar­aus resul­tie­ren­de Ver­pflich­tung als Nach­lass­ver­bind­lich­keit berück­sich­tigt habe. Dadurch sei ein Aus­gleich erfolgt.

Zivil­recht­lich war die Grund­la­ge für das Ver­mächt­nis das gemein­schaft­li­che Tes­ta­ment der Eltern. Mit dem Tod des Vaters war das Ver­mächt­nis bereits ent­stan­den, aber auf­grund sei­ner Aus­ge­stal­tung als betag­tes Ver­mächt­nis gemäß § 2147 des Bür­ger­li­chen Gesetz­buchs (BGB) noch nicht fäl­lig. Erst mit dem Tod der Mut­ter wur­de die For­de­rung fäl­lig und damit steu­er­lich rele­vant. Gemäß § 3 Absatz 1 Num­mer 1 Alter­na­ti­ve 2 des Erb­schaft­steu­er- und Schen­kung­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) war der Erwerb durch die Klä­ge­rin von der Mut­ter stam­mend zu ver­steu­ern. Gleich­zei­tig konn­te sie als Mit­er­bin der Mut­ter den Ver­mächt­nis­wert als Nach­lass­ver­bind­lich­keit gemäß § 10 Absatz 5 Num­mer 1 des ErbStG in Abzug brin­gen. Die steu­er­li­che Beson­der­heit bestand also dar­in, dass die Ver­pflich­tung aus dem betag­ten Ver­mächt­nis erst mit dem Tod der Mut­ter eine wirt­schaft­li­che Belas­tung dar­stell­te und damit steu­er­lich abzugs­fä­hig wurde.

Die obers­ten Finanz­rich­ter beton­ten, dass beim Ber­li­ner Tes­ta­ment mit einer Jas­trow­schen Klau­sel der über­le­ben­de Ehe­gat­te die betag­ten Ver­mächt­nis­se nicht sofort bei Tod des erst­ver­ster­ben­den Part­ners abzie­hen kann, da die­se noch nicht fäl­lig sind. Erst mit Fäl­lig­keit beim Tod des zuletzt Ver­stor­be­nen wird die Ver­mächt­nis­ver­bind­lich­keit zur Nach­lass­ver­bind­lich­keit. Eine tat­säch­li­che Dop­pel­be­las­tung liegt daher nicht vor. Auch das Argu­ment der Klä­ge­rin, sie sei über­ra­schend vom Finanz­ge­richt mit einer neu­en Begrün­dung kon­fron­tiert wor­den, wur­de zurück­ge­wie­sen. Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te klar, dass bereits in der Ein­spruchs­ent­schei­dung des Finanz­amts auf die Gleich­wer­tig­keit von Hin­zu­rech­nung und Abzug hin­ge­wie­sen wur­de, sodass kei­ne Über­ra­schungs­ent­schei­dung vorliege.

Zusam­men­fas­send bestä­tigt das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs die sys­tem­im­ma­nen­te Behand­lung betag­ter Ver­mächt­nis­se im Rah­men von Ber­li­ner Tes­ta­men­ten mit Jas­trow­scher Klau­sel. Steu­er­lich wird der Erwerb des Ver­mächt­nis­ses dem über­le­ben­den Ehe­gat­ten nicht zuge­ord­net, solan­ge es nicht fäl­lig ist. Erst mit der Fäl­lig­keit beim Tod des über­le­ben­den Ehe­gat­ten wird das Ver­mächt­nis als von die­sem stam­mend besteu­ert, kann aber zugleich von den Erben die­ses Ehe­gat­ten als Nach­lass­ver­bind­lich­keit gel­tend gemacht wer­den. Die Ent­schei­dung ver­deut­licht die steu­er­li­chen Kon­se­quen­zen tes­ta­men­ta­ri­scher Gestal­tun­gen und die Bedeu­tung des Zeit­punkts der Fäl­lig­keit für die erb­schaft­steu­er­li­che Bewertung.

Die Geschich­te die­ses Streit­falls ist jedoch noch nicht zu Ende, denn gegen die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­ho­fes wur­de die Ver­fas­sungs­be­schwer­de in Karls­ru­he beim Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ein­ge­reicht. Unter dem Akten­zei­chen 1 BvR 1381/24 wird man sich daher wei­ter­hin mit der Besteue­rung von betag­ten Ver­mächt­nis­sen beschäf­ti­gen müssen.

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3. Für Eltern: Zur steuerlichen Entlastung alleinerziehender Eltern im paritätischen Wechselmodell

Wenn Eltern sich nach einer Tren­nung die Betreu­ung ihres Kin­des zu glei­chen Tei­len auf­tei­len, stellt sich regel­mä­ßig die Fra­ge, wie steu­er­li­che Vor­tei­le wie der Ent­las­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hen­de oder der Abzug von Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten in einem soge­nann­ten pari­tä­ti­schen Wech­sel­mo­dell zu behan­deln sind.

Dabei geht es ins­be­son­de­re um die steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung kind­be­ding­ter Frei­be­trä­ge, wenn bei­de Eltern­tei­le das Kind gleich­wer­tig betreu­en, aber steu­er­lich getrennt ver­an­lagt wer­den. Das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 10.7.2024 unter dem Akten­zei­chen III R 1/22 befasst sich mit genau die­ser Pro­ble­ma­tik und stellt wich­ti­ge Grund­sät­ze für die steu­er­li­che Hand­ha­bung sol­cher Kon­stel­la­tio­nen auf.

Im vor­lie­gen­den Fall hat­te der Klä­ger, ein im Jahr 2015 ledi­ger Steu­er­pflich­ti­ger, mit der Mut­ter sei­nes Kin­des zunächst gemein­sam in einem Haus­halt gelebt. Nach deren Aus­zug wur­de das Kind bei bei­den Eltern­tei­len gemel­det und wohn­te fort­an abwech­selnd jeweils eine Woche bei Vater und Mut­ter. Damit prak­ti­zier­ten die Eltern ein pari­tä­ti­sches Wech­sel­mo­dell. Der Klä­ger bean­trag­te für das Steu­er­jahr 2015 einen hälf­ti­gen Ent­las­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hen­de für vier Mona­te, mach­te hälf­ti­ge Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten in Höhe von 690 Euro als Son­der­aus­ga­ben gel­tend und begehr­te zusätz­lich die Berück­sich­ti­gung der ein­fa­chen Kin­der­frei­be­trä­ge in Höhe von 3.576 Euro.

