Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Beihilfeprüfung im Rahmen der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit von Servicekörperschaften

Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) hat dem Gerichts­hof der Euro­päi­schen Uni­on (EuGH) meh­re­re Fra­gen zur Ver­ein­bar­keit der steu­er­recht­li­chen Gemein­nüt­zig­keit mit dem uni­ons­recht­li­chen Bei­hil­fe­ver­bot vorgelegt.

Zu klä­ren ist, ob der Erwei­te­rung der Steu­er­be­güns­ti­gung für Zweck­be­trie­be auf sog. Ser­vice­kör­per­schaf­ten (= Gesell­schaf­ten, die Dienst­leis­tun­gen gegen Ver­gü­tung in Koope­ra­ti­on mit einer als gemein­nüt­zig aner­kann­ten Kör­per­schaft erbrin­gen) der Cha­rak­ter einer Bei­hil­fe nach Art. 107 des Ver­trags über die Arbeits­wei­se der euro­päi­schen Uni­on (AEUV) zukommt. Des Wei­te­ren hat der EuGH zu ent­schei­den, ob eine nicht dem bei­hil­fe­recht­li­chen Durch­füh­rungs­ver­bot unter­fal­len­de Alt­bei­hil­fe vor­liegt, weil § 57 Abs. 3 der Abga­ben­ord­nung (AO) nur einer Rege­lung ähnelt, die schon vor dem Inkraft­tre­ten des Ver­trags über die Grün­dung der Euro­päi­schen Wirt­schafts­ge­mein­schaft am 01.01.1958 vor­ge­le­gen hat.

Die für die Steu­er­be­güns­ti­gung bei Gemein­nüt­zig­keit erfor­der­li­che unmit­tel­ba­re Ver­fol­gung steu­er­be­güns­tig­ter sat­zungs­mä­ßi­ger Zwe­cke setzt grund­sätz­lich vor­aus, dass die begüns­tig­te Kör­per­schaft die­se Zwe­cke selbst ver­wirk­licht. Auf­grund des durch das Jah­res­steu­er­ge­setz 2020 neu geschaf­fe­nen § 57 Abs. 3 AO kann die­ses Erfor­der­nis nun­mehr unter erleich­ter­ten Bedin­gun­gen erfüllt wer­den. Lagert z.B. ein Kran­ken­haus eine bis­lang im steu­er­be­güns­tig­ten Zweck­be­trieb »Kran­ken­haus« geführ­te Wäsche­rei auf eine eigen­stän­di­ge GmbH aus, soll es durch die Neu­re­ge­lung –nach dem im Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren geäu­ßer­ten Vor­stel­lun­gen– ermög­licht wer­den, nun­mehr auch die Wäsche­rei-GmbH als steu­er­be­güns­tig­te Kör­per­schaft anzu­se­hen, wenn ein plan­mä­ßi­ges Zusam­men­wir­ken mit dem Kran­ken­haus vor­liegt. Hier­durch kommt es zu einer steu­er­recht­li­chen Bevor­zu­gung die­ser GmbH gegen­über ande­ren Wettbewerbern.

Der kon­kre­te Streit­fall unter­streicht dies. Die Klä­ge­rin beab­sich­tigt, als Ser­vice­kör­per­schaft Dienst­leis­tun­gen im Bereich der Finanz­buch­hal­tung und des Rech­nungs­we­sens für eine gemein­nüt­zi­ge Stif­tung zu erbrin­gen. Ist im Rah­men des strei­ti­gen Fest­stel­lungs­ver­fah­rens nach § 60a AO auf­grund der Neu­re­ge­lung von einer unmit­tel­ba­ren steu­er­be­güns­tig­ten Zweck­ver­fol­gung aus­zu­ge­hen, kann die Klä­ge­rin z.B. ihre Leis­tun­gen an die nicht zum Vor­steu­er­ab­zug berech­tig­te Stif­tung zum ermä­ßig­ten Umsatz­steu­er­satz erbrin­gen, wäh­rend Wett­be­wer­ber die­sel­ben Leis­tun­gen nur zum Regel­steu­er­satz erbrin­gen kön­nen. Damit kann die Neu­re­ge­lung des § 57 Abs. 3 AO in Bezug auf die Erbrin­gung belie­bi­ger markt­gän­gi­ger Leis­tun­gen auf dem Nach­fra­ge­markt steu­er­be­güns­tig­ter Kör­per­schaf­ten als zu Las­ten ande­rer Anbie­ter wett­be­werbs­re­le­vant ange­se­hen wer­den. Daher hat der EuGH nun­mehr unter Aus­le­gung von Art. 107 und Art. 108 AEUV zu ent­schei­den, ob eine bei­hil­fere­le­van­te Unter­neh­mens­be­güns­ti­gung vor­liegt. Zu klä­ren sein wird ins­be­son­de­re, ob die zu Las­ten der steu­er­be­güns­tig­ten Kör­per­schaf­ten bestehen­den Beschrän­kun­gen –wie etwa in Bezug auf die Mit­tel­ver­wen­dung– der Annah­me einer Bei­hil­fe ent­ge­gen­ste­hen können.

Nach § 108 Abs. 3 AEUV ist die Kom­mis­si­on grund­sätz­lich vor jeder Neu­ein­füh­rung oder Umge­stal­tung einer Bei­hil­fe zu unter­rich­ten. Die Noti­fi­zie­rung bedeu­tet nicht per se, dass die Bei­hil­fe wett­be­werbs­ver­zer­rend sein muss. Sie dient viel­mehr der Prü­fung durch die Kom­mis­si­on, ob die Bei­hil­fe geneh­mi­gungs­fä­hig ist. Ein sol­ches Noti­fi­zie­rungs­ver­fah­ren wur­de nach Aus­kunft des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Finan­zen aber im Streit­fall nicht durch­ge­führt. Soll­te der EuGH ent­schei­den, dass § 57 Abs. 3 AO eine neue Bei­hil­fe dar­stellt, die wett­be­werbs­ver­zer­rend wirkt, dürf­te die Vor­schrift nicht mehr ange­wen­det wer­den. Ser­vice­kör­per­schaf­ten wie auch der Klä­ge­rin wäre der Sta­tus der steu­er­be­güns­tig­ten Gemein­nüt­zig­keit zu versagen.

BFH, Pres­se­mit­tei­lung vom 17.7.2025 zu Beschluss vom 22.05.2025, V R 22/23

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