Mandantenrundschreiben2018-02-26T13:28:25+00:00

Mandantenbrief Mai 2024

Word-DateiVor­he­ri­ger Mandantenbrief

Steuertermine

10.05. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohnsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.05. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

15.05. Gewer­be­steu­er
Grundsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 21.05. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Vor­schau auf die Steu­er­ter­mi­ne Juni 2024:

10.06. Umsatz­steu­er
Lohn­steu­er
Kir­chen­steu­er zur Lohn­steu­er
Ein­kom­men­steu­er
Kir­chen­steu­er
Körperschaftsteuer

Die drei­tä­gi­ge Zah­lungs­schon­frist endet am 13.06. für den Ein­gang der Zah­lung. Die­se Frist gilt nicht für die Bar­zah­lung und die Zah­lung per Scheck.

Zah­lun­gen per Scheck gel­ten erst drei Tage nach Ein­gang des Schecks bei der Finanz­be­hör­de (Gewer­be­steu­er und Grund­steu­er: bei der Gemein­de- oder Stadt­kas­se) als recht­zei­tig geleis­tet. Um Säum­nis­zu­schlä­ge zu ver­mei­den, muss der Scheck spä­tes­tens drei Tage vor dem Fäl­lig­keits­tag vorliegen.

Alle Anga­ben ohne Gewähr

Fäl­lig­keit der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge Mai 2024

Die Bei­trä­ge sind in vor­aus­sicht­li­cher Höhe der Bei­trags­schuld spä­tes­tens am dritt­letz­ten Ban­ken­ar­beits­tag eines Monats fäl­lig. Für Mai ergibt sich dem­nach als Fäl­lig­keits­ter­min der 29.05.2024.

In Bun­des­län­dern, in denen der 30.5.2024 (Fron­leich­nam) ein Fei­er­tag ist, ver­schiebt sich der Abga­be-/Zah­lungs­ter­min auf den 28.5.2024 (Diens­tag).

1. Für alle Steuerpflichtigen: Aufwendungen für »Essen auf Rädern« sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Erwach­sen einem Steu­er­pflich­ti­gen zwangs­läu­fig grö­ße­re Auf­wen­dun­gen als der über­wie­gen­den Mehr­zahl der Steu­er­pflich­ti­gen glei­cher Ein­kom­mens­ver­hält­nis­se, glei­cher Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se und glei­chen Fami­li­en­stands, so wird nach § 33 Abs. 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) auf Antrag die Ein­kom­men­steu­er dadurch ermä­ßigt, dass der Teil der Auf­wen­dun­gen, der die dem Steu­er­pflich­ti­gen zumut­ba­re Belas­tung über­steigt, vom Gesamt­be­trag der Ein­künf­te abge­zo­gen wird. Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Defi­ni­ti­on erwach­sen dem Steu­er­pflich­ti­gen Auf­wen­dun­gen zwangs­läu­fig, wenn er sich ihnen aus recht­li­chen, tat­säch­li­chen oder sitt­li­chen Grün­den nicht ent­zie­hen kann und soweit die Auf­wen­dun­gen den Umstän­den nach not­wen­dig sind und einen ange­mes­se­nen Betrag nicht übersteigen.

Auf Basis die­ser gesetz­li­chen Defi­ni­ti­on kommt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Müns­ter in sei­nem Urteil vom 27.4.2023 unter dem Akten­zei­chen 1 K 759/21 E zu dem Schluss, dass Auf­wen­dun­gen für das soge­nann­te »Essen auf Rädern« nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen berück­sich­tigt wer­den kön­nen. Der­ar­ti­ge Auf­wen­dun­gen sind eben­so wie Kos­ten für Ver­pfle­gung all­ge­mein, gleich­gül­tig, in wel­cher Höhe sie tat­säch­lich anfal­len, oder auch krank­heits­be­dingt höhe­re Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen nicht als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung abzieh­bar, da sie zu den übli­chen Auf­wen­dun­gen für die Lebens­füh­rung zäh­len und nicht unmit­tel­bar zur Hei­lung auf­ge­wen­det wer­den, son­dern als Fol­ge­kos­ten einer Erkran­kung ent­ste­hen. Dies ent­schied das Finanz­ge­richt Müns­ter in einem Fall eines Man­nes und sei­ner zwi­schen­zeit­lich ver­stor­be­nen Ehe­frau, die krank­heits­be­dingt auf die streit­ge­gen­ständ­li­chen Lie­fe­run­gen von Mit­tag­essen ange­wie­sen waren.

Auch wenn es sich hier­bei um eine erst­in­stanz­li­che Recht­spre­chung han­delt, muss man davon aus­ge­hen, dass die­se Ent­schei­dung kor­rekt ist. Tat­säch­lich ver­tritt auch der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Viel­zahl von Urtei­len eine ent­spre­chen­de Begrün­dung in ver­gleich­ba­ren Tat­be­stän­den, wes­halb auch die erst­in­stanz­li­chen Rich­ter des Müns­te­ra­ner Finanz­ge­rich­tes die Revi­si­on nicht zuge­las­sen haben.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Bestimmung von nachträglichen Herstellungskosten bei einem Gebäude

Zunächst ein­mal zum Grund­satz der Abzugs­re­ge­lung: Bei Wirt­schafts­gü­tern, deren Ver­wen­dung oder Nut­zung durch den Steu­er­pflich­ti­gen zur Erzie­lung von Ein­künf­ten sich erfah­rungs­ge­mäß auf einen Zeit­raum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten abzu­set­zen, der bei gleich­mä­ßi­ger Ver­tei­lung die­ser Kos­ten auf die Gesamt­dau­er der Ver­wen­dung oder Nut­zung auf ein Jahr ent­fällt. Die Abset­zung bemisst sich hier­bei nach der betriebs­ge­wöhn­li­chen Nut­zungs­dau­er des Wirt­schafts­guts. Für Gebäu­de und Gebäu­de­tei­le, die selbst­stän­di­ge unbe­weg­li­che Wirt­schafts­gü­ter sind, wird die Höhe der jähr­li­chen AfA in den Rege­lun­gen des § 7 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 5a des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) geson­dert geregelt.

Auf­wen­dun­gen für Bau­maß­nah­men an einem Bestands­ge­bäu­de oder an einem Bestands­ge­bäu­de­teil kön­nen als nach­träg­li­che Her­stel­lungs­kos­ten oder als sofort abzieh­ba­rer Erhal­tungs­auf­wand zu qua­li­fi­zie­ren sein.

Auf­wen­dun­gen, die durch die Absicht ver­an­lasst sind, Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zu erzie­len, sind dann nicht als Wer­bungs­kos­ten sofort abzieh­bar, wenn es sich um Her­stel­lungs­kos­ten han­delt. Wel­che Auf­wen­dun­gen kon­kret zu den Her­stel­lungs­kos­ten zäh­len, bestimmt sich auch für die Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung nach den Rege­lun­gen des Han­dels­ge­setz­bu­ches (HGB), kon­kret nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Danach sind Her­stel­lungs­kos­ten Auf­wen­dun­gen, die durch den Ver­brauch von Gütern und die Inan­spruch­nah­me von Diens­ten für die Her­stel­lung eines Ver­mö­gens­ge­gen­stan­des (oder Wirt­schafts­guts), sei­ne Erwei­te­rung oder für eine über sei­nen ursprüng­li­chen Zustand hin­aus­ge­hen­de wesent­li­che Ver­bes­se­rung ent­ste­hen. So bereits auch der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 16.1.2007 unter dem Akten­zei­chen IX R 39/05.

Maß­stab für die Abgren­zung zwi­schen sofort abzieh­ba­rem Erhal­tungs­auf­wand und Her­stel­lungs­kos­ten bei Gebäu­den ist nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs grund­sätz­lich das Wirt­schafts­gut, auf das sich die Bau­maß­nah­me bezieht.

