Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief November 2023

Word-DateiVor­he­ri­ger Man­dan­ten­briefNächs­ter Mandantenbrief

Steuertermine

10.11. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

15.11. Gewer­be­steu­er
Grund­steu­er

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 20.11. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Dezem­ber 2023:

11.12. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 14.12. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Novem­ber 2023

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Novem­ber ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 28.11.2023.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Änderung von Antrags- und Wahlrechten

Ein in der Pra­xis sehr rele­van­tes Wahl­recht ver­birgt sich in § 34 Abs. 3 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG). Danach kann die Steu­er auf außer­or­dent­li­che Ein­künf­te auf Antrag unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen nach einem ermä­ßig­ten Steu­er­satz bemes­sen werden.

Der Antrag ist grund­sätz­lich frei wider­ruf­lich, was umso bedeu­ten­der ist, da der Antrag auch nur ein­mal im Leben gestellt wer­den kann. Eine gesetz­li­che Frist für den Wider­ruf besteht inso­weit nicht. Ob die geän­der­te Aus­übung des Wahl­rechts durch erst­ma­li­gen Antrag, durch Rück­nah­me eines Antrags oder durch abwei­chen­de Aus­übung eines Antrags ihrer­seits eine Ände­rung des Ein­kom­men­steu­er­be­scheids recht­fer­tigt, ist jedoch eine hier­von getrennt zu tref­fen­de Fra­ge, die auch nach Ver­fah­rens­recht beant­wor­tet wer­den muss. So kann ins­be­son­de­re die Rege­lung des § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO einer Ände­rung des Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des entgegenstehen.

Die stän­di­ge Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs lässt zwar die Aus­übung und Ände­rung von Antrags- oder Wahl­rech­ten, die dem Grun­de nach kei­ner zeit­li­chen Begren­zung unter­lie­gen, grund­sätz­lich so lan­ge zu, wie der ent­spre­chen­de Steu­er­be­scheid nicht for­mell und mate­ri­ell bestands­kräf­tig ist. So hat bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 27.10.2015 unter dem Akten­zei­chen X R 44/13 klar­ge­stellt: Ein­kom­men­steu­er­recht­li­che Antrags- oder Wahl­rech­te kön­nen auch nach Ein­tritt der Bestands­kraft eines vor­an­ge­gan­ge­nen Beschei­des jeden­falls dann erst­ma­lig aus­ge­übt oder geän­dert wer­den, wenn das Finanz­amt einen steu­er­erhö­hen­den Ände­rungs­be­scheid erlas­sen hat, mit dem ein wei­te­rer steu­er­erheb­li­cher Sach­ver­halt erfasst wor­den ist, auf­grund des­sen über­haupt erst die wirt­schaft­li­che Not­wen­dig­keit ent­stan­den ist, sich mit der erst­ma­li­gen bzw. geän­der­ten Aus­übung eines Antrags- oder Wahl­rechts zu befassen.

Im vor­ge­nann­ten Urteil äußern sich die Rich­ter jedoch auch schon dazu, dass die nach­träg­li­che Antrags- oder Wahl­rechts­aus­übung in zeit­li­cher Hin­sicht durch die for­mel­le Bestands­kraft des Ände­rungs­be­schei­des und in betrags­mä­ßi­ger Hin­sicht durch den Ände­rungs­rah­men des § 351 Abs. 1 AO begrenzt wird.

Die Ände­rung eines Antrags- oder Wahl­rechts ist auch dann zuzu­las­sen, wenn und soweit der Bescheid ledig­lich par­ti­ell noch nicht for­mell und mate­ri­ell bestands­kräf­tig ist. Damit wer­den grund­sätz­lich auch die­je­ni­gen Fäl­le erfasst, in denen Ände­rungs­be­schei­de auf der Grund­la­ge einer selbst­stän­di­gen Ände­rungs­vor­schrift die teil­wei­se Durch­bre­chung der Bestands­kraft bewirken.

Wird ein sol­cher Ände­rungs­be­scheid ange­foch­ten, so folgt jedoch aus § 351 Absatz 1 AO, dass die Ände­rung der Antrags- oder Wahl­rechts­aus­übung nur dann mög­lich ist, wenn die dadurch zu erzie­len­de Steu­er­än­de­rung den durch die par­ti­el­le Durch­bre­chung der Bestands­kraft gesetz­ten Rah­men nicht verlässt.

Aus­weis­lich der Rege­lung in § 351 Abs. 1 der Abga­ben­ord­nung (AO) kön­nen Ver­wal­tungs­ak­te, die unan­fecht­ba­re Ver­wal­tungs­ak­te ändern, nur inso­weit ange­grif­fen wer­den, als die Ände­rung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vor­schrif­ten über die Auf­he­bung oder Ände­rung von Ver­wal­tungs­ak­ten etwas ande­res ergibt. Die Vor­schrift begrenzt die Anfecht­bar­keit und damit auch die durch den Ein­spruch bewirk­te Ver­än­der­bar­keit eines Ände­rungs­be­scheids auf den Umfang der Ände­rung und stellt damit unter ande­rem klar, dass es im Übri­gen bei der zuvor ein­ge­tre­te­nen Bestands­kraft bleibt. Für Ände­run­gen, die über die­sen Rah­men hin­aus­ge­hen und dem­nach im Wege eines Ver­pflich­tungs­be­geh­rens zu ver­fol­gen wären, bedarf es folg­lich einer eige­nen Ände­rungs­vor­schrift. Die Ände­rung eines Antrags- oder Wahl­rechts stellt für sich genom­men kei­ne Ände­rungs­vor­schrift dar.

Die­sel­ben Erwä­gun­gen gel­ten im Rah­men der Rege­lung des § 177 AO. Zwar kann die zuläs­si­ge Aus­übung eines Wahl­rechts oder die zuläs­si­ge Ände­rung eines sol­chen ein mate­ri­el­ler Feh­ler im Sin­ne des § 177 Abs. 3 AO aus­lö­sen, wie bei­spiels­wei­se dem Bun­des­fi­nanz­hof mit Urteil vom 3.3.2011 unter dem Akten­zei­chen IV R 85/09 zu ent­neh­men ist. Inso­weit erhält der Steu­er­pflich­ti­ge die mit dem Ein­tritt der Bestands­kraft ver­lo­re­ne Befug­nis zurück, auf die Höhe des infra­ge ste­hen­den Steu­er­an­spruchs ein­zu­wir­ken. Dies gilt aber nur, „soweit die Ände­rung reicht“. Die Berich­ti­gung muss sich daher im Rah­men der Durch­bre­chung der Bestands­kraft hal­ten. Die­ser Berich­ti­gungs­rah­men darf weder über­schrit­ten noch unter­schrit­ten wer­den, wie der Bun­des­fi­nanz­hof bereits in sei­ner Ent­schei­dung vom 14.10.2009 unter dem Akten­zei­chen X R 14/08 her­aus­ge­ar­bei­tet hat. Die Berich­ti­gung darf dem­nach bei einer Ände­rung zu Unguns­ten des Steu­er­pflich­ti­gen die bis­he­ri­ge Steu­er nicht unter­schrei­ten und auch nicht zu einer höhe­ren Steu­er füh­ren, als sie sich auf­grund der Ände­rung ergibt. Bei einer Ände­rung zuguns­ten des Steu­er­pflich­ti­gen darf sie die bis­he­ri­ge Steu­er nicht über­stei­gen und auch nicht zu einer nied­ri­ge­ren Steu­er füh­ren, als die Ände­rung zur Fol­ge hat.

Auf Basis die­ser Grund­la­gen kommt daher der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner aktu­el­len Ent­schei­dung vom 20.4.2023 unter dem Akten­zei­chen III R 25/22 zu dem Schluss, dass die Ände­rung des Wahl­rechts auf Inan­spruch­nah­me der ermä­ßig­ten Besteue­rung nach § 34 Abs. 3 EStG im Fall einer par­ti­el­len Durch­bre­chung der Bestands­kraft nur in Betracht kommt, wenn die damit ver­bun­de­nen steu­er­li­chen Fol­gen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO gesetz­ten Rah­men hin­aus­ge­hen. Dies gilt auch dann, wenn die par­ti­el­le Durch­bre­chung der Bestands­kraft des Fol­ge­be­scheids durch ein den Ver­äu­ße­rungs­ge­winn geän­der­ten Grund­la­gen­be­scheid aus­ge­löst wird. Die Ände­rungs­vor­schrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 AO durch­bricht die Bestands­kraft nur inso­weit, als ein Fol­ge­be­scheid an den Grund­la­gen­be­scheid anzu­pas­sen ist.

