Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Erschütterung des für eine private Pkw-Nutzung sprechenden Anscheinsbeweises

Der für die Pri­vat­nut­zung eines betrieb­li­chen Pkw spre­chen­de Anscheins­be­weis kann auch auf ande­re Wei­se als durch das Vor­han­den­sein eines in Sta­tus und Gebrauchs­wert ver­gleich­ba­ren Pkw im Privatvermögen erschüt­tert wer­den. Dies hat der 6. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter entschieden.

Zum Haus­halt der mit­ein­an­der ver­hei­ra­te­ten Kläger gehörten in den Streit­jah­ren 2015 und 2016 zwei volljährige Kin­der. Im Privatvermögen hiel­ten die Kläger im Streit­zeit­raum (teil­wei­se nach­ein­an­der) ins­ge­samt drei Klein­wa­gen, die in ers­ter Linie von den Kin­dern genutzt wur­den. Der Kläger unter­hielt auf dem­sel­ben Grund­s­tück, auf dem sich auch das Wohn­haus der Fami­lie befand, einen Gar­ten­bau­be­trieb, war aber haupt­be­ruf­lich ander­wei­tig als Arbeit­neh­mer beschäftigt. Die Klägerin arbei­te­te neben 20 wei­te­ren Arbeit­neh­mern bzw. Aus­hil­fen auf Mini-Job-Basis im Betrieb des Klägers.

Im Betriebsvermögen hielt der Kläger neben einem dem Vor­ar­bei­ter zuge­ord­ne­ten Dienst­wa­gen einen BMW X3 und ab Febru­ar 2015 einen Ford Ran­ger, für die kei­ne Fahr­ten­bücher geführt wur­den. Für den BMW ver­steu­er­te er die Pri­vat­nut­zung nach der 1 %-Rege­lung, während er für den Ford Ran­ger kei­nen Pri­vat­nut­zungs­an­teil ansetz­te. Das Finanz­amt wand­te dem­ge­genü­ber auch für den Ford Ran­ger die 1 %-Rege­lung an, da die pri­va­ten Fahr­zeu­ge in Sta­tus und Gebrauchs­wert nicht mit die­sem Pkw ver­gleich­bar sei­en und nicht allen Fami­li­en­mit­glie­dern jeder­zeit ein Fahr­zeug zur pri­va­ten Nut­zung zur Ver­fü­gung gestan­den habe.

Zur Begrün­dung ihrer Kla­ge mach­ten die Kläger gel­tend, dass der Ford Ran­ger den Mit­ar­bei­tern des Betriebs arbeitstäglich per­ma­nent als Zug­ma­schi­ne zur Ver­fü­gung ste­hen müs­se. Auf­grund des Ver­schmut­zungs­zu­stands sei es lebens­fremd, die­ses Fahr­zeug an Wochen­en­den für Fami­li­en­fahr­ten zu nut­zen. Hier­für blei­be wegen der gerin­gen jährlichen Fahr­leis­tung von durch­schnitt­lich 8.900 km auch kein Raum.

Die Kla­ge hat­te Erfolg. Der 6. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter ist nach dem Gesamt­ergeb­nis des Ver­fah­rens nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Ford Ran­ger in den Streit­jah­ren tatsächlich pri­vat genutzt wur­de. Nach dem Beweis des ers­ten Anscheins spre­che die all­ge­mei­ne Lebens­er­fah­rung zwar dafür, dass betrieb­li­che Fahr­zeu­ge, die zu pri­va­ten Zwe­cken zur Ver­fü­gung ste­hen, auch tatsächlich pri­vat genutzt wür­den. Die­ser Anscheins­be­weis sei im Streit­fall aller­dings erschüttert.

Zwar han­de­le es sich bei dem Ford Ran­ger um ein Fahr­zeug, das sich typi­scher­wei­se auch für eine Pri­vat­nut­zung eig­net. Auch der eben­falls pri­vat genutz­te betrieb­li­che BMW X3 sei nicht geeig­net, den Anscheins­be­weis zu erschüt­tern, da er wegen der betrieb­li­chen Nut­zung nicht vollumfänglich für Pri­vat­fahr­ten zur Ver­fü­gung stehe.

Der Senat hat aber auf­grund des dar­ge­leg­ten Sach­ver­halts die ernst­haf­te ¶glichkeit eines ande­ren als des der all­ge­mei­nen Erfah­rung ent­spre­chen­den Gesche­hens ange­nom­men. Zunächst sei nach­voll­zieh­bar, dass der Ford Ran­ger per­ma­nent auf­grund sei­ner Zug­kraft im Betrieb ein­ge­setzt wor­den sei. Dar­Ã¼­ber hin­aus sei zu berück­sich­ti­gen, dass der Kläger sei­nen Gar­ten­bau­be­trieb nur als Nebentätigkeit aus­geübt habe und den Ford Ran­ger damit nicht arbeitstäglich selbst genutzt haben könne. Hier­durch sei die ¶glichkeit einer Pri­vat­nut­zung erheb­lich eingeschränkt gewe­sen. Zu berück­sich­ti­gen sei auch, dass bei­de Kläger für Wege zwi­schen Woh­nung und Arbeitsstätte auf­grund der kur­zen Ent­fer­nun­gen kei­nen Pkw benötigt hätten. Schließlich habe der Ford Ran­ger auch nicht für bestimm­te Anlässe pri­vat genutzt wer­den müs­sen, da die Ent­sor­gung von Grün­schnitt über einen auf dem Grund­s­tück befind­li­chen Con­tai­ner erfolgt und für den Umzug der Toch­ter ein Trans­por­ter gelie­hen wor­den sei.

Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zugelassen.

FG Müns­ter, Pres­se­mit­tei­lung vom 15.09.2022 zum Urteil 6 K 2688/19 E vom 16.08.2022

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