Das Finanz­amt erkann­te die­se steu­er­li­chen Vor­tei­le nicht an. Der dar­auf­hin vom Klä­ger ein­ge­leg­te Ein­spruch sowie die Kla­ge vor dem Thü­rin­ger Finanz­ge­richt blie­ben erfolg­los. Auch die Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof hat­te kei­nen Erfolg. Die obers­ten Finanz­rich­ter bestä­tig­ten die Ent­schei­dung der Vor­in­stanz in vol­lem Umfang.

Bezüg­lich der Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten führ­te der Bun­des­fi­nanz­hof aus, dass der Son­der­aus­ga­ben­ab­zug nach § 10 Absatz 1 Num­mer 5 Satz 1 Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) vor­aus­setzt, dass der Steu­er­pflich­ti­ge die Auf­wen­dun­gen selbst getra­gen hat. Die­se Vor­aus­set­zung war nicht erfüllt, da die Kinds­mut­ter die voll­stän­di­gen Zah­lun­gen an den Trä­ger der Betreu­ungs­ein­rich­tung geleis­tet hat­te. Der Klä­ger konn­te nicht bele­gen, dass er sich an den Kos­ten betei­ligt oder eine ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­rung mit der Mut­ter getrof­fen hat­te. Der blo­ße Ver­weis auf die voll­stän­di­ge Über­las­sung des Kin­der­gel­des reich­te für den Nach­weis einer Kos­ten­tei­lung nicht aus.

Auch der Anspruch auf den Ent­las­tungs­be­trag für Allein­er­zie­hen­de wur­de vom Gericht ver­neint. Zwar kann bei annä­hernd gleich­wer­ti­ger Betreu­ung bei­der Eltern­tei­le im Rah­men des pari­tä­ti­schen Wech­sel­mo­dells grund­sätz­lich einer von bei­den Eltern­tei­len Anspruch auf den Betrag nach § 24b EStG haben. Doch eine Auf­tei­lung die­ses Betrags auf bei­de Eltern­tei­le ist gesetz­lich nicht vor­ge­se­hen. Es bleibt viel­mehr bei der Allein­zu­ord­nung zu einem Eltern­teil, der – wie im vor­lie­gen­den Fall – das Kin­der­geld erhält. Die Eltern hat­ten auch kei­ne abwei­chen­de Bestim­mung getrof­fen, wie sie ana­log § 64 Absatz 2 Satz 2 EStG mög­lich gewe­sen wäre. Die­se gesetz­li­che Rege­lung ver­stößt laut Gericht auch im Fall pari­tä­ti­scher Betreu­ung nicht gegen den Gleich­heits­satz des Arti­kels 3 Absatz 1 Grund­ge­setz (GG). Der Bun­des­fi­nanz­hof ver­wies dazu auf die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 19.11.2019 unter dem Akten­zei­chen 2 BvL 22/14, wel­ches die Typi­sie­rung zur Ver­ein­fa­chung der Ver­wal­tung als zuläs­sig bewer­tet hatte.

Bezüg­lich der Kin­der­frei­be­trä­ge wur­de eben­falls kei­ne Berück­sich­ti­gung gewährt. Nach § 31 Satz 4 EStG ist im Rah­men der soge­nann­ten Güns­ti­ger­prü­fung zu ver­glei­chen, ob der steu­er­li­che Vor­teil durch die Frei­be­trä­ge höher aus­fällt als das hälf­ti­ge Kin­der­geld. Dabei wird bei getrennt ver­an­lag­ten Eltern das hälf­ti­ge Kin­der­geld berück­sich­tigt, unab­hän­gig davon, ob der jewei­li­ge Eltern­teil dar­über tat­säch­lich ver­fü­gen konn­te. Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te fest, dass das hälf­ti­ge Kin­der­geld im vor­lie­gen­den Fall den steu­er­li­chen Vor­teil aus den Frei­be­trä­gen über­stieg. Somit wur­de die Frei­stel­lung des kind­be­ding­ten Exis­tenz­mi­ni­mums bereits durch das Kin­der­geld gewähr­leis­tet, und die Frei­be­trä­ge wur­den nicht zusätz­lich ange­setzt. Auch hier­in sah das Gericht kei­nen Ver­stoß gegen das Grund­ge­setz, gestützt auf die Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, etwa durch des­sen Beschluss vom 13.10.2009 unter dem Akten­zei­chen 2 BvL 3/05.

Ins­ge­samt macht das Urteil deut­lich, dass steu­er­li­che Vor­tei­le im Zusam­men­hang mit Kin­dern im pari­tä­ti­schen Wech­sel­mo­dell strikt an die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen geknüpft sind. Eine pau­scha­le Auf­tei­lung von Ent­las­tungs­be­trag oder Betreu­ungs­kos­ten zwi­schen den Eltern ist nicht vor­ge­se­hen. Viel­mehr bedarf es kla­rer ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­run­gen oder Nach­wei­se, um steu­er­li­che Ansprü­che gel­tend machen zu kön­nen. Die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs bringt damit Rechts­si­cher­heit in einer kom­ple­xen fami­li­en- und steu­er­recht­li­chen Schnitt­men­ge, zeigt aber auch die büro­kra­ti­sche Geset­zes­an­wen­dung, die ein wenig aus der Zeit gefal­len zu sein scheint.

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4. Für Geschiedene: Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

Wenn sich Ehe­leu­te schei­den las­sen, ste­hen häu­fig nicht nur emo­tio­na­le, son­dern auch finan­zi­el­le Fra­gen im Raum. Eine die­ser Fra­gen betrifft die steu­er­li­che Behand­lung von Pro­zess­kos­ten, ins­be­son­de­re wenn es um die Gel­tend­ma­chung nach­ehe­li­chen Unter­halts geht.