Inso­weit konn­te im vor­lie­gen­den Fall der Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG nicht mehr zurück­ge­nom­men wer­den. Im Urteils­fall hat­te der Steu­er­pflich­ti­ge zunächst mit Blick auf einen Ver­äu­ße­rungs­ge­winn aus sei­ner Betei­li­gung die ermä­ßig­te Besteue­rung bean­tragt. Auf­grund einer Betriebs­prü­fung redu­zier­te sich jedoch der Ver­äu­ße­rungs­ge­winn, wes­halb es auch zu einer Ände­rung im Fol­ge­be­scheid kam. Gera­de weil der Steu­er­pflich­ti­ge die ermä­ßig­te Besteue­rung nur ein­mal im Leben bean­spru­chen darf, woll­te der Klä­ger für den zunächst vor­ge­se­he­nen und nun ver­min­der­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­winn kei­ne ermä­ßig­te Besteue­rung mehr in Anspruch neh­men, son­dern sich die­se viel­mehr für einen spä­te­ren (höhe­ren) Ver­äu­ße­rungs­ge­winn vor­be­hal­ten. Dies lehnt nun im End­ef­fekt der Bun­des­fi­nanz­hof ab, da eine ent­spre­chen­de Ände­rung des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG ent­spre­chend der oben dar­ge­stell­ten Argu­men­ta­ti­on nicht mehr mög­lich gewe­sen ist.

Am Ran­de stell­te der Bun­des­fi­nanz­hof in der vor­ge­nann­ten Ent­schei­dung eben­falls klar, dass die Rück­nah­me des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG kein rück­wir­ken­des Ereig­nis im Sin­ne des § 175 Absatz 1 Satz 1 Num­mer 2 AO dar­stellt. Damit grenz­te der Bun­des­fi­nanz­hof ledig­lich ab, dass auch die­se mög­li­che Ände­rungs­vor­schrift in einem ent­spre­chen­den Fall nicht ein­schlä­gig ist.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Sind die Richtsatzsammlungen des Bundesfinanzministeriums eine geeignete Schätzungsgrundlage?

Unter dem Akten­zei­chen X R 19/21 klärt der Bun­des­fi­nanz­hof, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein äuße­rer Betriebs­ver­gleich in Gestalt einer Richt­satz­schät­zung anhand der Richt­sät­ze des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums zuläs­sig ist. Mit Beschluss vom 14.12.2022 hat der Bun­des­fi­nanz­hof nun das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um zum Ver­fah­rens­bei­tritt auf­ge­for­dert. Inso­weit erläu­tern die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik wie folgt:

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Vor­schrift in § 162 Abs. 1 Satz 1 der Abga­ben­ord­nung (AO) hat die Finanz­be­hör­de die Besteue­rungs­grund­la­gen zu schät­zen, soweit sie die­se nicht ermit­teln oder berech­nen kann. Aus­weis­lich der Finanz­ge­richts­ord­nung hat auch das Finanz­ge­richt eine ent­spre­chen­de Schät­zungs­be­fug­nis. Zu schät­zen ist unter anderem,

  • wenn der Steu­er­pflich­ti­ge über sei­ne Anga­ben kei­ne aus­rei­chen­den Auf­klä­run­gen zu geben ver­mag oder

  • sei­ne Mit­wir­kungs­pflicht verletzt.

Glei­ches gilt insbesondere,

  • wenn der Steu­er­pflich­ti­ge Bücher oder Auf­zeich­nun­gen, die er nach den Steu­er­ge­set­zen zu füh­ren hat, nicht vor­le­gen kann,

  • wenn die Buch­füh­rung oder die Auf­zeich­nung der Besteue­rung nicht nach § 158 AO zugrun­de gelegt wer­den oder

  • wenn tat­säch­li­che Anhalts­punk­te für die Unrich­tig­keit oder Unvoll­stän­dig­keit der vom Steu­er­pflich­ti­gen gemach­ten Anga­ben zu steu­er­pflich­ti­gen Ein­nah­men oder Betriebs­ver­mö­gens­wäh­run­gen bestehen.

For­mel­le Buch­füh­rungs­män­gel berech­tig­ten nur inso­weit zur Schät­zung, als sie Anlass geben, die sach­li­che Rich­tig­keit des Buch­füh­rungs­er­geb­nis­ses anzuzweifeln.

Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Vor­schrift in § 162 AO sind bei der Schät­zung alle Umstän­de zu berück­sich­ti­gen, die von Bedeu­tung sind. Die Schät­zungs­er­geb­nis­se müs­sen schlüs­sig, wirt­schaft­lich mög­lich und ver­nünf­tig sein. So ins­be­son­de­re zu ent­neh­men einer Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 17.6.2020 unter dem Akten­zei­chen X R 26/18.

Ins­ge­samt ist durch die Recht­spre­chung bereits geklärt, dass das Finanz­amt und in der Fol­ge auch das Finanz­ge­richt in der Wahl sei­ner Schät­zungs­me­tho­de frei ist. Es ist Sache der Tat­sa­chen­in­stanz zu ent­schei­den, wel­cher Schät­zungs­me­tho­de sie sich bedie­nen möch­te, wenn die­se geeig­net ist, ein ver­nünf­ti­ges und der Wirk­lich­keit ent­spre­chen­des Ergeb­nis zu erzie­len. Der Steu­er­pflich­ti­ge selbst hin­ge­gen hat kei­nen Anspruch auf die Anwen­dung einer bestimm­ten Schät­zungs­me­tho­de. Weder das Finanz­amt noch das Finanz­ge­richt sind grund­sätz­lich ver­pflich­tet, das auf­grund einer Schät­zungs­me­tho­de gewon­ne­ne Ergeb­nis noch durch die Anwen­dung einer wei­te­ren Schät­zungs­me­tho­de zu über­prü­fen oder zu untermauern.

Aller­dings ergibt sich aus dem ermes­sen­haf­ten Vor­ge­hen der Finanz­ver­wal­tung in Ver­bin­dung mit dem Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit, dass die Wahl­frei­heit von Finanz­amt und Finanz­ge­richt bei der Aus­wahl zwi­schen meh­re­ren in Betracht kom­men­den Schät­zungs­me­tho­de ein­ge­schränkt ist und dabei auch Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­er­wä­gun­gen zu betrach­ten sind. Jede Schät­zung hat zum Ziel, Besteue­rungs­grund­la­gen mit Hil­fe von Wahr­schein­lich­keits­über­le­gun­gen zu ermit­teln, wenn eine siche­re Tat­sa­chen­fest­stel­lung trotz des Bemü­hens um Auf­klä­rung nicht mög­lich ist. Ermes­sens­lei­tend ist des­halb das Ziel, die Besteue­rungs­grund­la­gen durch Wahr­schein­lich­keits­über­le­gun­gen so zu bestim­men, dass sie der Wirk­lich­keit mög­lichst nahe­kom­men. Kommt eine bestimm­te Schät­zungs­me­tho­de die­sem Ziel vor­aus­sicht­lich näher als eine ande­re, ist die erst­ge­nann­te unter Ermes­sens­ge­sichts­punk­ten vorzugswürdig.

Nach Maß­ga­be die­ser vor­ge­nann­ten Grund­sät­ze hat die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung die Schät­zung von Besteue­rungs­grund­la­gen durch einen äuße­ren Betriebs­ver­gleich anhand der aus der amt­li­chen Richt­satz­samm­lung des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums zu ent­neh­men­den Richt­sät­ze bis­lang als grund­sätz­lich aner­kann­te Schät­zungs­me­tho­de bewer­tet. Aller­dings hat der Bun­des­fi­nanz­hof auch zum wie­der­hol­ten Male klar­ge­stellt, dass die amt­li­chen Richt­sät­ze kei­ne Rechts­norm sind. Tat­säch­lich sind es nur aner­kann­te Hilfs­mit­tel der Ver­pro­bung und Schät­zung der Umsät­ze und Gewinne.