Die Abgren­zung zwi­schen Erhal­tungs­auf­wand und Her­stel­lungs­kos­ten führt der Bun­des­fi­nanz­hof bei Gebäu­den grund­sätz­lich wirt­schafts­gut­be­zo­gen durch. So ist es auch einer Ent­schei­dung vom 25.9.2007 unter dem Akten­zei­chen IX R 28/07 zu ent­neh­men. Aus steu­er­li­cher Sicht kann ein Gebäu­de ein ein­zi­ges Wirt­schafts­gut sein oder sich in meh­re­re Wirt­schafts­gü­ter unter­glie­dern. Dies bestimmt sich nach der steu­er­li­chen Art der Nut­zung. Als Nut­zungs­ar­ten kom­men in Betracht die Nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken, zu frem­den Wohn­zwe­cken, zu eigen­be­trieb­li­chen Zwe­cken und zu fremd­be­trieb­li­chen Zwe­cken. Eine wei­te­re Unter­glie­de­rung eines Gebäu­des in ein­zel­ne Wirt­schafts­gü­ter, zum Bei­spiel bei einer betrieb­li­chen Nut­zung durch meh­re­re, eigen­stän­di­ge Betrie­be, ist grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen. Die kleins­te mög­li­che wirt­schafts­gut­ei­gen­schafts­fä­hi­ge Unter­ein­heit in einem Gebäu­de ist ein ein­zel­ner durch Wän­de, Decken, Fens­ter und Türen umschlos­se­ner Raum.

Bei der Prü­fung, ob die Auf­wen­dun­gen für Instand­set­zungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nah­men zu Her­stel­lungs­kos­ten füh­ren, ist bei einem aus meh­re­ren Nut­zungs­ein­hei­ten bestehen­den Gebäu­de dann auf das Gebäu­de in sei­ner Gesamt­heit abzu­stel­len, wenn es nicht in unter­schied­li­cher Wei­se genutzt wird und somit nicht in ver­schie­de­ne Wirt­schafts­gü­ter auf­zu­tei­len ist. So bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 14.6.2016 unter dem Akten­zei­chen IX R 22/15 im Zusam­men­hang mit anschaf­fungs­na­hen Her­stel­lungs­kos­ten im Sin­ne des § 6 Abs. 1 Num­mer 1 a Satz 1 EStG.

Aller­dings hat es der Bun­des­fi­nanz­hof in einem ein Wohn­haus betref­fen­den Fall für eine Stan­dard­he­bung und mit­hin eine wesent­li­che Ver­bes­se­rung als aus­rei­chend erach­tet, wenn die durch­ge­führ­te Bau­maß­nah­me nur in einer der Woh­nun­gen zu einem Stan­dard­sprung geführt hat. In die­sem Fall hat er trotz der ein­heit­li­chen steu­er­li­chen Zweck­be­stim­mung des Gesamt­ge­bäu­des auf die ein­zel­ne Woh­nung abge­stellt und deren allei­ni­gen Umbau für das Vor­lie­gen von Her­stel­lungs­kos­ten aus­rei­chen las­sen (ver­glei­che inso­weit die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 3.12.2002 unter dem Akten­zei­chen IX R 71/00). Eine deut­lich vom Rest des Gebäu­des abwei­chen­de Lebens­dau­er des von der Bau­maß­nah­me betrof­fen Gebäu­de­teils lag eben­falls nicht vor.

Auf Basis der vor­ge­nann­ten Grund­sät­ze kommt nun das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 17.3.2023 unter dem Akten­zei­chen 15 K 17/21 zu dem Schluss, dass Beur­tei­lungs­maß­stab für die Bestim­mung nach­träg­li­cher Her­stel­lungs­kos­ten bei einem Gebäu­de die von der Bau­maß­nah­me betrof­fe­ne Teil­flä­che ist, sofern die­se die Eig­nung als Wirt­schafts­gut besitzt.

Bei der Prü­fung, ob nach­träg­li­che Her­stel­lungs­kos­ten in der Fall­grup­pe der Erwei­te­rung vor­lie­gen, kommt es wegen des Aus­rei­chens auch nur gering­fü­gi­ger Erwei­te­rungs­maß­nah­men nicht dar­auf an, ob das Gebäu­de ein ein­heit­li­ches Wirt­schafts­gut dar­stellt oder in meh­re­re Wirt­schafts­gü­ter zu unter­glie­dern ist.

Eine Bau­maß­nah­me an einem zu ande­ren als Wohn­zwe­cken genutz­ten Gebäu­de führt zu nach­träg­li­chen Her­stel­lungs­kos­ten in der Vari­an­te der wesent­li­chen Ver­bes­se­run­gen, wenn die Maß­nah­me bezo­gen auf die betrof­fe­ne Teil­flä­che ent­we­der zu einer Stan­dard­he­bung bei drei der vier für Wohn­ge­bäu­de zen­tra­len Aus­stat­tungs­be­rei­che führt oder wenn die Bau­maß­nah­me unter Berück­sich­ti­gung der betrieb­li­chen Ziel­set­zun­gen des Benut­zers der von der Bau­maß­nah­me betrof­fe­nen Flä­che eine bes­se­re oder eine völ­lig neue Nut­zungs­mög­lich­keit schafft.

Da die Ent­schei­dung aus Nie­der­sach­sen rechts­kräf­tig ist, soll­ten sich Betrof­fe­ne auf die Grund­sät­ze des erst­in­stanz­li­chen Urteils beziehen.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Keine Steuerbefreiung für Pensionskassen

Im vor­lie­gen­den Fall des Bun­des­fi­nanz­ho­fes geht es um die Klä­ge­rin, eine Pen­si­ons­kas­se, die im Jahr 2004 nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Kör­per­schaft­steu­er­ge­set­zes (KStG) und § 3 Nr. 9 des Gewer­be­steu­er­ge­set­zes (GewStG) steu­er­be­freit sein möch­te. Die Klä­ge­rin gewähr­te den Mit­ar­bei­tern der A‑Bank und deren Hin­ter­blie­be­nen Ren­ten­leis­tun­gen und Ster­be­geld. Nach einer Fusi­on mit der B‑Bank zur AB-Bank im Jahr 1998 wur­de die Alters­ver­sor­gung der Mit­ar­bei­ter über eine rück­ge­deck­te Unter­stüt­zungs­kas­se ergänzt. Die Klä­ge­rin fun­gier­te als Rück­de­ckungs­kas­se für die Ver­pflich­tun­gen der Unter­stüt­zungs­kas­se. Es wur­de fest­ge­stellt, dass die Unter­stüt­zungs­kas­se als Leis­tungs­emp­fän­ge­rin der Klä­ge­rin nicht zum Per­so­nen­kreis im Sin­ne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG gehört.

Der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schied mit Urteil vom 11.5.2023 unter dem Akten­zei­chen V R 1/21, dass die Klä­ge­rin nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG und § 3 Nr. 9 GewStG von der Kör­per­schaft- und Gewer­be­steu­er befreit ist, da die Unter­stüt­zungs­kas­se als Leis­tungs­emp­fän­ge­rin der Klä­ge­rin nicht zum Per­so­nen­kreis im Sin­ne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG gehört. Es wur­de fest­ge­stellt, dass der Rechts­an­spruch auf Leis­tun­gen aus­schließ­lich natür­li­chen Per­so­nen gewährt wer­den muss. Die gesetz­li­che Defi­ni­ti­on des Begriffs des „Leis­tungs­emp­fän­gers“ bezieht sich auf natür­li­che Per­so­nen, denen die Leis­tun­gen der Kas­se zugu­te­kom­men oder zugu­te­kom­men sol­len. Die Unter­stüt­zungs­kas­se als juris­ti­sche Per­son gehört nicht zum Per­so­nen­kreis im Sin­ne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG. Die Klä­ge­rin erfüllt somit nicht die Vor­aus­set­zun­gen für die Steu­er­be­frei­ung nach die­sen Vorschriften.