Grund­sätz­lich kön­nen außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen nach § 33 Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (EStG) steu­er­lich berück­sich­tigt wer­den, wenn einem Steu­er­pflich­ti­gen zwangs­läu­fig höhe­re Auf­wen­dun­gen als der Mehr­heit ver­gleich­ba­rer Steu­er­pflich­ti­ger ent­ste­hen. Mit der Ein­füh­rung von § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG im Jahr 2013 wur­de jedoch eine Ein­schrän­kung ein­ge­führt: Auf­wen­dun­gen für einen Rechts­streit sind nur dann steu­er­lich abzugs­fä­hig, wenn ohne sie die Exis­tenz­grund­la­ge des Steu­er­pflich­ti­gen gefähr­det wäre und er sei­ne lebens­not­wen­di­gen Bedürf­nis­se im übli­chen Rah­men nicht mehr befrie­di­gen könnte.

Im hier ent­schie­de­nen Fall des Finanz­ge­richts Müns­ter vom 18.9.2024 unter dem Akten­zei­chen 1 K 494/18 E strit­ten die Betei­lig­ten dar­über, ob Pro­zess­kos­ten zur Durch­set­zung nach­ehe­li­chen Unter­halts in Höhe von fast 5.000 Euro im Jahr 2015 als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung berück­sich­tigt wer­den können.

Die Klä­ge­rin hat­te nach der Tren­nung von ihrem Ehe­mann im Jahr 2012 Unter­halts­an­sprü­che zunächst außer­ge­richt­lich und spä­ter gericht­lich durch­ge­setzt. Im Rah­men des lau­fen­den Schei­dungs­ver­fah­rens bean­trag­te sie mit Schrift­satz vom 31.10.2013 nach­ehe­li­chen Unter­halt. Die Ehe wur­de im Sep­tem­ber 2014 geschie­den. Der Streit um die Höhe des Unter­halts wur­de schließ­lich mit einem Ver­gleich vor dem Ober­lan­des­ge­richt am im März dar­auf bei­gelegt, bei dem sich der geschie­de­ne Ehe­mann zu monat­li­chen Zah­lun­gen in Höhe von 900 Euro verpflichtete.

Die Klä­ge­rin mach­te die auf die­sen Unter­halts­pro­zess ent­fal­len­den Pro­zess­kos­ten in ihrer Steu­er­erklä­rung für 2015 als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen gel­tend. Das zustän­di­ge Finanz­amt lehn­te die Berück­sich­ti­gung mit Hin­weis auf die aktu­el­le Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 18.5.2017 unter den Akten­zei­chen VI R 9/16, VI R 66/14, VI R 81/14 und VI R 19/15 ab. Danach sei­en Pro­zess­kos­ten grund­sätz­lich vom Abzug aus­ge­schlos­sen, es sei denn, der Steu­er­pflich­ti­ge wür­de ohne die Auf­wen­dun­gen Gefahr lau­fen, sei­ne mate­ri­el­le Exis­tenz­grund­la­ge zu ver­lie­ren. Der Begriff der »Exis­tenz­grund­la­ge« sei eng aus­zu­le­gen und umfas­se ledig­lich das sozi­al­hil­fe­recht­li­che Existenzminimum.

Die Klä­ge­rin ver­trat hin­ge­gen die Ansicht, dass ihre wirt­schaft­li­che Situa­ti­on im Zeit­punkt der Antrag­stel­lung 2013 nicht aus­ge­reicht habe, um ihre lebens­not­wen­di­gen Bedürf­nis­se zu decken. Ihr dama­li­ger Ehe­mann habe kei­nen Tren­nungs­un­ter­halt gezahlt, sie habe befris­te­te Aus­hilfs­stel­len inne­ge­habt, sei gesund­heit­lich ange­schla­gen gewe­sen und habe sich zeit­wei­se in sta­tio­nä­rer Behand­lung befun­den. Die Klä­ge­rin argu­men­tier­te, dass es sich beim gel­tend gemach­ten Unter­halt um soge­nann­ten Auf­sto­ckungs­un­ter­halt gemäß § 1573 Abs. 2 Bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB) han­de­le, der gera­de dazu die­ne, die wirt­schaft­li­che Exis­tenz des schwä­che­ren Ehe­gat­ten zu sichern.

Das Finanz­ge­richt Müns­ter wies die Kla­ge jedoch ab. Es ent­schied, dass die Pro­zess­kos­ten nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen abzieh­bar sei­en, da kei­ne exis­ten­zi­el­le Gefähr­dung der Klä­ge­rin im Sin­ne von § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vor­ge­le­gen habe. Maß­geb­lich sei der Zeit­punkt der gericht­li­chen Antrag­stel­lung im Jahr 2013. Zu die­sem Zeit­punkt sei die Klä­ge­rin trotz Teil­zeit­be­schäf­ti­gung in der Lage gewe­sen, ein monat­li­ches Brut­to­ein­kom­men von rund 2.400 Euro zu erzie­len. Zusätz­lich habe sie Ein­nah­men aus selb­stän­di­ger Tätig­keit erzielt. Ihre Arbeits­kraft sei damit eine wesent­li­che und intak­te Exis­tenz­grund­la­ge gewe­sen. Auch wenn das Arbeits­ver­hält­nis zunächst befris­tet gewe­sen sei, habe die Klä­ge­rin naht­los eine neue Anstel­lung gefun­den. Die­se Umstän­de sprä­chen gegen eine exis­ten­zi­el­le Gefährdung.

Zudem rech­ne­te das Gericht auch zwei ver­mie­te­te Immo­bi­li­en zum Ver­mö­gens­be­stand der Klä­ge­rin, der eben­falls zur Exis­tenz­si­che­rung bei­trägt. Die­se Objek­te hät­ten sich weit­ge­hend selbst getra­gen und ab dem Jahr 2015 posi­ti­ve Ein­künf­te abge­wor­fen. Dass sie der Alters­vor­sor­ge die­nen soll­ten, ände­re nichts an ihrem Cha­rak­ter als ein­künf­te­er­zie­len­de Kapitalanlagen.

