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BMF-Schreiben: Einzelfragen zur Abgeltungsteuer

In den Entscheidungen

  • BFH-Urtei­le vom 1. Juli 2021 – VIII R 9/19, VIII R 28/19, VIII R 6/20, VIII R 19/20 und VIII R 27/20 (Kapitalmaßnahme Hew­lett-Packard Com­pa­ny – USA)

  • BFH-Urteil vom 1. Juli 2021 – VIII R 15/20 (Kapitalmaßnahme eBay Inc. – USA)

  • BFH-Urteil vom 19. Okto­ber 2021 – VIII R 7/20 (Kapitalmaßnahme Kraft Foods Inc. – USA)

legt der BFH den Begriff der „Abspaltung“ im Sin­ne des § 20 Absatz 4a Satz 7 EStG typus­ori­en­tiert aus. Danach ist in Drittstaatenfällen ein gesetz­li­cher Vermögensübergang durch par­ti­el­le Gesamt­rechts­nach­fol­ge nicht erfor­der­lich. Ent­schei­dend sei bei einer „Abspaltung“ im Sin­ne des § 20 Absatz 4a Satz 7 EStG, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem ein­heit­li­chen „zeitlichen und sach­li­chen Zusam­men­han­g“ mit der und gegen die Übertragung von Antei­len an der über­neh­men­den Gesell­schaft erfolgt.

Nach den Fest­stel­lun­gen des BFH lie­gen für die oben genann­ten Kapitalmaßnahmen die Vor­aus­set­zun­gen für eine „Abspaltung“ im Sin­ne des § 20 Absatz 4a Satz 7 EStG vor. Hier­nach ist § 20 Absatz 4a Satz 1 und 2 EStG ent­spre­chend anzu­wen­den. Dabei tre­ten die über­nom­me­nen Antei­le steu­er­lich an die Stel­le der bis­he­ri­gen Antei­le. Da die „alten“ Antei­le im Fal­le einer Abspal­tung – anders als bspw. bei einem Anteils­tausch im Rah­men einer Ver­schmel­zung nicht unter­ge­hen, sind die ursprüng­li­chen Anschaf­fungs­kos­ten auf die „alten“ und „jungen“ Antei­le auf­zu­tei­len. Hier­bei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeit­punkt der Abspal­tung abzu­stel­len. Es bestehen kei­ne Beden­ken, die Auf­tei­lung der Anschaf­fungs­kos­ten im Verhältnis der jewei­li­gen Schluss­kur­se der „alten“ und „jungen“ Antei­le am ers­ten Han­dels­tag nach der Abspal­tung vor­zu­neh­men. Ein möglicher Bestands­schutz der „alten“ Antei­le, die vor dem 1. Janu­ar 2009 erwor­ben wur­den, geht auf die „jungen“ Antei­le Ã¼ber.

Die depot­füh­ren­den Stel­len buch­ten für die „jungen“ Antei­le die Anschaf­fungs­kos­ten in ¶he des ¶rsenkurses am ers­ten Han­dels­tag ein. Außerdem wur­de in glei­cher ¶he ein steu­er­pflich­ti­ger Kapi­tal­ertrag abgerechnet.

Nach Erörterung mit den obers­ten Finanzbehörden der ¤nder gilt für die Abwick­lung der vor­ge­nann­ten Kapitalmaßnahmen Folgendes:

Die Urteilsgrundsätze des BFH sind in allen noch offe­nen ¤llen anzu­wen­den und füh­ren zu einer Min­de­rung des bis­her ange­setz­ten steu­er­pflich­ti­gen Kapitalertrags.

Von Sei­ten der depot­füh­ren­den Stel­len ist in die­sem Zusam­men­hang nichts Wei­te­res zu ver­an­las­sen. Ins­be­son­de­re erfolgt weder bei den „alten“ noch bei den „jungen“ Antei­len eine Kor­rek­tur der Anschaf­fungs­da­ten. § 43a Absatz 3 Satz 7 und § 20 Absatz 3a EStG sind nicht anzuwenden.

Die Fol­ge­wir­kun­gen der vor­ste­hen­den BFH-Recht­spre­chung sind ausschließlich im Rah­men der Ver­an­la­gung der betrof­fe­nen Anle­ger zu beachten.

Die Prü­fung und ggf. Erstat­tung der anlässlich der Kapitalmaßnahme ein­be­hal­te­nen Kapi­tal­ertrag­steu­er erfolgt gemäß § 32d Absatz 4 und 6 EStG im Rah­men der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung durch das zuständige Wohn­sitz­fi­nanz­amt, sofern der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid des betref­fen­den Ver­an­la­gungs­zeit­raums noch nicht bestandskräftig gewor­den ist. Bei einem bestandskräftigen Ein­kom­men­steu­er­be­scheid kann eine Erstat­tung der Kapi­tal­ertrag­steu­er nicht mehr erfolgen.

Für die Besteue­rung bei der Veräußerung der Antei­le sind fol­gen­de Fall­grup­pen zu unterscheiden:

I. Erwerb der „alten“ Antei­le vor dem 1. Janu­ar 2009 (Fall­grup­pe 1)

Sofern die „alten“ Antei­le vor dem 1. Janu­ar 2009 ange­schafft wur­den, unter­lie­gen sowohl die „alten“ Antei­le als auch die „jungen“ Antei­le der Bestands­schutz­re­ge­lung des § 52 Absatz 28 Satz 11 EStG.

Der im Rah­men der Veräußerung der „jungen“ Antei­le erziel­te Gewinn unter­liegt grundsätzlich dem Kapi­tal­ertrag­steu­er­ab­zug, da die Antei­le im Zeit­punkt der Ein­bu­chung von den depot­füh­ren­den Stel­len als Neu­an­tei­le (Erwerb nach dem 31. Dezem­ber 2008) behan­delt wurden.

