Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Opfer eines Trickbetrugs kann Vermögensverlust nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen

Der 1. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat ent­schie­den, dass Ver­mö­gens­ver­lus­te aus einem Trick­be­trug, bei dem die Täter einem älte­ren Men­schen am Tele­fon die Not­la­ge eines nahen Ange­hö­ri­gen vor­täu­schen, nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen abzugs­fä­hig sind.

Die zum Tat­zeit­punkt 77 Jah­re alte Klä­ge­rin erhielt von einem ver­meint­li­chen Rechts­an­walt einen Tele­fon­an­ruf, der angab, ihre Toch­ter habe einen töd­li­chen Ver­kehrs­un­fall ver­ur­sacht. Die des­halb dro­hen­de Unter­su­chungs­haft kön­ne durch Zah­lung einer Kau­ti­on von 50.000 Euro ver­mie­den wer­den. Die Klä­ge­rin hob dahin die­sen Betrag von ihrer Bank in bar ab und über­gab ihn einem Boten. Nach­dem sie den Trick­be­trug durch­schaut hat­te, erstat­te­te sie Straf­an­zei­ge. Das Straf­ver­fah­ren wur­de jedoch ein­ge­stellt, weil die Täter nicht ermit­telt wer­den konnten.

Das Finanz­amt berück­sich­tig­te im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid Ein­künf­te der Klä­ge­rin aus der Ver­mie­tung von sechs Objek­ten sowie Ren­ten­ein­künf­te. Die gel­tend gemach­ten außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tun­gen aus dem Betrugs­ver­lust erkann­te es im Wesent­li­chen mit der Begrün­dung nicht an, dass der Klä­ge­rin zumut­ba­re Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven zur Ver­fü­gung gestan­den hät­ten. Zur Begrün­dung ihrer nach erfolg­lo­sem Ein­spruchs­ver­fah­ren erho­be­nen Kla­ge trug die Klä­ge­rin in ers­ter Linie vor, dass sie sich auf­grund der Täu­schung in einer Zwangs­la­ge befun­den habe.

Die Kla­ge hat kei­nen Erfolg gehabt. Der 1. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat den Ver­mö­gens­ver­lust nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen im Sin­ne von § 33 EStG anerkannt.

Die Auf­wen­dun­gen sei­en zunächst nicht außer­ge­wöhn­lich, da sich bei der Klä­ge­rin ein all­ge­mei­nes Lebens­ri­si­ko ver­wirk­licht habe. Sie sei Opfer einer Betrugs­ma­sche gewor­den, die poten­zi­ell jeden tref­fen kön­ne, auch wenn vie­le Ange­ru­fe­ne den Betrugs­ver­such schnell durch­schau­ten. Der Ver­mö­gens­ver­lust sei auch nicht des­halb aus­nahms­wei­se abzugs­fä­hig, weil es sich um einen Gegen­stand des lebens­not­wen­di­gen Bedarfs gehan­delt hät­te. Viel­mehr habe die Klä­ge­rin den Betrag als liqui­de Mit­tel zur Ver­fü­gung gehabt und sei hier­auf auf­grund ihrer Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se auch nicht lebens­not­wen­dig ange­wie­sen gewesen.

Dar­über hin­aus feh­le es auch an der Zwangs­läu­fig­keit. Hier­bei zog das Gericht – unab­hän­gig von der straf­recht­li­chen Ein­ord­nung der Tat als Betrug – die zu Erpres­sun­gen ergan­ge­ne Recht­spre­chung her­an, wonach eine zwei­stu­fi­ge Prü­fung vor­zu­neh­men sei. Danach schei­de eine Zwangs­läu­fig­keit von vorn­her­ein aus, wenn sich das Opfer durch straf­ba­res oder sozi­al­wid­ri­ges Ver­hal­ten selbst erpress­bar gemacht habe. Dies sei bei der vor­lie­gend von den Tätern zufäl­lig aus­ge­wähl­ten Klä­ge­rin nicht der Fall. Daher sei wei­ter zu prü­fen, ob zumut­ba­re Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven vor­la­gen, die den Erpres­sungs­ver­such mit eini­ger Sicher­heit wir­kungs­los gemacht hätten.

Da die Zwangs­la­ge objek­tiv zu beur­tei­len sei und vor­lie­gend kei­ner­lei Gefahr für die Toch­ter der Klä­ge­rin vor­ge­le­gen habe, sei es der Klä­ge­rin objek­tiv zumut­bar gewe­sen, zunächst zu ihrer Toch­ter oder zur Poli­zei Kon­takt auf­zu­neh­men. Selbst wenn die vor­ge­ge­be­ne Ver­haf­tung der Toch­ter gedroht hät­te, wäre es zumut­bar gewe­sen, den Betrag nicht zu zah­len, da eine den rechts­staat­li­chen Vor­schrif­ten ent­spre­chen­de Anord­nung der Unter­su­chungs­haft in Deutsch­land kei­ne Gefahr für Leib und Leben dar­stel­le. Vor die­sem Hin­ter­grund hat das Gericht die Fra­ge der sitt­li­chen Ver­pflich­tung zur Über­nah­me der Kau­ti­on für die Toch­ter offen gelas­sen und deren Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se nicht aufgeklärt.

Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zugelassen.

FG Müns­ter, Pres­se­mit­tei­lung vom 15.09.2025 zum Urteil 1 K 360/25 E vom 02.09.2025

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