Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Erbschaftsteuerbefreiung für denkmalgeschützte Objekte bei Zeitnähe zwischen Erwerb und Einleitung von Maßnahmen zur Nutzbarmachung

Der 3. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat ent­schie­den, dass die 85%ige Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a ErbStG zumin­dest die Ein­lei­tung von Maßnahmen zur Nutz­bar­ma­chung eines denk­mal­ge­schütz­ten Objekts für die Öffentlichkeit kur­ze Zeit nach Kennt­nis des Erwerbs vor­aus­setzt, während eine anschließende mehrjährige Umset­zungs­pha­se unschädlich ist.

Ende 2013 ver­starb der Ehe­mann der Klägerin. Allein­er­bin war des­sen Toch­ter, die aber auf­grund von letzt­wil­li­gen Ver­fü­gun­gen mit Vermächtnissen und Auf­la­gen zuguns­ten der Klägerin belas­tet war. Die dar­aus resul­tie­ren­den Strei­tig­kei­ten zwi­schen der Klägerin und der Erbin wur­den durch einen Ende 2015 geschlos­se­nen Erb­ver­gleichs­ver­trag been­det. Danach erhielt die Klägerin u. a. eine Immo­bi­lie, die mit einem unter Denk­mal­schutz ste­hen­den Frie­sen­haus aus dem 17. Jahr­hun­dert bebaut war.

Im Mai 2016 nahm die Klägerin Kon­takt mit dem örtlichen Tou­ris­mus­büro auf, um Füh­run­gen durch das Objekt anzu­bie­ten. Die hier­zu mit dem Hei­mat­ver­ein im Okto­ber 2016 auf­ge­nom­me­nen Ver­hand­lun­gen schei­ter­ten im April 2017.

Die Klägerin bean­trag­te beim Finanz­amt die Gewährung der Steu­er­be­frei­ung i. H. v. 85 % gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a ErbStG, da die Nutz­bar­ma­chung für Zwe­cke der Volks­bil­dung beab­sich­tigt sei. Dies lehn­te das Finanz­amt wegen der feh­len­den Zeitnähe der begüns­tig­ten Nut­zung zum Erb­fall ab. Eine im Jahr 2017 dies­be­zü­g­lich erho­be­ne Kla­ge wur­de im August 2018 ein­ver­nehm­lich dahin­ge­hend erle­digt, dass das Finanz­amt die Fest­set­zung wegen der bean­trag­ten Steuerermäßigung für vorläufig erklärt.

Seit Janu­ar 2019 können Füh­run­gen durch die­ses Objekt gebucht wer­den. Dar­auf­hin bean­trag­te die Klägerin erneut die Gewährung der Steuerermäßigung, was vom Finanz­amt wie­der­um wegen feh­len­der Zeitnähe abge­lehnt wurde.

Der 3. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat der hier­ge­gen erho­be­nen Kla­ge statt­ge­ge­ben. Der Klägerin sei die begehr­te Steu­er­be­frei­ung zu gewähren. Der Grund­be­sitz sei im öffentlichen Inter­es­se erhal­tens­wert, da es unter Denk­mal­schutz ste­he. Dass die jährlichen hohen Kos­ten in der Regel die erziel­ten Ein­nah­men über­stei­gen, habe die Klägerin eben­falls sub­stan­ti­iert dar­ge­legt. Durch die seit Janu­ar 2019 statt­fin­den­den Füh­run­gen habe sie das Objekt auch der Öffentlichkeit mit dem Zweck der Volks­bil­dung nutz­bar gemacht. Eine ständige Zur­ver­fü­gung­stel­lung für die Öffentlichkeit sei hier­für – ins­be­son­de­re in Pan­de­mie­zei­ten – nicht erforderlich.

Die Steu­er­be­frei­ung schei­te­re schließlich auch nicht an der grundsätzlich erfor­der­li­chen zeit­li­chen ¤he zwi­schen dem Zeit­punkt des Erwerbs und der Nutz­bar­ma­chung. Das Gesetz sehe zwar kei­ne zeit­li­che Gren­ze vor, aller­dings sei vor dem Hin­ter­grund der sehr hohen Steu­er­be­frei­ung von 85 % aus Gleich­be­hand­lungs­grün­den eine gewis­se Zeitnähe zu ver­lan­gen. Die­se könne aber nicht pau­schal fest­ge­legt wer­den, son­dern sei abhängig von den Umständen des Ein­zel­falls zu bestimmen.

Aus­gangs­punkt sei im Streit­fall nicht der Todes­zeit­punkt Ende 2013, son­dern erst der Abschluss des Erb­ver­gleichs­ver­trags Ende 2015. Erst ab die­sem Zeit­punkt könne vom Erwer­ber eine Ent­schei­dung dar­Ã¼­ber erwar­tet wer­den, ob er Grund­be­sitz für die Öffentlichkeit nutz­bar machen möchte. Hier­nach habe die Klägerin inner­halb von weni­gen Mona­ten und damit zeit­nah Aktivitäten ein­ge­lei­tet, um das Objekt zu öffnen. Nach den geschei­ter­ten Ver­hand­lun­gen mit dem Hei­mat­ver­ein und dem Abschluss des ers­ten Kla­ge­ver­fah­rens habe sich die Klägerin wie­der­um zeit­nah um eine Öffnung bemüht und die­se ab Janu­ar 2019 realisiert.

Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zugelassen.

FG Müns­ter, Mit­tei­lung vom 15.09.2022 zum Urteil 3 K 2935/20 Erb vom 19.08.2022

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