Die obers­ten Finanz­rich­ter leg­ten dar, dass nur bei einer umfas­sen­den Bedro­hung sämt­li­cher Ein­kunfts­quel­len und Ver­mö­gens­wer­te von einer Gefähr­dung der Exis­tenz­grund­la­ge gespro­chen wer­den kön­ne. Im vor­lie­gen­den Fall sei weder die Arbeits­kraft der Klä­ge­rin noch ihr Immo­bi­li­en­ver­mö­gen in Gefahr gewe­sen. Selbst ohne den Unter­halt des Ehe­man­nes habe die Klä­ge­rin ein frei ver­füg­ba­res Ein­kom­men erzielt, das das steu­er­li­che Exis­tenz­mi­ni­mum im Jahr 2013 von 8.130 Euro deut­lich über­schrit­ten habe.

Das Gericht stell­te somit klar, dass der Begriff der Exis­tenz­grund­la­ge eng aus­zu­le­gen ist und nicht mit dem indi­vi­du­el­len Lebens­stil oder einem sub­jek­ti­ven Sicher­heits­be­dürf­nis gleich­ge­setzt wer­den darf.

Das Urteil schließt mit der Fest­stel­lung, dass kei­ne Revi­si­on zuzu­las­sen sei, da es sich um einen Ein­zel­fall han­de­le, der auf Grund­la­ge gefes­tig­ter höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung ent­schie­den wurde.

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5. Für Eltern: Zum Lebensunterhalt behinderter Kinder

Wenn Eltern für ihre voll­jäh­ri­gen, behin­der­ten Kin­der Kin­der­geld erhal­ten möch­ten, ist eine zen­tra­le Vor­aus­set­zung, dass das Kind außer­stan­de ist, sich selbst zu unter­hal­ten. Das bedeu­tet, dass sei­ne Ein­künf­te und Bezü­ge nicht aus­rei­chen dür­fen, um sei­nen gesam­ten Lebens­un­ter­halt – ein­schließ­lich behin­de­rungs­be­ding­ter Mehr­auf­wen­dun­gen – zu decken. In der Pra­xis wirft die­se Vor­aus­set­zung regel­mä­ßig Strei­tig­kei­ten auf, ins­be­son­de­re wenn es um die Aner­ken­nung behin­de­rungs­be­ding­ter Kos­ten geht, etwa für Fahr­ten zu The­ra­pien, Ärz­ten oder Unterstützungsangeboten.

Im nun ent­schie­de­nen Fall hat­te eine Mut­ter Kin­der­geld für ihre 1959 gebo­re­ne Toch­ter begehrt, die im Jahr 2018 mit einem Grad der Behin­de­rung von 80 in einer eige­nen Woh­nung leb­te. Die Toch­ter erhielt ab Juli 2018 eine Erwerbs­min­de­rungs­ren­te in Höhe von rund 948 Euro net­to monat­lich. Die Fami­li­en­kas­se hob jedoch die Kin­der­geld­fest­set­zung für den Zeit­raum von Juli bis Novem­ber 2018 auf und for­der­te 970 Euro zurück. Sie begrün­de­te dies damit, dass die Toch­ter ihren Lebens­un­ter­halt durch die Ren­te selbst bestrei­ten könne.

Die Mut­ter wider­sprach die­ser Auf­fas­sung und leg­te eine Lis­te der regel­mä­ßi­gen Fahr­ten ihrer Toch­ter zu ver­schie­de­nen medi­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen vor. Sie bean­trag­te, statt der tat­säch­li­chen Fahrt­kos­ten eine pau­scha­le monat­li­che Fahrt­kos­ten­pau­scha­le in Höhe von 75 Euro anzu­set­zen. Das Finanz­ge­richt Meck­len­burg-Vor­pom­mern folg­te die­sem Antrag und hob die Rück­for­de­rung auf. Es nahm an, dass die Ver­wal­tung auf­grund ihrer Dienst­an­wei­sung zum Kin­der­geld vom 17.9.2021 ver­pflich­tet gewe­sen sei, pau­scha­le Fahrt­kos­ten zu berück­sich­ti­gen. Es stell­te einen monat­li­chen Bedarf der Toch­ter von rund 958 Euro fest, dem monat­li­che Ein­künf­te in Höhe von rund 925 Euro gegen­über­stan­den – also eine Unterdeckung.

Die Fami­li­en­kas­se leg­te Revi­si­on ein, lei­der mit Erfolg. Die obers­ten Finanz­rich­ter des Bun­des­fi­nanz­hofs hoben das Urteil des Finanz­ge­richts mit Ent­schei­dung vom 10.7.2024 unter dem Akten­zei­chen III R 2/23 auf und ver­wie­sen die Sache zur erneu­ten Ver­hand­lung zurück. Sie mach­ten deut­lich, dass das Finanz­ge­richt die Vor­aus­set­zun­gen für die Annah­me einer kin­der­geld­recht­li­chen Berück­sich­ti­gung der Toch­ter nicht aus­rei­chend fest­ge­stellt hat­te. So fehl­ten Fest­stel­lun­gen zum genau­en Zeit­punkt des Ein­tritts der Behin­de­rung sowie zur Art der Behinderung.

Ent­schei­dend war jedoch ins­be­son­de­re die steu­er­li­che Ein­ord­nung der gel­tend gemach­ten Fahrt­kos­ten. Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te klar, dass der Behin­der­ten-Pausch­be­trag nach § 33b EStG bestimm­te behin­de­rungs­be­ding­te Mehr­auf­wen­dun­gen bereits abdeckt. Wei­te­re Auf­wen­dun­gen, wie etwa Fahrt­kos­ten, kön­nen nur zusätz­lich berück­sich­tigt wer­den, wenn sie nicht vom Pausch­be­trag umfasst sind, glaub­haft gemacht und in ange­mes­se­nem Umfang ange­fal­len sind. Eine pau­scha­le Fahrt­kos­ten­pau­scha­le von 900 Euro nach § 33 Abs. 2a EStG ist erst ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2021 zuläs­sig und kann nicht rück­wir­kend auf frü­he­re Jah­re ange­wen­det werden.

