Aktuelle Informationen2018-02-26T13:29:37+00:00

 

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Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen sind steuerpflichtig

Das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg ent­schied, die Gewin­ne des Klägers sei­en sons­ti­ge Ein­künf­te aus pri­va­ten Veräußerungsgeschäften. Kryptowährungen sei­en imma­te­ri­el­le Wirt­schafts­gü­ter. Der steu­er­recht­li­che Begriff des Wirt­schafts­guts sei weit zu fas­sen und auf der Grund­la­ge einer wirt­schaft­li­chen Betrach­tungs­wei­se auszulegen.

Der Kläger erklärte in sei­ner Einkommensteuererklärung für 2017 Gewin­ne aus dem Han­del mit Kryptowährungen. Den Han­del betrieb sein Sohn treuhänderisch für ihn. Der Kläger hat­te sich mit einer Geld­zah­lung am Port­fo­lio sei­nes Soh­nes betei­ligt. Der Sohn han­del­te auch treuhänderisch für sei­ne Mut­ter und in sei­nem eige­nen Namen. Eltern und Sohn waren sich über die jewei­li­gen Betei­li­gungs­quo­ten an dem Gesamt­de­pot einig. Der Sohn kauf­te zunächst mit US Dol­lar (USD) die Kryptowährung Bit­coin. Mit Tei­len der Bitcoin-Bestände han­del­te er direkt, ande­re nutz­te er zum Erwerb wei­te­rer Kryptowährungen. Er war hier­zu bei sechs inter­net­ba­sier­ten Han­dels­platt­for­men ange­mel­det. Er erwarb und veräußerte Kryptowährungen inner­halb eines Jah­res. Die Gewin­ne berück­sich­tig­te der Beklag­te als Ein­künf­te aus pri­va­ten Veräußerungsgeschäften. Der Kläger leg­te Ein­spruch ein. Es lie­ge kein „anderes Wirt­schafts­gut“ und damit kein Veräußerungsgeschäft vor. Kryptowährungen sei­en kein Wirt­schafts­gut. Außerdem gebe es bei der Besteue­rung von Ein­künf­ten aus dem Han­del mit Kryptowährungen ein struk­tu­rel­les Voll­zugs­de­fi­zit, das dem Gesetz­ge­ber zure­chen­bar sei. Eine Besteue­rung hänge von der Erklärungsbereitschaft des Steu­er­pflich­ti­gen ab. Mit­tei­lungs­pflich­ten über den Übergang von Bit­coin und ande­ren Kryptowährungen von oder auf einen Steu­er­pflich­ti­gen gebe es nicht. Eine Kryptobörse unter­lie­ge nicht dem auto­ma­ti­sier­ten Kontenabruf.

Das Finanz­ge­richt Baden-Würt­tem­berg wies die Kla­ge ab.

Die Gewin­ne des Klägers sei­en sons­ti­ge Ein­künf­te aus pri­va­ten Veräußerungsgeschäften. Kryptowährungen sei­en imma­te­ri­el­le Wirt­schafts­gü­ter. Der steu­er­recht­li­che Begriff des Wirt­schafts­guts sei weit zu fas­sen und auf der Grund­la­ge einer wirt­schaft­li­chen Betrach­tungs­wei­se aus­zu­le­gen. Er umfas­se „sämtliche vermögenswerten Vor­tei­le, deren Erlan­gung sich der Steu­er­pflich­ti­ge etwas kos­ten lässt“, „die einer selbständigen Bewer­tung zugänglich sin­d“ und der „Erwerber des gesam­ten Betriebs in dem Vor­teil einen greif­ba­ren Wert sehen wür­de“. Der Kläger habe beim Erwerb der Kryptowährungen zumin­dest einen vermögenswerten Vor­teil erlangt. Im Block­chain der Kryptowährung wer­de dem Kläger ver­bind­lich ein Anteil an der ¤hrung zuge­rech­net. Die­ser ste­he ihm, dem Inha­ber des öffentlichen und des pri­va­ten Schlüs­sels, zu und sei mit der Chan­ce auf Wert­stei­ge­rung sowie dem Ein­satz als Zah­lungs­mit­tel ver­bun­den. Die Kryptowährung sei einer geson­der­ten Bewer­tung zugänglich. Deren Wert wer­de anhand von Ange­bot und Nach­fra­ge ermit­telt. Der Kläger habe aus Kurs­stei­ge­run­gen Gewin­ne erzielt. Kryptowährungen sei­en über­trag­bar. Dies zei­ge deren Han­del an spe­zi­el­len (Internet-)¶rsen. Die tech­ni­schen Details der Kryptowährungen sei­en für die recht­li­che Bewer­tung des Wirt­schafts­guts nicht entscheidend.

Ein struk­tu­rel­les Voll­zugs­de­fi­zit lie­ge nicht vor, auch wenn sich die meis­ten Han­dels­platt­for­men für Kryptowährungen im Aus­land befänden. Bei Sach­ver­hal­ten mit Aus­lands­be­zug sei die Finanz­ver­wal­tung grundsätzlich auf eine erhöhte Mit­wir­kung der Steu­er­pflich­ti­gen ange­wie­sen. Natio­nal­staat­li­che Souveränität könne der deut­sche Gesetz­ge­ber nicht verändern. Zwi­schen­staat­li­che Rechts- und Amts­hil­fe sowie Sam­mel­aus­kunfts­er­su­chen zur Ein­ho­lung der erfor­der­li­chen Aus­künf­te bei Inter­net­han­dels­platt­for­men sei­en möglich. Kryptobörsen sei­en als mul­ti­la­te­ra­les Han­dels­sys­tem Finanz­dienst­leis­tungs­in­sti­tu­te. „Als sol­ches unter­lie­gen sie der Iden­ti­fi­zie­rungs­pflich­t“. Betrei­be die Kryptobörse auch Finanzkommissionsgeschäfte, sei sie sogar ein Kre­dit­in­sti­tut und unter­lie­ge somit dem Kon­ten­ab­ruf. Auch wenn sich pri­va­te Veräußerungsgeschäfte mit Kryptowährungen, die es im Streit­jahr erst seit ca. 8 Jah­ren gebe, nur schwer auf­de­cken ließen, rei­che dies für sich allei­ne noch nicht zur Begrün­dung eines struk­tu­rel­len Voll­zugs­de­fi­zits aus. Der Gesetz­ge­ber könne nicht auf jede (tech­ni­sche) Neue­rung sofort regu­la­to­risch reagie­ren. Er dür­fe zunächst deren Ent­wick­lung abwar­ten und müs­se „erst dann reagie­ren, wenn sich gra­vie­ren­de Missstände zei­gen“. Sol­che habe es bis zum Streit­jahr nicht gegeben.

Die Revi­si­on wur­de zuge­las­sen, da die ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fra­gen noch nicht höchstrichterlich ent­schie­den sei­en. Das Akten­zei­chen beim BFH ist noch nicht bekannt.

FG Baden-Würt­tem­berg, Pres­se­mit­tei­lung vom 01.12.2021 zum Urteil 5 K 1996/19 vom 11.06.2021 (nrkr)

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