Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Zum Begriff der Erstausbildung bei einem 20-monatigen Praktikum und einer späteren Ausbildung zum Berufspiloten

Der 2. Senat des Niedersächsischen Finanz­ge­richts hat ent­schie­den, dass Auf­wen­dun­gen für die Ver­kehrs­pi­lo­ten­aus­bil­dung zu den beschränkt abzugsfähigen Berufs­aus­bil­dungs­kos­ten des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählen. Auch wenn der Kläger bereits seit meh­re­ren Jah­ren in der Ver­an­stal­tungs- und Show­tech­nik gewerb­lich tätig war, han­de­le es sich um eine Erst­aus­bil­dung, sodass die dafür ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen dem Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs­ver­bot nach § 9 Abs. 6 EStG unterliegen.

In dem vom 2. Senat zu ent­schei­den­den Sach­ver­halt war der Kläger bereits seit meh­re­ren Jah­ren gewerb­lich in der Ver­an­stal­tungs­bran­che u. a. als DJ und Ver­lei­her pro­fes­sio­nel­ler Licht- und Ton­tech­nik tätig. Die­ser ¤tigkeit lag ein 20-mona­ti­ges Prak­ti­kum zugrun­de, wel­ches der Kläger bei einem Unter­neh­men der Ver­an­stal­tungs­tech­nik absol­viert hat­te. Zum dama­li­gen Zeit­punkt war die Aus­bil­dung zum Ver­an­stal­tungs­kauf­mann gera­de erst staat­lich aner­kannt wor­den. Die ent­spre­chen­de Aus­bil­dung durch­lief der Kläger nicht. Viel­mehr war er nach sei­nem Prak­ti­kum gewerb­lich in die­sem Bereich tätig. Die dabei erziel­ten Ein­nah­men dien­ten dem Kläger zur Finan­zie­rung sei­ner Aus­bil­dung zum Berufs­pi­lo­ten. Dazu erwarb er zunächst in 2005 die Pri­vat­pi­lo­ten­li­zenz für ein­mo­to­ri­ge Flug­zeu­ge nach Sicht­flug­re­geln; in 2011 dann die Nacht­flug­be­rech­ti­gung, in 2017 die Instru­men­ten­flug­be­rech­ti­gung für ein- und mehr­mo­to­ri­ge Flug­zeu­ge (Berufs­pi­lo­ten­li­zenz) und 2018 schließlich die Mus­ter­be­rech­ti­gung für den Air­bus A 320. Die dafür in den Streit­jah­ren 2016 und 2017 ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen mach­te der Kläger – wie bereits in den Vor­jah­ren – bei den Ein­künf­ten aus nichtselbständiger Arbeit als vor­weg­ge­nom­me­ne Wer­bungs­kos­ten geltend.

Das beklag­te Finanz­amt lehn­te dies ab und gewährte nur den für Berufs­aus­bil­dungs­kos­ten auf 6.000 Euro jährlich begrenz­ten Son­der­aus­ga­ben­ab­zug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Nach Auf­fas­sung des Finanz­amts han­de­le es sich bei der Berufs­pi­lo­ten­aus­bil­dung um eine Erst­aus­bil­dung. Für die­se sei der Wer­bungs­kos­ten­ab­zug nach § 9 Abs. 6 EStG ausgeschlossen.

Der 2. Senat bestätigte die Auf­fas­sung des Finanzamts.