Zusam­men­fas­send wur­de fest­ge­stellt, dass die Klä­ge­rin nicht den Per­so­nen­kreis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG ein­schränkt und daher nicht von der Kör­per­schaft- und Gewer­be­steu­er befreit ist.

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4. Für Eltern: Kindergeld für ein in Australien studierendes Kind

Immer wie­der kommt es zum Steu­er­streit, ob für ein Kind ein Kin­der­geld­an­spruch besteht oder nicht. Aktu­ell geht es um die Fra­ge des Kin­der­geld­an­spru­ches für ein Kind, das von Juli 02 bis Dezem­ber 03 in Aus­tra­li­en stu­dier­te und dort im Jahr 04 einen Stu­di­en­ab­schluss erwarb.

Die Klä­ge­rin, die Mut­ter des Kin­des, erhob Kla­ge gegen die Auf­he­bung und Rück­for­de­rung des Kin­der­gel­des für die­sen Zeit­raum. Die Fami­li­en­kas­se hat­te die Kin­der­geld­zah­lung ein­ge­stellt und die Fest­set­zung des Kin­der­gel­des ab Juli 02 auf­ge­ho­ben, da das Kind sei­nen Wohn­sitz und gewöhn­li­chen Auf­ent­halt nach Aus­tra­li­en ver­legt habe. Die Klä­ge­rin leg­te erfolg­los Ein­spruch ein und erhob Kla­ge. Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt gab der Kla­ge für die Mona­te von Juli 02 bis Juni 04 teil­wei­se statt und wies sie für die Mona­te Juli 02 bis Dezem­ber 03 ab. Die Klä­ge­rin leg­te dar­auf­hin Revi­si­on beim Bun­des­fi­nanz­hof in Mün­chen ein.

Die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik ent­schie­den, dass die Fest­set­zung des Kin­der­gel­des mit Wir­kung vom Zeit­punkt der Ände­rung der Ver­hält­nis­se auf­zu­he­ben oder zu ändern ist, wenn in den Ver­hält­nis­sen, die für den Anspruch auf Kin­der­geld erheb­lich sind, Ände­run­gen ein­tre­ten. Ins­be­son­de­re wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ein Kind, das zu Aus­bil­dungs­zwe­cken im Aus­land unter­ge­bracht ist, sei­nen inlän­di­schen Wohn­sitz in der elter­li­chen Woh­nung nur dann bei­be­hält, wenn dem Kind dort wei­ter­hin zum dau­er­haf­ten Woh­nen geeig­ne­te Räum­lich­kei­ten jeder­zeit zur Ver­fü­gung ste­hen und erkenn­bar ist, dass das Kind die elter­li­che Woh­nung nach wie vor auch als sei­ne eige­ne betrachtet.

Der Bun­des­fi­nanz­hof stell­te im vor­lie­gen­den Fall jedoch fest, dass das Kind sei­nen inlän­di­schen Wohn­sitz im drit­ten Stu­di­en­jahr auf­ge­ge­ben hat­te, da es nicht recht­zei­tig nach Deutsch­land zurück­kehr­te, um dort mehr als die Hälf­te der aus­bil­dungs­frei­en Zeit zu ver­brin­gen. Die Gerichts­ent­schei­dung beruh­te auf der Tat­sa­che, dass das Kind im drit­ten Stu­di­en­jahr nur gut zwei Wochen in der elter­li­chen Woh­nung ver­brach­te und sich somit nicht mehr als die Hälf­te der aus­bil­dungs­frei­en Zeit im Inland auf­hielt. Dies stand bereits im Dezem­ber 03 fest, was für eine Auf­ga­be des inlän­di­schen Wohn­sit­zes sprach.

Die Rich­ter in Mün­chen wie­sen dar­auf hin, dass die Grün­de für den Auf­ent­halt im Inland bei der Ermitt­lung sei­ner Dau­er kei­ne Rol­le spie­len. Es wur­de viel­mehr betont, dass der Wohn­sitz­be­griff des § 8 der Abga­ben­ord­nung (AO) an die tat­säch­li­che Gestal­tung anknüpft und dass die Vor­aus­set­zun­gen für das »Inne­ha­ben« einer Woh­nung im steu­er­recht­li­chen Sinn objek­ti­viert sind. Die Gerichts­ent­schei­dung stell­te klar, dass die Besu­che der Eltern beim Kind oder feh­len­de finan­zi­el­le Mit­tel für Heim­rei­sen des Kin­des kei­ne feh­len­den Inlands­auf­ent­hal­te kom­pen­sie­ren können.

Des Wei­te­ren wur­de fest­ge­stellt, dass ein Kind, das sich in den ers­ten Jah­ren in der aus­bil­dungs­frei­en Zeit über­wie­gend in der elter­li­chen Woh­nung auf­ge­hal­ten hat, sei­nen dor­ti­gen Wohn­sitz nicht rück­wir­kend ver­liert, wenn es mit zuneh­men­der Stu­di­en­dau­er sel­te­ner nach Hau­se kommt und über die gesam­te Aus­bil­dungs­zeit gese­hen nicht mehr als die Hälf­te der aus­bil­dungs­frei­en Zeit im Inland ver­bracht hat. Umge­kehrt sind beson­ders häu­fi­ge oder lan­ge Auf­ent­hal­te in der elter­li­chen Woh­nung zu Beginn eines mehr­jäh­ri­gen Aus­lands­auf­ent­halts für sich genom­men kein Grund, einen Wohn­sitz in der elter­li­chen Woh­nung in spä­te­ren Ausbildungs‑, Schul- oder Stu­di­en­jah­ren anzu­neh­men, obwohl das Kind die elter­li­che Woh­nung dann nicht mehr oder nur noch sel­ten aufsucht.

In der Gerichts­ent­schei­dung wird auch betont, dass bereits wäh­rend des lau­fen­den Ausbildungs‑, Schul- oder Stu­di­en­jah­res fest­ste­hen­de Tat­sa­chen, dass das Kind nicht mehr als die Hälf­te der aus­bil­dungs­frei­en Zeit in der elter­li­chen Woh­nung ver­brin­gen wird, für eine Auf­ga­be des inlän­di­schen Wohn­sit­zes bereits zu die­sem Zeit­punkt spre­chen und nicht erst zum Ende des jewei­li­gen Ausbildungs‑, Schul- oder Studienjahres.

Ins­ge­samt ent­schied der Bun­des­fi­nanz­hof, dass der Kin­der­geld­an­spruch der Klä­ge­rin ab Janu­ar 04 ent­fal­len ist, da das Kind sei­nen inlän­di­schen Wohn­sitz im drit­ten Stu­di­en­jahr auf­ge­ge­ben hatte.

In Bestä­ti­gung der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung kann der Tenor der Ent­schei­dung daher wie folgt zusam­men­ge­fasst wer­den: Ab dem Ent­schluss, län­ger als ein Jahr zu Aus­bil­dungs­zwe­cken im außer­eu­ro­päi­schen Aus­land zu blei­ben, behält das Kind sei­nen Inlands­wohn­sitz in der elter­li­chen Woh­nung nur dann bei, wenn es die­sen im Fol­gen­den regel­mä­ßig mehr als die Hälf­te der aus­bil­dungs­frei­en Zeit nutzt.

