Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Sind Geldauflagen nach § 153a StPO zum Zwecke der Gewinnabschöpfung Betriebsausgaben?

Der 4. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat ent­schie­den, dass gem. § 153a StPO gezahl­te Geldbeträge nicht unter das Abzugs­ver­bot des § 12 Nr. 4 EStG fal­len, wenn die Geld­auf­la­ge der Gewinnabschöpfung dient und kei­nen Straf­cha­rak­ter entfaltet.

Die Klägerin ist eine Per­so­nen­ge­sell­schaft, der von der Bezirks­re­gie­rung der Betrieb einer Bio­gas­an­la­ge mit einer elek­tri­schen Leis­tung von 330 kW geneh­migt wur­de. Durch Zuschal­tung eines zwei­ten Motors über­schritt die Klägerin in den Jah­ren 2006 bis 2009 die­sen Grenz­wert, wofür die bei­den Gesell­schaf­ter der Klägerin wegen des uner­laub­ten Betrei­bens einer nach dem Bun­des­im­mis­si­ons­schutz­ge­setz geneh­mi­gungs­be­dürf­ten Anla­ge (§ 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB) ange­klagt wur­den. Auf Auf­for­de­rung der Staats­an­walt­schaft berech­ne­ten die Stadt­wer­ke, dass die Klägerin für die ȟberproduziert« ein­ge­speis­te Ener­gie unbe­rech­tig­te Erträge i. H. v. ins­ge­samt 170.412 Euro erlangt habe. Nach Auf­fas­sung der Staats­an­walt­schaft konn­te eine Zustim­mung zur Ein­stel­lung gem. § 153a Abs. 2 StPO nur erteilt wer­den, wenn das ille­gal Erlang­te (ca. 170.000 Euro) abgeschöpft und eine wei­te­re Sank­ti­on erfol­ge, die sie mit 5.000 Euro je Ange­klag­ten bezif­fer­te – mit­hin gegen eine Gesamt­zah­lungs­auf­la­ge i. H. v. 180.000 Euro.

Der Vor­sit­zen­de Rich­ter des Land­ge­richts führ­te im Rah­men eines Tele­fo­nats mit einem Bevollmächtigten eines Ange­klag­ten aus, dass die fest­zu­set­zen­de Geld­auf­la­ge i. H. v. 170.000 Euro nur der Gewinnabschöpfung und damit einer Scha­dens­wie­der­gut­ma­chung i. S. d. § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO die­nen sol­le. Anschließend stell­te der Bevollmächtigte in einer E‑Mail gegenü­ber den ande­ren Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten dar, dass die Staats­an­walt­schaft bereit sei, auf die 2 x 5.000 Euro zu ver­zich­ten, sodass die Geld­auf­la­ge nur noch aus der Gewinnabschöpfung i. H. v. 170.000 Euro bestehe. Nach­dem die Gesell­schaf­ter der Klägerin dem zustimm­ten, wur­de das Straf­ver­fah­ren vom Land­ge­richt nach § 153a Abs. 2, 1 StPO zunächst vorläufig und – nach­dem die Gesell­schaf­ter die Geld­auf­la­ge vollständig ent­rich­tet hat­ten – nach Zustim­mung der Staats­an­walt­schaft end­gül­tig ein­ge­stellt. Später ergänzte das Land­ge­richt sei­nen Beschluss dahin­ge­hend, dass die ¶he der Geldbeträge sich an dem ille­gal erlang­ten Erlös ori­en­tie­re und allein der Gewinnabschöpfung diene.

Ent­ge­gen dem klägerischen Begeh­ren berück­sich­tig­te der Beklag­te die Geld­auf­la­gen nicht als Betriebs­aus­ga­ben, da die­se unter das Abzugs­ver­bot des § 12 Nr. 4 EStG fie­len. Die Zah­lun­gen hätten zum Ziel, die Straf­ver­fah­ren ein­zu­stel­len und dem Grun­de nach strafähnlichen Cha­rak­ter, der in der Ega­li­sie­rung des ille­gal erwirt­schaf­te­ten Erlöses zum Aus­druck komme.

Der 4. Senat hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Abzugs­ver­bot des § 12 Nr. 4 EStG erfas­se neben Geld­stra­fen und Neben­stra­fen vermögensrechtlicher Art auch Leis­tun­gen zur Erfül­lung von Auf­la­gen oder Wei­sun­gen, soweit die Auf­la­gen und Wei­sun­gen nicht ledig­lich der Wie­der­gut­ma­chung des durch die Tat ver­ur­sa­chen Scha­dens die­nen. Das Abzugs­ver­bot umfas­se Auf­la­gen und Wei­sun­gen, die als strafähnliche Sank­ti­on die Auf­ga­be hätten, Genug­tu­ung für das began­ge­ne Unrecht zu schaf­fen. Hin­ge­gen sei­en Zah­lun­gen zum Aus­gleich von Schäden nach den all­ge­mei­nen Grundsätzen als Betriebs­aus­ga­ben oder Wer­bungs­kos­ten abzugsfähig.

Für die Ent­schei­dung, ob es sich bei Zah­lun­gen um Geld­auf­la­gen nach § 153a Abs. 1 Nr. 2 StPO (Abzugs­ver­bot) oder um Zah­lun­gen zur Wie­der­gut­ma­chung des durch die Tat ver­ur­sa­chen Scha­dens (kein Abzugs­ver­bot) han­de­le, kom­me es nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs nicht auf die sub­jek­ti­ven Vor­stel­lun­gen der mit dem Straf­ver­fah­ren befass­ten Staatsanwälte, son­dern auf den Inhalt des betref­fen­den Gerichts­be­schlus­ses und die objek­ti­ven Gege­ben­hei­ten an.

Im Streit­fall hätten die Geld­auf­la­gen der Gewinnabschöpfung und damit in ers­ter Linie dem Aus­gleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebungen gedient. Ein Straf­cha­rak­ter könne nicht fest­ge­stellt wer­den. So ori­en­tie­re sich die ¶he des Geld­be­trags in dem (ergänzenden) Beschluss des Land­ge­richts an dem ille­gal erlang­ten Erlös. Es las­se sich hin­ge­gen kein Unwert­ur­teil, bei­spiels­wei­se durch Bezug­nah­me zur Per­son der Ange­klag­ten oder Ori­en­tie­rung am Ver­dienst oder Net­to­ein­kom­men, erken­nen. Auch die ange­ge­be­ne Rechts­grund­la­ge (»153a Abs. 2, 1 StPO«) las­se man­gels Fest­le­gung einer der in § 153a Abs. 1 Satz 2 StPO ent­hal­te­nen Vari­an­ten kei­nen Rück­schluss zu. Im Übrigen spre­che die Ver­fah­rens­ge­schich­te – der Ver­zicht der Staats­an­walt­schaft auf die ursprüng­lich persönlich auf die Ange­klag­ten bezo­ge­ne Sank­tio­nie­rung i. H. v. ins­ge­samt 10.000 Euro – für den Zweck der Gewinnabschöpfung und das Feh­len eines Straf­cha­rak­ters. Für einen Aus­schluss des Abzugs­ver­bots gem. § 12 Nr. 4 EStG sei auch nicht erfor­der­lich, dass der ange­ord­ne­ten Auf­la­ge ein zivil­recht­li­cher Scha­dens­er­satz­an­spruch zugrun­de liege.

FG Müns­ter, Mit­tei­lung vom 15.02.2024 zum Urteil 4 K 1382/20 G,F vom 18.12.2023

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