Eben­so ist durch die Recht­spre­chung geklärt, dass Schät­zungs­grund­la­gen in einem Streit­fall von der Finanz­be­hör­de so dar­ge­legt wer­den müs­sen, dass ihre Nach­prü­fung und ins­be­son­de­re eine Schlüs­sig­keits­prü­fung der zah­len­mä­ßi­gen Ergeb­nis­se der Schät­zung mög­lich ist. Hier­zu müs­sen sowohl die Kal­ku­la­ti­ons­grund­la­ge (und damit auch die spe­zi­fi­schen Daten, auf denen die Schät­zung basiert) als auch die Ergeb­nis­se der Kal­ku­la­ti­on sowie die Ermitt­lun­gen, die zu die­sen Ergeb­nis­sen geführt haben, offen­ge­legt werden.

Unge­ach­tet des­sen hat sich der Bun­des­fi­nanz­hof jedoch bis­lang in kei­ner Ent­schei­dung mehr damit aus­ein­an­der­ge­setzt, auf wel­chen Grund­la­gen und Para­me­tern die Richt­sät­ze des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums beru­hen, wie sie zustan­de kom­men und wel­che Aus­wir­kung sich hier­aus auf die Taug­lich­keit eines äuße­ren Betriebs­ver­gleichs anhand der Richt­satz­samm­lung ergeben.

In Anbe­tracht der ins­be­son­de­re für die steu­er­recht­li­che, aber auch für die straf­recht­li­che Pra­xis erheb­li­che Bedeu­tung der Ver­pro­bung und Schät­zung von Besteue­rungs­grund­la­gen anhand der amt­li­chen Richt­satz­samm­lung erscheint es dem Bun­des­fi­nanz­hof als sach­ge­recht, dass das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um zum Revi­si­ons­ver­fah­ren hin­zu­ge­zo­gen wird. Dies gilt ins­be­son­de­re auch mit Blick auf des­sen Her­aus­ge­ber­schaft der Richt­satz­samm­lung sowie im Hin­blick dar­auf, dass wei­ter­hin Klä­rungs­be­darf über das Zustan­de­kom­men der ein­zel­nen Richt­sät­ze besteht und sta­tis­ti­sche Unzu­läng­lich­kei­ten ein­ge­wandt werden.

Unklar erscheint dem Gericht vor­lie­gend ins­be­son­de­re, wel­che Ein­zel­da­ten mit wel­chem Gewicht in die Ermitt­lung der Richt­sät­ze der jewei­li­gen Gewer­be­klas­se ein­flie­ßen, wie die Reprä­sen­ta­ti­vi­tät der Daten sicher­ge­stellt wird und ob es Ein­zel­da­ten gibt, die von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen werden.

Wei­ter­hin ist nicht geklärt, ob die regio­nal zum Teil erheb­lich unter­schied­li­che Höhe fixer Betriebs­kos­ten (ins­be­son­de­re Raum- und Per­so­nal­kos­ten) der Fest­le­gung bun­des­ein­heit­li­cher Richt­sät­ze ent­ge­gen­steht. Eben­so offen ist, wes­halb die Ergeb­nis­se von Außen­prü­fun­gen bei soge­nann­ten Ver­lust­be­trie­ben unbe­rück­sich­tigt blei­ben, obwohl auch sol­che Betrie­be grund­sätz­lich einen posi­ti­ven Roh­ge­winn­auf­schlag­satz aus­wei­sen. Abschlie­ßend geht es dem Bun­des­fi­nanz­hof auch dar­um, ob ganz oder teil­wei­se erfolg­rei­che Rechts­be­hel­fe des Steu­er­pflich­ti­gen gegen die auf eine Außen­prü­fung ergan­ge­nen Steu­er­be­schei­de Ein­gang in die Richt­satz­samm­lung finden.

Zudem stellt sich die Fra­ge, wie dem Steu­er­pflich­ti­gen ermög­licht wer­den kann, das Ergeb­nis einer Schät­zung auf der Grund­la­ge der amt­li­chen Richt­satz­samm­lung ‑ins­be­son­de­re auch im Hin­blick auf die spe­zi­fi­schen Daten, die die­ser Samm­lung zugrun­de lie­gen – nach­zu­voll­zie­hen und zu überprüfen.

Wie auch immer das anhän­gi­ge Revi­si­ons­ver­fah­ren aus­geht, eins ist sicher­lich jetzt schon klar: Wir wer­den wei­ter dazu berich­ten. Bis dahin kön­nen betrof­fe­ne Steu­er­pflich­ti­ge sich an das Mus­ter­ver­fah­ren anhän­gen und den eige­nen Steu­er­fall offen­hal­ten. Schon in dem Beschluss über die Hin­zu­zie­hung hat der Bun­des­fi­nanz­hof zahl­rei­che offe­ne Fra­gen zu den Richt­sät­zen auf­ge­wor­fen, die einen Ein­spruch im eige­nen Fall alle­mal rechtfertigen.

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3. Für Arbeitnehmer: Zur Beteiligung an den Kosten der Lebensführung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung

Aus­weis­lich der Rege­lung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Num­mer 5 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) sind not­wen­di­ge Mehr­auf­wen­dun­gen, die einem Arbeit­neh­mer wegen einer beruf­li­chen ver­an­lass­ten dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung ent­ste­hen, Wer­bungs­kos­ten. Eine sol­che dop­pel­te Haus­halts­füh­rung liegt jedoch nur vor, wenn der Arbeit­neh­mer außer­halb des Ortes sei­ner ers­ten Tätig­keits­stät­te einen eige­nen Haus­stand unter­hält und auch am Ort der Tätig­keits­stät­te wohnt. Seit dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2014 gel­ten wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen. So setzt das Vor­lie­gen eines eige­nen Haus­halts außer­halb des Orts der ers­ten Tätig­keits­stät­te das „Inne­ha­ben einer Woh­nung“ und eine „finan­zi­el­le Betei­li­gung an den Kos­ten der Lebens­füh­rung“ des Haupt­haus­hal­tes voraus.

Das Tat­be­stands­merk­mal „Inne­ha­ben einer Woh­nung“ bewirkt kei­ne sub­stan­zi­el­le ver­schär­fen­de Wir­kung gegen­über der alten Rechts­la­ge. Erfor­der­lich ist inso­weit, dass der Arbeit­neh­mer die Woh­nung aus eige­nem Recht nutzt. Dies kann etwa Eigen­tum, Mie­te oder eine sons­ti­ge Nut­zungs­re­ge­lung sein. Ent­gelt­li­che, fremd­üb­li­chen Nut­zungs­ver­hält­nis­se wer­den hin­ge­gen nicht gefor­dert. Aus­rei­chend sind inso­weit bereits abge­lei­te­te Nutzungsbefugnisse.

Ein wesent­li­ches Mit­be­stim­men der Haus­halts­füh­rung ist bei Arbeit­neh­mern, die wirt­schaft­lich selbst­stän­dig und berufs­tä­tig sind, zu unter­stel­len. Die Recht­spre­chung spricht hier von der soge­nann­ten Regel­ver­mu­tung. Neben einer nicht zwin­gen­den Betei­li­gung an den Woh­nungs- und Haus­kos­ten ist auch eine allei­ni­ge Betei­li­gung an den übri­gen Lebens­füh­rungs­kos­ten ausreichend.

Unter die­sen Lebens­füh­rungs­kos­ten im Sin­ne der Rege­lung zur dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung sind nur die­je­ni­gen Auf­wen­dun­gen zur Gestal­tung des pri­va­ten Lebens zu ver­ste­hen, die einen Haus­halts­be­zug auf­wei­sen. Im Wesent­li­chen wer­den dies Miet- und Haus­kos­ten, Ver­brauchs- und sons­ti­ge Neben­kos­ten, Auf­wen­dun­gen für die Anschaf­fung und Repa­ra­tur von Haus­halts­ge­rä­ten und Haus­halts­ge­gen­stän­den, Kos­ten für Lebens­mit­tel oder Kos­ten für Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on sein.

Man­gels eines Haus­halts­be­zugs zäh­len Kos­ten für Urlaub, Pkw, Frei­zeit­ge­stal­tung, Gesund­heits­för­de­rung sowie Klei­dung und ähn­li­ches nicht hierzu.