Der Gewinn aus der Veräußerung der „jungen“ Antei­le ist auf Antrag des Steu­er­pflich­ti­gen nach § 32d Absatz 4 EStG im Rah­men der Ver­an­la­gung zu kor­ri­gie­ren. Im Fal­le eines im Steu­er­ab­zugs­ver­fah­ren berück­sich­tig­ten Veräußerungsverlustes besteht eine Ver­an­la­gungs­pflicht nach § 32d Absatz 3 EStG.

II. Erwerb der ursprüng­li­chen Antei­le nach dem 31. Dezem­ber 2008 (Fall­grup­pe 2)

Sofern die „alten“ Antei­le nach dem 31. Dezem­ber 2008 ange­schafft wur­den, sind die Anschaf­fungs­kos­ten der „alten“ Antei­le zum Zeit­punkt der Abspal­tung auf die „alten“ und „jungen“ Antei­le auf­zu­tei­len (s. o.). Die auf Ebe­ne der depot­füh­ren­den Stel­len vor­han­de­nen Anschaf­fungs­kos­ten sind dem­entspre­chend zu hoch, da sich die Ver­pflich­tung zur Auf­tei­lung der Anschaf­fungs­kos­ten erst aus der Beur­tei­lung des BFH ergibt, dass es sich bei den Kapitalmaßnahmen um steu­erneu­tra­le Abspal­tun­gen han­del­te. Die kor­rek­ten Gewin­ne aus der späteren Veräußerung der „alten“ und der „jungen“ Antei­le können daher nur unter Berück­sich­ti­gung der kor­ri­gier­ten Anschaf­fungs­kos­ten im Rah­men der Ver­an­la­gung zutref­fend berech­net wer­den, § 20 Absatz 4 Satz 1 EStG. Der Steu­er­ein­be­halt auf den Veräußerungsgewinn durch die depot­füh­ren­de Stel­le (§§ 44 Absatz 1 Satz 3 in Ver­bin­dung mit 43 Absatz 1 Satz 1

Num­mer 9 EStG) ist nach § 32d Absatz 3 bzw. 4 EStG ent­spre­chend zu korrigieren.

Soweit die Antei­le nach der Abspal­tung bereits veräußert wur­den, sind die betrof­fe­nen Ein­kom­men­steu­er­be­schei­de zu kor­ri­gie­ren, soweit dies ver­fah­rens­recht­lich noch möglich ist.

III. Ver­ein­fa­chungs­re­ge­lun­gen

a) Jahr der Kapitalmaßnahme ist bestandskräftig ver­an­lagt; Antei­le sind noch nicht veräußert

Kann die Besteue­rung für das Jahr der Kapitalmaßnahme aus ver­fah­rens­recht­li­chen Grün­den (z. B. Bestands­kraft der Steu­er­fest­set­zung) nicht mehr kor­ri­giert wer­den, kann aus Bil­lig­keits­grün­den eine Kor­rek­tur der Gewin­ne aus der Veräußerung der „alten“ und „jungen“ Antei­le in der Fall­grup­pe 2 unter­blei­ben, da in der Gesamt­schau eine zutref­fen­de (Gesamt-)Besteuerung vorliegt.

b) Jahr der Kapitalmaßnahme ist offen; Antei­le sind bereits veräußert

Wur­den in der Fall­grup­pe 2 bereits sämtliche „alten“ und „jungen“ Antei­le veräußert, bestehen kei­ne Beden­ken, von einer Kor­rek­tur der bis­her ange­setz­ten Gewin­ne aus der Veräußerung der „alten“ und „jungen“ Antei­le abzu­se­hen, sofern der Rechts­be­helf gegen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid des Ver­an­la­gungs­zeit­raums, in dem die „jungen“ Antei­le ein­ge­bucht wur­den, zurück­ge­nom­men wird.

Unabhängig von den vor­an­ge­stell­ten Bil­lig­keits­re­ge­lun­gen kann hin­sicht­lich der dar­ge­stell­ten Fall­grup­pen 1 und 2 aus Ver­ein­fa­chungs­grün­den eine Kor­rek­tur unter­blei­ben, wenn die bis­her ange­setz­te Sach­aus­schüt­tung im Zeit­punkt der Ein­bu­chung der „jungen“ Antei­le nicht mehr als 500 € beträgt.

Nach der BFH-Ent­schei­dung VIII R 7/20 vom 19. Okto­ber 2021 fal­len Dritt­staa­ten­ab­spal­tun­gen, die einer inländischen Abspal­tung im Sin­ne des § 123 Absatz 2 UmwG ver­gleich­bar sind, bis zum Inkraft­tre­ten des § 20 Absatz 4a Satz 7 EStG bei uni­ons­rechts­kon­for­mer Aus­le­gung unmit­tel­bar in den Anwen­dungs­be­reich des § 20 Absatz 4a Satz 1 EStG.

Die vor­ge­nann­ten Grundsätze sind daher für die Abwick­lung in ver­gleich­ba­ren Altfällen ent­spre­chend anzuwenden.

Zur Nicht­an­wen­dung der Urteilsgrundsätze auf Abspal­tun­gen im Sin­ne des § 15 UmwStG, vgl. das BMF-Schrei­ben vom 19. Mai 2022 (BStBl I S. 842).

Das BMF-Schrei­ben vom 20. ¤rz 2017 (BStBl I S. 431) ist nicht mehr anzuwenden.

Die­ses Schrei­ben wird im Bun­des­steu­er­blatt Teil I veröffentlicht.

BMF, Schrei­ben (koor­di­nier­ter ¤ndererlass) IV C 1 – S‑2252 / 19 / 10028 :018 vom 15.06.2022

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