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5. Für Gewerbetreibende: Zur bilanzsteuerrechtlichen Behandlung einer Instandhaltungsrückstellung beim bilanzierenden Eigentümer

Der Bun­des­fi­nanz­hof muss unter dem Akten­zei­chen IV R 19/23 klä­ren, ob die Neu­re­ge­lung des Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­set­zes im Jahr 2007 etwas an dem Grund­satz ändert, dass ein bilan­zie­ren­der Gewer­be­trei­ben­der, dem eine Eigen­tums­woh­nung gehört und der Zah­lun­gen in eine von der Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­mein­schaft gebil­de­te Instand­hal­tungs­rück­stel­lung geleis­tet hat, sei­ne Betei­li­gung an der Instand­hal­tungs­rück­stel­lung mit dem Betrag der geleis­te­ten und noch nicht ver­brauch­ten Ein­zah­lun­gen akti­vie­ren muss.

Hin­ter­grund die­ser Fra­ge­stel­lung ist die Recht­spre­chung des II. Senats des Bun­des­fi­nanz­hofs, nach der der auf die antei­li­ge Instand­hal­tungs­rück­stel­lung ent­fal­len­de Kauf­preis die grund­er­werb­steu­er­li­che Gegen­leis­tung nicht min­dert. So ein Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 16.9.2020 unter dem Akten­zei­chen II R 49/17.

Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln kommt in der Ent­schei­dung vom 21.6.2023 unter dem Akten­zei­chen 2 K 158/20 zu dem Schluss, dass eine Akti­vie­rung auch nach Ände­rung des Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­set­zes statt­fin­den muss.

Zur ertrag­steu­er­lich bilan­zie­ren­den Behand­lung einer Betei­li­gung eines Woh­nungs­ei­gen­tü­mers an einer sol­chen Instand­hal­tungs­rück­stel­lung hat der Bun­des­fi­nanz­hof bereits in sei­ner Ent­schei­dung vom 5.10.2011 unter dem Akten­zei­chen I R 94/10 ent­schie­den, dass ein bilan­zie­ren­der Gewer­be­trei­ben­der, dem eine Eigen­tums­woh­nung gehört und der Zah­lun­gen in eine von der Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft gebil­de­te Instand­hal­tungs­rück­stel­lung geleis­tet hat, sei­ne Betei­li­gung an der Instand­hal­tungs­rück­stel­lung mit dem Betrag der geleis­te­ten und noch nicht ver­brauch­ten Ein­zah­lun­gen akti­vie­ren muss.

Nach die­ser Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs sind Wirt­schafts­gü­ter alle Sachen, Rech­te, tat­säch­li­chen Zustän­de und kon­kre­ten Mög­lich­kei­ten, die ent­we­der ein­zeln oder zusam­men mit dem Betrieb über­tra­gen wer­den kön­nen und aus der Sicht eines poten­zi­el­len Betriebs­er­wer­bers einen eigen­stän­di­gen Wert haben. Ver­glei­che inso­weit auch die Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 30.9.2010 unter dem Akten­zei­chen IV R 28/08.

Die Betei­li­gung an einer Instand­hal­tungs­rück­stel­lung erfüllt die­se Vor­aus­set­zun­gen. Denn zum einen ver­mit­telt sie einen geld­wer­ten Anspruch des Woh­nungs­ei­gen­tü­mers auf Bezah­lung von Auf­wen­dun­gen aus der Instand­hal­tungs­rück­stel­lung. Selbst wenn die­ser Anspruch zivil­recht­lich erst in der Fol­ge­zeit ent­ste­hen soll­te, ist sei­ne Ent­ste­hung zumin­dest hin­rei­chend sicher und durch die vor­aus­ge­gan­ge­nen Ein­zah­lun­gen in der Ver­gan­gen­heit wirt­schaft­lich ver­ur­sacht, was für sei­ne Akti­vie­rung im Grund­satz genügt. So bereits der Bun­des­fi­nanz­hof in einer Ent­schei­dung vom 18.12.2002 unter dem Akten­zei­chen I R 11/02.

Zum ande­ren kann der genann­te Anspruch jeden­falls zusam­men mit dem Betrieb des Woh­nungs­ei­gen­tü­mers über­tra­gen wer­den. Ein Erwer­ber wür­de der Betei­li­gung an der Rück­stel­lung einen eigen­stän­di­gen Wert zumes­sen, da er in der­sel­ben Wei­se wie zuvor der Ver­äu­ße­rer von ihr pro­fi­tiert, und wür­de die­sen Vor­teil bei markt­ge­rech­tem Ver­hal­ten im Rah­men des Kauf­prei­ses für den Betrieb abgel­ten. Daher ist die Betei­li­gung an der Instand­hal­tungs­rück­stel­lung als Wirt­schafts­gut anzu­se­hen. Dar­aus folgt nach Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Finanz­ge­richt Kölns, dass die Betei­li­gung an der Rück­stel­lung in der Steu­er­bi­lanz eines betrieb­lich betei­lig­ten Woh­nungs­ei­gen­tü­mers akti­viert wer­den muss. Sie ist dort ent­spre­chend der Rege­lung in § 6 Abs. 1 Num­mer 2 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) mit den Anschaf­fungs­kos­ten anzusetzen.

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 21.10.2005 unter dem Akten­zei­chen IX B 144/05 sind, wenn der Eigen­tü­mer einer Eigen­tums­woh­nung die­se zur Erzie­lung von Ein­künf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung nutzt, die von ihm in eine Instand­hal­tungs­rück­stel­lung ein­ge­zahl­ten Beträ­ge erst mit deren Ver­brauch durch die Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft als Wer­bungs­kos­ten abzieh­bar. Sie sind zwar mit ihrer Ein­zah­lung bei dem Eigen­tü­mer abge­flos­sen, gehö­ren aber aus steu­er­recht­li­cher Sicht nach wie vor zu sei­nem Ver­mö­gens­be­reich. Die­se Beur­tei­lung hat der Bun­des­fi­nanz­hof auch für die Rechts­la­ge nach der Ein­füh­rung des neu­en Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­set­zes im Jahr 2007 bestä­tigt. Danach ist die Fra­ge, zu wel­chem Zeit­punkt die zur Instand­hal­tungs­rück­stel­lung geleis­te­ten Beträ­ge als Wer­bungs­kos­ten bei den Ein­künf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung abge­zo­gen wer­den kön­nen, unab­hän­gig davon zu beur­tei­len, wie die Rechts­be­zie­hun­gen der Woh­nungs­ei­gen­tü­mer zur Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft zivil­recht­lich ein­zu­stu­fen sind. Dies folgt unter ande­rem dar­aus, dass erst im Zeit­punkt der Ver­aus­ga­bung von Rück­la­gen­bei­trä­gen beur­teilt wer­den kön­ne, ob die­se für Erhal­tungs­auf­wen­dun­gen ver­wen­det wor­den sind und daher zu sofort abzieh­ba­ren Wer­bungs­kos­ten füh­ren, oder ob die­se als Her­stel­lungs­kos­ten zu beur­tei­len sind, wel­che nur in Höhe der ent­spre­chen­den Abschrei­bung steu­er­min­dernd berück­sich­tigt wer­den kön­nen. An die­ser grund­le­gen­den Bewer­tung hat sich laut Bun­des­fi­nanz­hof auch nach Ein­füh­rung der maß­geb­li­chen Neu­re­ge­lung des Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­set­zes nichts geändert.

