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FG Hamburg zur vorläufigen Festsetzung von Erstattungszinsen

Die vorläufige Fest­set­zung von Erstat­tungs­zin­sen für Zeiträume ab 2019 kann nicht ermes­sens­feh­ler­frei auf­ge­ho­ben und die Ent­schei­dung über die Zins­fest­set­zung aus­ge­setzt wer­den nach § 165 Abs. 1 Satz 4 AO i. V. m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO.

Eine auf Auf­he­bung eines Vorläufigkeitsvermerks zur Fest­set­zung von Erstat­tungs­zin­sen gerich­te­te Kla­ge ist nicht des­halb wegen feh­len­der Kla­ge­be­fug­nis unzulässig, weil eine Änderung des Zins­be­schei­des zuun­guns­ten der Kläger ohne­hin nicht erfol­gen kann (so aber FG Müns­ter, Urteil vom 14. Sep­tem­ber 2006, 3 K 4376/04 Erb, EFG 2007, 83), denn der Kläger ist bereits durch die sich aus der Vorläufigkeit erge­ben­de Rechts­un­si­cher­heit beschwert.

Die Anord­nung der Vorläufigkeit der Fest­set­zung von Erstat­tungs­zin­sen hin­sicht­lich der Verfassungsmäßigkeit der ¶he des Zins­sat­zes von 0,5 % pro Monat war ermes­sens­feh­ler­haft, weil bereits im Zeit­punkt der vorläufigen Fest­set­zung fest­stand, dass eine spätere Änderung der Steu­er­fest­set­zung wegen § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ausschied.

Die­ser Ent­schei­dung des FG Ham­burg liegt fol­gen­der Sach­ver­halt zugrunde:

Im Rah­men der Steu­er­fest­set­zung für 2017 vom 20.09.2019 waren Erstat­tungs­zin­sen fest­ge­setzt wor­den, die mit einem Vorläufigkeitsvermerk bzgl. der Verfassungsmäßigkeit des Zins­sat­zes von 0,5 Pro­zent pro Monat ver­se­hen waren. Gegen die­sen Vorläufigkeitsvermerk rich­te­te sich die Kla­ge. ¤hrend des Kla­ge­ver­fah­ren erging am 18.07.2021 der Beschluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, mit dem der Zins­satz nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab 2014 für ver­fas­sungs­wid­rig, aber erst ab 2019 eine Neu­re­ge­lung ein­ge­for­dert wur­de mit Frist bis 31.07.2022. Dar­auf­hin änderte der Beklag­te den ange­grif­fe­nen Zins­be­scheid in der Wei­se, dass er die Zins­fest­set­zung auf­hob und „teilweise“ für Verzinsungszeiträume ab 2019 nach § 165 Abs. 1 Satz 4 AO aus­setz­te; aus­ge­nom­men waren vor der Veröffentlichung der Ent­schei­dung fest­ge­setz­te Nach­zah­lungs- und Erstattungszinsen.

Das Gericht hat die Kla­ge trotz der Aus­set­zung des Zins­be­schei­des als zulässig ange­se­hen, weil sich dadurch das klägerische Begeh­ren nicht erle­digt, son­dern sogar ver­schlech­tert habe. Statt einer vorläufigen Zins­fest­set­zung in bezif­fer­ter ¶he, die eine Beru­fung auf Ver­trau­ens­schutz­ge­sichts­punk­te nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO habe auslösen können, wür­den die Kläger nun ohne jeg­li­che Zins­fest­set­zung auf eine künf­ti­ge Neu­re­ge­lung ver­wie­sen. Auch in der Sache haben die Kläger in vol­ler Linie Recht bekom­men. Mit der Auf­he­bung des Zins­be­schei­des und der Aus­set­zung der Zins­fest­set­zung habe der Beklag­te sei­ne Ermes­sen­gren­zen über­schrit­ten und die Vor­ga­ben des BMF-Schrei­bens vom 17.09.2021 zum Umgang mit der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts missachtet.

Dar­Ã¼­ber hin­aus durf­te die Fest­set­zung der Zin­sen nicht mit einem Vorläufigkeitsvermerk ver­se­hen wer­den. Der dies­be­zü­g­li­che Kla­ge­an­trag sei – ent­ge­gen der abwei­chen­den Annah­me des FG Müns­ter (Urteil vom 14.09.2006, 3 K 4376/04 Erb) – zulässig, weil von dem Vorläufigkeitsvermerk eine beschwe­ren­de Rechts­un­si­cher­heit aus­ge­he, und habe auch in der Sache Erfolg. Bereits im Zeit­punkt der vorläufigen Fest­set­zung habe fest­ge­stan­den, dass eine spätere Änderung wegen § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aus­ge­schie­den sei.

Die Revi­si­on wur­de zur Siche­rung einer ein­heit­li­chen Recht­spre­chung zuge­las­sen (Revi­si­on ein­ge­legt, Az. des BFH VIII R 12/22).

FG Ham­burg, Mit­tei­lung vom 01.07.2022 zum Urteil 1 K 126/20 vom 14.04.2022 (nrkr – BFH-Az.: VIII R 12/22)

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