Das obers­te Finanz­ge­richt kri­ti­sier­te, dass das Finanz­ge­richt eine pau­scha­le Schät­zung der Fahrt­kos­ten für das Jahr 2018 vor­ge­nom­men hat­te, obwohl die gesetz­li­che Rege­lung damals noch nicht anwend­bar war. Es führ­te wei­ter aus, dass Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten kei­ne Aus­le­gungs­spiel­räu­me für Finanz­ge­rich­te eröff­nen, wenn sie nur bestehen­de gesetz­li­che Rege­lun­gen wie­der­ge­ben und kei­ne eigen­stän­di­ge Selbst­bin­dung erzeu­gen. Die Finanz­rich­ter mach­ten außer­dem deut­lich, dass Fahrt­kos­ten nur dann zusätz­lich zum Pausch­be­trag aner­kannt wer­den kön­nen, wenn ein ent­spre­chen­der behin­de­rungs­be­ding­ter Bedarf glaub­haft dar­ge­legt wird. Dazu gehört auch, dass die Fahr­ten nicht ledig­lich dem pri­va­ten Bereich zuzu­rech­nen sind – etwa Besu­che bei der Mut­ter oder zu Beer­di­gun­gen –, son­dern unmit­tel­bar durch die Behin­de­rung bedingt und unver­meid­bar sind.

Abschlie­ßend stell­te der Bun­des­fi­nanz­hof klar, dass die Annah­me einer monat­li­chen Fahrt­kos­ten­pau­scha­le ohne aus­rei­chen­den Nach­weis gegen den Wil­len des Gesetz­ge­bers ver­sto­ße, der erst ab 2021 eine sol­che Pau­scha­lie­rung ermög­li­chen woll­te. Die Rück­ver­wei­sung an das Finanz­ge­richt soll die­sem Gele­gen­heit geben, nach­zu­ho­len, wel­che Fahr­ten im Jahr 2018 tat­säch­lich durch­ge­führt wur­den und ob die­se als unver­meid­ba­re, durch die Behin­de­rung ver­ur­sach­te Fahr­ten steu­er­lich berück­sich­tigt wer­den können.

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6. Für Erben: Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung

Im Erb­schaft­steu­er­recht stellt sich regel­mä­ßig die Fra­ge, in wel­chem Umfang die mit einem Erb­fall ver­bun­de­nen Kos­ten steu­er­lich berück­sich­tigt wer­den kön­nen. Beson­ders rele­vant wird dies, wenn der Erb­las­ser zu Leb­zei­ten eine soge­nann­te Ster­be­geld­ver­si­che­rung abschließt und das Bezugs­recht zuguns­ten eines Bestat­tungs­un­ter­neh­mens abtritt. Die zen­tra­le steu­er­li­che Pro­ble­ma­tik liegt dann dar­in, ob und in wel­chem Umfang die Erben die durch die­se Kon­stel­la­ti­on ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen als Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten steu­er­lich abzie­hen dür­fen, obwohl die Kos­ten nicht direkt von ihnen bezahlt wurden.

Im nun ent­schie­de­nen Fall hat­te die im Jahr 2019 ver­stor­be­ne Erb­las­se­rin eine Ster­be­geld­ver­si­che­rung abge­schlos­sen und deren Leis­tung zu Leb­zei­ten an ein Bestat­tungs­un­ter­neh­men abge­tre­ten, das nach ihrem Tod die Bestat­tung über­nahm. Die Ver­si­che­rung zahl­te hier­für einen Betrag in Höhe von rund 6.900 Euro. Die Gesamt­kos­ten der Bestat­tung belie­fen sich auf über 11.600 Euro.

Der Klä­ger, ein Nef­fe der Erb­las­se­rin und Mit­er­be, woll­te die gesam­ten Bestat­tungs­kos­ten ein­schließ­lich der durch die Ver­si­che­rung gedeck­ten Beträ­ge steu­er­lich als Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten gel­tend machen. Das zustän­di­ge Finanz­amt hin­ge­gen erkann­te nur die Pau­scha­le nach § 10 Absatz 5 Num­mer 3 Satz 2 des Erb­schaft­steu­er- und Schen­kung­steu­er­ge­set­zes (ErbStG) in Höhe von 10.300 Euro an und ver­wies dar­auf, dass die durch die Ver­si­che­rung gedeck­ten Kos­ten nicht den Erben belas­tet hät­ten. Auch das Finanz­ge­richt Müns­ter wies die Kla­ge des Erben unter dem Akten­zei­chen 3 K 1551/20 Erb am 19.8.2021 ab.

Damit ist der Fall aber noch nicht vor­bei. Der Klä­ger wand­te sich gegen die­se Ent­schei­dung und leg­te Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof ein. Er mach­te gel­tend, dass eine Hin­zu­rech­nung der Ver­si­che­rungs­leis­tung zum Nach­lass zwin­gend auch eine ent­spre­chen­de Berück­sich­ti­gung der dadurch abge­gol­te­nen Bestat­tungs­kos­ten nach sich zie­hen müs­se. Die Nicht­be­rück­sich­ti­gung die­ser Kos­ten wider­spre­che dem in § 10 Absatz 1 Satz 1 ErbStG ver­an­ker­ten Bereicherungsprinzip.

Die obers­ten Finanz­rich­ter gaben dem Klä­ger Recht und hoben mit Urteil vom 10.7.2024 unter dem Akten­zei­chen II R 31/21 die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts auf. Nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs geht mit der Abtre­tung des Ver­si­che­rungs­an­spruchs zwar nicht der Zah­lungs­an­spruch selbst, wohl aber ein Anspruch auf Sach­leis­tung gegen­über dem Bestat­tungs­un­ter­neh­men auf die Erben über. Die­ser Sach­leis­tungs­an­spruch sei nach § 1922 des Bür­ger­li­chen Gesetz­bu­ches (BGB) Teil des Nach­las­ses und erhö­he des­sen Wert. Da die Bestat­tung durch das Unter­neh­men erfolg­te, erlosch die­ser Anspruch, was wirt­schaft­lich einer Aus­ga­be gleich­kom­me. In der Fol­ge min­dert dies den steu­er­pflich­ti­gen Erwerb, weil der Nach­lass um die­sen geleis­te­ten Auf­wand ver­min­dert wird.

