Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Unzulässige Umgehung der Rechtsprechung des BFH über die sachliche Unzuständigkeit für das Erhebungsverfahren in Kindergeldsachen

Der 3. Senat des Niedersächsischen Finanz­ge­richts hat mit Gerichts­be­scheid ent­schie­den, dass die Ver­wal­tungs­ak­te im Erhe­bungs­ver­fah­ren in Kin­der­geld­sa­chen der sach­lich unzuständigen Agen­tur für Arbeit Reck­ling­hau­sen – Fami­li­en­kas­se Inkas­so – auch dann rechts­wid­rig sind, wenn sie von die­ser unter dem Brief­kopf der zuständigen Fami­li­en­kas­se erlas­sen werden.

Hin­ter­grund

Schon seit meh­re­ren Jah­ren wird im Ver­fah­ren über die Erhe­bung von Kin­der­geld, also ins­be­son­de­re bei Ent­schei­dun­gen über des­sen Stun­dung und Erlass, der zen­tral bei der Agen­tur für Arbeit Reck­ling­hau­sen ein­ge­rich­te­te sog. Inkas­so­ser­vice tätig. Der Bun­des­fi­nanz­hof hat jedoch inzwi­schen in mitt­ler­wei­le gefes­tig­ter Recht­spre­chung ent­schie­den, dass die­se Behörde man­gels ent­spre­chen­der gesetz­li­cher Rege­lung hier­für sach­lich unzuständig ist (sie­he z. B. BFH, Urtei­le vom 25. Febru­ar 2021 – III R 36/19 und vom 7. April 2022 – III R 33/20). Den­noch scheint die­ser „Inkassoservice“ – wie der 3. Senat des Niedersächsischen Finanz­ge­richts jetzt her­aus­ge­fun­den hat – auch nach Erge­hen die­ser Ent­schei­dun­gen wei­ter­hin tätig zu wer­den. Aller­dings nicht im eige­nen Namen, son­dern ver­deckt unter dem Brief­kopf der eigent­lich zuständigen örtlichen Fami­li­en­kas­se. Dass die­se Umge­hung der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs rechts­wid­rig ist und eine – wie die beklag­te Fami­li­en­kas­se vorträgt – ledig­lich „virtuelle“ Abord­nung nicht den Zuständigkeitsanforderungen genügt, hat nun der 3. Senat des Niedersächsischen Finanz­ge­richts entschieden.

Eine sol­che „virtuelle“ Abord­nung von Bediens­te­ten einer Behörde an die eigent­lich gesamtzuständige örtliche Fami­li­en­kas­se ist nach Auf­fas­sung des 3. Senats unbe­acht­lich, da sie nicht die Maßstäbe einer rechts­staat­li­chen Ver­wal­tungs­or­ga­ni­sa­ti­on erfüllt. Das Demo­kra­tie­prin­zip erfor­de­re eine kla­re Zuord­nung von Verwaltungszuständigkeiten und ver­bie­te das ¤tigwerden einer ande­ren Behörde unter dem Brief­kopf der mate­ri­ell zuständigen Behörde. Nach Auf­fas­sung des Senats ist es trotz ent­spre­chen­der tech­ni­scher ¶glichkeiten wei­ter­hin erfor­der­lich, dass die gesetz­lich zuständige Behörde mit eige­nem Per­so­nal tätig wer­de. Es bestehe, so der 3. Senat, im Rah­men des Ver­wal­tungs­rechts auch kei­ne Befug­nis einer Behörde, eine ande­re Behörde gene­rell für ein ¤tigkeitsfeld – wie etwa im Zivil­recht – „zu beauf­tra­gen“ und im Außenverhältnis für sie als „Vertreter“ tätig zu wer­den, da weder eine gesetz­li­che Ver­tre­tungs­be­fug­nis vor­han­den sei, noch eine rechtsgeschäftliche Ver­tre­tungs­be­fug­nis man­gels gesetz­li­cher Grund­la­ge ver­fas­sungs­recht­lich legi­ti­miert sei.

FG Nie­der­sach­sen, Mit­tei­lung vom 23.09.2022 zum Gerichts­be­scheid 3 K 113/22 vom 16.08.2022 (rkr)

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