Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Wirksame förmliche Zustellung setzt auch während der Covid-19-Pandemie den Versuch einer Übergabe des Schriftstücks voraus

Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) hat ent­schie­den, dass eine Ersatz­zu­stel­lung durch Ein­le­gen in den Brief­kas­ten unwirk­sam ist, wenn der Zustel­ler nicht zuvor ver­sucht, die Post­sen­dung mit dem Schrift­stück persönlich zu über­ge­ben. Dies gilt auch während der Covid-19-Pandemie.

Für förmliche Zustel­lun­gen –etwa von Gerichts­ent­schei­dun­gen oder beson­ders wich­ti­gen Ver­wal­tungs­ak­ten– hat der Gesetz­ge­ber ein kla­res Regel­werk auf­ge­stellt (§§ 166 ff. der Zivil­pro­zess­ord­nung –ZPO–). Wenn die­se Regeln bei der Zustel­lung nicht beach­tet wer­den, ist die Zustel­lung unwirk­sam. Eine „Heilung“ des Man­gels tritt erst in dem Zeit­punkt ein, in dem der Empfänger das Schrift­stück tatsächlich in die Hand bekommt.

In dem nun vom BFH ent­schie­de­nen Fall hat­te der Post­zu­stel­ler die Sen­dung mit einem Gerichts­ur­teil an einem Sams­tag in den Brief­kas­ten der von den Klägern bevollmächtigten Steu­er­be­ra­tungs­kanz­lei ein­ge­legt. ¤re die­ser Sams­tag das Zustel­lungs­da­tum gewe­sen, wäre die von den Klägern ein­ge­leg­te Revi­si­on zu spät erho­ben wor­den. Die Kläger mach­ten aller­dings gel­tend, die Zustel­lung sei unwirk­sam, weil der Zustel­ler während der Covid-19-Pan­de­mie nie­mals ver­sucht habe, in den Kanzleiräumen zu klin­geln und das Schrift­stück dort zu übergeben.

Der X. Senat des BFH hat Beweis erho­ben durch Ein­ho­lung einer Aus­kunft der Deut­schen Post AG und durch Ver­neh­mung des zuständigen Post­zu­stel­lers als Zeu­gen. Die Beweis­auf­nah­me hat er-geben, dass es im Bereich der Deut­schen Post AG zwar kei­ne gene­rel­len Anwei­sun­gen gab, während der Covid-19-Pan­de­mie auf ein Klin­geln beim Empfänger und den Ver­such einer persönlichen Übergabe zu ver­zich­ten, der Amts­lei­ter des Zustel­lers aber eine sol­che Anwei­sung erteilt hatte.

Auf die­ser Grund­la­ge hat der BFH die Zustel­lung als unwirk­sam ange­se­hen. Im Gegen­satz zu ande­ren Rechts­ge­bie­ten, in denen der Gesetz­ge­ber pan­de­mie­be­ding­te Erleich­te­run­gen in Bezug auf bestimm­te ¶rmlichkeiten vor­ge­se­hen hat, sind zu den Zustel­lungs­vor­schrif­ten der ZPO kei­ne gesetz­li­chen Son­der­re­geln geschaf­fen wor­den. Auch das für den Streit­fall maßgebende Lan­des­recht ord­ne­te nicht an, dass bei Zustel­lun­gen ein Kon­takt­ver­bot bestehe. Dies hat der BFH für die in Bay­ern im Juni 2021 gel­ten­den Infek­ti­ons­schutz­re­geln, die ver­gleich­bar mit denen ande­rer Bundesländer gewe­sen sein dürf­ten, ent­schie­den. Daher konn­te offen blei­ben, ob der Lan­des­ge­setz­ge­ber über­haupt die bun­des­recht­li­chen Zustel­lungs­re­ge­lun­gen modi­fi­zie­ren konnte.

Der damit gege­be­ne Zustel­lungs­man­gel wur­de erst am dar­auf­fol­gen­den Mon­tag geheilt, als eine Mit­ar­bei­te­rin des Steu­er­be­ra­ters den Kanz­lei­brief­kas­ten geleert hat. Daher hat­ten die Kläger die Revi­si­ons­frist gewahrt.

BFH, Pres­se­mit­tei­lung vom 12.1.2023 zu Urteil vom 19.10.2022, X R 14/21

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