Beson­ders her­vor­zu­he­ben ist die kla­re Aus­sa­ge des Gerichts, dass es steu­er­lich kei­nen Unter­schied macht, ob die Erben die Bestat­tungs­kos­ten direkt zah­len oder ob sie durch einen abge­tre­te­nen Anspruch erfüllt wer­den. In bei­den Fäl­len ent­steht eine wirt­schaft­li­che Belas­tung, weil der zuvor bestehen­de Sach­leis­tungs­an­spruch — als Nach­lass­ge­gen­stand — durch die erbrach­te Leis­tung ent­fällt. Die Vor­schrift des § 10 Absatz 5 Num­mer 3 Satz 1 ErbStG erfas­se aus­drück­lich die Kos­ten der Bestat­tung unab­hän­gig davon, wie sie begli­chen wer­den. Das Gericht betont, dass auch bei gedeck­ten Bestat­tungs­kos­ten ein Abzug in vol­ler Höhe mög­lich ist, sofern sie belegt und dem Grun­de nach abzugs­fä­hig sind. Die Begren­zung auf den Pausch­be­trag von 10.300 Euro gel­te nur dann, wenn kei­ne höhe­ren tat­säch­li­chen Kos­ten nach­ge­wie­sen würden.

Da das Finanz­ge­richt Müns­ter kei­ne abschlie­ßen­den Fest­stel­lun­gen zur kon­kre­ten Höhe der ins­ge­samt gel­tend gemach­ten Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten getrof­fen hat­te, ver­wies der Bun­des­fi­nanz­hof die Sache zur ander­wei­ti­gen Ent­schei­dung zurück. Die obers­ten Finanz­rich­ter stell­ten damit klar, dass die vol­le steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung der Bestat­tungs­kos­ten auch dann mög­lich ist, wenn die­se durch eine Ster­be­geld­ver­si­che­rung abge­deckt wur­den, sofern der damit ver­bun­de­ne Sach­leis­tungs­an­spruch Teil des Nach­las­ses war.

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7. Für GmbHs: Vorteilseignung einer verdeckten Gewinnausschüttung aufgrund ersparten Aufwands

Wenn eine Kapi­tal­ge­sell­schaft ihren Gesell­schaf­tern wirt­schaft­li­che Vor­tei­le gewährt, ohne dass dafür eine markt­üb­li­che Gegen­leis­tung erfolgt, stellt sich häu­fig die Fra­ge, ob eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung im steu­er­recht­li­chen Sin­ne vor­liegt. Die­se steu­er­li­che Pro­ble­ma­tik betrifft ins­be­son­de­re Kon­zern­ge­sell­schaf­ten, bei denen durch kon­zern­in­ter­ne Wei­sun­gen finan­zi­el­le Belas­tun­gen ver­scho­ben wer­den kön­nen – mög­li­cher­wei­se zu Las­ten der deut­schen Kapi­tal­ge­sell­schaft. Die Abgren­zung, ob ein sol­cher Vor­gang durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lasst ist, spielt dabei eine ent­schei­den­de Rol­le für die Besteue­rung des Unternehmens.

Im vor­lie­gen­den Fall hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof mit Urteil vom 22.5.2024 unter dem Akten­zei­chen I R 2/21 über die steu­er­li­che Behand­lung eines Vor­gangs zu ent­schei­den, bei dem eine deut­sche GmbH im Kon­zern­ver­bund mit einer US-ame­ri­ka­ni­schen Mut­ter­ge­sell­schaft auf eine ver­trag­lich zuge­si­cher­te Lie­fe­rung an einen vene­zo­la­ni­schen Kun­den ver­zich­te­te. Hin­ter­grund war ein von den Ver­ei­nig­ten Staa­ten ver­häng­tes Wirt­schafts­em­bar­go gegen­über Vene­zue­la. Die US-ame­ri­ka­ni­sche Mut­ter­ge­sell­schaft wies die in Deutsch­land ansäs­si­ge Toch­ter­ge­sell­schaft, die Klä­ge­rin, an, die bestehen­den Ver­trä­ge mit dem vene­zo­la­ni­schen Kun­den nicht wei­ter zu erfül­len. Dies führ­te zu Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen durch den Ver­trags­part­ner und zu einem Schieds­ver­fah­ren, des­sen Kos­ten teil­wei­se von der Klä­ge­rin getra­gen wur­den, wäh­rend die Mut­ter­ge­sell­schaft ande­re Auf­wen­dun­gen übernahm.

Das Finanz­amt sah in der Erhö­hung einer Rück­stel­lung für dro­hen­de Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen sowie in der Zah­lung der Ver­fah­rens­kos­ten eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung in Höhe von meh­re­ren Mil­lio­nen Euro. Es ver­trat die Auf­fas­sung, dass die­se wirt­schaft­li­chen Belas­tun­gen nicht im eige­nen Inter­es­se der Klä­ge­rin, son­dern aus­schließ­lich zur Erfül­lung eines Kon­zern­in­ter­es­ses erfolgt sei­en – und somit eine durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lass­te Vor­teils­ge­wäh­rung an die Gesell­schaf­te­rin dar­stell­ten. Die Klä­ge­rin hin­ge­gen argu­men­tier­te, dass sie auf­grund einer eigen­stän­di­gen recht­li­chen Ver­pflich­tung gehan­delt habe und somit kei­ne Ver­mö­gens­min­de­rung vor­lie­ge, die durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­ur­sacht wor­den sei.

