Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Erbschaftsteuer bei Berliner Testament

Set­zen Ehe­gat­ten in einem sog. Ber­li­ner Tes­ta­ment ein erst später fälliges Vermächtnis für die Kin­der aus, die beim Tod des Erst­ver­stor­be­nen ihren Pflicht­teil nicht for­dern (sog. Jastrow­sche Klau­sel), kann der über­le­ben­de Ehe­gat­te als Erbe des erst­versterben­den Ehe­gat­ten die Vermächtnisverbindlichkeit nicht als Nach­lass­ver­bind­lich­keit in Abzug brin­gen, da das Vermächtnis noch nicht fällig ist. Das berech­tig­te Kind hat den Erwerb des betag­ten Vermächtnisses bei dem Tod des länger leben­den Ehe­gat­ten zu versteuern.

Ist das Kind auf­grund der Anord­nung des Ber­li­ner Tes­ta­ments auch Schluss­erbe nach dem länger leben­den Ehe­gat­ten gewor­den, kann es bei der Ermitt­lung des steu­er­pflich­ti­gen Erwerbs von dem über­le­ben­den Ehe­gat­ten die dann fällig gewor­de­ne Vermächtnisverbindlichkeit als Nach­lass­ver­bind­lich­keit in Abzug brin­gen. Dies hat der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) entschieden.

Im Streit­fall errich­te­ten die Eltern der Klägerin zunächst ein sog. Ber­li­ner Tes­ta­ment. Mit die­sem in der Pra­xis häufig vor­kom­men­den Tes­ta­ment setz­ten sich die Eltern gegen­sei­tig zu Allein­er­ben ein, wobei der über­le­ben­de Ehe­gat­te über den Nach­lass und sein eige­nes Vermögen frei ver­fü­gen konn­te. Als Erben des über­le­ben­den Ehe­gat­ten setz­ten die Ehe­leu­te die Klägerin und drei ihrer Schwes­tern ein. Ein Bru­der und eine wei­te­re Schwes­ter wur­den ent­erbt. Überdies ent­hielt das Tes­ta­ment eine sog. Jastrow­sche Klau­sel. Die­se regel­te, dass für den Fall, dass eines der Kin­der nach dem Tod des zuerst ster­ben­den Eltern­teils den Pflicht­teil ver­langt, die­ses Kind auch vom Nach­lass des zuletzt ster­ben­den Eltern­teils nur den Pflicht­teil erhal­ten soll. Die­je­ni­gen Erben, die den Pflicht­teil beim Tod des Erst­ver­stor­be­nen nicht for­dern, soll­ten bei Tod des länger leben­den Ehe­gat­ten aus dem Nach­lass des Erst­ver­stor­be­nen ein erst beim Tod des länger leben­den Ehe­gat­ten fälliges Vermächtnis in ¶he des Pflicht­teils erhalten.

Die ent­erb­ten Geschwis­ter der Klägerin mach­ten nach dem Tod des erst­ver­stor­be­nen Vaters ihren Pflicht­teil gel­tend. Die Klägerin erwarb daher beim Tod des Vaters ein ent­spre­chen­des Vermächtnis, das mit dem Tod der Mut­ter fällig wurde.

Nach­dem auch die Mut­ter ver­stor­ben war, setz­te das Finanz­amt gegenü­ber der Klägerin Erb­schaft­steu­er für den Erwerb nach der Mut­ter fest. Das Vermächtnis rech­ne­te es weder dem Erwerb hin­zu noch wur­de es als Nach­lass­ver­bind­lich­keit in Abzug gebracht. Die Klägerin war hin­ge­gen der Auf­fas­sung, das Vermächtnis sei bei ihr dop­pelt hin­zu­ge­rech­net wor­den und des­halb als Nach­lass­ver­bind­lich­keit abzugsfähig.

Das Finanz­ge­richt wies die Kla­ge als unbe­grün­det zurück. Der BFH schloss sich die­ser Auf­fas­sung an und ver­nein­te, dass im Streit­fall das Vermächtnis bei der Klägerin dop­pelt besteu­ert wor­den sei. Der Wert des Vermächtnisses wur­de zunächst ein­mal besteu­ert, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mut­ter als des­sen Allein­er­bin. Da das Vermächtnis zwar damals bereits ent­stan­den war, aber erst bei dem Tod der Mut­ter fällig wur­de, ging der Nach­lass des Vaters ungeschmälert, das heißt einschließlich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfül­len war, auf die Mut­ter über. Die Mut­ter konn­te die Vermächtnisverbindlichkeit bei ihrem Erbe nicht in Abzug brin­gen, weil sie man­gels ¤lligkeit die­se Schuld nicht zu beglei­chen hat­te. Nach dem Tod der Mut­ter hat­te die Klägerin das jetzt fällig gewor­de­ne Vermächtnis zu ver­steu­ern. Als Schluss­erbin unter­lag bei ihr außerdem der Nach­lass nach der Mut­ter der Erb­schaft­steu­er. Dort konn­te sie die dann fällig gewor­de­ne Vermächtnisverbindlichkeit als Nach­lass­ver­bind­lich­keit in Abzug brin­gen. Das Vermächtnis unter­lag bei der Klägerin daher nur ein­mal der Besteuerung.

Dass bezü­g­lich des betag­ten Vermächtnisses im Ergeb­nis zwei­mal Erb­schaft­steu­er ent­steht – ein­mal (ohne Abzugsmöglichkeit als Nach­lass­ver­bind­lich­keit) bei der Mut­ter nach dem Tod des Vaters und ein wei­te­res Mal bei der Klägerin nach dem Tod der Mut­ter – ist für die Steu­er­pflich­ti­gen zwar ungüns­tig, aus recht­li­cher Sicht ist das aber nicht zu bean­stan­den. Es liegt an der Ver­wen­dung der Jastrow­schen Klau­sel, die – um den über­le­ben­den Ehe­gat­ten mit aus­rei­chend Liquidität aus­zu­stat­ten – das Vermächtnis zwar bei Tod des Erst­ver­stor­be­nen anfal­len, aber erst bei Tod des länger leben­den Ehe­gat­ten fällig wer­den lässt.

BFH, Pres­se­mit­tei­lung vom 27.02.2024 zu Urteil vom 11.10.2023, II R 34/20

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