Auf Basis die­ser Grund­la­ge kommt das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln in sei­ner oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung zu dem Schluss, dass die Ein­zah­lun­gen in die Instand­hal­tungs­rück­stel­lung gemäß den steu­er­recht­li­chen und bilan­zi­el­len Grund­sät­zen akti­viert wer­den müs­sen, da sie als akti­vie­rungs­fä­hi­ge Wirt­schafts­gü­ter anzu­se­hen sind. Grün­de, die die­se Argu­men­ta­ti­on unter­stüt­zen, kön­nen wie folgt zusam­men­ge­fasst werden:

  • Gemäß den Grund­sät­zen ord­nungs­ge­mä­ßer Buch­füh­rung (GoB) müs­sen Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de, die einen wirt­schaft­li­chen Nut­zen für das Unter­neh­men dar­stel­len und zu einem zukünf­ti­gen Nut­zen füh­ren, in der Bilanz akti­viert wer­den. Die Instand­hal­tungs­rück­stel­lung stellt einen geld­wer­ten Anspruch des Woh­nungs­ei­gen­tü­mers auf Bezah­lung von zukünf­ti­gen Instand­hal­tungs­auf­wen­dun­gen dar, was als akti­vie­rungs­fä­hi­ges Wirt­schafts­gut betrach­tet wird.

  • Die Ein­zah­lun­gen in die Instand­hal­tungs­rück­stel­lung spie­geln eine Ver­pflich­tung des Woh­nungs­ei­gen­tü­mers wider, zukünf­ti­ge Instand­hal­tungs­kos­ten zu tra­gen. Durch die Akti­vie­rung die­ser Ein­zah­lun­gen wird die­se Ver­pflich­tung in der Bilanz trans­pa­rent dar­ge­stellt und ermög­licht eine rea­lis­ti­sche Abbil­dung der finan­zi­el­len Ver­hält­nis­se des Unternehmens.

  • Die Akti­vie­rung der Ein­zah­lun­gen in die Instand­hal­tungs­rück­stel­lung ermög­licht eine Bewer­tung die­ses Wirt­schafts­guts und zeigt den Wert, den der Woh­nungs­ei­gen­tü­mer in Form von geleis­te­ten, aber noch nicht ver­brauch­ten Ein­zah­lun­gen besitzt. Dies trägt zur Trans­pa­renz und Ver­gleich­bar­keit der Bilanz bei.

  • Die Ein­zah­lun­gen in die Instand­hal­tungs­rück­stel­lung ver­mit­teln dem Woh­nungs­ei­gen­tü­mer einen recht­li­chen Anspruch auf Bezah­lung von Instand­hal­tungs­kos­ten aus die­ser Rück­stel­lung. Obwohl die­ser Anspruch erst bei tat­säch­li­cher Inan­spruch­nah­me ent­steht, besteht bereits zum Zeit­punkt der Ein­zah­lung eine recht­li­che Grund­la­ge für die­sen Anspruch, was die Akti­vie­rung rechtfertigt.

  • Durch die Akti­vie­rung der Ein­zah­lun­gen in die Instand­hal­tungs­rück­stel­lung wer­den die Bilan­zie­rung und Bewer­tung der Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de kon­sis­tent und nach­voll­zieh­bar gestal­tet. Dies erleich­tert die Ana­ly­se der finan­zi­el­len Situa­ti­on des Unter­neh­mens und die Beur­tei­lung sei­ner lang­fris­ti­gen finan­zi­el­len Verpflichtungen.

Auch wenn die Argu­men­ta­ti­on und die vor­ge­brach­ten Grün­de des Finanz­ge­rich­tes Köln durch­aus Hand und Fuß haben, wird das letz­te Wort in die­ser Streit­fra­ge immer noch der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem oben genann­ten Akten­zei­chen IV R 19/23 haben. Tat­säch­lich könn­te man hier näm­lich auch eine ande­re Auf­fas­sung ver­tre­ten, wenn­gleich die Argu­men­ta­ti­on des erst­in­stanz­li­chen Gerich­tes durch­aus schlüs­sig ist. Inso­weit wird abzu­war­ten blei­ben, wie sich die obers­ten Finanz­rich­ter der Repu­blik entscheiden.

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6. Für bilanzierende Steuerpflichtige: Aktivierung von Ansprüchen aus einer Rückbauverpflichtung?

Aktu­ell ist ein Steu­er­streit dar­über aus­ge­bro­chen, ob Ansprü­che aus einer Rück­bau­ver­pflich­tung zwin­gend akti­viert wer­den müs­sen. Die Finanz­ver­wal­tung geht hier von einer Akti­vie­rungs­pflicht aus.

Dem­ge­gen­über hat das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.9.2022 unter dem Akten­zei­chen 10 K 1809/18 die Mei­nung ver­tre­ten, dass akti­vie­rungs­pflich­ti­ge Ansprü­che als »qua­si siche­re For­de­run­gen« aus einer ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Rück­bau­ver­pflich­tung dann gera­de nicht vor­lie­gen, wenn das tat­säch­li­che Ein­tre­ten der Rück­bau­ver­pflich­tung über­haupt nicht gewiss ist. Hier­bei hält es das erst­in­stanz­li­che Gericht sogar für uner­heb­lich, in wel­chem Maß der Ein­tritt der Rück­bau­ver­pflich­tung als wahr­schein­lich ein­ge­stuft wird.

Zur Begrün­dung führt das erst­in­stanz­li­che Gericht wie folgt aus: Ent­spre­chend der gesetz­li­chen Vor­schrift in § 5 Absatz 1 Satz 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG) hat der Steu­er­pflich­ti­ge, der sei­nen Gewinn durch Betriebs­ver­mö­gens­ver­gleich ermit­telt, in sei­nen Bilan­zen das Betriebs­ver­mö­gen anzu­set­zen, dass nach den han­dels­recht­li­chen Grund­sät­zen ord­nungs­ge­mä­ßer Buch­füh­rung aus­zu­wei­sen ist.

Die Akti­vie­rung einer For­de­rung setzt danach die Rea­li­sa­ti­on vor­aus, die wie­der­um erfor­dert, dass die For­de­rung ent­we­der recht­lich oder doch zumin­dest wirt­schaft­lich ent­stan­den ist, wobei dann wei­ter mit der künf­ti­gen recht­li­chen Ent­ste­hung fest zu rech­nen sein muss. Nach dem Rea­li­sa­ti­ons­prin­zip, dass einen Grund­satz ord­nungs­mä­ßi­ger Buch­füh­rung dar­stellt, darf ein Gewinn grund­sätz­lich erst aus­ge­wie­sen wer­den, wenn er durch einen Umsatz ver­wirk­licht ist. Eine Gewinn­rea­li­sie­rung tritt dann ein, wenn der Leis­tungs­ver­pflich­te­te die von ihm geschul­de­ten Erfül­lungs­hand­lun­gen in der Wei­se erbracht hat, dass ihm die For­de­rung auf die Gegen­leis­tung so gut wie sicher ist. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind gege­ben, wenn der Leis­tungs­ver­pflich­te­te die von ihm geschul­de­ten Erfül­lungs­hand­lun­gen erbracht, das heißt sei­ne Ver­pflich­tung wirt­schaft­lich erfüllt hat, sodass dem Schuld­ner der Gegen­leis­tung die Ein­re­de des nicht erfüll­ten Ver­trags nicht mehr zusteht. Damit ist dem Leis­ten­den der Anspruch auf die Gegen­leis­tung so gut wie sicher. Sein Zah­lungs­ri­si­ko redu­ziert sich dar­auf, dass der Emp­fän­ger im Ein­zel­fall Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che gel­tend macht oder sich als zah­lungs­un­fä­hig erweist. Dann aber ist der Schwe­be­zu­stand des zugrun­de lie­gen­den Geschäfts been­det und der Gewinn aus die­ser Leis­tungs­be­zie­hung rea­li­siert. Ohne Bedeu­tung für die Gewinn­rea­li­sie­rung ist, ob am Bilanz­stich­tag die Rech­nung bereits erteilt wor­den ist, ob die gel­tend gemach­ten Ansprü­che noch abge­rech­net wer­den müs­sen oder die For­de­rung erst nach dem Bilanz­stich­tag fäl­lig wird.

