Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Kein Nachweis für Doppelbesteuerung von Renten mittels mathematischer Formel auf der Grundlage von Renten-Entgeltpunkten

Mit Gerichts­be­scheid vom 27. ¤rz 2024 hat der 3. Senat des Finanz­ge­richts des Saar­lan­des eine Kla­ge, in der es im Rah­men einer Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung um die Fra­ge der dop­pel­ten Besteue­rung von Ren­ten aus der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung bzw. einer Zusatz­kas­se gem. § 22 EStG ging, als unbe­grün­det abgewiesen.

Der Gesetz­ge­ber hat­te die Besteue­rung von Ren­ten­ein­künf­ten durch das Alters­ein­künf­te­ge­setz (Alt­Ein­kG) vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) neu aus­ge­rich­tet. Die Klägerseite argu­men­tiert, dies füh­re bei ihr zu einer dop­pel­ten Besteue­rung. Sie hat­te dies u.a. mit einer mathe­ma­ti­schen For­mel dar­ge­legt, die auf die sog. Ren­ten-Ent­gelt­punk­te abge­stellt hat­te. Die Klägerseite hat­te u.a. vor­ge­tra­gen, im Rah­men der Sys­tem­um­stel­lung sei die Rege­lung in § 10 EStG zur Abzugsfähigkeit der Alters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen nicht auf den ste­tig anstei­gen­den Besteue­rungs­an­teil nach § 22 EStG abge­stimmt; denn bei mathe­ma­ti­scher Ein­bin­dung des Arbeit­ge­ber­an­teils sei sie so aus­ge­stal­tet, dass die Abzugsfähigkeit der eige­nen Arbeitnehmerbeiträge zur gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung (AN-Beiträge) bei nur 20% im Jah­re 2005 (anstel­le von 60%) begin­ne. Zudem müs­se die zeit­li­che Kom­po­nen­te durch einen Zins­fak­tor berück­sich­tigt wer­den. Da § 22 EStG offen­bar von einem Zins­satz von 3% p.a. aus­ge­he und dies zu einer extre­men Zin­ses­zins­wir­kung füh­re, sei auch frag­lich, ob hier­durch das Gebot der Besteue­rung nach der finan­zi­el­len Leistungsfähigkeit und das Gebot der Fol­ge­rich­tig­keit hin­rei­chend beach­tet sei­en. Der Ertrags­an­teil nach § 22 EStG sei fak­tisch nega­tiv, daher sei auch die Ein­kunfts­er­zie­lungs­ab­sicht frag­lich. Auch die Zuord­nung der Rentenbeiträge zu den Son­der­aus­ga­ben – anstel­le von Wer­bungs­kos­ten – durch den Gesetz­ge­ber sei recht­wid­rig. Es lie­ge auch ein Ver­stoß gegen das Rück­wir­kungs­ver­bot vor. Zudem verstoße § 22 EStG gegen den Bestimmt­heits­grund­satz, denn die Norm ent­hal­te zum einen unbe­stimm­te Rechts­be­grif­fe, zum ande­ren sei ihr der Kal­ku­la­ti­ons­zins­satz nicht zu entnehmen.

Der 3. Senat sah zum einen eine dop­pel­te Besteue­rung der Ren­ten­ein­künf­te der Klägerseite nicht als gege­ben an und folg­te dabei der höchstrichterlichen Recht­spre­chung; denn danach liegt eine dop­pel­te Besteue­rung dann nicht vor, wenn die Sum­me der vor­aus­sicht­lich steu­er­frei blei­ben­den Ren­ten­zu­flüs­se min­des­tens eben­so hoch ist wie die Sum­me der aus ver­steu­er­tem Ein­kom­men auf­ge­brach­ten Alters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen, wobei die erfor­der­li­che Ver­gleichs- und Pro­gno­se­rech­nung auf der Grund­la­ge des Nomi­nal­wert­prin­zips vor­zu­neh­men ist (BFH vom 19. Mai 2021 X R 33/19, BFH/NV 2021, 992 und X R 20/19, BFH/NV 2021, 980– die Ver­fas­sungs­be­schwer­de wur­de vom BVerfG nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men). Der Ver­gleich des rela­ti­ven Anteils von aus ver­steu­er­ten Beiträgen erdien­ten Ren­ten-Ent­gelt­punk­ten (§ 63 Abs. 2 SGB VI) mit dem gesetz­lich ange­ord­ne­ten Steu­er­frei­stel­lungs­an­teil der Ren­te stellt kei­ne geeig­ne­te Metho­de zur Berech­nung einer even­tu­el­len dop­pel­ten Besteue­rung dar (BFH vom 24. August 2021 X B 53/21 (AdV), BFH/NV 2021, 1571, und vom 22. Sep­tem­ber 2021 X S 15/21, BFH/NV 2022, 125).

Im Streit­fall führ­te die vom Gericht auf der Grund­la­ge des Pro­zess­stoffs vor­ge­nom­me­ne Berech­nung dazu, dass die vor­aus­sicht­lich steu­er­frei blei­ben­den Ren­ten­zu­flüs­se höher waren als die aus ver­steu­er­tem Ein­kom­men geleis­te­ten Vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen. Das Gericht teil­te auch die ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken der Klägerseite nicht; mit die­sen hat­te sich größtenteils bereits der BFH bzw. das BVerfG in frühe­ren Ent­schei­dun­gen befasst und eben­falls einen Ver­fas­sungs­ver­stoß ver­neint. Das Gericht sah in § 22 EStG ins­be­son­de­re auch kei­nen Ver­stoß gegen das Bestimmt­heits­ge­bot bzw. das Gebot der Normenklarheit.

Das Gericht hat durch Gerichts­be­scheid (vgl. § 90a FGO) ent­schie­den und dort die Revi­si­on wegen grundsätzlicher Bedeu­tung im Hin­blick auf die Fra­ge der Nor­men­klar­heit des § 22 EStG zugelassen.

Bei einer Ent­schei­dung durch Gerichts­be­scheid ent­schei­det der Senat ohne münd­li­che Ver­hand­lung und allein durch die Berufs­rich­ter. Gegen einen Gerichts­be­scheid kann der unter­lie­gen­de Betei­lig­te den Antrag auf Durch­füh­rung der münd­li­chen Ver­hand­lung stel­len. In die­sem Fall wird eine münd­li­che Ver­hand­lung anbe­raumt und schließlich durch Urteil, an dem auch die ehren­amt­li­chen Rich­te­rin­nen und Rich­ter mit­wir­ken, ent­schie­den; der Gerichts­be­scheid ent­fal­tet in einem sol­chen Fall kei­ne Wir­kung mehr. Wird – wie vor­lie­gend – im Gerichts­be­scheid die Revi­si­on zuge­las­sen, kann der unter­lie­gen­de Betei­lig­te unmit­tel­bar die Revi­si­on beim BFH ein­le­gen; in die­sem Fall wirkt der Gerichts­be­scheid als Urteil.

Die Ent­schei­dung wird veröffentlicht wer­den, wenn der Gerichts­be­scheid als Urteil wirkt.

Finanz­ge­richt des Saar­lan­des, Medi­en­in­for­ma­ti­on I/ 2024 vom 28.3.2024 zu Gerichts­be­scheid vom 27.3.2024, Az. 3 K 1072/20

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