Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

zurück

Erlass von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

Säum­nis­zu­schlä­ge sind nicht nur ein Druck­mit­tel, das den Steu­er­pflich­ti­gen zur recht­zei­ti­gen Zah­lung anhal­ten soll, son­dern die­nen auch als Zins­er­satz sowie der Abgel­tung von Ver­wal­tungs­auf­wand; ver­lie­ren Säum­nis­zu­schlä­ge ihren Sinn als Druck­mit­tel, kommt daher regel­mä­ßig nur ein hälf­ti­ger Erlass in Betracht (Anschluss an die stän­di­ge Rechtsprechung).

Dass beim Weg­fall der Druck­funk­ti­on regel­haft die Hälf­te der Säum­nis­zu­schlä­ge erlas­sen wird, beruht auf einer zuläs­si­gen Typi­sie­rung; es kommt nicht dar­auf an, wel­chen Ver­wal­tungs­auf­wand die Säum­nis im kon­kre­ten Ein­zel­fall ver­ur­sacht hat.

So lau­tet ein aktu­ell ver­öf­fent­lich­tes Urteil des FG Hamburg.

Die Betei­lig­ten strit­ten über die Höhe eines Erlas­ses von Säum­nis­zu­schlä­gen bei einem zah­lungs­un­fä­hi­gen und über­schul­de­ten Schuldner.

Der Klä­ger bean­trag­te als Insol­venz­ver­wal­ter den Erlass sämt­li­cher Säum­nis­zu­schlä­ge, die der Beklag­te ange­mel­det hat­te. Der Beklag­te erließ (nur) 50 % der Säum­nis­zu­schlä­ge. Nach erfolg­tem Ein­spruchs­ver­fah­ren erhob der Klä­ger Kla­ge, die das Gericht als unbe­grün­det abwies. Das Gericht führt dazu aus, dass der ledig­lich hälf­ti­ge Erlass der Säum­nis­zu­schlä­ge recht­mä­ßig sei.

Die Ent­schei­dung über den Erlass sei eine Ermes­sens­ent­schei­dung und unter­lie­ge gemäß § 102 Satz 1 FGO ledig­lich einer ein­ge­schränk­ten gericht­li­chen Kon­trol­le. Zu prü­fen sei daher bei einer Erlas­sa­b­leh­nung nur, ob die Finanz­be­hör­de bei ihrer Ent­schei­dung die gesetz­li­chen Gren­zen des Ermes­sens über­schrit­ten oder von ihrem Ermes­sen in einer dem Zweck der Ermäch­ti­gung nicht ent­spre­chen­den Wei­se Gebrauch gemacht habe. Im Ein­zel­fall kön­ne der Ermes­sens­spiel­raum so ein­ge­engt sein, dass nur eine Ent­schei­dung ermes­sens­ge­recht sei (sog. Ermes­sens­re­duk­ti­on auf Null). Sei nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steu­er­schuld­ver­hält­nis ermes­sens­ge­recht, kön­ne das Gericht gemäß § 101 Satz 1 FGO die Ver­pflich­tung zum Erlass aus­spre­chen (st. Rspr.).

Säum­nis­zu­schlä­ge sei­en nicht nur ein Druck­mit­tel, das den Steu­er­pflich­ti­gen zur recht­zei­ti­gen Zah­lung anhal­ten sol­le, son­dern auch ein Instru­ment, um eine Gegen­leis­tung für das Hin­aus­schie­ben der Zah­lung fäl­li­ger Steu­ern zu erhal­ten (»Zins­er­satz«) sowie um Ver­wal­tungs­auf­wen­dun­gen abzu­gel­ten, die durch die nicht frist­ge­mä­ße Zah­lung ent­stün­den. Ver­lö­ren Säum­nis­zu­schlä­ge ihren Sinn als Druck­mit­tel, weil der Steu­er­pflich­ti­ge zah­lungs­un­fä­hig und über­schul­det sei und des­halb nicht zah­len kön­ne, kom­me daher regel­mä­ßig nur ein hälf­ti­ger Erlass der Säum­nis­zu­schlä­ge in Betracht (stän­di­ge Rspr.). Auch das Finanz­ge­richt Ham­burg und der erken­nen­de Senat sei­en die­ser Recht­spre­chung gefolgt.

Weder aus der Geset­zes­his­to­rie noch aus aktu­el­len Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts oder des Bun­des­fi­nanz­hofs ergä­ben sich Grün­de, von die­ser lang­jäh­ri­gen und gefes­tig­ten Recht­spre­chung abzu­wei­chen. Dass bei Weg­fall der Druck­funk­ti­on regel­haft die Hälf­te der Säum­nis­zu­schlä­ge erlas­sen wür­den, beru­he auf einer zuläs­si­gen typi­sie­ren­den Betrach­tung, ohne dass es dar­auf ankom­me, wel­chen Ver­wal­tungs­auf­wand die Säum­nis in dem kon­kre­ten Ein­zel­fall ver­ur­sacht habe.

Zwar sei auch bei Zah­lungs­un­fä­hig­keit und Über­schul­dung ein wei­ter­ge­hen­der Erlass der Säum­nis­zu­schlä­ge grund­sätz­lich mög­lich, hier­für bedür­fe es aber zusätz­li­cher beson­de­rer Grün­de per­sön­li­cher oder sach­li­cher Bil­lig­keit, die das Gericht in dem ent­schie­de­nen Fall nicht zu erken­nen vermochte.

FG Ham­burg, Mit­tei­lung vom 30.06.2025 zu Urteil vom 31.03.2025, 3 K 161/23 (BFH-Az.: XI B 30/25)

UST-ID hier prüfen Kontakt