Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

zurück

Vorsteuerberichtigungsanspruch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Der 11. Senat des Niedersächsischen Finanz­ge­richts hat u. a. zu der Fra­ge Stel­lung genom­men, ob Vor­steu­er­be­rich­ti­gungs­an­s­prüche nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG im Rah­men der Mas­se­ver­wal­tung ent­stan­den sind und damit die gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO als Mas­se­ver­bind­lich­keit fest­zu­set­zen­de Umsatz­steu­er­jah­res­schuld erhöht haben.

Der Kläger wur­de jeweils zum Insol­venz­ver­wal­ter der X‑GmbH, ihrer Hol­ding- sowie ihrer Schwes­ter­ge­sell­schaft G bestellt. In der Zeit vor Insolvenzeröffnung bezog die GmbH zum Vor­steu­er­ab­zug berech­ti­gen­de Ein­gangs­leis­tun­gen. Den Vor­steu­er­ab­zug nahm sie in den ent­spre­chen­den Veranlagungszeiträumen vor Insolvenzeröffnung in Anspruch. Die ent­spre­chen­den Ein­gangs­rech­nun­gen waren jeweils an sie als Leistungsempfängerin adres­siert. Sie wur­den jedoch u. a. von der mitt­ler­wei­le eben­falls insol­ven­ten Hol­ding­ge­sell­schaft sowie ihrer Schwes­ter­ge­sell­schaft G bezahlt. Im Rah­men der Insol­venz­ver­fah­ren die­ser bei­den Gesell­schaf­ten for­der­te der Kläger als deren Insol­venz­ver­wal­ter die an die leis­ten­den Unter­neh­mer gezahl­ten Beträge im Wege der Insol­venz­an­fech­tung nach § 134 InsO als sog. unent­gelt­li­che Leis­tung zurück. Die leis­ten­den Unter­neh­mer zahl­ten die ent­spre­chen­den Beträge im Jahr 2015 an die Insol­venz­mas­se der jeweils ursprüng­lich die Zah­lung ver­an­lass­ten Hol­ding­ge­sell­schaft bzw. der G zurück. Mit der Rück­zah­lung leb­te der Anspruch auf Zah­lung des leis­ten­den Unter­neh­mers gegen die GmbH nach § 144 Abs. 1 InsO wie­der auf und konn­te von ihm zur Insol­venz­ta­bel­le der GmbH ange­mel­det werden.

Das beklag­te Finanz­amt erließ für das Jahr 2015 unter der vor Insolvenzeröffnung gel­ten­den Umsatz­steu­er­num­mer der GmbH eine Steu­er­be­rech­nung, wel­che als Grund­la­ge für eine Anmel­dung der Insol­venz­for­de­rung zur Insol­venz­ta­bel­le die­nen soll­te. Dar­in for­der­te es die an die GmbH gezahl­te Vor­steu­er auf­grund der Rück­zah­lun­gen der leis­ten­den Unter­neh­mer zurück. Eine Anmel­dung zur Insol­venz­ta­bel­le erfolg­te nicht. Eini­ge Mona­te später teil­te das beklag­te Finanz­amt dem Kläger die sofor­ti­ge Auf­he­bung der Steu­er­be­rech­nung mit. Gleich­zei­tig erließ es für das Streit­jahr nach § 164 Abs. 2 AO unter der Mas­se­steu­er­num­mer einen ent­spre­chen­den Umsatzsteuerbescheid.

Die hier­ge­gen erho­be­ne Kla­ge hat­te kei­nen Erfolg. Nach Überzeugung des 11. Senats durf­te das beklag­te Finanz­amt die zunächst ergan­ge­ne Steu­er­be­rech­nung auf­he­ben und man­gels ent­ge­gen­ste­hen­der Bestands­kraft den streitgegenständlichen Umsatz­steu­er­be­scheid erlas­sen. Eine Steu­er­be­rech­nung stel­le ledig­lich eine form­lo­se Mit­tei­lung an den Insol­venz­ver­wal­ter dar. Überdies habe das beklag­te Finanz­amt den Vor­steu­er­ab­zug dem Grun­de und der ¶he nach zutref­fend im Streit­jahr berich­tigt. Die Vor­steu­er­be­rich­ti­gung hänge im Streit­fall nicht von einer Ver­ein­nah­mung des zurück­ge­zahl­ten Ent­gelts des Klägers als Insol­venz­ver­wal­ter der GmbH ab. Der Wort­laut des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG set­ze eine der­ar­ti­ge Ver­ein­nah­mung nicht vor­aus. Auch der Sinn und Zweck und der im Umsatz­steu­er­recht gel­ten­de Grund­satz der Neutralität der Mehr­wert­steu­er sprächen gegen das Erfor­der­nis einer Ver­ein­nah­mung des Leistungsempfängers, der den Vor­steu­er­ab­zug in Anspruch genom­men habe. Die Umsatz­steu­er- und Vor­steu­er­be­rich­ti­gung nach § 17 Abs. 1 ¤tze 1 und 2 UStG sei­en bedin­gungs­los und zeit­gleich vor­zu­neh­men. Zudem sei­en die Berich­ti­gungs­an­s­prüche nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG im Rah­men der Mas­se­ver­wal­tung ent­stan­den und hätten daher die gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO als Mas­se­ver­bind­lich­keit fest­zu­set­zen­de Umsatz­steu­er­jah­res­schuld 2015 erhöht. Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten i. S. d. § 55 InsO lägen bereits bei einem sons­ti­gen Bezug zur Insol­venz­mas­se vor.

Der Kläger hat beim Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen V R 29/21 Revi­si­on eingelegt.

FG Nie­der­sach­sen, Mit­tei­lung vom 18.05.2022 zum Urteil 11 K 133/20 vom 19.08.2021 (nrkr – BFH-Az.: V R 29/21)

UST-ID hier prüfen Kontakt