For­de­run­gen, ins­be­son­de­re Geld­for­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen, sind wirt­schaft­lich ent­stan­den und damit zu akti­vie­ren, sobald sie wirt­schaft­lich in der Ver­gan­gen­heit ver­ur­sacht, also die für die Ent­ste­hung wesent­li­chen wirt­schaft­li­chen Ursa­chen im abge­lau­fe­nen Geschäfts­jahr gesetzt wor­den sind und am Bilanz­stich­tag hin­rei­chend sicher sind, sodass der Kauf­mann mit der künf­ti­gen recht­li­chen Ent­ste­hung des Anspruchs fest rech­nen kann. Für die Bilan­zie­rung kommt es nicht ent­schei­dend dar­auf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder öffent­lich-recht­li­chen Sin­ne ent­stan­den ist. Maß­ge­bend ist beim erst in der Ent­ste­hung begrif­fe­nen Anspruch viel­mehr, ob sich die Anwart­schaft genü­gen kon­kre­ti­siert hat und im Fal­le einer Betriebs­ver­äu­ße­rung von den Ver­trags­par­tei­en bei der Bemes­sung des Kauf­prei­ses berück­sich­tigt würde.

Eine auf­schie­bend beding­te For­de­rung kann grund­sätz­lich nicht akti­viert wer­den, weil sie erst mit Ein­tritt der Bedin­gung ent­steht. Aus­nahms­wei­se kommt eine Akti­vie­rung dann in Betracht, wenn die auf­schie­bend beding­te For­de­rung im Ein­zel­fall hin­rei­chend kon­kre­ti­siert erscheint, was ange­nom­men wer­den kann, wenn der Bedin­gungs­ein­tritt zumin­dest so gut wie sicher ist. Auf­schie­bend beding­te For­de­run­gen, bei denen der Bedin­gungs­ein­tritt unge­wiss ist, dür­fen nicht akti­viert wer­den, wenn die Bedin­gun­gen bis zum Bilanz­stich­tag nicht ein­ge­tre­ten sind.

Mit Ein­bu­chung einer For­de­rung aus Lie­fe­rung oder Leis­tung tritt regel­mä­ßig die Gewinn­rea­li­sie­rung ein. Der Zeit­punkt der Ein­bu­chung rich­tet sich des­halb nach den Bilan­zie­rungs­grund­sät­zen schwe­ben­der Geschäf­te. Solan­ge ein Leis­tungs­aus­tausch­ver­trag bei­der­sei­tig noch nicht erfüllt ist, ent­fällt eine Bilan­z­an­satz. Vor sei­ner wirt­schaft­li­chen Erfül­lung han­delt es sich bei dem geschäft­li­chen Vor­gang um ein schwe­ben­des Geschäft. Ein schwe­ben­der Ver­trag liegt dann vor, wenn bei einem zwei­sei­tig ver­pflich­ten­den Ver­trag, der auf einen gegen­sei­ti­gen Leis­tungs­aus­tausch gerich­tet ist, der zur Sach- oder Dienst­leis­tung Ver­pflich­te­te noch nicht voll­stän­dig erfüllt hat. Ohne Bedeu­tung ist dabei, ob bereits eine Rech­nung erstellt wor­den ist oder der Anspruch fäl­lig ist. Ansprü­che und Ver­bind­lich­kei­ten aus einem schwe­ben­den Geschäft dür­fen in der Bilanz grund­sätz­lich nicht berück­sich­tigt wer­den, weil wäh­rend des Schwe­be­zu­stands die wider­leg­ba­re Ver­mu­tung besteht, dass sich die wech­sel­sei­ti­gen Rech­te und Pflich­ten aus dem Ver­trag wert­mä­ßig aus­glei­chen. Ein Bilanz­aus­weis ist nur gebo­ten, wenn und soweit das Gleich­ge­wicht einer sol­chen Ver­trags­be­zie­hung durch Vor­leis­tun­gen oder Erfül­lungs­rück­stand eines Ver­trags­part­ners gestört ist oder aus die­sem Geschäft ein Ver­lust droht.

Die Regeln zur bilanz­recht­li­chen Behand­lung schwe­ben­der Geschäf­te gel­ten auch für Dau­er­schuld­ver­hält­nis­se. Bei (zeit­raum­be­zo­ge­nen) Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen besteht jedoch die Beson­der­heit, dass kein Erfül­lungs­zeit­punkt für Zwe­cke der Ertrags- und Gewinn­rea­li­sie­rung aus­zu­ma­chen ist, an den die Rea­li­sie­rung anknüp­fen könn­te. Sie füh­ren viel­mehr zu einer zeit­pro­por­tio­na­len Gewinn­rea­li­sie­rung, weil die zeit­raum­be­zo­ge­ne Leis­tung sich in jedem Augen­blick des Ver­trags­zeit­raums kon­kre­ti­siert. Die all­ge­mei­nen Grund­sät­ze sind des­halb hier mit der Maß­ga­be anzu­wen­den, dass das gesam­te Rechts­ver­hält­nis in ein­zel­ne zeit­li­che Seg­men­te auf­ge­teilt wird, von denen eins am Bilanz­stich­tag endet. Das Dau­er­schuld­ver­hält­nis ist danach als am Bilanz­stich­tag erfüllt anzu­se­hen, wenn der Dienst- oder Sach­leis­tungs­ver­pflich­te­te die von ihm bis dahin geschul­de­te Leis­tun­gen ganz oder voll­stän­dig erbracht hat, sodass das Rechts­ver­hält­nis hin­sicht­lich sei­nes zeit­lich zurück­lie­gen­den Teils nicht mehr »schwebt«, son­dern inso­weit ein Gewinn rea­li­siert wird.

Ledig­lich hin­sicht­lich zukünf­ti­ger Zeit­ab­schnit­te blei­ben zeit­raum­be­zo­ge­ne Leis­tungs­ver­hält­nis­se auch nach zeit­an­tei­li­ger Erfül­lung »schwe­bend«. Die all­ge­mei­nen Regeln gel­ten auch für die Vor­aus­set­zun­gen und Rechts­fol­gen eines Erfül­lungs­rück­stands bei Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen nur mit der Maß­ga­be, dass es auf die bis zum Bilanz­stich­tag zu erbrin­gen­den und erbrach­ten Leis­tun­gen ankommt, wobei ins­be­son­de­re maß­geb­lich ist, ob eine am Bilanz­stich­tag aus­ste­hen­de Leis­tung eine vor dem Stich­tag erbrach­te Gegen­leis­tung des ande­ren Teils abgel­ten soll.

Auf Basis die­ser Grund­sät­ze lehn­te das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt Köln in der oben bereits zitier­ten Ent­schei­dung die Akti­vie­rung der Ansprü­che aus einer Rück­bau­ver­pflich­tung ab. Aller­dings war die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zuzu­las­sen, da frag­lich ist, ob die Grund­sät­ze der Urtei­le des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 17.2.1998 unter dem Akten­zei­chen VIII R 28/95 anzu­wen­den sind. In die­ser Ent­schei­dung hat­te der Bun­des­fi­nanz­hof klar­ge­stellt, dass der Ver­päch­ter eines Unter­neh­mens in sei­ner Han­dels- und Steu­er­bi­lanz den Anspruch auf Erhal­tung und Erneue­rung der Pacht­ge­gen­stän­de in Höhe des jähr­lich zuwach­sen­den Teil­an­spruchs zu akti­vie­ren hat. Aktu­ell muss nun der Bun­des­fi­nanz­hof unter dem Akten­zei­chen XI R 40/22 klä­ren, wie es mit der Akti­vie­rungs­pflicht ent­spre­chen­der Ansprü­che kon­kret aussieht.

Betrof­fe­ne soll­ten sich unter Ver­weis auf das anhän­gi­ge Ver­fah­ren auf den Stand­punkt stel­len, dass eine Akti­vie­rung nicht nötig ist.

