Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Arbeitsteilung in Arztpraxis kann zu Gewerbebetrieb führen

Das Finanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz hat ent­schie­den, dass eine Gemein­schafts­pra­xis von Zahnärzten ins­ge­samt als Gewer­be­be­trieb ein­zu­stu­fen (und damit gewer­be­steu­er­pflich­tig) ist, wenn einer der Ärzte für die Orga­ni­sa­ti­on, Ver­wal­tung und Lei­tung der Pra­xis zuständig ist und nur noch in gerin­gem Umfang eige­ne zahnärztliche Bera­tungs- und Behand­lungs­leis­tun­gen am Pati­en­ten erbringt.

Die Klägerin ist eine in Rhein­hes­sen ansässige sog. Part­ner­schafts­ge­sell­schaft, in der sich meh­re­re appro­bier­te Zahnärzte zur gemein­sa­men Aus­Ã¼­bung der zahnärztlichen Behand­lung von Pri­vat- und Kas­sen­pa­ti­en­ten zusam­men­ge­schlos­sen haben. Im Streit­jahr erziel­te die Pra­xis Umsatzerlöse von rund 3,5 Mil­lio­nen Euro, wovon nur ca. 900 € auf einen der sog. Seni­or­part­ner ent­fie­len, der hauptsächlich für die Orga­ni­sa­ti­on, Ver­wal­tung und Lei­tung der Pra­xis zuständig war. Nach einer Betriebs­prü­fung ver­trat das Finanz­amt die Auf­fas­sung, dass die Ein­künf­te der Gemein­schafts­pra­xis nicht mehr als frei­be­ruf­lich, son­dern als Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb zu qua­li­fi­zie­ren sei­en, weil bei einer frei­be­ruf­li­chen Per­so­nen- oder Part­ner­schafts­ge­sell­schaft jeder Gesell­schaf­ter die Merk­ma­le selbständiger Arbeit in eige­ner Per­son erfül­len müsse.

Nach erfolg­lo­sem Ein­spruchs­ver­fah­ren hat das Finanz­ge­richt die Kla­ge der Ärzte abge­wie­sen. Bei einer Gemein­schafts­pra­xis – so das Gericht – müs­se jeder der Gesell­schaf­ter (= Arzt) in eige­ner Per­son die Haupt­merk­ma­le des frei­en Beru­fes erfül­len, d.h. nicht nur über die persönliche Berufs­qua­li­fi­ka­ti­on ver­fü­gen, son­dern die frei­be­ruf­li­che ¤tigkeit tatsächlich auch ent­fal­ten. Dabei müs­se die ¤tigkeit durch die unmit­tel­ba­re, persönliche und indi­vi­du­el­le Arbeits­leis­tung des Berufsträgers geprägt sein. Die­se ¤tigkeit könne nicht – auch nicht durch eine beson­ders inten­si­ve – lei­ten­de ¤tigkeit ersetzt wer­den, wie z.B. Orga­ni­sa­ti­on des Sach- und Per­so­nal­be­reichs, Arbeits­pla­nung, Arbeits­ver­tei­lung, Auf­sicht über Mit­ar­bei­ter und deren Anlei­tung und die stich­pro­ben­wei­se Überprüfung der Ergeb­nis­se. Ein Arzt schul­de eine höchstpersönliche und indi­vi­du­el­le Arbeits­leis­tung am Pati­en­ten und müs­se des­halb einen wesent­li­chen Teil der ärztlichen Leis­tun­gen selbst erbrin­gen. Grundsätzlich sei zwar eine gewis­se Arbeits­tei­lung bzw. „Teamarbeit“ unschädlich. So könne der Arzt z.B. in sog. „Routinefällen“ die jeweils anste­hen­den Vor­un­ter­su­chun­gen bei den Pati­en­ten durch­füh­ren, die Behand­lungs­me­tho­de fest­le­gen und sich die Behand­lung „problematischer ¤lle“ vor­be­hal­ten bzw. die Erbrin­gung der eigent­li­chen ärztlichen Behand­lungs­leis­tung an ange­stell­te Ärzte dele­gie­ren. Erfor­der­lich sei aber, dass sich jeder Gesell­schaf­ter (= Arzt) kraft sei­ner persönlichen Berufs­qua­li­fi­ka­ti­on an der „Teamarbeit“ im arzt­ty­pi­schen Heil­be­reich betei­li­ge. Übernehme er (nahe­zu) nur kaufmännische Lei­tungs- oder sons­ti­ge Manage­ment­auf­ga­ben, sei er nicht frei­be­ruf­lich, son­dern gewerb­lich tätig. Dies füh­re dazu, dass die gesam­te ¤tigkeit der Gemein­schafts­pra­xis als gewerb­lich anzu­se­hen sei. Denn wenn Gesell­schaf­ter einer Per­so­nen­ge­sell­schaft teil­wei­se frei­be­ruf­lich und teil­wei­se gewerb­lich tätig sei­en, so sei ihre ¤tigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG ins­ge­samt als gewerb­lich zu qua­li­fi­zie­ren. Die ¤tigkeit des gewerb­lich tätigen Arz­tes „infiziere“ die ¤tigkeit der frei­be­ruf­li­chen Ärzte.

FG Rhein­land-Pfalz, Pres­se­mit­tei­lung vom 12.04.2022 zu Urteil vom 16.09.2021 – 4 K 1270/19 (nicht rkr)

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