Das Schles­wig-Hol­stei­ni­sche Finanz­ge­richt gab der Kla­ge der Gesell­schaft statt und ver­nein­te eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung mit der Begrün­dung, dass eine Vor­teils­eig­nung der Gesell­schaf­te­rin bereits dem Grun­de nach nicht vor­lie­ge. Es feh­le an einem sons­ti­gen Bezug im Sin­ne des § 20 Absatz 1 Num­mer 1 Satz 2 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes, der beim Gesell­schaf­ter steu­er­pflich­tig gewor­den wäre.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hob die­se Ent­schei­dung auf. Die obers­ten Finanz­rich­ter bean­stan­de­ten, dass das Finanz­ge­richt zen­tra­le Aspek­te der Recht­spre­chung zur soge­nann­ten ver­hin­der­ten Ver­mö­gens­meh­rung und zur Vor­teils­eig­nung über­se­hen habe. Eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung kann auch dann vor­lie­gen, wenn eine Gesell­schaft dem Gesell­schaf­ter einen Auf­wand erspart, der die­sem eigent­lich wirt­schaft­lich zuzu­rech­nen gewe­sen wäre. Hier­zu zählt ins­be­son­de­re auch der Ver­zicht auf die Ver­ein­ba­rung eines ange­mes­se­nen Erstat­tungs- oder Aus­gleichs­an­spruchs. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs, unter ande­rem im Urteil vom 27.7.2016 unter dem Akten­zei­chen I R 12/15, ist eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung auch dann gege­ben, wenn der Gesell­schaf­ter durch die Gesell­schaft zur Durch­set­zung eige­ner Inter­es­sen kei­nen eige­nen Auf­wand tra­gen muss.

Im Streit­fall hät­te die US-Mut­ter­ge­sell­schaft, um den Ver­trags­bruch durch­zu­set­zen, der Klä­ge­rin einen Scha­dens­aus­gleich ver­bind­lich zusa­gen müs­sen. Da dies unter­blie­ben ist, hät­te die Klä­ge­rin eigen­wirt­schaft­lich belas­tet wer­den kön­nen, was bei fremd­üb­li­chen Drit­ten unter einem sol­chen Ver­trag nicht zu erwar­ten gewe­sen wäre. Ein frem­der Drit­ter hät­te bei einem der­ar­ti­gen Ein­griff typi­scher­wei­se auf einer Absi­che­rung durch Scha­dens­über­nah­me und einem Gewinn­aus­gleich bestan­den. Indem die Gesell­schaf­te­rin dies nicht tat, erspar­te sie sich selbst wirt­schaft­li­che Nach­tei­le – was eine Auf­wands­er­spar­nis und somit eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung begründet.

Hin­sicht­lich der zeit­li­chen Erfas­sung stell­te das obers­te Finanz­ge­richt klar, dass die ver­hin­der­te Ver­mö­gens­meh­rung dem Jahr zuzu­ord­nen ist, in dem der zu bilan­zie­ren­de Vor­teil hät­te ange­setzt wer­den müs­sen. Wäre ein Erstat­tungs­an­spruch gegen­über der Mut­ter­ge­sell­schaft bilan­ziert wor­den, hät­te sich der Steu­er­bi­lanz­ge­winn der Klä­ge­rin ent­spre­chend erhöht. Eben­so wäre die Erhö­hung der Rück­stel­lung zu unter­las­sen gewe­sen, wenn eine Rück­griffs­mög­lich­keit auf die Mut­ter­ge­sell­schaft bestan­den hätte.

Da das Finanz­ge­richt kei­ne aus­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen zur Fra­ge getrof­fen hat­te, ob der Ver­trags­bruch tat­säch­lich durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lasst war, wur­de die Sache zur wei­te­ren Auf­klä­rung zurück­ver­wie­sen. Ins­be­son­de­re müs­se geprüft wer­den, ob das US-Embar­go recht­lich eine Ver­trags­er­fül­lung durch die Klä­ge­rin tat­säch­lich aus­ge­schlos­sen hat. Wenn dies der Fall war, könn­te der Ver­trags­bruch durch exter­ne Umstän­de ver­an­lasst und nicht durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis begrün­det gewe­sen sein. Eben­so ist auf­zu­klä­ren, ob die Wei­sung der Mut­ter­ge­sell­schaft tat­säch­lich den Aus­schlag gege­ben hat und ob ein ordent­li­cher Geschäfts­lei­ter unter den­sel­ben wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen eben­so ent­schie­den hätte.

Der Bun­des­fi­nanz­hof hat mit die­ser Ent­schei­dung erneut die Anfor­de­run­gen an die steu­er­li­che Aner­ken­nung einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung im Rah­men inter­na­tio­na­ler Kon­zern­ver­flech­tun­gen geschärft und betont, dass auch mit­tel­ba­re wirt­schaft­li­che Vor­tei­le über erspar­ten Auf­wand eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung begrün­den kön­nen, wenn sie durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lasst sind.

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8. Für gewerbliche Vermieter: Paletten-Förderanlage ist eine Betriebsvorrichtung

In der Gewer­be­steu­er ist die soge­nann­te »erwei­ter­te Kür­zung« nach § 9 Num­mer 1 Satz 2 des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes (GewStG) ein zen­tra­les Steu­er­pri­vi­leg für Unter­neh­men, die aus­schließ­lich eige­nen Grund­be­sitz ver­wal­ten und nut­zen. Die­se Vor­schrift soll gewähr­leis­ten, dass Erträ­ge aus der blo­ßen Grund­stücks­ver­wal­tung nicht mit Gewer­be­steu­er belas­tet wer­den, um eine Gleich­be­hand­lung mit pri­va­ter Ver­mö­gens­ver­wal­tung sicher­zu­stel­len. Der Aus­schluss die­ser Kür­zung kann gra­vie­ren­de steu­er­li­che Kon­se­quen­zen nach sich zie­hen. Ein häu­fi­ges Kon­flikt­feld ent­steht dabei bei der Fra­ge, ob bestimm­te mit­ver­mie­te­te Ein­rich­tun­gen als unschäd­li­cher Gebäu­de­be­stand­teil oder aber als steu­er­lich schäd­li­che Betriebs­vor­rich­tung zu qua­li­fi­zie­ren sind.