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7. Für Unternehmen aus dem Drittland: Zur Frage des deutschen Vorsteuerabzugs

Mit Urteil vom 27.06.2023 hat das Finanz­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg unter dem Akten­zei­chen 2 K 2072/22 ent­schie­den, dass der Vor­steu­er­ab­zug eines außer­halb des Gemein­schafts­ge­biets ansäs­si­gen Unter­neh­mers, der kei­ne inlän­di­schen Aus­gangs­um­sät­ze erbringt, aus­ge­schlos­sen ist.

In dem vor­lie­gen­den Fall wird über einen Rechts­streit bezüg­lich des Vor­steu­er­ab­zugs eines außer­halb des Gemein­schafts­ge­biets ansäs­si­gen Unter­neh­mers ent­schie­den. Die Klä­ge­rin, eine Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung aus Mau­ri­ti­us, betreibt Hotels und Resorts in ver­schie­de­nen Län­dern, dar­un­ter auch Deutsch­land. In Deutsch­land unter­hält die Klä­ge­rin ein Ver­bin­dungs­bü­ro für Geschäfts­be­zie­hun­gen zu deut­schen Rei­se­ver­an­stal­tern. Der Rechts­streit dreht sich um die Fra­ge, ob die Klä­ge­rin einen Anspruch auf Vor­steu­er­ab­zug hat und ob die­ser im Regel­be­steue­rungs­ver­fah­ren oder im Vor­steu­er­ver­gü­tungs­ver­fah­ren gel­tend gemacht wer­den muss.

Der Bun­des­fi­nanz­hof und das Finanz­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg haben ent­schie­den, dass der Vor­steu­er­ab­zug der Klä­ge­rin im all­ge­mei­nen Besteue­rungs­ver­fah­ren aus­ge­schlos­sen ist. Dies liegt dar­an, dass die Klä­ge­rin als im Aus­land ansäs­si­ges Unter­neh­men kei­ne steu­er­ba­ren Umsät­ze im Inland erbracht hat und somit nicht im Gemein­schafts­ge­biet ansäs­sig ist. Die Klä­ge­rin erbringt durch ihre inlän­di­sche Betriebs­stät­te kei­ne Aus­gangs­um­sät­ze, was bedeu­tet, dass der Vor­steu­er­ab­zug gemäß § 15 Abs. 4b UStG aus­ge­schlos­sen ist, selbst wenn wegen einer Steu­er­schuld gemäß § 13b UStG das all­ge­mei­ne Besteue­rungs­ver­fah­ren anzu­wen­den wäre.

Des Wei­te­ren wird fest­ge­stellt, dass die Wer­be­leis­tun­gen, die die Klä­ge­rin erhal­ten hat, nicht der deut­schen Betriebs­stät­te zuzu­ord­nen sind und somit nicht in Deutsch­land steu­er­bar waren. Auch der Ver­kauf von Büro­mö­beln an eine deut­sche GmbH führt nicht zu einem Anspruch auf Vor­steu­er­ab­zug, da die­ser Umsatz nicht der Betriebs­stät­te in Deutsch­land zuzu­ord­nen ist, son­dern dem Stamm­haus in Mauritius.

Zusam­men­fas­send kann fest­ge­hal­ten wer­den, dass der Vor­steu­er­ab­zug der Klä­ge­rin auf­grund ihrer Situa­ti­on als außer­halb des Gemein­schafts­ge­biets ansäs­si­ges Unter­neh­men und auf­grund des Feh­lens von steu­er­ba­ren Aus­gangs­um­sät­zen in Deutsch­land aus­ge­schlos­sen ist.

Das letz­te Wort wird hier jedoch noch der Bun­des­fi­nanz­hof haben, wel­cher unter dem Akten­zei­chen XI R 27/23 noch klä­ren muss, ob der Vor­steu­er­ab­zug eines soge­nann­ten Dritt­land­un­ter­neh­mens bei Leis­tungs­be­zug inlän­di­scher Reprä­sen­ta­ti­ons­bü­ros tat­säch­lich aus­ge­schlos­sen ist.

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8. Für Unternehmer: Zum Vorsteuerabzug einer Funktionsholding

Mit Urteil vom 19.04.2018 hat­te das Nie­der­säch­si­sche Finanz­ge­richt unter dem Akten­zei­chen 5 K 285/16 ent­schie­den, dass das Erbrin­gen von Sach­leis­tun­gen als Gesell­schafts­ver­trag Teil der unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit der akti­ven Betei­li­gungs­ver­wal­tung einer Funk­ti­ons­hol­ding ist und hat­te somit den Vor­steu­er­ab­zug auf Ebe­ne der Hol­ding zuge­las­sen. Die­se Ent­schei­dung ist nun Jah­re spä­ter durch den Bun­des­fi­nanz­hof lei­der gekippt worden.

Zum Hin­ter­grund: Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatz­steu­er­ge­setz (UStG) kann der Unter­neh­mer die gesetz­lich geschul­de­te Steu­er für Lie­fe­run­gen und sons­ti­ge Leis­tun­gen, die von einem ande­ren Unter­neh­mer für sein Unter­neh­men aus­ge­führt wor­den sind, als Vor­steu­er abzie­hen. Die­se Vor­schrift beruht auf Art. 168 Buchst. a der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie der Euro­päi­schen Gemein­schaft (MwSt­Sys­tRL), wonach der Steu­er­pflich­ti­ge berech­tigt ist, die im Inland geschul­de­te oder ent­rich­te­te Mehr­wert­steu­er für Gegen­stän­de und Dienst­leis­tun­gen, die ihm von einem ande­ren Steu­er­pflich­ti­gen gelie­fert oder erbracht wer­den, vom Betrag der von ihm geschul­de­ten Steu­er abzu­zie­hen, soweit die Gegen­stän­de und Dienst­leis­tun­gen für Zwe­cke sei­ner besteu­er­ten Umsät­ze ver­wen­det werden.

Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung ist eine Hol­ding­ge­sell­schaft, deren ein­zi­ger Zweck der Erwerb von Betei­li­gun­gen an ande­ren Unter­neh­men ist, ohne dass sie (unbe­scha­det ihrer Rech­te als Aktio­nä­rin oder Gesell­schaf­te­rin) unmit­tel­bar oder mit­tel­bar in die Ver­wal­tung die­ser Gesell­schaf­ten ein­greift, kei­ne Mehr­wert­steu­er­pflich­ti­ge im Sin­ne von Art. 9 MwSt­Sys­tRL und somit nicht zum Vor­steu­er­ab­zug nach Art. 167 ff. MwSt­Sys­tRL berech­tigt. Der blo­ße Erwerb und das blo­ße Hal­ten von Akti­en stel­len für sich genom­men kei­ne wirt­schaft­li­che Tätig­keit im Sin­ne der MwSt­Sys­tRL dar, die den Erwer­ber bzw. Inha­ber zum Steu­er­pflich­ti­gen machen wür­de, da die­se Vor­gän­ge nicht die Nut­zung eines Gegen­stands zur nach­hal­ti­gen Erzie­lung von Ein­nah­men beinhal­ten, weil das ein­zi­ge Ent­gelt aus ihnen in einem etwai­gen Gewinn beim Ver­kauf die­ser Akti­en liegt.