Ins­ge­samt hat der Arbeit­neh­mer in jedem Jahr die­se Kos­ten der Lebens­füh­rung beim Finanz­amt dar­zu­le­gen. Ihn trifft inso­weit zwar grund­sätz­lich die Dar­le­gungs- und Beweis­last. Wegen einer im Regel­fall jedoch anzu­neh­men­den Unzu­mut­bar­keit ist aber regel­mä­ßig auch eine Schät­zung mög­lich. Es ist inso­weit nicht zu bean­stan­den, wenn eine sol­che Schät­zung der Lebens­füh­rungs­kos­ten des Haupt­haus­hal­tes anhand der jähr­li­chen Anga­ben des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes für den jewei­li­gen Haus­halts­ty­pus erfolgt.

Die finan­zi­el­le Betei­li­gung selbst an den Lebens­füh­rungs­kos­ten des Haupt­haus­hal­tes kann in direk­ter Form, also bei­spiels­wei­se bar oder unbar, aber auch indi­rekt (etwa durch Anschaf­fung von Haus­halts­ge­gen­stän­den, Tra­gen von Repa­ra­tur- oder Reno­vie­rungs­kos­ten bzw. der Betei­li­gung an den Erwerbs- oder Bau­kos­ten) erfol­gen. Ledig­lich ideel­le Bei­trä­ge oder Dienst­leis­tun­gen, wie bei­spiels­wei­se die Über­nah­me von Arbei­ten rund ums Haus, die Mit­hil­fe beim Umbau oder bei Reno­vie­run­gen und ähn­li­ches fal­len nicht unter den Begriff der „finan­zi­el­len Beteiligung“.

Eine regel­mä­ßi­ge Betei­li­gung an den lau­fen­den Woh­nungs- und Ver­brauchs­kos­ten for­dert die gesetz­li­che Rege­lung hin­ge­gen nicht, da weder der Geset­zes­wort­laut noch die Geset­zes­ma­te­ria­li­en hier­auf hin­deu­ten. Dem­entspre­chend stellt das Finanz­ge­richt aus Nie­der­sach­sen in sei­ner Ent­schei­dung vom 18.9.2019 unter dem Akten­zei­chen 9 K 209/18 klar, dass auch unre­gel­mä­ßi­ge Zah­lun­gen oder nur Ein­mal­zah­lun­gen als finan­zi­el­le Betei­li­gung ange­se­hen wer­den können.

Auch kommt es inso­weit nicht auf den Zeit­punkt der Zah­lung oder Zah­lun­gen an. Die­se Zah­lun­gen kön­nen Anfang, Mit­te oder Ende des Jah­res getä­tigt wer­den. Auch am Ende des Jah­res geleis­te­te finan­zi­el­le Bei­trä­ge kön­nen aus­rei­chend sein. Selbst eine Ein­be­zie­hung von Zah­lun­gen außer­halb des Streit­jah­res hält das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt für denk­bar, sofern die Zah­lun­gen ihre wirt­schaft­li­che Ver­ur­sa­chung im jewei­li­gen Streit­jahr haben. Dies kann bei­spiels­wei­se durch Betei­li­gung an den Neben­kos­ten nach Vor­la­ge der Neben­kos­ten­ab­rech­nung im Fol­ge­jahr der Fall sein. Ganz aus­drück­lich haben die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter aus Nie­der­sach­sen fest­ge­legt, dass das Abfluss­prin­zip des § 11 Abs. 2 EStG hier nicht ein­schlä­gig ist.

Ledig­lich die finan­zi­el­le Betei­li­gung an den Lebens­füh­rungs­kos­ten des Haupt­haus­hal­tes darf nicht erkenn­bar unzu­rei­chend sein. Dies war aktu­ell streit­ge­gen­ständ­lich in einem Sach­ver­halt des Bun­des­fi­nanz­hofs unter dem Akten­zei­chen VI R 39/19. Die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter aus Nie­der­sach­sen defi­nie­ren inso­weit das Erfor­der­nis des Über­schrei­tens einer Gering­fü­gig­keits­gren­ze von 10 % als sachgerecht.

Vor die­sem Hin­ter­grund hat daher auch der Bun­des­fi­nanz­hof mit Ent­schei­dung vom 12.1.2023 unter dem zuvor genann­ten Akten­zei­chen Auf­wen­dun­gen zum Wer­bungs­kos­ten­ab­zug im Rah­men einer dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung zuge­las­sen. Im Streit­fall wohn­te ein ledi­ger Arbeit­neh­mer, der in der Woche in einer ange­mie­te­ten Woh­nung am Arbeits­ort leb­te, an den Wochen­en­den und in sei­ner übri­gen Frei­zeit zusam­men mit sei­nem Bru­der und sei­nen Eltern in einem Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­haus­halt. Weil er sich an den haus­halts­be­zo­ge­nen Lebens­füh­rungs­kos­ten die­ses Haus­hal­tes mehr als nur unwe­sent­lich betei­lig­te, konn­te er die wöchent­li­chen Fami­li­en­heim­fahr­ten sowie die Miet­auf­wen­dun­gen für die Zweit­woh­nung am Beschäf­ti­gungs­ort als Kos­ten der dop­pel­ten Haus­halts­füh­rung steu­er­min­dernd anset­zen. Kon­kret war es dabei im Urteils­fall so, dass der Arbeit­neh­mer erst am Ende des Jah­res, sprich im Dezem­ber, eine Kos­ten­be­tei­li­gung für lau­fen­de Kos­ten und Erneue­rungs­maß­nah­men an sei­ne Eltern über­wies. Zudem konn­te er nach­wei­sen, dass er Aus­ga­ben für Lebens­mit­tel­ein­käu­fe am Ort des Haupt­h­aus­stan­des getä­tigt hat­te. Inso­weit war eine aus­rei­chen­de finan­zi­el­le Betei­li­gung gege­ben und auch der Bun­des­fi­nanz­hof sah es nicht als schäd­lich an, dass die­se erst am Ende des Jah­res stattfand.

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4. Für alle Steuerpflichtigen: Verlustausgleichsbeschränkung und Abzugsbeschränkung bei Zins-Währungsswaps

Das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 9.2.2023 unter dem Akten­zei­chen IV R 34/19 betrifft die steu­er­li­che Behand­lung von Ver­lus­ten aus Zins-Wäh­rungs­swaps, die von einer Per­so­nen­ge­sell­schaft abge­schlos­sen wur­den. Das Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs hat dabei Bedeu­tung für alle Steu­er­pflich­ti­gen, die Zins-Wäh­rungs­swaps oder ande­re Ter­min­ge­schäf­te abschlie­ßen oder an Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten betei­ligt sind, die sol­che Geschäf­te tätigen.

Vor­lie­gend waren die Klä­ger Gesell­schaf­ter einer GmbH & Co. KG, die sol­che Swaps zur Absi­che­rung von Fremd­wäh­rungs­kre­di­ten ein­ge­setzt hat­te. Die Swaps führ­ten in den Streit­jah­ren zu erheb­li­chen Ver­lus­ten, die die Klä­ger als nega­ti­ve Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb gel­tend machten.

Das Finanz­amt erkann­te die Ver­lus­te jedoch nicht an und berief sich auf die Ver­lust­aus­gleichs­be­schrän­kun­gen und Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung für Ter­min­ge­schäf­te ent­spre­chend der Rege­lung in § 15 Abs. 4 Sät­ze 3 und 4 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG). Danach kön­nen Ver­lus­te aus Ter­min­ge­schäf­ten nur mit Gewin­nen aus sol­chen Geschäf­ten aus­ge­gli­chen oder abge­zo­gen wer­den. Der Fis­kus ver­trat die Auf­fas­sung, dass Zins-Wäh­rungs­swaps Ter­min­ge­schäf­te sei­en und dass die Ver­lus­te nicht mit ande­ren Ein­künf­ten der Klä­ger ver­rech­net wer­den könnten.

