Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Bei der Bewertung eines Miteigentumsanteils ist ein Marktanpassungsabschlag vorzunehmen

Der 3. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat ent­schie­den, dass bei der Bewer­tung eines Mit­ei­gen­tums­an­teils an einem Grund­s­tück für Erb­schaft­steu­er­zwe­cke vom antei­li­gen Ver­kehrs­wert des Grund­s­tücks ein Markt­an­pas­sungs­ab­schlag vor­zu­neh­men ist, der die nied­ri­ge­re Verkehrsfähigkeit eines Mit­ei­gen­tums­an­teils abbildet.

Der Kläger erwarb im Wege eines Vermächtnisses einen hälftigen Mit­ei­gen­tums­an­teil an einem Grund­s­tück. Aus einem vom Kläger auf den Bewer­tungs­stich­tag ein­ge­hol­ten Wert­gut­ach­ten des Gut­ach­ter­aus­schus­ses für Grund­s­tücks­wer­te ergibt sich ein Ver­kehrs­wert für das gesam­te Grund­s­tück von 150.000 Euro (Boden­wert abzü­g­lich Abriss­kos­ten) und ein Ver­kehrs­wert für den hälftigen Mit­ei­gen­tums­an­teil von 60.000 Euro. Im Gut­ach­ten wird aus­ge­führt, dass vom hälftigen Ver­kehrs­wert im Wege der Markt­an­pas­sung ein Abschlag vor­zu­neh­men sei, weil der Erwerb eines Mit­ei­gen­tums­an­teils für Drit­te mit erheb­li­chen Risi­ken ver­bun­den sei. Die­sen Abschlag bezif­fer­te der Gut­ach­ter­aus­schuss wegen Erfah­run­gen aus Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fah­ren und Belei­hungs­wert­gren­zen von Ban­ken mit etwa 20 %.

Das Finanz­amt erkann­te den Abschlag nicht an und stell­te den Grund­be­sitz­wert für den Mit­ei­gen­tums­an­teil auf 75.000 Euro fest, da die Marktgängigkeit eines Mit­ei­gen­tums­an­teils bei der Bewer­tung nicht zu berück­sich­ti­gen sei.

Der hier­ge­gen erho­be­nen Kla­ge hat der 3. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter vollumfänglich statt­ge­ge­ben und den durch Vermächtnis erwor­be­nen Mit­ei­gen­tums­an­teil für Erb­schaft­steu­er­zwe­cke mit 60.000 Euro bewer­tet. Der Kläger habe den Nach­weis gemäß § 198 Satz 1 BewG erbracht, dass der gemei­ne Wert des Mit­ei­gen­tums­an­teils nied­ri­ger sei als der nach §§ 182 ff. BewG ermit­tel­te (Bedarfs-)Wert.

Das Gesetz beschränke sich nicht auf den Nach­weis eines nied­ri­ge­ren gemei­nen Werts des Voll­ei­gen­tums, son­dern las­se auch eine Bewer­tung unter­halb des rech­ne­ri­schen Bruch­teils des Werts des Voll­ei­gen­tums zu. Dies erge­be sich zunächst aus dem Wort­laut, der auf den gemei­nen Wert der zu bewer­ten­den wirt­schaft­li­chen Ein­heit – im Streit­fall also den Mit­ei­gen­tums­an­teil – abstel­le. Auch nach Sinn und Zweck des § 198 Satz 1 BewG soll­ten sämtliche wert­be­ein­flus­sen­den Umstände gel­tend gemacht wer­den können.

Das vom Kläger ein­ge­reich­te Sachverständigengutachten sei auch geeig­net, den nied­ri­ge­ren gemei­nen Wert nach­zu­wei­sen. Es ent­spre­che den Vor­ga­ben der Immo­WertVO und sei im Ergeb­nis plau­si­bel, was hin­sicht­lich der Ermitt­lung des Werts des Voll­ei­gen­tums zwi­schen den Betei­lig­ten auch nicht strei­tig sei.

Die modi­fi­zier­te rech­ne­ri­sche Ablei­tung des gemei­nen Werts des Mit­ei­gen­tums­an­teils sei eben­falls plau­si­bel und nach­voll­zieh­bar. Die Berück­sich­ti­gung eines Markt­an­pas­sungs­ab­schlags ent­spre­che den Vor­ga­ben des § 7 Abs. 2 der Immo­WertVO. Für die spe­zi­el­le Bewer­tung eines Mit­ei­gen­tums­an­teils an einem Grund­s­tück lägen kei­ne spe­zi­fi­schen Daten vor, sodass ein mark­tüb­li­cher Abschlag zu schätzen sei.

Der Senat ist der Begrün­dung des Gut­ach­ter­aus­schus­ses in Bezug auf die Bewer­tung von Grund­s­tü­cken im Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fah­ren und auf die Belei­hungs­wert­gren­zen von Ban­ken zwar nicht gefolgt, weil nicht erkenn­bar sei, dass sich hier­aus Rück­schlüs­se auf den Ver­kehrs­wert zie­hen ließen. Aller­dings sei die wei­te­re Begrün­dung, dass der Erwerb eines Mit­ei­gen­tums­an­teils für Drit­te mit erheb­li­chen Risi­ken ver­bun­den sei und des­halb zu einem gerin­ge­ren Ver­kehrs­wert füh­re, in der Sache nach­voll­zieh­bar. Schon der Umstand, dass die Ver­wal­tung eines gemein­schaft­li­chen Gegen­stands grundsätzlich allen Betei­lig­ten einer Bruch­teils­ge­mein­schaft gemein­schaft­lich zusteht, erfor­de­re einen hohen Abstim­mungs­be­darf und bärge damit ein­her­ge­hend ein erheb­li­ches Strei­t­ri­si­ko. Im Streit­fall kom­me hin­zu, dass die vor­han­de­ne Bau­sub­stanz wirt­schaft­lich wert­los gewe­sen sei. Eine wirt­schaft­lich sinn­vol­le Nut­zung durch Abriss und Neu­bau hin­gen maßgeblich von der Mit­wir­kung der ande­ren Mitei­ge ntü­mer ab. Die ¶he des Abschlags von 20 % sei nach­voll­zieh­bar, weil der Gut­ach­ter­aus­schuss einschlägige Fach­li­te­ra­tur hier­zu aus­ge­wer­tet habe.

Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zugelassen.

FG Müns­ter, Mit­tei­lung vom 16.01.2023 zum Urteil 3 K 1201/21 F vom 24.11.2022

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