Etwas ande­res gilt jedoch dann, wenn die finan­zi­el­le Betei­li­gung an einem ande­ren Unter­neh­men unbe­scha­det der Rech­te, die dem Anteils­eig­ner in sei­ner Eigen­schaft als Aktio­när oder Gesell­schaf­ter zuste­hen, mit unmit­tel­ba­ren oder mit­tel­ba­ren Ein­grif­fen in die Ver­wal­tung der Gesell­schaft ein­her­geht, an der die Betei­li­gung begrün­det wor­den ist. Der Begriff »Ein­griff einer Hol­ding in die Ver­wal­tung ihrer Toch­ter­ge­sell­schaft« ist dahin zu ver­ste­hen, dass er alle Umsät­ze umfasst, die eine wirt­schaft­li­che Tätig­keit im Sin­ne der Mehr­wert­steu­er­richt­li­nie dar­stel­len und von der Hol­ding für ihre Toch­ter­ge­sell­schaft erbracht wer­den, soweit ein sol­cher Ein­griff als Umsatz gemäß Art. 2 MwSt­Sys­tRL der Mehr­wert­steu­er unter­liegt, wie bei­spiels­wei­se die ent­gelt­li­che Erbrin­gung von admi­nis­tra­ti­ven, buch­füh­re­ri­schen, finan­zi­el­len, kauf­män­ni­schen, der Infor­ma­tik zuzu­ord­nen­den oder tech­ni­schen Dienstleistungen.

Inso­weit hat das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt nach Auf­fas­sung des Bun­des­fi­nanz­hofs zu Unrecht ange­nom­men, dass die Erbrin­gung von Sach­leis­tun­gen als Gesell­schaf­ter­bei­trag Teil der unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit der Klä­ge­rin sei. Die strei­ti­gen Ein­gangs­leis­tun­gen der Klä­ge­rin ste­hen weder in einem direk­ten und unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang mit steu­er­pflich­ti­gen Aus­gangs­um­sät­zen der Klä­ge­rin noch gehö­ren sie zu den all­ge­mei­nen Auf­wen­dun­gen der Klä­ge­rin und sind als sol­che Kos­ten­ele­men­te der von ihr erbrach­ten Dienst­leis­tun­gen. Sie ste­hen im direk­ten und unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang zu den über­wie­gend steu­er­frei­en Umsät­zen der Toch­ter­ge­sell­schaf­ten. Aus die­sen Grün­den kommt der Bun­des­fi­nanz­hof zu dem Schluss, dass die Vor­ent­schei­dung auf­zu­he­ben ist.

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung setzt ein Vor­steu­er­ab­zug unter ande­rem vor­aus, dass die Ein­gangs­leis­tun­gen vom Steu­er­pflich­ti­gen auf einer nach­fol­gen­den Umsatz­stu­fe für die Zwe­cke sei­ner besteu­er­ten Umsät­ze ver­wen­det wer­den und auf einer vor­aus­ge­hen­den Umsatz­stu­fe von einem ande­ren Steu­er­pflich­ti­gen gelie­fert bzw. erbracht wer­den. Die­se Zweck­be­stim­mung erfor­dert grund­sätz­lich einen direk­ten und unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang zwi­schen einem bestimm­ten Ein­gangs­um­satz und einem oder meh­re­ren Aus­gangs­um­sät­zen, die das Recht auf Vor­steu­er­ab­zug eröff­nen. Zuguns­ten des Steu­er­pflich­ti­gen wird aber nach stän­di­ger Recht­spre­chung auch bei Feh­len eines direk­ten und unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hangs zwi­schen einem bestimm­ten Ein­gangs­um­satz und einem oder meh­re­ren zum Abzug berech­ti­gen­den Aus­gangs­um­sät­zen ein Vor­steu­er­ab­zug auch dann ange­nom­men, wenn die Kos­ten für die frag­li­chen Dienst­leis­tun­gen zu den all­ge­mei­nen Auf­wen­dun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen gehö­ren und als sol­che Kos­ten­ele­men­te der von ihm gelie­fer­ten Gegen­stän­de oder erbrach­ten Dienst­leis­tun­gen sind. Der­ar­ti­ge Kos­ten hän­gen näm­lich direkt und unmit­tel­bar mit der wirt­schaft­li­chen Gesamt­tä­tig­keit des Steu­er­pflich­ti­gen zusammen.

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof hat im Urteil vom 8.9.2022 unter dem Akten­zei­chen C‑98/21 in Rz 47 bis 49 all­ge­mein zum Zusam­men­hang zwi­schen den Ein­gangs­leis­tun­gen und Aus­gangs­leis­tun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen ausgeführt:

»In bei­den Fäl­len [Bestehen eines direk­ten und unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hangs zum Ausgangsumsatz/zu den Aus­gangs­um­sät­zen bzw. Zuge­hö­rig­keit zu den all­ge­mei­nen Auf­wen­dun­gen] ist es erfor­der­lich, dass die Kos­ten der Ein­gangs­ge­gen­stän­de oder ‑leis­tun­gen jeweils Ein­gang in den Preis bestimm­ter Aus­gangs­um­sät­ze oder in den Preis der Gegen­stän­de oder Dienst­leis­tun­gen fin­den, die der Steu­er­pflich­ti­ge im Rah­men sei­ner wirt­schaft­li­chen Tätig­keit lie­fert bzw. erbringt […].

Wenn hin­ge­gen von einem Steu­er­pflich­ti­gen bezo­ge­ne Gegen­stän­de oder Dienst­leis­tun­gen mit steu­er­be­frei­ten Umsät­zen zusam­men­hän­gen oder nicht vom Anwen­dungs­be­reich der Mehr­wert­steu­er erfasst wer­den, kann es weder zur Erhe­bung der Steu­er auf der fol­gen­den Stu­fe noch zum Abzug der Vor­steu­er kommen.

Der Gerichts­hof hat außer­dem klar­ge­stellt, dass das Bestehen von Zusam­men­hän­gen zwi­schen Umsät­zen anhand des objek­ti­ven Inhalts die­ser Umsät­ze zu beur­tei­len ist. Dies bedeu­tet ins­be­son­de­re, dass alle Umstän­de zu berück­sich­ti­gen sind, unter denen die betref­fen­den Umsät­ze aus­ge­führt wur­den, und nur die Umsät­ze her­an­zu­zie­hen sind, die objek­tiv im Zusam­men­hang mit der der Steu­er unter­lie­gen­den Tätig­keit des Steu­er­pflich­ti­gen ste­hen […]. Maß­ge­bend sind nach der Recht­spre­chung dem­entspre­chend die tat­säch­li­che Ver­wen­dung der vom Steu­er­pflich­ti­gen erwor­be­nen Gegen­stän­de und Dienst­leis­tun­gen […] und der aus­schließ­li­che Ent­ste­hungs­grund des frag­li­chen Umsat­zes, da die­ser als ein Kri­te­ri­um für die Bestim­mung des objek­ti­ven Inhalts anzu­se­hen ist […].«

Auf Basis des vor­ge­nann­ten Urteils hat daher der Bun­des­fi­nanz­hof in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.2.2023 unter dem Akten­zei­chen XI R 24/22 lei­der klar­ge­stellt, dass einer Hol­ding­ge­sell­schaft der Vor­steu­er­ab­zug für Ein­gangs­leis­tun­gen zu ver­sa­gen ist, die

  • nicht in einem direk­ten und unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang mit von der Hol­ding erbrach­ten steu­er­pflich­ti­gen Dienst­leis­tun­gen, son­dern mit von ihr als Gesell­schaf­ter­bei­trag geschul­de­ten unent­gelt­li­chen Dienst­leis­tun­gen stehen,

  • nicht in direk­tem und unmit­tel­ba­rem Zusam­men­hang mit den eige­nen Umsät­zen der Hol­ding, son­dern mit den Umsät­zen Drit­ter (der Toch­ter­ge­sell­schaf­ten) stehen,

  • in den Preis der an die Toch­ter­ge­sell­schaf­ten erbrach­ten steu­er­pflich­ti­gen Umsät­ze kei­nen Ein­gang fin­den und

  • nicht zu den all­ge­mei­nen Kos­ten­ele­men­ten der eige­nen wirt­schaft­li­chen Tätig­keit der Hol­ding gehören.

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