Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Abzinsungssatz von 5,5 % für unverzinsliche Darlehensverbindlichkeiten ist verfassungsgemäß

Der 10. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat ent­schie­den, dass gegen den Abzin­sungs­satz von 5,5 % für unver­zins­li­che Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten kei­ne ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken bestehen.

Der Kläger betreibt einen Auto­han­del. In sei­ner auf den Schluss des Streit­jah­res 2016 erstell­ten Bilanz wies er zwei Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten, die bereits seit ca. 20 Jah­ren bestan­den, zum Nenn­wert aus. Im Rah­men einer Betriebs­prü­fung gelang­te das Finanz­amt zu der Erkennt­nis, dass es sich hier­bei um unver­zins­li­che Dar­le­hen mit unbe­stimm­ter Lauf­zeit han­de­le, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Rech­nungs­zins­fuß von 5,5 % abzu­zin­sen und ent­spre­chend nied­ri­ger zu bewer­ten sei­en. Den Dif­fe­renz­be­trag erfass­te es gewinnerhöhend.

Hier­ge­gen wand­te der Kläger ein, dass der Zins­satz von 5,5 % wegen der seit meh­re­ren Jah­ren andau­ern­den Null­zins­pha­se ver­fas­sungs­wid­rig sei.

Der 10. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat die Kla­ge abge­wie­sen. Die ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken des Klägers im Hin­blick auf den Zins­satz hat das Gericht nicht geteilt. Das Gebot der Abzin­sung von Ver­bind­lich­kei­ten beru­he auf der sach­ge­rech­ten typi­sie­ren­den Vor­stel­lung, dass eine erst in der Zukunft zu erfül­len­de Ver­pflich­tung den Schuld­ner weni­ger belas­te als eine sofor­ti­ge Leis­tungs­pflicht. Die­ser Min­der­auf­wand wer­de kapi­ta­li­siert und als Ertrag vor­weg­ge­nom­men, während gegenläufig auf­grund der sich ste­tig ver­kür­zen­den Rest­lauf­zeit ein Auf­zin­sungs­auf­wand ent­ste­he, bis der Rück­zah­lungs­zeit­punkt erreicht sei. Die Abzin­sung bewir­ke daher im Ergeb­nis ledig­lich eine temporäre Gewinn­ver­schie­bung. Eine sol­che temporäre Gewinn­ver­schie­bung sei ver­fas­sungs­recht­lich am Maßstab der Will­kür­kon­trol­le zu beurteilen.

Für das Streit­jahr 2016 sei der Rech­nungs­zins­satz von 5,5 % nicht ver­fas­sungs­recht­lich will­kür­lich gewählt wor­den. In die­sem Jahr habe der Fremd­ka­pi­tal­markt­zins­satz in unter­schied­li­chen Kon­stel­la­tio­nen noch 2,45 % bis 3,71 % betra­gen. Dar­Ã¼­ber hin­aus sei­en im Ein­zel­fall vor­lie­gen­de wei­te­re Fak­to­ren wie Bonität des Schuld­ners und feh­len­de Besi­che­rung des Dar­le­hens einzubeziehen.

Die bestehen­den ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken gegen die Zinssatzhöhe nach § 238 AO sei­en nicht auf den Abzin­sungs­satz nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG über­trag­bar, weil die­ser nicht den Nut­zungs­vor­teil für die Überlassung von Kapi­tal abschöpfen sol­le, son­dern eine inter­ne Rechengröße für die Bewer­tung einer unver­zins­li­chen Ver­bind­lich­keit dar­stel­le. Schließlich ließe sich die Abzin­sung durch ent­spre­chen­de Gestal­tun­gen ver­mei­den, etwa durch „Kettendarlehen“, die für weni­ger als zwölf Mona­te gewährt und immer wie­der verlängert wer­den oder durch Ver­ein­ba­rung eines Zins­sat­zes knapp über 0 %.

Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zugelassen.

FG Müns­ter, Mit­tei­lung vom 15.10.2021 zum Urteil 10 K 1707/20 E,G vom 22.07.2021

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