Dage­gen wehr­ten sich die Klä­ger durch Kla­ge­er­he­bung beim zustän­di­gen Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg, das ihnen zumin­dest teil­wei­se Recht gab. Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt ent­schied, dass Zins-Wäh­rungs­swaps zwar Ter­min­ge­schäf­te sei­en, aber dass die Ver­lust­aus­gleichs­be­schrän­kung und Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung nur für sol­che Geschäf­te gel­ten, die der Spe­ku­la­ti­on dien­ten. Da die Swaps eini­gen Gesell­schaf­tern tat­säch­lich jedoch der Absi­che­rung von Fremd­wäh­rungs­kre­di­ten dien­ten, sei­en ihre Ver­lus­te nicht beschränkt. Die Gesell­schaf­ter, die kei­ne Fremd­wäh­rungs­kre­di­te hat­ten, sei­en hin­ge­gen von der Beschrän­kung betroffen.

Das Finanz­amt woll­te sich damit jedoch nicht zufrie­den­ge­ben und leg­te Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen ein, der das erst­in­stanz­li­che Urteil auf­hob und die Kla­ge abwies. Der Bun­des­fi­nanz­hof begrün­de­te sei­ne Ent­schei­dung damit, dass die Ver­lust­aus­gleichs­be­schrän­kung und Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung für Ter­min­ge­schäf­te unab­hän­gig von der Moti­va­ti­on für den Abschluss der Geschäf­te gel­ten. Es sei nicht erfor­der­lich, dass die Geschäf­te spe­ku­la­tiv sei­en, um unter die Beschrän­kung zu fal­len. Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te zudem klar, dass die Beschrän­kung per­so­nen­be­zo­gen anzu­wen­den sei, das heißt, dass jeder Gesell­schaf­ter einer Per­so­nen­ge­sell­schaft sei­ne eige­nen Ver­lus­te aus Ter­min­ge­schäf­ten nur mit sei­nen eige­nen Gewin­nen aus sol­chen Geschäf­ten ver­rech­nen könne.

Der Bun­des­fi­nanz­hof wies auch dar­auf hin, dass die Ver­lust­aus­gleichs­be­schrän­kung und Ver­lust­ab­zugs­be­schrän­kung für Ter­min­ge­schäf­te nicht gegen das Grund­ge­setz ver­sto­ßen. Er ver­wies auf sei­ne frü­he­re Recht­spre­chung, wonach eine sol­che Beschrän­kung sach­lich gerecht­fer­tigt sei, um eine steu­er­li­che Ungleich­be­hand­lung von Gewin­nen und Ver­lus­ten aus Ter­min­ge­schäf­ten zu vermeiden.

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5. Für GmbH-Gesellschafter: Fremdübliche Verzinsung einer Darlehensforderung

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 8 Abs. 3 Satz 2 des Kör­per­schaft­steu­er­ge­set­zes (KStG) min­dern ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tun­gen das Ein­kom­men der Kapi­tal­ge­sell­schaft nicht. Unter einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung ist bei einer Kapi­tal­ge­sell­schaft eine Ver­mö­gens­min­de­rung oder ver­hin­der­te Ver­mö­gens­meh­rung zu ver­ste­hen, die durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ver­an­lasst ist, sich auf die Höhe des Gewinns aus­wirkt und in kei­nem Zusam­men­hang zu einer offe­nen Aus­schüt­tung steht. In der Regel wird dabei eine Ver­an­las­sung durch das Gesell­schafts­ver­hält­nis ange­nom­men, wenn die Kapi­tal­ge­sell­schaft ihren Gesell­schaf­tern einen Ver­mö­gens­vor­teil zuwen­det, den sie bei der Sorg­falt eines ordent­li­chen und gewis­sen­haf­ten Geschäfts­lei­ters einem Nicht­ge­sell­schaf­ter nicht gewährt hät­te. Kon­kret gesagt es wird in der Pra­xis regel­mä­ßig der soge­nann­te Fremd­ver­gleich herangezogen.

Ob und gege­be­nen­falls in wel­chem Umfang bei Geschäf­ten zwi­schen einer Kapi­tal­ge­sell­schaft und deren beherr­schen­dem Gesell­schaf­ter die tat­säch­lich ver­ein­bar­ten Prei­se von den­je­ni­gen abwei­chen, die zwi­schen frem­den Drit­ten ver­ein­bart wor­den wären, ist eine tat­säch­li­che Fra­ge, deren Beant­wor­tung im gericht­li­chen Ver­fah­ren in ers­ter Linie dem (erst­in­stanz­li­chen) Finanz­ge­richt obliegt.

Das Finanz­ge­richt muss den maß­geb­li­chen Fremd­ver­gleich unter Berück­sich­ti­gung aller Umstän­de des kon­kre­ten Ein­zel­falls ermit­teln, was im Regel­fall eine Schät­zung not­wen­dig macht. Die Ent­schei­dung dar­über, wie der Fremd­ver­gleich im Ein­zel­fall durch­zu­füh­ren ist, obliegt dabei grund­sätz­lich dem Finanz­ge­richt. Die­ses muss bei der Ermitt­lung des fremd­üb­li­chen Prei­ses aller­dings beach­ten, dass es häu­fig für die betref­fen­de Leis­tung nicht „den“ Fremd­ver­gleichs­preis, son­dern eine Band­brei­te von Prei­sen geben wird. In einem sol­chen Fall ist bei der Berech­nung der ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung von dem für den Steu­er­pflich­ti­gen güns­tigs­ten Ver­gleichs­preis auszugehen.

Bei der Beur­tei­lung von Dar­le­hens­ge­schäf­ten zwi­schen der Kapi­tal­ge­sell­schaft und ihrem beherr­schen­den Gesell­schaf­ter hat die Recht­spre­chung daher fol­gen­de all­ge­mei­ne Grund­sät­ze aufgestellt:

Gewährt die Kapi­tal­ge­sell­schaft ihrem Gesell­schaf­ter ein Dar­le­hen, kommt der Ansatz einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung inso­weit in Betracht, als der Kre­dit zins­los oder zu einem unan­ge­mes­sen nied­ri­gen Zins gewährt wird. Davon kann ins­be­son­de­re aus­zu­ge­hen sein, wenn die Gesell­schaft für den bei ihr ange­stell­ten Gesell­schaf­ter ein unan­ge­mes­sen ver­zins­tes Ver­rech­nungs­kon­to führt, dass ein Sal­do zuguns­ten der Gesell­schaft ausweist.

Zur Bestim­mung des ange­mes­se­nen, fremd­üb­li­chen Zin­ses ist vor­ran­gig die Preis­ver­gleichs­me­tho­de anzu­wen­den, weil die­se Metho­de unmit­tel­bar zur Fest­stel­lung des Ver­gleichs­prei­ses führt und sie daher als die Grund­me­tho­de zur Bestim­mung ange­mes­se­ner Ver­rech­nungs­prei­se anzu­se­hen ist. Fremd­preis ist der Zins, zu dem Frem­de unter ver­gleich­ba­ren Bedin­gun­gen den Kre­dit am Geld- oder Kapi­tal­markt gewährt hätten.

Für Fäl­le, in denen eine Gesell­schaft für den bei ihr ange­stell­ten Gesell­schaf­ter ein unan­ge­mes­sen ver­zins­tes Ver­rech­nungs­kon­to führt, hat die Recht­spre­chung zur Bemes­sung des ange­mes­se­nen Zins­sat­zes den soge­nann­ten „Mar­gen­tei­lungs­grund­satz“ als sach­ge­rech­ten Erfah­rungs­satz aner­kannt. Danach gilt:

Bei Kre­dit­ge­schäf­ten zwi­schen einer Kapi­tal­ge­sell­schaft, die selbst kei­ne Bank­ge­schäf­te betreibt und als pri­va­ter Dar­le­hens­ge­ber agiert, und ihrem Gesell­schaf­ter als pri­va­tem Dar­le­hens­neh­mer berech­net sich die für den Ansatz einer ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung erfor­der­li­che ver­hin­der­te Ver­mö­gens­meh­rung nach den in Rech­nung gestell­ten Soll-Zin­sen, wenn und soweit davon aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass der dem Gesell­schaf­ter zins­los über­las­se­ne Dar­le­hens­be­trag andern­falls zur Kre­dit­rück­zah­lung ver­wen­det wor­den wäre. Hat die Gesell­schaft selbst kei­nen Kre­dit auf­ge­nom­men, so bil­den die bank­üb­li­chen Haben-Zin­sen die Unter­gren­ze und die bank­üb­li­chen Soll-Zin­sen die Ober­gren­ze der ver­hin­der­ten Vermögensmehrung.

