Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Umsatzbesteuerung der Beherbergung und Verköstigung von Kindern und Jugendlichen auf Reiterhöfen

Der 4. Senat des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Finanz­ge­richts hat sich mit der Fra­ge der Umsatz­be­steue­rung der Beher­ber­gung und Verköstigung von Kin­dern und Jugend­li­chen auf Reiterhöfen befasst.

Die Klägerin erziel­te Umsätze aus der Durch­füh­rung von Reit­kur­sen für Kin­der und Jugend­li­che sowie aus der Beher­ber­gung und Verköstigung der auf dem Rei­ter­hof auf­ge­nom­me­nen Kin­der und Jugend­li­chen (u. a. Schul­klas­sen im Rah­men von Klas­sen­fahr­ten). Die Ziel­aus­rich­tung der in die­sem Rah­men ange­bo­te­nen Kur­se waren je nach Alters­klas­se unter­schied­lich. Die Kur­se der älteren Kurs­teil­neh­mer waren auf das Able­gen von Leis­tungs­ab­zei­chen aus­ge­rich­tet, die Kur­se der jün­ge­ren Kurs­teil­neh­mer und der Klas­sen­fahr­ten u. a. auf das alters­ge­rech­te Erle­nen des Umgangs mit Ponys. Die Leis­tungs­ab­zei­chen bil­de­ten in den Streit­jah­ren die Vor­aus­set­zung für den Ein­stieg in den Tur­nier­sport. Das Tages­pro­gramm im Rah­men der Klas­sen­fahr­ten wur­de ausschließlich vom Per­so­nal der Klägerin gestal­tet, wel­ches auch die Auf­sicht über die Kin­der aus­Ã¼b­te. Das Minis­te­ri­um für Bil­dung, Wis­sen­schaft und Kul­tur beschei­nig­te der Klägerin für den Streit­zeit­raum, dass sie durch Reit­un­ter­richt an Klas­sen öffentlicher Schu­len anlässlich von Klas­sen­fahr­ten, Pony­kur­sen, Lehrgängen für Rei­ter­ab­zei­chen […] Leis­tun­gen erbringt, die gemäß § 4 Nr. 21 UStG ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juris­ti­schen Per­son des öffentlichen Rechts abzu­le­gen­den Prü­fung vorbereiten.

Die Klägerin ver­trat die Auf­fas­sung, dass die von ihr mit den Reit­kur­sen und der Beher­ber­gung sowie Verköstigung erziel­ten Umsätze nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Dop­pel­buchst. aa und Nr. 23 UStG sowie gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Mehr­wert­steu­er-Sys­tem­richt­li­nie von der Umsatz­steu­er befreit sei­en. Bei dem Rei­ter­hof han­de­le es sich um eine berufs­bil­den­de Ein­rich­tung i. S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Dop­pel­buchst. bb UStG, da der Reit­un­ter­richt auf die Vor­be­rei­tung einer späteren Berufs­aus­rich­tung aus­ge­rich­tet gewe­sen sei und damit der Berufs­aus­bil­dung gedient habe. Die Unter­kunfts- und Ver­pfle­gungs­leis­tun­gen sei­en als steu­er­freie Neben­leis­tung anzu­se­hen, da sie als Mit­tel dafür erbracht wor­den sei­en, um die Haupt­leis­tung unter opti­ma­len Bedin­gun­gen in Anspruch zu neh­men. Fer­ner han­de­le es sich bei dem Reit­un­ter­richt um Schul­un­ter­richt – jeden­falls soweit die­ser im Rah­men von Klas­sen­fahr­ten erteilt wor­den sei. Die Ertei­lung des Reit­un­ter­richts sei zudem als Erzie­hung von Kin­dern und Jugend­li­chen i. S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der MwSt­Sys­tRL anzu­se­hen. Fer­ner sei­en Jugend­li­che für die Ertei­lung von Reit­sport­un­ter­richt in Theo­rie und Pra­xis zu Erziehungs‑, Aus­bil­dungs- und Fort­bil­dungs­zwe­cken auf­ge­nom­men wor­den und damit die Vor­aus­set­zun­gen des § 4 Nr. 23 UStG erfüllt. Der Beklag­te trat die­ser Auf­fas­sung entgegen.

Der 4. Senat hat hier­zu zunächst erkannt, dass Reit­kur­se für Jugend­li­che und Kin­der sowie deren Beher­ber­gung und Verköstigung auf Reiterhöfen jeweils eige­ne, selbstständige Leis­tun­gen dar­stell­ten, die für die Fra­ge einer etwai­gen Befrei­ung von der Umsatz­steu­er jeweils ein­zeln zu betrach­ten sei­en. Dabei könnten die auf die Reit­kur­se ent­fal­len­den Umsätze gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a Dop­pel­buchst. bb UStG von der Umsatz­steu­er befreit sein, wenn die Kur­se dar­auf aus­ge­rich­tet sei­en, den Kurs­teil­neh­mern den unmit­tel­ba­ren Berufs­ein­stieg in den Tur­nier­sport zu ermöglichen. In die­sen ¤llen erfol­ge die Auf­nah­me von Jugend­li­chen zu Aus­bil­dungs­zwe­cken im Sin­ne des § 4 Nr. 23 UStG a. F., sodass auch die auf die Beher­ber­gung und Verköstigung ent­fal­len­den Umsätze nach § 4 Nr. 23 UStG a. F. von der Umsatz­steu­er befreit sein könnten. Dem­ge­genü­ber erfol­ge die Auf­nah­me von Jugend­li­chen zu Erzie­hungs­zwe­cken im Sin­ne des § 4 Nr. 23 UStG a. F., wenn durch die Ver­mitt­lung des rich­ti­gen Umgangs mit Pfer­den und durch einen struk­tu­rier­ten Tages­ab­lauf erzie­he­risch auf die Jugend­li­chen ein­ge­wirkt wer­de und der Erzie­hungs­zweck während der Auf­ent­halts­dau­er erreicht wer­den könne.

FG Schles­wig-Hol­stein, Mit­tei­lung vom 30.06.2022 zum Urteil 4 K 114/17 vom 02.03.2022 (nrkr – BFH-Az.: XI R 9/22)

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