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Aufspaltung führt zur Zurechnung der Vorbesitzzeit im Sinne von § 6a GrEStG

Das Finanz­ge­richt Müns­ter hat ent­schie­den, dass die für Zwe­cke der Steu­er­be­frei­ung nach § 6a GrEStG erfor­der­li­che Vor­be­sitz­zeit bei Auf­spal­tung einer KG der Gesell­schaf­te­rin im Wege der Gesamt­rechts­nach­fol­ge zuge­rech­net wird.

Eine KG war seit 1993 allei­ni­ge Gesell­schaf­te­rin einer GmbH, die Grund­s­tü­cke hielt. Die bei­den Kom­man­di­tis­ten grün­de­ten im Jahr 2010 jeweils als Allein­ge­sell­schaf­ter die Klägerin und eine wei­te­re GmbH und brach­ten zunächst ihre jeweils hälftigen Kom­man­dit­an­tei­le in die bei­den Gesell­schaf­ten ein. Die­ser Vor­gang löste unstrei­tig gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG Grund­er­werb­steu­er aus. Eben­falls im Jahr 2010 wur­de ein Spal­tungs- und Übernahmevertrag geschlos­sen, nach dem das Vermögen der KG dahin­ge­hend auf­ge­teilt wur­de, dass ein Teil­be­trieb, der die Betei­li­gung an der Grund­s­tücks-GmbH umfass­te, an die Klägerin und ein wei­te­rer Teil­be­trieb an die ande­re Kom­man­di­tis­tin über­tra­gen wur­den. Im Jahr 2013 wur­de die Grund­s­tücks-GmbH auf die Klägerin verschmolzen.

Das Finanz­amt lehn­te die von der Klägerin für den Ver­schmel­zungs­vor­gang bean­trag­te Steu­er­be­frei­ung nach § 6a GrEStG unter Hin­weis auf die nicht ein­ge­hal­te­ne Vor­be­hal­tens­frist von fünf Jah­ren ab. Dem­ge­genü­ber ver­trat die Klägerin die Auf­fas­sung, dass ihr die Vor­be­sitz­zeit der KG im Wege der Gesamt­rechts­nach­fol­ge zuzu­rech­nen sei.

Der 8. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Durch die Ver­schmel­zung wer­de ein Erwerbs­tat­be­stand ausgelöst, der aber nach § 6a GrEStG steu­er­frei sei. An der Ver­schmel­zung, die auf Grund­la­ge der Vor­schrif­ten des Umwand­lungs­ge­set­zes erfolgt sei, sei­en die Klägerin als herr­schen­des Unter­neh­men und die Grund­s­tücks-GmbH als abhängige Gesell­schaft betei­ligt gewesen.

Die wei­te­re Vor­aus­set­zung, dass die Klägerin inner­halb des Zeit­raums von fünf Jah­ren vor der Ver­schmel­zung mit­tel­bar oder unmit­tel­bar zu min­des­tens 95 % an der Grund­s­tücks-GmbH betei­ligt gewe­sen sein muss (Vor­be­hal­tens­frist), sei eben­falls erfüllt. Sie selbst sei seit 2010 zu 100 % betei­ligt gewe­sen. Dar­Ã¼­ber hin­aus sei ihr als Gesamt­rechts­nach­fol­ge­rin der KG deren 100%ige Betei­li­gung gemäß § 45 AO zuzurechnen.

Die Gesamt­rechts­nach­fol­ge umfas­se nicht nur For­de­run­gen und Schul­den, son­dern erstre­cke sich auf alle steu­er­lich rele­van­ten Umstände. Zivil­recht­lich sei die Klägerin im Zuge der Auf­spal­tung Gesamt­rechts­nach­fol­ge­rin der KG gewor­den, denn bei der Auf­spal­tung kom­me es zu einer geteil­ten Gesamt­rechts­nach­fol­ge hin­sicht­lich des jeweils über­tra­ge­nen Vermögens.

Der Zurech­nung stün­den auch kei­ne Nor­men oder Prin­zi­pi­en des Grund­er­werb­steu­er­rechts ent­ge­gen. Zwar sei die Gesamt­rechts­nach­fol­ge im Hin­blick auf die in §§ 5 und 6 GrEStG ent­hal­te­nen Vor- und Nach­be­hal­tens­fris­ten schädlich. Die­se Sicht­wei­se sei aber nicht auf § 6a GrEStG über­trag­bar, da die­se Fris­ten in den jewei­li­gen Nor­men unter­schied­li­che Ziel­set­zun­gen ver­folg­ten. Bei §§ 5 und 6 GrEStG, die Rechtsträgerwechsel zwi­schen Gesamt­hand und Gesamthändern von der Steu­er aus­neh­men, dien­ten die Vor- und Nach­be­hal­tens­fris­ten der Miss­brauchs­ver­mei­dung. Dem­ge­genü­ber sol­le § 6a GrEStG aus wirt­schafts­po­li­ti­schen Grün­den die Umstruk­tu­rie­rung von Unter­neh­men erleich­tern, wobei die Vor- und Nach­be­hal­tens­fris­ten vor­nehm­lich dazu dien­ten, die als ver­scho­nungs­wür­dig qua­li­fi­zier­ten Sach­ver­hal­te zu umschrei­ben und zu begren­zen. Vor die­sem Hin­ter­grund erschei­ne es sys­tem­ge­recht, die Vor­be­sitz­zeit der KG der Klägerin zuzu­rech­nen, denn es wür­de Umstruk­tu­rie­run­gen erschwe­ren, wenn der Rechts­nach­fol­ger mit Blick auf die Vor­be­sitz­zeit wie­der „bei Null“ anfan­gen müsste.

Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zugelassen.

FG Müns­ter, Mit­tei­lung vom 15.02.2023 zum Urteil 8 K 169/21 vom 12.01.2023

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