Ent­schei­dend sei, dass das der Berufs­pi­lo­ten­aus­bil­dung vor­an­ge­gan­ge­ne 20-mona­ti­ge Prak­ti­kum des Klägers nicht die Vor­aus­set­zun­gen einer Erst­aus­bil­dung erfül­le, sodass die Berufs­pi­lo­ten­aus­bil­dung des Klägers sei­ne Erst­aus­bil­dung dar­stel­le. Die Vor­aus­set­zun­gen für eine Erst­aus­bil­dung habe der Gesetz­ge­ber in der ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2015 gel­ten­den Fas­sung nun­mehr expli­zit gere­gelt. So feh­le es dem Prak­ti­kum ins­be­son­de­re an einem geord­ne­ten Aus­bil­dungs­gang. Die Durch­füh­rung die­ses Berufs­prak­ti­kums sei gera­de nicht auf der Grund­la­ge von Rechts- bzw. Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten oder inter­nen Vor­schrif­ten eines Bildungsträgers erfolgt. Aus­drück­li­ches Ziel des Prak­ti­kums sei es nicht gewe­sen, die für eine qua­li­fi­zier­te beruf­li­che ¤tigkeit not­wen­di­gen Fer­tig­kei­ten, Kennt­nis­se und ¤higkeiten zu ver­mit­teln. Viel­mehr sei­en die Aus­bil­dungs­zie­le nicht klar defi­niert, ein fest­ste­hen­der Lehr­plan habe nicht exis­tiert. Zudem ent­spre­che das ledig­lich 20 Mona­te dau­ern­de Prak­ti­kum in kei­ner Wei­se einer dreijährigen Aus­bil­dung zum Ver­an­stal­tungs­kauf­mann. Auch wenn der Kläger sei­ner­zeit noch kei­ne ¶glichkeit des Durch­lau­fens der gere­gel­ten Aus­bil­dung zum Ver­an­stal­tungs­kauf­mann gehabt habe, da die­se Aus­bil­dung sei­ner­zeit erst staat­lich aner­kannt wor­den sei, erfül­le das Prak­ti­kum nicht die Vor­aus­set­zun­gen einer Erst­aus­bil­dung. Dies wäre allen­falls möglich gewe­sen, wenn der Kl. zu einem späteren Zeit­punkt die Abschluss­prü­fung zum Ver­an­stal­tungs­kauf­mann bestan­den hätte. In die­sem Fall wäre auch, ohne dass er zuvor die ent­spre­chen­de Berufs­aus­bil­dung durch­lau­fen hätte, eine abge­schlos­se­ne Erst­aus­bil­dung anzu­neh­men gewe­sen, vgl. § 9 Abs. 6 Satz 5 EStG. Eine sol­che Abschluss­prü­fung habe der Kläger jedoch nicht abge­legt. Der 2. Senat lehn­te auch die Ein­ord­nung der Auf­wen­dun­gen für die Berufs­pi­lo­ten­aus­bil­dung als Umschu­lungs­kos­ten, wel­che nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abzugsfähig wären, ab. Es wider­spre­che dem gesetz­ge­be­ri­schen Ziel der Begren­zung des Wer­bungs­kos­ten­ab­zugs, über eine abwei­chen­de Wer­tung als „Umschulung“ zu dem Ergeb­nis zu kom­men, für die­se ¤lle eine erst­ma­li­ge Berufs­aus­bil­dung und damit den Aus­schluss vom Wer­bungs­kos­ten­ab­zug über die all­ge­mei­ne Rege­lung des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG auszuhebeln.

Fer­ner gebe es kei­nen sach­ge­rech­ten Grund, war­um die Erst­aus­bil­dung nach einer längeren ¤tigkeit als Taxi­fah­rer oder Ski­leh­rer vom Wer­bungs­kos­ten­ab­zug aus­ge­schlos­sen wird – so die Geset­zes­be­grün­dung (BT-Drs. 18/3017, S. 43), ande­rer­seits die mehrjährige ¤tigkeit als DJ/Musiker einen sol­chen Aus­schluss vom Wer­bungs­kos­ten­ab­zug ver­hin­dern könnte.

Das Niedersächsische Finanz­ge­richt wen­det damit die gesetz­lich gere­gel­ten Vor­aus­set­zun­gen einer Erst­aus­bil­dung im Sin­ne des § 9 Abs. 6 EStG an und berück­sich­tig­te dabei auch hin­sicht­lich der Fra­ge der Ein­ord­nung als Umschu­lungs­kos­ten die gesetz­ge­be­ri­sche Intention.

Auf die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de des Klägers hat der Bun­des­fi­nanz­hof die Revi­si­on zuge­las­sen (Az. IV R 22/21).

FG Nie­der­sach­sen, Mit­tei­lung vom 16.03.2022 zum Urteil 2 K 130/20 vom 26.03.2021 (nrkr – BFH-Az.: IV R 22/21)

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