Der im Ein­zel­fall maß­geb­lich Betrag inner­halb der genann­ten Mar­ge ist durch Schät­zung zu ermit­teln, wobei dem Risi­ko, dass das Dar­le­hen nicht zurück­ge­zahlt wer­den kann, beson­de­re Bedeu­tung zukommt. In der Regel ist der Ansatz der Soll-Zin­sen jeden­falls dann nicht gerecht­fer­tigt, wenn die Gesell­schaft kei­ne Bank­ge­schäf­te betreibt und des­halb auch nicht den damit ver­bun­de­nen Auf­wand hat. Sind kei­ne ande­ren Anhalts­punk­te für die Schät­zung erkenn­bar, ist es nicht zu bean­stan­den, wenn von dem Erfah­rungs­satz aus­ge­gan­gen wird, dass sich pri­va­te Dar­le­hens­ge­ber und Dar­le­hens­neh­mer die bank­üb­li­che Mar­ge zwi­schen Soll-Zin­sen und Haben-Zin­sen teilen.

Unge­ach­tet der zuwei­len geäu­ßer­ten Kri­tik an die­sen Grund­sät­zen hält jedoch der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 22.2.2023 unter dem Akten­zei­chen I R 27/20 dar­an fest.

Einen Wider­spruch zur oben bereits näher beschrie­be­nen Band­brei­ten-Recht­spre­chung, wonach der rich­ti­ge Fremd­ver­gleichs­preis kei­nen Punkt­wert dar­stellt, son­dern aus einer Band­brei­te von alle­samt fremd­üb­li­chen Prei­sen besteht, liegt nach Auf­fas­sung des erken­nen­den I. Sena­tes des Bun­des­fi­nanz­hofs nicht vor. 

Denn der sich aus der Mar­gen­tei­lung erge­ben­de Mit­tel­wert ist aus Fremd­ver­glei­chen abge­lei­tet und über­dies nur dann ein­zu­set­zen, wenn ander­wei­ti­ge tat­säch­li­che Anhalts­punk­te für die Schät­zung feh­len. Die Tei­lung der Mar­ge selbst beruht auf einer Beob­ach­tung des Wirt­schafts­le­bens und damit auf einem Erfah­rungs­satz, den der Senat als fremd­üb­li­ches Ver­hal­ten auch für das Ver­hält­nis zwi­schen Kapi­tal­ge­sell­schaft und Gesell­schaf­ter annimmt. Es besteht auch kein zwin­gen­der Grund, sich in der Kre­dit­ver­ga­be­si­tua­ti­on allein an dem vom Kre­dit­ge­ber alter­na­tiv erziel­ba­ren Haben­zins als Ver­gleichs­maß­stab und in der Kre­dit­auf­nah­me­si­tua­ti­on allein an dem vom Kre­dit­neh­mer alter­na­tiv hin­zu­neh­men­den Soll­zins zu ori­en­tie­ren. Denn mit einem sol­cher­ma­ßen gespal­te­nen Ansatz kön­nen bei der Beur­tei­lung eines ein­heit­li­chen Rechts­ver­hält­nis­ses unter­schied­li­che Fremd­ver­gleichs­prei­se her­vor­ge­hen, was in der Sache und aus Prak­ti­ka­bi­li­täts­grün­den nicht überzeugt.

Nach Auf­fas­sung des erken­nen­den Senats besteht schließ­lich auch kein Wider­spruch zwi­schen dem Mar­gen­tei­lungs­grund­satz und neue­ren Ent­schei­dun­gen des Senats zu Dar­le­hens­ge­wäh­run­gen im Kon­zern. Vor­lie­gend geht es um die gänz­lich anders gela­ger­te Situa­ti­on einer pri­va­ten Gele­gen­heit zur Kre­dit­ver­ga­be durch eine juris­ti­sche Per­son an ihren beherr­schen­den Gesell­schaf­ter. Nur inso­weit ist der Mar­gen­tei­lungs­grund­satz als prak­ti­ka­bles Hilfs­mit­tel für den Fall anzu­er­ken­nen, das kei­ne ande­ren Anhalts­punk­te für die Schät­zung erkenn­bar sind.

Sind daher kei­ne ande­ren Anhalts­punk­te für die regel­mä­ßig gebo­te­ne Schät­zung der fremd­üb­li­chen Zin­sen erkenn­bar, ist es nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs nicht zu bean­stan­den, wenn von dem Erfah­rungs­satz aus­ge­gan­gen wird, dass sich pri­va­te Dar­le­hens­ge­ber und Dar­le­hens­neh­mer die bank­üb­li­che Mar­ge zwi­schen Soll-Zin­sen und Haben-Zin­sen teilen.

Soll­te die vor­ste­hen­der Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs daher auch in aller Kon­se­quenz sei­tens der Finanz­ver­wal­tung umge­setzt wer­den, könn­te dies zu erheb­li­chen Schwie­rig­kei­ten füh­ren. Immer­hin ist der ange­mes­se­ne Zins­satz dann nicht mehr im Rah­men einer Band­brei­te zu fin­den, son­dern muss (abge­stellt auf den Zeit­punkt des Abschlus­ses des Dar­le­hens­ver­tra­ges) mit einem kon­kre­ten Punkt ermit­telt wer­den. Es bleibt daher zu hof­fen, dass die Finanz­ver­wal­tung hier das nöti­ge Fin­ger­spit­zen­ge­fühl hat und die Sache im Wesent­li­chen etwas groß­zü­gi­ger betrachtet.

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6. Für Unternehmer: Was gilt beim Investitionsabzugsbetrag? Steuerbilanzgewinn oder steuerlicher Gewinn, das ist hier die Frage!

Im hier behan­del­ten Streit­fall geht es um die Fra­ge, ob der Steu­er­pflich­ti­ge Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trä­ge in Anspruch neh­men darf. Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Rege­lung kön­nen Steu­er­pflich­ti­ge für die künf­ti­ge Anschaf­fung oder Her­stel­lung von abnutz­ba­ren beweg­li­chen Wirt­schafts­gü­ter des Anla­ge­ver­mö­gens, die min­des­tens bis zum Ende des dem Wirt­schafts­jahr der Anschaf­fung oder Her­stel­lung fol­gen­den Wirt­schafts­jah­res in einer inlän­di­schen Betriebs­stät­te des Betrie­bes aus­schließ­lich oder fast aus­schließ­lich betrieb­lich genutzt wer­den, bis zu 50 % der vor­aus­sicht­li­chen Anschaf­fung- oder Her­stel­lungs­kos­ten gewinn­min­dernd abzie­hen. Man spricht dabei vom soge­nann­ten Investitionsabzugsbetrag.

Die­ser kann jedoch nur in Anspruch genom­men wer­den, wenn der Gewinn, der nach § 4 oder § 5 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) ermit­telt wird, im Wirt­schafts­jahr, in dem die Abzü­ge vor­ge­nom­men wer­den sol­len, ohne Berück­sich­ti­gung der Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trä­ge und der Hin­zu­rech­nun­gen nach § 7g Abs. 2 EStG 200.000 Euro nicht überschreitet.

Im Ver­fah­ren beim Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg unter dem Akten­zei­chen 10 K 1873/22 war nun strit­tig, was im Zusam­men­hang mit den Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trä­gen denn unter Gewinn zu ver­ste­hen ist. Infra­ge kommt inso­weit der Steu­er­bi­lanz­ge­winn oder auch der Gewinn, der tat­säch­lich spä­ter als steu­er­li­cher Gewinn besteu­ert wird. Letz­te­rer dif­fe­riert ins­be­son­de­re vom Steu­er­bi­lanz­ge­winn durch außer­bi­lan­zi­el­le Hin­zu­rech­nung oder Kür­zun­gen von nicht abzieh­ba­ren Betriebsausgaben.

Nach Auf­fas­sung des Finanz­ge­rich­tes Baden-Würt­tem­berg ist unter dem Wort „Gewinn“ im Zusam­men­hang mit der Vor­schrift des Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­tra­ges der Steu­er­bi­lanz­ge­winn und nicht der steu­er­li­che Gewinn im Sin­ne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Num­mer 1 EStG zu ver­ste­hen. Eine Kor­rek­tur um außer­bi­lan­zi­el­le Posi­tio­nen wie nicht abzieh­ba­re Betriebs­aus­ga­ben oder ein­kom­mens­steu­er­freie Ein­nah­men fin­det nicht statt. Dies ist auch die ein­hel­li­ge Mei­nung der Literatur.

