Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Mieterabfindungen können Herstellungskosten darstellen

Der 4.Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat ent­schie­den, dass an Mie­ter gezahl­te Abfin­dun­gen für die vor­zei­ti­ge ¤umung der Woh­nun­gen zum Zweck der Durch­füh­rung von Renovierungsmaßnahmen zu anschaf­fungs­na­hem Her­stel­lungs­auf­wand führen.

Die Klägerin ist eine GbR, deren Gesell­schafts­zweck die Ver­mie­tung von Grund­s­tü­cken ist. Im Jahr 2016 erwarb sie eine denk­mal­ge­schütz­te Immo­bi­lie mit vier Woh­nun­gen für 1,2 Mio. Euro, die sie in den fol­gen­den zwei Jah­ren für 615.000 Euro reno­vier­te. Vom Kauf­preis ent­fie­len 836.818 Euro auf das Gebäude. Um die frühe­ren Mie­ter zum vor­zei­ti­gen Aus­zug zu bewe­gen und die Reno­vie­rungs­ar­bei­ten dadurch ein­fa­cher zu gestal­ten, zahl­te die Klägerin Mie­ter­ab­fin­dun­gen von ins­ge­samt 35.000 Euro. Die­sen Betrag mach­te sie als sofort abzugsfähige Wer­bungs­kos­ten gel­tend. Das Finanz­amt behan­del­te die Abfin­dun­gen dage­gen als anschaf­fungs­na­he Herstellungskosten.

Der 4. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter hat die Kla­ge abge­wie­sen. Die Mie­ter­ab­fin­dun­gen sei­en gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als anschaf­fungs­na­he Her­stel­lungs­kos­ten zu behan­deln. Der Wort­laut die­ser Vor­schrift sei so gefasst, dass als Auf­wen­dun­gen „für“ Instand­set­zungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht nur Bau­kos­ten im tech­ni­schen Sin­ne in Betracht kämen. Viel­mehr rei­che ein unmit­tel­ba­rer Zurech­nungs- bzw. Ver­an­las­sungs­zu­sam­men­hang zu der bau­li­chen Maßnahme aus.

Für die­ses wei­te Verständnis spre­che der Sinn und Zweck der Vor­schrift, wonach die Reno­vie­rung einer Immo­bi­lie unmit­tel­bar nach deren Erwerb steu­er­lich mit dem Erwerb einer bereits reno­vier­ten und damit teu­re­ren Immo­bi­lie gleich­ge­stellt wer­den sol­le. Im letzt­ge­nann­ten Fall hätten sich vom Verkäufer zum Zweck der Reno­vie­rung getra­ge­ne Mie­ter­ab­fin­dun­gen in einem höheren Kauf­preis nie­der­ge­schla­gen. ¤re eine Dif­fe­ren­zie­rung danach erfor­der­lich, ob Auf­wen­dun­gen unmit­tel­bar für eine bau­li­che Maßnahme auf­ge­wen­det wer­den, könne der mit der typi­sie­ren­den Rege­lung ver­folg­te Zweck der Rechts­ver­ein­fa­chung und ‑sicher­heit nicht erreicht werden.

Die­se Aus­le­gung ste­he auch mit der Sys­te­ma­tik wei­te­rer gesetz­li­cher Rege­lun­gen in Ein­klang. Dem Her­stel­lungs­kos­ten­be­griff nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB lie­ge eben­falls ein wei­tes Verständnis zugrun­de. Inso­weit sei geklärt, dass Abstands­zah­lun­gen an Mie­ter zur vor­zei­ti­gen ¤umung einer Immo­bi­lie mit dem Ziel einer Neu­be­bau­ung zu den Her­stel­lungs­kos­ten des neu­en Gebäudes zählten.

Hier­für spre­che auch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, wodurch eine frühe­re Ver­wal­tungs­vor­schrift gesetz­lich fest­ge­schrie­ben wor­den sei. Die­se Ver­wal­tungs­vor­schrift habe eine Typi­sie­rung des Her­stel­lungs­falls der wesent­li­chen Ver­bes­se­rung ent­hal­ten, sodass die Grundsätze zum Her­stel­lungs­kos­ten­be­griff auch bei anschaf­fungs­na­hem Auf­wand anzu­wen­den seien.

Unter Ein­be­zie­hung der wei­te­ren Reno­vie­rungs­kos­ten sei die im Gesetz genann­te 15 %-Gren­ze in Bezug auf die Anschaf­fungs­kos­ten des Gebäudes über­schrit­ten. Die Abfin­dun­gen sei­en auch unmit­tel­bar durch die Renovierungsmaßnahmen ver­an­lasst, weil die­se durch den Aus­zug der Mie­ter schnel­ler und ein­fa­cher durch­zu­füh­ren gewe­sen seien.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeu­tung der Rechts­fra­ge die Revi­si­on zum Bun­des­fi­nanz­hof zugelassen.

FG Müns­ter, Mit­tei­lung vom 15.12.2021 zum Urteil 4 K 1941/20 vom 12.11.2021

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