Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Festsetzung von Verspätungszuschlägen für die verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärungen 2018 und 2019

Bei verspäteter Abga­be der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 kann wegen der (auf­grund der Coro­na-Pan­de­mie) gesetz­lich verlängerten Abga­be­frist ein Verspätungszuschlag nach Ablauf der gesetz­lich verlängerten Abga­be­frist nicht nach § 152 Abs. 2 AO – son­dern allen­falls nach § 152 Abs. 1 AO – fest­ge­setzt werden.

Der 3. Senat des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Finanz­ge­richts hat dar­Ã¼­ber ent­schie­den, nach wel­cher Vor­schrift Verspätungszuschläge fest­ge­setzt wer­den können, wenn die – mit­hil­fe eines Steu­er­be­ra­ters – erstell­ten Einkommensteuererklärungen für die Jah­re 2018 und 2019 nach Ablauf der Abga­be­fris­ten des § 149 Abs. 3 AO abge­ge­ben wur­den, wobei zu berück­sich­ti­gen war, dass für die Streit­jah­re auf­grund der Coro­na-Pan­de­mie die Abga­be­fris­ten (teil­wei­se) modi­fi­ziert wor­den sind.

Die Kläger hat­ten ihre Einkommensteuererklärungen für 2018 und 2019 unstrei­tig nach Ablauf der Abga­be­fris­ten ein­ge­reicht. Pro­ble­ma­tisch war hier, dass auf­grund der Coro­na-Pan­de­mie für die Veranlagungszeiträume 2018 und 2019 Son­der­re­ge­lun­gen bzw. ‑ver­ein­ba­run­gen im Hin­blick auf die Abga­be­fris­ten des § 149 AO und den Umgang mit Fristverlängerungsanträgen bestan­den. Für das Jahr 2018 haben nach Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene von behördlicher Sei­te inso­weit kei­ne Beden­ken bestan­den, Fristverlängerungsanträgen von Angehörigen der steu­er­be­ra­ten­den Beru­fe rück­wir­kend bis zum 31. Mai 2020 (Pfingst­sonn­tag) zu ent­spre­chen. Eine Ver­schul­den­s­prü­fung (im Sin­ne des § 152 Abs. 1 AO) durf­te in die­sen ¤llen unterbleiben.

Für das Jahr 2019 hat der Gesetz­ge­ber die Abga­be­frist des § 149 Abs. 3 AO mit Art. 97 § 36 Abs. 1 EGAO dahin­ge­hend modi­fi­ziert, dass eine Abga­be bis zum 31. August 2021 als recht­zei­tig gel­ten sollte.

Die Kläger hat­ten in bei­den Jah­ren auch die­se Fris­ten um meh­re­re Mona­te ver­passt. Das Finanz­amt setz­te dar­auf­hin Verspätungszuschläge nach der zwin­gen­den Norm des § 152 Abs. 2 AO fest. Aus­drück­li­che Anpas­sun­gen der gesetz­li­chen Rege­lun­gen für Verspätungszuschläge in § 152 AO waren durch den Gesetz­ge­ber für die Streit­jah­re nicht getrof­fen wor­den (vgl. oben). Im vom Finanz­ge­richt ent­schie­de­nen Fall war des­halb umstrit­ten, ob Verspätungszuschläge nach der Ermes­sens­norm des § 152 Abs. 1 AO oder im Rah­men einer gebun­de­nen Ent­schei­dung nach § 152 Abs. 2 AO fest­zu­set­zen waren. Im Rah­men einer Ermes­sens­ent­schei­dung hätte das Finanz­amt die auf eine Erkran­kung des Klägers gestütz­ten Ent­schul­di­gungs­grün­de berück­sich­ti­gen müssen.

Das Finanz­ge­richt ist dem Finanz­amt im Hin­blick auf die Fest­set­zung der Verspätungszuschläge für den Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2018 gefolgt, die Fest­set­zung der Verspätungszuschläge für 2019 hat es hin­ge­gen aufgehoben.

Für 2018 ist § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO man­gels Vor­lie­gen einer behördlichen (oder gesetz­li­chen) Verlängerung der Abga­be­frist nach Ansicht des Senats nicht einschlägig. Auch eine ande­re der Rück­aus­nah­men des Abs. 3 grei­fe nicht, Verspätungszuschläge sei­en daher zwin­gend nach § 152 Abs. 2 AO festzusetzen.

Betref­fend 2019 hat der 3. Senat sei­ne Auf­he­bungs­ent­schei­dung dar­auf gestützt, dass die gesetz­li­che Abgabefristverlängerung im EGAO »erst rech­t« die­sel­ben Fol­gen wie eine behördliche, indi­vi­du­el­le Fristverlängerung haben müs­se – in bei­den ¤llen sei die Anwen­dung des § 152 Abs. 2 AO wegen § 152 Abs. 3 Nr. 1 AO gesperrt. Auch bei Überschreiten der gesetz­lich verlängerten Abga­be­frist sei die Anwen­dung des § 152 Abs. 2 AO wei­ter­hin gesperrt und das Finanz­amt könne Verspätungszuschläge »nur« im Wege der Ermes­sens­ent­schei­dung nach § 152 Abs. 1 AO fest­set­zen – dies sei für die behördliche Fristverlängerung seit Lan­gem ganz herr­schen­de Mei­nung in Recht­spre­chung und Lite­ra­tur. Das Finanz­ge­richt stütz­te sei­ne Auf­fas­sung wei­ter damit, dass der Gesetz­ge­ber sich offen­bar ver­an­lasst gese­hen habe, für die Fol­ge­jah­re ab 2020 (in denen die Abga­be­fris­ten eben­falls pan­de­mie­be­dingt gesetz­lich verlängert wur­den) aus­drück­lich zu regeln, wie mit verspäteten Abga­ben im Hin­blick u. a. auf Verspätungszuschläge umzu­ge­hen sei, Art. 97 § 36 Abs. 3 EGAO.

Der 3. Senat des Finanz­ge­richts hat sich damit in Wider­spruch zu Ent­schei­dun­gen des FG Düs­sel­dorf gesetzt (vgl. Gerichts­be­scheid vom 7. ¤rz 2023 12 K 1588/22 AO, EFG 2023, 1669, und Urteil vom 24. August 2023 12 K 1698/22 AO, juris).

Die vom 3. Senat des Finanz­ge­richts zuge­las­se­ne Revi­si­on ist beim BFH unter dem Az. VI R 2/24 anhängig.

FG Schles­wig-Hol­stein, Mit­tei­lung vom 02.04.2024 zum Urteil 3 K 88/22 vom 15.12.2023 (nrkr – BFH-Az.: VI R 2/24)

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