Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Verfassungsmäßigkeit der Verwendung geschlechtsspezifischer Sterbetafeln bei der Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) hat mit meh­re­ren Urtei­len ent­schie­den, dass die Ver­wen­dung von geschlechts­spe­zi­fi­schen Ster­be­ta­feln bei der Bewer­tung lebens­läng­li­cher Nut­zun­gen und Leis­tun­gen für Zwe­cke der Erb­schaft- und Schen­kungsteu­er nicht gegen das ver­fas­sungs­recht­li­che Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 des Grund­ge­set­zes (GG) verstößt.

In den Streit­fäl­len schlos­sen die Klä­ger mit ihrem Vater im Jahr 2014 nota­ri­ell beur­kun­de­te Ver­trä­ge zur vor­weg­ge­nom­me­nen Erb­fol­ge, mit denen der Vater ihnen Antei­le an einer GmbH unent­gelt­lich über­trug. Der Vater behielt sich den lebens­lan­gen unent­gelt­li­chen Nieß­brauch an den über­tra­ge­nen Antei­len vor und ver­pflich­te­te sich, wäh­rend der Dau­er des Nieß­brauchs sämt­li­che mit den Antei­len ver­bun­de­nen Las­ten zu tragen.

Bei der Fest­set­zung der Schen­kungsteu­er gegen­über den Klä­gern brach­te das Finanz­amt von dem Wert der Antei­le den Kapi­tal­wert des Nieß­brauchs­rechts des Vaters in Abzug, da der Nieß­brauch die Berei­che­rung der Klä­ger und die Bemes­sungs­grund­la­ge für die Schen­kungsteu­er min­der­te. Den Kapi­tal­wert ermit­tel­te es durch Mul­ti­pli­ka­ti­on des Jah­res­werts des Nieß­brauchs mit dem sich auf­grund der vor­aus­sicht­li­chen Lebens­er­war­tung des Vaters erge­ben­den Ver­viel­fäl­ti­ger. Die Ver­viel­fäl­ti­ger sind nach der gesetz­li­chen Rege­lung in § 14 des Bewer­tungs­ge­set­zes anhand der aktu­el­len Ster­be­ta­fel des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes zu ermit­teln und wer­den vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Finan­zen – getrennt nach Geschlecht für Män­ner und Frau­en sowie nach voll­ende­tem Lebens­al­ter des Berech­tig­ten – regel­mä­ßig veröffentlicht.

Die Klä­ger mach­ten gel­tend, die Ermitt­lung des Kapi­tal­werts lebens­läng­li­cher Nut­zun­gen und Leis­tun­gen anhand unter­schied­li­cher Ver­viel­fäl­ti­ger für Män­ner und Frau­en ver­sto­ße gegen das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot aus Art. 3 Abs. 3 GG. Ihre Kla­ge vor dem Finanz­ge­richt (FG) hat­te kei­nen Erfolg.

Die Revi­sio­nen der Klä­ger wies der BFH als unbe­grün­det zurück. Die Her­an­zie­hung geschlech­ter­dif­fe­ren­zie­ren­der Ster­be­ta­feln im Rah­men der Bewer­tung für Zwe­cke der Erb­schaft- und Schen­kungsteu­er sei ver­fas­sungs­recht­lich gerecht­fer­tigt. Sie die­ne dem legi­ti­men Ziel, die Kapi­tal­wer­te lebens­läng­li­cher Nut­zun­gen und Leis­tun­gen mit zutref­fen­den Wer­ten zu erfas­sen und eine Besteue­rung nach der tat­säch­li­chen Leis­tungs­fä­hig­keit zu gewähr­leis­ten. Da die sta­tis­ti­sche Lebens­er­war­tung von Män­nern und Frau­en aus­weis­lich der amt­li­chen Ster­be­ta­feln unter­schied­lich hoch sei, ermög­li­che die Ver­wen­dung der geschlechts­spe­zi­fisch unter­schied­li­chen Ver­viel­fäl­ti­ger genaue­re und rea­li­täts­ge­rech­te­re Bewer­tungs­er­geb­nis­se als die Ver­wen­dung geschlechts­neu­tra­ler Ver­viel­fäl­ti­ger. Die Anwen­dung der geschlechts­spe­zi­fi­schen Ster­be­ta­feln kön­ne sich für den Steu­er­pflich­ti­gen je nach Fall­kon­stel­la­ti­on güns­ti­ger oder ungüns­ti­ger aus­wir­ken und füh­re nicht in jedem Fal­le zu einer Benach­tei­li­gung auf­grund des eige­nen Geschlechts. Auch im Streit­fall sei­en die Kapi­tal­wer­te des Nieß­brauchs nicht in Abhän­gig­keit von dem Geschlecht der Klä­ger, son­dern dem Geschlecht und Lebens­al­ter ihres Vaters als Nieß­brauchs­be­rech­tig­tem ermit­telt worden.

Die Ent­schei­dun­gen des BFH ergin­gen zur Rechts­la­ge im Jahr 2014. Der BFH hat­te nicht dar­über zu ent­schei­den, wel­che Aus­wir­kun­gen sich aus dem am 01.11.2024 in Kraft getre­te­nen Gesetz über die Selbst­be­stim­mung in Bezug auf den Geschlechts­ein­trag für die Bewer­tung lebens­läng­li­cher Nut­zun­gen und Leis­tun­gen ergeben.

BFH, Pres­se­mit­tei­lung vom 10.4.2025 zu Urtei­len vom 20.11.2024, Az. II R 38/22, II R 41/22 und II R 42/22

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