Eine eigen­stän­di­ge Defi­ni­ti­on des Begriffs „Gewinn“ fin­det im Zusam­men­hang mit der Rege­lung des Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­tra­ges nicht statt. Es ist zwar bestimmt, dass der Gewinn nach § 4 oder § 5 EStG zu ermit­teln und damit grund­sätz­lich an den nach steu­er­recht­li­chen Vor­schrif­ten ermit­tel­ten Gewinn und nicht an den han­dels­bi­lan­zi­el­len Jah­res­über­schuss anzu­knüp­fen ist. Nicht gere­gelt ist jedoch, ob der Gewinn um nicht abzieh­ba­re Betriebs­aus­ga­ben zu erhö­hen bzw. um steu­er­freie Betriebs­ver­mö­gens­meh­run­gen zu min­dern ist. Inso­weit ist nicht gere­gelt, dass der steu­er­li­che Gewinn im Sin­ne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Num­mer 1 EStG für die Bestim­mung der Gewinn­gren­ze beim Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag aus­schlag­ge­bend sein soll.

Viel­mehr deu­tet der Wort­laut der Vor­schrift auf eine Maß­geb­lich­keit des nicht kor­ri­gier­ten Gewinns hin. Das Gesetz stellt auf den nach § 4 bezie­hungs­wei­se § 5 EStG „ermit­tel­ten“ Gewinn ab. Dies lässt nach Mei­nung der Rich­ter aus Baden-Würt­tem­berg dar­auf schlie­ßen, dass Erhö­hun­gen und Min­de­run­gen, die sich außer­halb der Gewinn­ermitt­lung voll­zie­hen, bei der Bestim­mung des Höchst­be­trags von 200.000 Euro unbe­rück­sich­tigt blei­ben sollen.

Zwar könn­te auch ein nach § 4 EStG ermit­tel­ter Gewinn die Kor­rek­tu­ren nach § 4 Abs. 5 EStG und damit die nicht abzieh­ba­ren Betriebs­aus­ga­ben, die nicht abzieh­ba­re Gewer­be­steu­er nach § 4 Absatz 5b EStG und nach § 4 Absatz 4a EStG die nicht abzieh­ba­ren Schuld­zin­sen beinhal­ten. Damit ist aber nach Auf­fas­sung der Rich­ter nicht erklärt, wes­halb auch ande­re (nicht in § 4 EStG nor­mier­te) Kor­rek­tu­ren in die Gewinn­gren­ze ein­zu­be­zie­hen wären. Dazu kön­nen bei­spiels­wei­se das Teil­ab­zugs­ver­bot oder das Teil­ein­künf­te­ver­fah­ren gemäß § 3 Num­mer 40 EStG gehö­ren. Zudem spricht aus­weis­lich des Urteils der Rich­ter des Finanz­ge­richts Baden-Würt­tem­berg vom 2.5.2023 mehr dafür, dass der Gesetz­ge­ber mit der For­mu­lie­rung zum Aus­druck brin­gen woll­te, nicht nur die Gewinn­ermitt­lung durch Betriebs­ver­mö­gens­ver­gleich nach § 4 Absatz 1 Satz 1 EStG, son­dern eben­so die­je­ni­ge durch Ein­nah­men-Über­schuss-Rech­nung gemäß § 4 Abs. 3 EStG als für Zwe­cke des § 7g EStG zuläs­si­ge Gewinn­ermitt­lung zu bestim­men. Ins­ge­samt las­sen daher die Rich­ter aus Baden-Würt­tem­berg kei­nen Zwei­fel dar­an, dass der Steu­er­bi­lanz­ge­winn und nicht der steu­er­li­che Gewinn für die Prü­fung der Höchst­gren­ze von 200.000 Euro beim Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag maß­ge­bend ist.

Betrof­fe­nen sei inso­weit gera­ten, sich die aus­führ­li­che Urteils­be­grün­dung vor­zu­neh­men, da dort auch noch zahl­rei­che wei­te­re Argu­men­te zu fin­den sind. Auch wenn inso­weit die Ent­schei­dung aus Baden-Würt­tem­berg durch­aus nach­voll­zieh­bar und sehr gut begrün­det ist, muss­te wegen der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung der Rechts­fra­ge und zur Fort­bil­dung des Rechts die Revi­si­on zuge­las­sen wer­den. Ins­be­son­de­re weil die Ent­schei­dung gegen das Schrei­ben des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums vom 15.6.2022 gerich­tet ist, ver­wun­dert es nicht, dass die Finanz­ver­wal­tung die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof ein­ge­legt hat. Unter dem Akten­zei­chen X R 14/23 muss die­ser nun klä­ren, wel­cher Gewinn tat­säch­lich zur Prü­fung der Gewinn­gren­ze bei Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trä­gen anzu­wen­den ist.

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7. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Gebühr bei einer verbindlichen Auskunft

Aus­weis­lich der gesetz­li­chen Rege­lung in § 89 Abs. 2 Satz 1 der Abga­ben­ord­nung (AO) kön­nen die Finanz­äm­ter und das Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern auf Antrag ver­bind­li­che Aus­künf­te über die steu­er­li­che Beur­tei­lung von genau bestimm­ten, noch nicht ver­wirk­lich­ten Sach­ver­hal­ten ertei­len, wenn dar­an im Hin­blick auf die erheb­li­chen steu­er­li­chen Aus­wir­kun­gen ein beson­de­res Inter­es­se besteht.

Die Zahl der Anträ­ge hängt dabei zum einen von der Zahl der zum Gegen­stand der Aus­kunft gemach­ten „Sach­ver­hal­te“ ab. Inso­weit liegt immer ein Sach­ver­halt vor, wenn er sich auf einen Steu­er­pflich­ti­gen bezieht. Zum ande­ren hängt daher die Zahl der Anträ­ge gege­be­nen­falls auch von der Zahl der antrag­stel­len­den Steu­er­pflich­ti­gen ab. Ein ein­heit­li­cher (ein­zi­ger) Sach­ver­halt kann somit auch in meh­re­ren Anfra­gen zu stel­len sein, weil er meh­re­re Steu­er­pflich­ti­ge betrifft.

Vor die­sem Hin­ter­grund haben im vor­lie­gen­den Sach­ver­halt acht Steu­er­pflich­ti­ge wegen einer geplan­ten Ein­la­ge von Antei­len in eine neu zu grün­den­de GmbH & Co. KG und anschlie­ßen­dem Wech­sel die­ser KG in eine GmbH jeweils eine ver­bind­li­che Aus­kunft bean­tragt, da die steu­er­li­chen Fol­gen der vor­ge­nann­ten Umstruk­tu­rie­rungs­maß­nah­men durch­aus kom­plex und nicht über­schau­bar waren. Die Steu­er­pflich­ti­gen bean­trag­ten die ver­bind­li­che Aus­kunft gemein­sam beim Finanzamt.

In § 89 Abs. 3 Satz 1 und 2 AO ist inso­weit gere­gelt, dass für die Bear­bei­tung eines Antrags auf Ertei­lung einer ver­bind­li­chen Aus­kunft eine Gebühr erho­ben wird. Wird eine ver­bind­li­che Aus­kunft gegen­über meh­re­ren Antrag­stel­lern ein­heit­lich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erhe­ben und die Antrag­stel­ler wer­den in die­sem Fall zu Gesamt­schuld­nern der Gebühr.

Im vor­lie­gen­den Streit­fall erteil­te das Finanz­amt jedoch acht inhalts­glei­che ver­bind­li­che Aus­künf­te hin­sicht­lich der Umstruk­tu­rie­rungs­maß­nah­men und es setz­te gegen­über jedem der Antrag­stel­ler eine Gebühr fest. Hier­ge­gen wehr­ten sich die Steu­er­pflich­ti­gen, da die ver­bind­li­che Aus­kunft gegen­über allen Klä­gern nur ein­heit­lich hät­te erteilt wer­den können.

