Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt

Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) hat mit Urteil vom 12.07.2022 – VIII R 8/19 ent­schie­den, dass eine unan­ge­kün­dig­te Woh­nungs­be­sich­ti­gung durch einen Beam­ten der Steu­er­fahn­dung als sog. Flan­ken­schutz­prü­fer zur Überprüfung der Anga­ben der Steu­er­pflich­ti­gen zu einem häuslichen Arbeits­zim­mer rechts­wid­rig ist, wenn die Steu­er­pflich­ti­ge bei der Aufklärung des Sach­ver­halts mitwirkt.

Eine selbständige Unter­neh­mens­be­ra­te­rin mach­te in ihrer Einkommensteuererklärung erst­mals Auf­wen­dun­gen für ein häusliches Arbeits­zim­mer gel­tend. Auf Nach­fra­ge des Finanz­amts (FA) reich­te sie eine Skiz­ze der Woh­nung ein, die der Sach­be­ar­bei­ter des FA aber für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flan­ken­schutz­prü­fer um Besich­ti­gung der Woh­nung. Die­ser erschien unan­ge­kün­digt an der Woh­nungs­tür der Steu­er­pflich­ti­gen, wies sich als Steu­er­fahn­der aus und betrat unter Hin­weis auf die Überprüfung im Besteue­rungs­ver­fah­ren die Woh­nung. Die Steu­er­pflich­ti­ge hat der Besich­ti­gung nicht widersprochen.

Der BFH urteil­te, dass die Besich­ti­gung rechts­wid­rig war. Zur Überprüfung der Anga­ben zum häuslichen Arbeits­zim­mer im Besteue­rungs­ver­fah­ren ist ange­sichts des in Art. 13 Abs. 1 des Grund­ge­set­zes (GG) ver­bürg­ten Schut­zes der Unver­letz­lich­keit der Woh­nung eine Besich­ti­gung in der Woh­nung eines mit­wir­kungs­be­rei­ten Steu­er­pflich­ti­gen erst dann erfor­der­lich, wenn die Unklar­hei­ten durch wei­te­re Aus­künf­te oder ande­re Beweis­mit­tel (z.B. Foto­gra­fien) nicht mehr sach­ge­recht aufgeklärt wer­den können. Dies gilt auch dann, wenn die Steu­er­pflich­ti­ge –so wie im Streit­fal­l– der Besich­ti­gung zuge­stimmt hat und des­halb ein schwe­rer Grund­rechts­ein­griff nicht vorliegt.

Wie der BFH wei­ter aus­führ­te, war die Ermittlungsmaßnahme auch des­halb rechts­wid­rig, weil sie von einem Steu­er­fahn­der und nicht von einem Mit­ar­bei­ter der Ver­an­la­gungs­stel­le durch­ge­führt wur­de. Denn das persönliche Anse­hen des Steu­er­pflich­ti­gen kann dadurch gefährdet wer­den, dass zufällig anwe­sen­de Drit­te (z.B. Besu­cher oder Nach­barn) glau­ben, dass beim Steu­er­pflich­ti­gen straf­recht­lich ermit­telt wird.

BFH, Pres­se­mit­tei­lung vom 29.9.2022 zu Urteil vom 12.07.2022, VIII R 8/19

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