Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Eine Steuerermäßigung und ihre Folgen: Zur Haftung des Steuerberaters

Über eine vom Finanz­amt eigenmächtig gewährte Steuerermäßigung freut sich jeder? Nicht zwin­gend. Man­che Ermäßigungen können nämlich nur ein­mal im Leben gel­tend gemacht wer­den und sind dann für später ver­braucht. Über die­se Gefahr muss ein Steu­er­be­ra­ter aufklären, auch wenn es dazu noch kei­ne Gerichts­ent­schei­dung gibt.

Ein Steu­er­be­ra­ter prüf­te für einen Mann einen Steu­er­be­scheid, wonach der Mann Steu­ern nach­zah­len soll­te. Das Finanz­amt hat­te einen spe­zi­el­len ermäßigten Steu­er­satz ange­wen­det, der nur ein­mal im Leben genutzt wer­den kann. Aller­dings hat­te der Mann die­sen spe­zi­el­len Steu­er­satz gar nicht bean­tragt. Der Steu­er­be­ra­ter emp­fahl ihm, nicht gegen den Bescheid vor­zu­ge­hen, da sonst eine noch höhere Nach­zah­lung dro­he. Der Mann folg­te die­sem Rat. Zehn Jah­re später bean­trag­te der Mann die­sen ermäßigten Steu­er­satz, aber das Finanz­amt lehn­te ab. Die­ser Steu­er­satz könne nur ein­mal im Leben bean­sprucht wer­den und sei bereits ver­braucht. Rechts­mit­tel hier­ge­gen blie­ben ohne Erfolg, der Bun­des­fi­nanz­hof bestätigte die Ansicht des Finanz­amts (Az. VIII R 2/19).

Vor dem Land­ge­richt Lü­beck ver­langt der Mann von dem Steu­er­be­ra­ter Scha­dens­er­satz. Der Steu­er­be­ra­ter habe ihm emp­feh­len müs­sen, gegen den Bescheid vor­zu­ge­hen. Anders sieht es der Steu­er­be­ra­ter: er habe nicht wis­sen können, dass der ermäßigte Steu­er­satz auch dann ver­braucht ist, wenn die­ser gar nicht bean­tragt wur­de. Gerichts­ent­schei­dun­gen habe es dazu noch nicht gegeben.

Der ermäßigte Steu­er­ersatz beruh­te auf einer Rege­lung im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz (§ 34 Absatz 3). Unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen kann die Ein­kom­men­steu­er bei »außerordentlichen Ein­künf­ten« auf Antrag nach einem ermäßigten Steu­er­satz bemes­sen wer­den. Kon­kret heißt es (Satz 4): »Die Ermäßigung […] kann der Steu­er­pflich­ti­ge nur ein­mal im Leben in Anspruch nehmen.«

Das Gericht gab dem Mann recht. Der Steu­er­be­ra­ter habe den Mann dar­auf hin­wei­sen müs­sen, dass der ver­güns­tig­te Steu­er­satz nur ein­mal im Leben bean­sprucht wer­den kann. Das Gesetz rege­le dies ein­deu­tig. Wegen die­ser kla­ren Rege­lung habe der Steu­er­be­ra­ter über die Gefahr aufklären müs­sen, dass die Ver­güns­ti­gung später ver­braucht sein könnte, auch wenn sie gar nicht bean­tragt war. Da er dies versäumt habe, müs­se er dem Mann den Scha­den von rund 220.000 Euro ersetzen.

LG Lü­beck, Pres­se­mit­tei­lung vom 22.02.2024 zum Urteil 15 O 72/23 vom 11.01.2024 (nrkr)

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