Erfreu­li­cher­wei­se hat hier in ers­ter Instanz nun das Finanz­ge­richt Müns­ter mit Urteil vom 8.2.2023 unter dem Akten­zei­chen 6 K 1330/20 AO gegen das Finanz­amt ent­schie­den, dass bei der Ertei­lung acht inhalts­glei­cher ver­bind­li­cher Aus­künf­te wegen einer mehr­stu­fi­gen Umstruk­tu­rie­rungs­maß­nah­me wie vor­lie­gend eine ein­heit­li­che Aus­kunfts­er­tei­lung gege­ben ist, für die auch ein gemein­sa­mer Gebüh­ren­be­scheid zu erlas­sen ist. Dies hat zur Fol­ge, dass unter dem Strich eine wahr­schein­lich deut­lich gerin­ge­re Gebühr anfällt.

Auch wenn inso­weit die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung nicht nur zu begrü­ßen ist, son­dern auch durch­aus logisch und nach­voll­zieh­bar ist, wur­de die Revi­si­on zuge­las­sen. Die Fra­ge, wann eine ein­heit­li­che Aus­kunfts­er­tei­lung vor­liegt, ist bis­her näm­lich noch nicht höchst­rich­ter­lich geklärt. Tat­säch­lich sind inso­weit bereit Revi­si­ons­ver­fah­ren unter den Akten­zei­chen I R 30/22 sowie II R 37/22, II R 39/22 und II R 40/22 beim Bun­des­fi­nanz­hof anhän­gig. Im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ist bis­her noch nicht bekannt, ob das Finanz­amt auch hier Revi­si­on ein­ge­legt hat, jedoch wird mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit damit zu rech­nen sein.

Betrof­fe­ne soll­ten sich jedoch dann auch an die Mus­ter­ver­fah­ren anhän­gen, denn es erscheint nur denk­lo­gisch, dass die Finanz­ver­wal­tung bei iden­ti­scher Aus­kunft für meh­re­re Steu­er­pflich­ti­ge auch inso­weit nur eine Gebühr berech­nen kann, wel­che dann auf die Steu­er­pflich­ti­gen auf­zu­tei­len ist.

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8. Für Grundstücksunternehmen: Das Problem der Sondervergütungen bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung

Ent­spre­chend der Kür­zungs­re­ge­lun­gen im Gewer­be­steu­er­ge­setz ist die Sum­me des Gewinns und der Hin­zu­rech­nun­gen um 1,2 % des Ein­heits­werts des nicht von der Grund­steu­er befrei­ten Grund­be­sit­zes zu kür­zen, der zum Betriebs­ver­mö­gen des Unter­neh­mens gehört

Anstel­le die­ser Kür­zung tritt auf Antrag bei Unter­neh­men, die aus­schließ­lich eige­nen Grund­be­sitz oder neben eige­nem Grund­be­sitz eige­nes Kapi­tal­ver­mö­gen ver­wal­ten und nut­zen oder dane­ben Woh­nungs­bau­ten betreu­en oder Ein­fa­mi­li­en­häu­ser, Zwei­fa­mi­li­en­häu­ser oder Eigen­tums­woh­nun­gen errich­ten und ver­äu­ßern, die Kür­zung um den Teil des Gewer­be­er­tra­ges, der auf die Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes entfällt.

Ent­spre­chend der wei­ter­ge­hen­den gesetz­li­chen Rege­lun­gen, kon­kret in § 9 Num­mer 1 Satz 5 Num­mer 1a des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes (GewStG), gilt die erwei­ter­te Gewer­be­steu­er­kür­zung aller­dings nicht, soweit der Gewer­be­er­trag Ver­gü­tun­gen im Sin­ne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 2 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) ent­hält, die der Gesell­schaf­ter von der Gesell­schaft für sei­ne Tätig­keit im Dienst der Gesell­schaft oder für die Hin­ga­be von Dar­le­hen oder für die Über­las­sung von Wirt­schafts­gü­tern, mit Aus­nah­me der Über­las­sung von Grund­be­sitz, bezo­gen hat.

Vor­ste­hen­de Rege­lung ist mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz 2009 ein­ge­fügt wor­den, um steu­er­li­che Gestal­tun­gen im Zusam­men­hang mit der erwei­ter­ten Kür­zung für Grund­stücks­un­ter­neh­men in der Rechts­form der Per­so­nen­ge­sell­schaft zu ver­hin­dern. Es geht dabei um Gestal­tun­gen, nach denen Erträ­ge, die die Gesell­schaft gewer­be­steu­er­pflich­ti­gen Drit­ten für erbrach­te Leis­tung zahlt, in den Kür­zungs­um­fang ein­be­zo­gen wer­den, weil der Drit­te Gesell­schaf­ter der Gesell­schaft ist.

Um dies zu ver­mei­den, sieht die Rege­lung vor, dass Son­der­ver­gü­tun­gen eines Gesell­schaf­ters von der erwei­ter­ten Kür­zung aus­ge­schlos­sen wer­den, wenn sie bei der Gesell­schaft mit Gewer­be­steu­er belas­tet wer­den. Von die­sem Grund­satz nimmt das Gesetz ledig­lich Son­der­ver­gü­tun­gen für die Über­las­sung von Grund­be­sitz an die Gesell­schaft aus, da sie die Kern­tä­tig­keit der Gesell­schaft umfas­sen. Hin­sicht­lich sol­cher Ver­gü­tun­gen bleibt es bei dem Grund­satz, dass sie in die erwei­ter­te Kür­zung ein­be­zo­gen wer­den und somit im Ergeb­nis nicht mit Gewer­be­steu­er belas­tet wer­den. Dazu heißt es in der sei­ner­zei­ti­gen Geset­zes­be­grün­dung: „Hier­zu wird die erwei­ter­te Kür­zung auf Ebe­ne der grund­be­sitz­ver­wal­ten­den Per­so­nen­ge­sell­schaft in Bezug auf Son­der­ver­gü­tun­gen des Mit­un­ter­neh­mers dahin­ge­hend ein­ge­schränkt, dass nur die Son­der­ver­gü­tun­gen in die erwei­ter­te Kür­zung ein­zu­be­zie­hen sind, die auf die Über­las­sung von Grund­be­sitz an die Gesell­schaft ent­fal­len, d.h. die die Kern­tä­tig­keit der Gesell­schaft umfas­sen. Soweit der Mit­un­ter­neh­mer der Gesell­schaft Dar­le­hen über­lässt oder ande­re Leis­tun­gen wie zum Bei­spiel Bera­tungs­leis­tun­gen erbringt, wird die erwei­ter­te Kür­zung ausgeschlossen“

Umstrit­ten ist bei der Rege­lung jedoch, ob sie auch dann zur Anwen­dung gelangt, wenn der Ver­gü­tungs­emp­fän­ger selbst nicht der Gewer­be­steu­er unter­liegt. Nach der wohl über­wie­gen­den Lite­ra­tur­mei­nung ist die Norm in die­sem Fall auf­grund ihres über­schie­ßen­den Cha­rak­ters teleo­lo­gisch zu redu­zie­ren. In der Min­der­heits­mei­nung der Lite­ra­tur ist die Vor­schrift hin­ge­gen kei­ner teleo­lo­gi­schen Reduk­ti­on zugäng­lich, da ihr Wort­laut ein­deu­tig ist. Auf die Sei­te der Min­der­heits­mei­nung hat sich nun auch der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 9.3.2023 unter dem Akten­zei­chen IV R 25/20 geschla­gen. Der erken­nen­de Senat hält die Rege­lung in § 9 Num­mer 1 Satz 5 Num­mer 1 a GewStG auch dann für ein­schlä­gig, wenn der Ver­gü­tungs­emp­fän­ger selbst nicht der Gewer­be­steu­er unter­liegt. Inso­weit wird die erwei­ter­te Kür­zung des Gewer­be­er­trags bei einer Grund­stücks-Per­so­nen­ge­sell­schaft auch hin­sicht­lich der von einem nicht gewer­be­steu­er­pflich­ti­gen Gesell­schaf­ter als Son­der­ver­gü­tung bezo­ge­nen Dar­le­hens­zin­sen aus­ge­schlos­sen. Im Ergeb­nis ist die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs daher unter dem Mot­to ein­zu­ord­nen: Ist das Urteil noch so schlecht, der Bun­des­fi­nanz­hof hat immer recht.

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