Im ent­schie­de­nen Fall vor dem Finanz­ge­richt Ham­burg ging es um eine Immo­bi­li­en­ge­sell­schaft, die eine gro­ße Gewer­be­im­mo­bi­lie in Ham­burg ver­mie­te­te. Die­se bestand aus meh­re­ren Hal­len mit unter­schied­li­chen Geschos­sen, die über Las­ten­auf­zü­ge sowie zusätz­lich instal­lier­te Palet­ten-För­der­an­la­gen ver­ti­kal erschlos­sen wur­den. Die Klä­ge­rin begehr­te für die Jah­re 2016 bis 2018 die Anwen­dung der erwei­ter­ten Kür­zung, da sie – nach ihrer Auf­fas­sung – aus­schließ­lich eige­nen Grund­be­sitz ver­mie­te­te. Die Finanz­ver­wal­tung hin­ge­gen sah die Mit­ver­mie­tung der Palet­ten-För­der­an­la­gen als schäd­lich an, da es sich dabei um Betriebs­vor­rich­tun­gen han­de­le, deren Mit­über­las­sung die erwei­ter­te Kür­zung aus­schließt. Die Klä­ge­rin argu­men­tier­te, dass die För­der­an­la­gen fest mit dem Gebäu­de ver­bun­den sei­en und unver­zicht­bar für eine wirt­schaft­lich sinn­vol­le Nut­zung der obe­ren und unte­ren Hal­len­ge­schos­se. Ihrer Ansicht nach han­de­le es sich daher nicht um Betriebs­vor­rich­tun­gen im steu­er­li­chen Sin­ne oder jeden­falls um sol­che, deren Mit­ver­mie­tung unschäd­lich sei.

Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Ham­burg ent­schied mit Urteil vom 15.5.2024 unter dem Akten­zei­chen 2 K 76/22 gegen die Klä­ge­rin und wies die Kla­ge ab. Die Rich­ter argu­men­tier­ten, dass die Palet­ten-För­der­an­la­gen als Betriebs­vor­rich­tun­gen zu qua­li­fi­zie­ren sind, da sie nicht dem Gebäu­de als sol­chem die­nen, son­dern unmit­tel­bar dem Gewer­be­be­trieb der Mie­te­rin, näm­lich der Lage­rung und Ver­tei­lung von Palet­ten inner­halb der Hal­le. Dies wur­de durch ein Gut­ach­ten eines Sach­ver­stän­di­gen unter­mau­ert, das die Nut­zung der Hal­len­flä­chen doku­men­tier­te und die zen­tra­le Rol­le der För­der­an­la­gen für den logis­ti­schen Ablauf bestätigte.

Der Begriff des Grund­be­sit­zes im Sin­ne von § 9 Num­mer 1 Satz 2 GewStG ori­en­tiert sich am Bewer­tungs­recht. Danach gehö­ren Betriebs­vor­rich­tun­gen – also Maschi­nen und tech­ni­sche Ein­rich­tun­gen, die einem bestimm­ten Betriebs­ab­lauf die­nen – nicht zum begüns­tig­ten Grund­ver­mö­gen. Maß­geb­lich ist, ob eine Vor­rich­tung im Rah­men der all­ge­mei­nen Gebäu­de­nut­zung erfor­der­lich ist oder ob sie spe­zi­fisch einem Gewer­be­be­trieb dient. Dies hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof unter ande­rem in sei­nem Urteil vom 19.12.2023 unter dem Akten­zei­chen IV R 5/21 sowie in der Ent­schei­dung vom 11.4.2019 unter dem Akten­zei­chen III R 36/15 klargestellt.

Dar­über hin­aus ver­nein­te das Gericht die Mög­lich­keit, die Mit­ver­mie­tung der Palet­ten-För­der­an­la­gen als »zwin­gend not­wen­di­ge Neben­tä­tig­keit« im Sin­ne der Aus­nah­me­recht­spre­chung zu betrach­ten. Zwar kann eine sol­che Aus­nah­me vor­lie­gen, wenn eine Betriebs­vor­rich­tung unent­behr­lich für die wirt­schaft­lich sinn­vol­le Grund­stücks­nut­zung ist – etwa, wenn eine Immo­bi­lie ohne sie fak­tisch nicht ver­miet­bar wäre. Die­se Schwel­le sah das Gericht aber nicht als über­schrit­ten an. Der Sach­ver­stän­di­ge hat­te aus­ge­sagt, dass ver­gleich­ba­re Lager­hal­len in Ham­burg aus­schließ­lich mit Las­ten­auf­zü­gen betrie­ben wür­den. Die Klä­ge­rin habe also kei­ne tech­ni­sche Not­wen­dig­keit dar­ge­legt, die über ein betriebs­wirt­schaft­li­ches Inter­es­se hin­aus­gin­ge. Auch die Tat­sa­che, dass durch die För­der­an­la­gen ein höhe­rer Waren­um­schlag und somit höhe­re Miet­ein­nah­men mög­lich sei­en, ände­re dar­an nichts – sie mach­ten die Anla­gen nicht »unent­behr­lich«.

Schließ­lich ließ das Gericht auch das Argu­ment nicht gel­ten, wonach die För­der­an­la­gen auf­grund ihrer fes­ten bau­li­chen Ver­bin­dung mit dem Gebäu­de als unschäd­lich zu behan­deln sei­en. Selbst eine auf­wän­di­ge bau­li­che Ver­bin­dung kön­ne nicht über ihre tat­säch­li­che Funk­ti­on im Betrieb hin­weg­täu­schen. Dabei ver­wies das Gericht unter ande­rem auf die Ent­schei­dung des Finanz­ge­richts Düs­sel­dorf vom 23.11.2023 unter dem Akten­zei­chen 14 K 1037/22 G, F.

Ins­ge­samt stell­te das Finanz­ge­richt Ham­burg klar, dass die Klä­ge­rin durch die Mit­ver­mie­tung der Palet­ten-För­der­an­la­gen gegen das Aus­schließ­lich­keits­ge­bot des § 9 Num­mer 1 Satz 2 GewStG ver­stieß. Die erwei­ter­te Kür­zung wur­de daher zu Recht ver­sagt, ledig­lich die ein­fa­che Kür­zung nach Satz 1 des Geset­zes blieb unstrei­tig erhalten.

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